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Hier dreht sich alles um wertebasiertes Marketing ohne Social Media, Psychotricks und das übliche Marketing-Blabla.
Instagram löschen: Meine Erfahrung mit einem Instagram-Ausstieg als Selbstständige
In diesem Blogartikel berichte ich, wie mein eigener Instagram-Ausstieg abgelaufen ist: Wie ich den Instagram-Abschied gestaltet habe. Wie der Instagram-Entzug für mich war. (Ich verrate dir, wie es mir jeweils nach einer Woche, einem Monat und einem Jahr ging.) Was ich mit meinem Instagram-Konto gemacht habe. Wie es jetzt für mich ist, ohne Instagram zu leben und zu arbeiten.
In diesem Blogartikel berichte ich, wie mein eigener Instagram-Ausstieg abgelaufen ist:
Wie der Instagram-Entzug für mich war. (Ich verrate dir, wie es mir jeweils nach einer Woche, einem Monat und einem Jahr ging.)
Wie es jetzt für mich ist, ohne Instagram zu leben und zu arbeiten.
Und schließlich: Gehe ich wieder zu Instagram zurück?
Irish Goodbye: Warum ich kein großes Tamtam um meinen Instagram-Abschied gemacht habe
Eigentlich hatte ich 2020 gar nicht direkt vor, mein Instagram-Konto zu löschen. Ich habe hin und wieder mit dem Gedanken gespielt, ja. Doch dieser Gedanke hatte für mich immer was von „Ich wandere nach Guernsey aus und züchte Alpakas“ – eine grandiose Spinnerei, mehr nicht.
Damals kannte ich niemanden – NIEMANDEN! –, der oder die keine soziale Medien fürs Marketing nutzte. Und dass es tatsächlich auch ohne ginge – das kam mir damals gar nicht in den Sinn.
Ich war einfach nur müde von der Plattform – vom Posten, Liken, Tanzen, Livegehen, Kommentieren – und ich wollte ein Päuschen einlegen, um wieder Kraft zu tanken.
Doch aus einer Woche Instagram-Pause wurden schnell zwei, dann drei. Und dann war auch schon ein Monat rum. Und irgendwann kam der Punkt, an dem ich merkte: Das Leben und Arbeiten ohne Instagram ist viel zu schön, um wieder zurückzugehen.
Deshalb gab es bei meinem Instagram-Ausstieg auch nie einen offiziellen Abschiedspost von mir. Oder eine Strategie, die Menschen auf Instagram auf andere Kanäle von mir aufmerksam zu machen. So still und heimlich, wie ich mir damals einen Account angelegt hatte, ging ich auch wieder.
Rückblickend hätte dem Ganzen vielleicht ein bisschen mehr Planung gut getan. Doch andererseits: Wenn es gar nicht mehr geht, ist das Wichtigste, wieder Kraft zu tanken. Alles andere ist sekundär.
Der Instagram-Entzug: It’s f*cking real!
Auch wenn ich Instagram vor allem aus gesundheitlichen Gründen verließ, merkte ich, dass mein Hirn zunächst gar nicht damit einverstanden war …
Die erste Woche ohne Instagram
Viele Menschen, die soziale Medien verlassen, klagen über FOMO („Fear Of Missing Out“). Mich persönlich plagte die Angst, etwas zu verpassen, wenn ich nicht mehr auf Instagram bin, nicht.
Die erste Woche ohne Instagram war trotzdem hart. Zu der großen Erschöpfung, die ich damals spürte, gesellte sich der Drang, ständig nach meinem Smartphone zu greifen und Instagram zu öffnen.
Doch jedes Mal, wenn ich das Smartphone in die Hände nahm und den Bildschirm entsperrte, merkte ich: Da ist nichts. Mein Hirn war maximal irritiert und suchte sich sofort andere Beschäftigungen: Nachrichten checken zum Beispiel. Oder Onlineshopping-Apps.
Irgendwo musste doch die nächste Dopamin-Quelle sein!
Gleichzeitig fühlte ich mich erschöpft. Ich schlief so viel, wie schon lange nicht mehr. Mir kam es vor, als hätte ich die letzten Jahre mit Social Media meine Müdigkeit verdrängt: Ich hatte „Pausen“ mit Social Media gemacht, mich mit Social Media „entspannt“, die Zeit mit Social Media vertrödelt. Doch richtig erholsam war das Ganze nie und über die Jahre sammelte sich eine Menge Müdigkeit an. Dazu kamen die vielen Inhalte, Informationen und Reize – Instagram war einfach von allem zu viel!
Jetzt, wo ich mich – das erste Mal seit Jahren – endlich wieder „richtig“ erholen durfte, schlief ich und schlief und schlief …
Der erste Monat ohne Instagram
Irgendwann ließ der Drang, ständig Instagram zu öffnen, nach, doch ich hatte mir eine neue Gewohnheit gesucht: E-Mails und die Weltlage checken.🙄
Auch hier gab es:
einen Live-Ticker, der sich ständig aktualisiert
Dopamin, wenn tatsächlich eine neue Mail eintrudelt
usw.
Ich merkte: Instagram nicht mehr zu nutzen, heißt nicht automatisch, dass „alles gut ist“. Ich muss mein gesamtes Smartphone-Verhalten in den Blick nehmen.
Ich begann, meine Smartphone-Gewohnheiten zu hinterfragen – nicht, um sie zu „optimieren“, sondern weil sie mir so, wie sie waren, gesundheitlich nicht gut taten.
Ich schuf Smartphone-freie Zeiten und Räume. Nachdem ich mehrere Jahre permanently online permanently connected war, zog ich den Stecker und übte mich darin, immer öfter im Hier und Jetzt zu sein statt im World Wide Web.
Ich gestaltete meine Pausen aktiv, verbrachte sie nicht mehr am Smartphone, sondern an der frischen Luft, mit Essen oder mit Löcher in die Luft starren.
Eine App aus Gewohnheit öffnen? Oder das Smartphone entsperren, weil ich gerade nichts zu tun habe? Wird immer seltener …
Das erste Jahr ohne Instagram
Nach ein paar Wochen kippte ein Schalter im Kopf und ich hörte auf, über Instagram nachzudenken.
Ich ging spazieren, ins Restaurant, ich traf mich mit Menschen und arbeitete, ohne mich ständig zu fragen, ob ich davon eine Story posten soll. Den Gedanken „Das könntest du auf Insta posten“ gab es in meinem Kopf einfach nicht mehr. Wenn meine Kund*innen in einer Beratung mal über Instagram sprachen, dachte ich immer: „Stimmt, Instagram gibt es ja auch noch!“
Instagram aus meinem Kopf zu verbannen, war eine große Erleichterung und gab mir – so pathetisch das klingen mag – ein Stück Freiheit zurück.
Jetzt, wo ich nicht mehr alle paar Minuten mein Smartphone checkte, schrieb ich – eine Menge. Ins Tagebuch oder an einem Sonntag mal dutzende Gedichte. Schreiben half mir, den Social-Media-Abschied zu verarbeiten und zu reflektieren, was in den letzten Jahren auf Social Media eigentlich mit mir passiert war.
Mir wird klar: Ich war in einer Filterblase. Ich war wie „gebrainwasht“. Jahrelang.
Meine Ansichten, meine Gewohnheiten, meine Sprache – alles kommt mir auf einmal seltsam und bescheuert vor. Habe ich wirklich Countdowntimer genutzt, um Menschen Druck zu machen, etwas bei mir zu kaufen?😱 Veranstalte ich echt immer „Bootcamps“ und „Challenges“, um Menschen „aufs nächste Level“ zu bringen.🤣 Arbeite ich echt immer an meinem „Mindset“?🤪
Wie haben es die „echten“ Menschen um mich herum die letzten Jahre nur mit mir ausgehalten?
Langsam, ganz langsam höre ich, was ich eigentlich denke, fühle, brauche und will. Nicht die Menschen, Expertinnen und Gurus da draußen auf Instagram, sondern ich. Die Jahre auf Social Media wurde das immer von Content überlagert.
Ich komme endlich wieder in Kontakt zu mir, meinen Bedürfnissen, Ideen und Werten.
Mir wird egal(er), was Menschen über mich denken oder wie „man“ es „richtig“ macht. Da ich nicht mehr sehe, was ich – angeblich – machen muss, um erfolgreich zu sein, und es die für Instagram so typischen „Machst du diese X Fehler mit Y?“-Inhalte nicht mehr in mein Hirn schaffen, bin ich seltsam zufrieden mit mir. Das Imposter-Syndrom, das mich jahrelang immer auf Instagram plagte, verschwindet zwar nicht völlig, aber wird deutlich besser.
Ich denke nicht mehr jeden Tag, dass ich nicht schön, erfolgreich, reich, kreativ und schlank genug bin, und werde dankbarer für das, was ich schon habe und wer ich bin. Weniger Vergleiche = mehr Dankbarkeit ist eine Gleichung, die für mich definitiv aufgeht.
Mein Interesse für Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung schwindet. Ich will nichts mehr entwickeln, nichts verwirklichen, nicht wachsen – ich will einfach nur sein.
Dafür entdecke ich den Feminismus wieder und damit kritischere Gedanken, Marketingethik und Kapitalismuskritik. Und ich fange an, nicht nur wahrzunehmen, dass soziale Medien mir persönlich nicht guttun, sondern wie problematisch das Geschäftsmodell mit den Daten grundsätzlich ist. Was das für die Gesellschaft und Demokratie bedeutet.
All das schaffte es damals nicht in meine Instagramblase. Dort gab es nur sechststellige Launches und Mindset-Shifts und aufzulösende Glaubenssätze, doch nur wenig Kritik an der glitzernden Marketingwelt.
Jetzt gibt es die kritischeren Themen wieder in meinem Leben: Was eine Bereicherung!
Was ich mit meinem Instagram-Konto gemacht habe
Was ist nun konkret mit dem Instagram-Konto passiert?
Instagram-Konto stillgelegt
Zunächst einmal habe ich das Instagram-Konto nur stillgelegt: Ich habe im Sommer 2020 aufgehört zu posten, entfolgte allen Accounts und deinstallierte die App vom Smartphone.
Ich konnte es mir damals nicht vorstellen, als Selbstständige Instagram von heute auf morgen zu löschen. (Auch wenn ich inzwischen ein paar Menschen kennengelernt habe, die kurzen Prozess mit ihrem Instagram-Konto gemacht haben.) Und die Stilllegung des Accounts war mein allererster Schritt. Er fühlte sich zwar immer noch beängstigend an, aber dennoch war er so klein und nicht endgültig, dass ich mich traute, ihn zu gehen.
Der Nachteil an diesem Schritt war: Auch wenn ich nicht mehr auf Instagram aktiv war, hatte ich immer noch ein Instagram-Konto. Und Menschen schrieben mich immer noch via Instagram an und ich fühlte mich verpflichtet, darauf zu reagieren.
Deshalb kam ich doch alle paar Tage wieder mit der Plattform in Kontakt. Da ich niemandem mehr folgte, sah ich zwar keine Beiträge mehr, doch die Plattform nahm immer noch Headspace bei mir ein. (Auch wenn es im Vergleich zu früher natürlich nur noch ein Bruchteil war.)
Instagram-Konto deaktiviert
Rund ein Jahr ließ ich das Instagram-Konto links liegen, beobachtete genau, wie sich meine Sichtbarkeit und mein Umsatz entwickelten, sodass ich irgendwann wusste: Ich brauche Instagram nicht, um selbstständig zu sein.
Und das gab mir den Mut, den nächsten Schritt zu gehen und den Account zu deaktivieren.
Bei einer Deaktivierung ist der Account zwar nicht mehr auf Instagram auffindbar, doch er ist noch vorhanden: Die Fotos, die Follower, die Posts, die Likes … alles noch da.
Sollte ich es mir also doch anders überlegen, bräuchte ich mich nur noch einmal in mein Instagram-Konto einzuloggen und er wäre sofort wieder online. Das gab mir Sicherheit.
Instagram-Konto gelöscht
Es dauerte danach nur noch wenige Wochen, bis mir klar wurde: Jetzt kann ich es auch ganz beenden! Und so beantragte ich – rund ein Jahr und paar Wochen nach der Stilllegung meines Instagram-Accounts – die endgültige Löschung.
Ich sage „beantragte“, weil sich das Instagram-Konto nicht sofort löschen lässt, sondern man immer noch 30 Tage Zeit erhält, seine Meinung zu ändern.
Am 21. Oktober 2021 war es dann endlich soweit: Mein Instagram-Konto gab es nicht mehr.
Wie es ist, ohne Instagram zu leben und zu arbeiten
Und wie ist es nun, ohne Instagram zu leben und zu arbeiten? Da gäbe es so viel zu erzählen, ich könnte damit ein ganzes Buch füllen! Das Wichtigste:
Zeit
All die Sachen, für die ich nie Zeit hatte (oder immer dachte, keine Zeit zu haben), sind seit dem Instagram-Ausstieg auf einmal realistisch.
Früher war ich immer 1–2 Stunden täglich auf Instagram unterwegs. Das summiert sich – vor allem, wenn wir das aufs Jahr oder drei Jahre hochrechnen.
Und so konnte ich seit meinem Instagram-Ausstieg auf einmal Dinge machen, die ich früher immer auf später verschob:
ein Buch schreiben (Und dann noch eins. Und noch ein weiteres beim Verlag.)
Klavier lernen
wieder mehr Sport machen
Koreanisch lernen
Auf einmal hatte ich wieder etwas, von dem ich dachte, dass Erwachsene (mit Kindern) es einfach nicht mehr haben: Hobbys.
Platz im Kopf
Diese Fragen gibt es in meinem Leben nun nicht mehr:
Was soll ich nur posten?
Kann ich das so posten?
Wie viele Likes hat der Post bekommen?
Hat jemand kommentiert?
Soll ich diesen Post kommentieren?
Damit hatte ich deutlich mehr Platz im Hirn und mehr Kapazitäten für Dinge, die mich wirklich interessieren (siehe oben).
Frieden im Kopf
Mit dem Platz ist auch der Frieden in meinem Kopf eingekehrt. Ohne die für Instagram so typische toxische Positivität, Hustle Culture und Vergleicheritis geht es mir deutlich besser.
Da ich mein Behind-the-Scenes-Ich nicht mehr jeden Tag mit der auf Hochglanz polierten Version von einem Fremden im Internet vergleichen muss, fing ich sogar an, mein Behind-the-Scenes-Ich zu mögen. Jeden Tag ein bisschen mehr.
Spaß bei der Arbeit
Stockfotos aussuchen, Karussellposts erstellen, Hashtags recherchieren, Beiträge liken und kommentieren … Social-Media-Marketing ist für mich eine zu einem großen Teil eher langweilige, anspruchslose Tätigkeit gewesen, die mich nie – auf die gute Art – forderte.
Seit ich mich nach meinem Instagram-Ausstieg auf Marketingstrategien wie Blog, Newsletter und Podcast fokussiere, habe ich auch viel mehr Spaß bei der Arbeit.
Es heißt nicht, dass alle Tage leicht sind und es nie Herausforderungen oder Lernkurven gibt. Es heißt vielmehr, dass es eine maximale Schnittmenge zwischen meinen Stärken, Werten und Interessen gibt, die es so in der Form bei Instagram nicht gab.
Die Wiederentdeckung der Langeweile
Seit meinem Instagram-Ausstieg ist mir immer öfter mal langweilig. Und dann sitze ich auf dem Sofa und überlege, was ich als nächstes mit meiner Zeit anstellen will. Oder ich warte an der Bushaltestelle ganz oldschool, indem ich einatme, ausatme und Löcher in die Luft starre.
Klingt negativ?
Tatsächlich ist es schön, mal wieder Langeweile zu spüren und nichts zu machen, außer zu atmen. Es erdet, beruhigt und macht kreativ, wie inzwischen in Studien untersucht wurde.
Auch die Stille und die Ruhe habe ich für mich wiederentdeckt.
„Social“ sein
Doch es ist natürlich nicht nur so, dass ein Instagram-Ausstieg nur mit Vorteilen daherkommt, sondern dass es auch einige Nachteile gibt.
Privat habe ich eh selten mit Menschen über Social Media kommuniziert, beruflich allerdings schon.
Und so hat sich Kontakte halten ohne Instagram als deutlich herausfordernder herausgestellt als mit. Es ergibt sich nicht so schön nebenbei, indem man auf eine Story mit einem Emoji antwortet. Wir müssen das Kontaktehalten nun selbst aktiv gestalten und:
Initiative ergreifen
Menschen anschreiben
virtuelle oder persönliche Treffen vorschlagen
Auch heute fällt es mir nicht unbedingt leicht und ich muss mich gezielt daran erinnern, „social“ zu sein und Menschen anzuschreiben.
Doch möglich ist Netzwerken ohne Social Media auf jeden Fall. Das Soziale haben Social Media nicht für sich gepachtet bzw. inwiefern sie überhaupt noch „sozial“ sind, sei mal dahingestellt.
Seit ich kein Instagram mehr nutze, treffe ich meine Kundinnen und Kolleginnen viel öfter live und in Farbe. Mal zum Mittagessen oder gleich für mehrere Tage in einem Hotel.
Natürlich kann ich das nicht jeden Monat so machen. Doch weniger ist für mich inzwischen mehr.
Und gehe ich wieder zu Instagram zurück?
Natürlich weiß ich nicht, was die Zukunft bringt. Doch aktuell sehe ich für mich keine Notwendigkeit, Instagram zu nutzen. Weder privat noch beruflich als Marketingkanal.
Seit ich Instagram verlassen habe, habe ich:
mehr Zeit für spannende berufliche Projekte oder private Hobbys
ein besseres Selbstwertgefühl
mehr Platz im Kopf für Dinge, die mir wirklich wichtig sind
mehr Freude im Arbeitsalltag
mehr Stille, Ruhe und Langeweile
berufliche Kontakte, die tiefer gehen, weil sie über die Antwort-Emojis auf Social Media hinausgehen
Warum sollte ich da jemals zu Instagram zurückgehen?
Noch mehr Texte zum Thema „Instagram löschen“
Content-Fatigue: Ich bin so müde
Ich habe Content-Fatigue. Will heißen: Ich bin müde von dem immergleichen, aalglatten, nichtssagenden „Content“, den ich online finde. Ich will etwas lesen, das nach etwas schmeckt und riecht, das Ecken und Kanten hat, an denen ich mich festhalten kann …
Ich habe Content-Fatigue.
Will heißen: Ich bin müde von dem immergleichen, aalglatten, nichtssagenden „Content“, den ich online finde.
Ich will etwas lesen, das nach etwas schmeckt und riecht, das Ecken und Kanten hat, an denen ich mich festhalten kann. Etwas, was ich nicht gleich wieder vergesse, sobald ich auf das nächste Suchergebnis klicke.
Ich habe Contentplan-Fatigue.
Will heißen: Ich bin müde von Redaktionsplänen, die mir sagen, wann ich was wie zu „produzieren“ habe. Wann mein Blog, Podcast oder Newsletter befüllt werden muss. Und womit.
Ich will etwas veröffentlichen, weil alles in mir darauf drängt, es zu tun. Weil die Botschaft zu wichtig ist, um sie nicht zu teilen. Weil ich es will – nicht weil ich es muss. Weil es mir gerade in den Kram passt – nicht weil der Plan es sagt.
Ich habe Content-Marketing-Fatigue.
Will heißen: Ich bin müde von der Art von Marketing, die sich hohler Marketingphrasen bedient, statt wirklich etwas zu sagen. Marketing, bei dem das, was man schreibt oder sagt, nur einen Zweck hat: zu verkaufen.
Ich will etwas schreiben, das nicht nur im Kontext meiner Produkte Bedeutung hat, sondern darüber hinaus. Etwas, das für sich steht. Etwas, das auch abgesehen von Marketing einen Wert hat.
Was ist das überhaupt für ein seltsames Wort … „Content“. Als ob es etwas Besonderes wäre, dass unsere Worte und Sätze einen „Inhalt“ haben, dass sie etwas bedeuten.
Deshalb rede ich bereits seit einiger Zeit nicht mehr von „Content“. Auch im Marketingkontext. Und auch, als ich den Schreibcircle konzipierte, hatte ich keinen „Content“ im Sinn.
Ich will nicht noch mehr „Contentproduziermaschinen“ ausbilden, die wie am Fließband den immergleichen „Content“ erstellen und ihn dann auf ihren Kanälen teilen. Ich will das Gegenteil:
Dass wir verlernen, Content zu erstellen.
Ich will wieder von „Worten“ und „Texten“ sprechen, wenn wir Marketing betreiben.
Ich will, dass wir Freude spüren, wenn wir Marketingtexte schreiben – nicht Druck oder gar Angst.
Ich will, dass wir uns erlauben, wieder so zu schreiben, wie Schreiben eigentlich gedacht ist: von Mensch zu Mensch. (Und nicht von Contentproduziermaschine zu Mensch. Oder von KI zu Mensch.)
Ich glaube nämlich, dass wir gerade ganz dringend mehr davon brauchen:
Menschlichkeit
Command Culture im Marketing
Ob auf Websites, in Blogartikeln oder auf Social Media – die meisten Marketingtexte sind voller Imperative, Aufforderungen und Befehle. Ich finde, es ist an der Zeit, die Command Culture im Marketing wieder zu verlernen.
Ob auf Websites, in Blogartikeln oder auf Social Media – viele Marketingtexte sind voller Imperative, Aufforderungen und Befehle.
Nutze Instagram fürs Marketing!
Manifestier dir eine Million!
Launch einen Onlinekurs!
Werde erfolgreich!
Schreib ein Buch!
Melde dich an!
Sei du selbst!
Denk positiv!
Schreib mir!
Klick hier!
Kauf das!
Tu dies!
Teile!
Like!
Als ich Anfang 2016 in die Welt des Onlinemarketings eintauchte, habe ich es genauso gelernt:
Sprich Menschen direkt an.
Verwende mehr „du“ und weniger „ich“.
Sag ihnen den nächsten Schritt.
Sag Menschen, was sie zu tun haben.
Verwende einen Call to Action.
Doch sieben Jahre später möchte ich nicht mehr so Marketing betreiben, denn diese „Command Culture“ führt dazu, dass wir online nur noch in einem Befehlston miteinander kommunizieren. So, wie wir außerhalb von Social Media und Co. niemals mit anderen Menschen sprechen würden.
Selbst Handlungen, die sich – wenn wir ehrlich sind – nicht wirklich befehlen lassen (glücklich sein, positiv denken), werden uns von allen Seiten in einem Imperativ entgegen geschrien.
Ich nehme mir für die nächste Zeit jedenfalls vor, diesen Command-Stil bewusst wieder zu verlernen (denn er ist nach sieben Jahren leider auch mir in Fleisch und Blut übergegangen).
Ich will wieder öfter „ich“ sagen oder „wir“.
Ich will wieder mehr im Indikativ schreiben.
Ich will in meinen Texten Möglichkeiten aufzeigen, statt zu „befehlen“.
Ich will Texte schreiben, die Strategien, Plattformen und Handlungen als Optionen darstellen – und nicht als einzig möglichen Weg.
Machst du mit?
Ich würde mich freuen, wenn wir die Marketingwelt zu einem menschlicheren Ort machen.
Marketing-Bullshit-Bingo 💩 – 101 Wörter und Phrasen, die nur heiße Luft sind
Du willst beim Marketing klarer und ehrlicher kommunizieren? Im Blogartikel findest du eine Liste mit 101 nichtssagenden Marketing-Bullshit-Phrasen und viele Ideen für eine ehrliche(re) Kommunikation auf deiner Website, in deinem Blog und Newsletter.
Welche dieser Begriffe würdest du verwenden, wenn du mit deinen allerliebsten Menschen oder Lebewesen redest?
Du weißt schon: mit deinem Partner oder deiner Partnerin, deinen Kindern, deiner besten Freundin, einem Kumpel, Tante Gerda, deinem Hund oder Einhorn.
(Bitte zähle im Kopf mit.)
Absoluter Gamechanger
Boosten
Bootcamp
Umsatz generieren
Leads generieren
aufs nächste Level heben
mit Leichtigkeit
„Das kannst du auch!“
„Hallo ihr Lieben!“
Win-win-Situation
Finanzielle Freiheit
Passives Einkommen
Community
Breakthrough
Real Talk
Deal
Sechsstellig
Siebenstellig
Must-have-Angebot
Impact
Skalieren
Ultimativ
Unbedingt
Garantiert
Umsatzstark
Reichweitenstark
Fatale Fehler
Automatisierung
Optimierung
Challengen
Learnings
Tiny Offer
Sales Funnel
Evergreen Funnel
Recap
Summit
Think big
Accountability
Content
die Extrameile gehen
Content-Marketing
Mehrwert
Von 0 auf 100
Umsatz verdoppeln
Hack
Starter Guide
Identity Shift
Workflow
Workload
Commitment
Conversion
Profitabel
Hand aufs Herz
Smarte Strategien
Exklusiv
Einfach
All-in-one
Framework
Tripwire
Blueprint
Der #1-Grund
Absolutes No-Go
Must-have-Tools
Best Practice
Signature-Programm
Meine Top-Takeaways
ins Business investieren
Produkte mit Leichtigkeit kreieren
Viralitäts-Potenzial
Ranking-Potenzial
Insights
In drei einfachen Schritten
Für kurze Zeit
Nur 1000 Euro
Mindset-Shift
Deep Dive
authentisches Business
JETZT
Meine Fails
Herzensbusiness
Approach
ROI / Return on Investment
Masterclass
Millionenbusiness
High Energy
Inner Work
Fülle
Creator
Hidden Champion
Hands-on-Tipps
Audio-Experience
Behind the Scenes
VIP
Call to Action
Early Bird
Positive Energie
Go-to-Person
von Grund auf
Success Story
Onboarding
No Regret Move
Welche Zahl ist es bei dir?
Ich lehne mich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich spekuliere: Weniger als fünf? Vielleicht sogar nur drei? Oder gar null?
Die meisten dieser Wörter sind so aufgeblasen, so nichtssagend, so … englisch, dass wir sie selten bis niemals in unserer Alltagssprache verwenden würden.
Doch wenn wir online gehen und Marketing betreiben, scheint eine seltsame Verwandlung vonstatten zu gehen.
Wir fangen an, von „ultimativen Checklisten“, dem „All-in-one Framework“ oder „konvertierenden Templates“ zu reden. Unser Onlineprogramm schafft „Accountability“, ist nur bei entsprechendem „Commitment“ buchbar und wir teilen in unserem Podcast die „wichtigsten Learnings des Jahres“.
Andere Menschen hören oder sehen, wie wir reden oder schreiben, und übernehmen – bewusst oder unbewusst – unsere Wortwahl und fertig ist der standardisierte, inhaltsleere Marketingsprech.
Schon 1986 nannte das der Philosoph Harry G. Frankfurt „Bullshit“; und auch fast vierzig Jahre später ist die Beobachtung aus seinem Essay „On Bullshit“ so aktuell wie eh und je:
Es gibt so viel Bullshit in unserer Kultur (ich ergänze: in der Onlinewelt). Und wir alle tragen dazu bei, den Bullshit immer weiter zu verbreiten.
Doch warum eigentlich?
Vielleicht, um unserer Botschaft Legitimität und Seriosität zu verleihen und bei den Menschen, die wir erreichen wollen, Eindruck zu schinden?
Vielleicht aus Angst, dass Menschen an unserer Kompetenz zweifeln, wenn wir nicht von „Conversions“, „Smarten Strategien“ oder „Breakthroughs“ reden?
Vielleicht, um zu verschleiern, dass wir keine Ahnung haben, worüber wir da eigentlich sprechen?
Vielleicht weil wir einen gewissen Konformitätsdruck spüren, weil alle anderen ja auch so reden und wir uns nicht trauen, gegen den Strom zu schwimmen und möglicherweise negativ aufzufallen?
Vielleicht, weil es einfacher ist, Schablonen zu nutzen, als sich zu überlegen, was wir sagen wollen?
Oder vielleicht sogar, um Sachverhalten bewusst zu verschleiern, andere Menschen zu blenden und sie zu Handlungen zu manipulieren?
Egal, was der Grund sein mag: Marketing-Bullshit ist – Pardon my French – scheiße, denn:
Diese Wörter sind oft so generisch, dass Menschen alles und nichts darunter verstehen können.
Viele dieser Wörter sind erklärungsbedürftig, werden aber nicht erklärt. Gleichzeitig tun alle so, als verstehen sie, worum es geht.
Es entstehen weichgespülte, austauschbare Marketingtexte, Texte die nichts aussagen, nichts bewirken und nichts verändern.
Zusammenhänge werden nicht mehr hinterfragt, Argumentationen nicht mehr geprüft.
Geht vielleicht sogar kritisches Denken verloren, wenn wir Wörter, die wir mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit verwenden, nicht mehr reflektieren?
Ich selbst bin müde von den Marketing-Bullshit-Wörtern, den hohlen, nichtssagenden Phrasen, dem „Content“ in unserem Marketing (als ob es etwas Besonderes wäre, wenn Texte „Inhalt“ haben).
Ich will Texte, die nach etwas „riechen“ und „schmecken“, und Wörter, an denen ich hängenbleiben und mich festhalten kann.
Ich will beim Lesen etwas fühlen, eine Verbindung spüren.
Ich will ins Hirn eines anderen Menschen eintauchen.
Auch als Selbstständige haben wir aus meiner Sicht die Wahl: Wir können beim Marketing-Bullshit mitmachen oder wir trauen uns, klarer, ehrlicher, menschlicher zu kommunizieren.
Auch wenn es sich manchmal so anfühlt: Doch der Marketing-Bullshit ist kein Zwang.
Wir können den Marketingsprech ablegen – wie einen Mantel, der uns zu eng geworden ist.
Das wird nicht immer leicht sein, und es wird vermutlich auch nicht über Nacht passieren. Doch es lohnt sich, diesen Weg zu gehen, denn:
Kommunikation kann nur dort gelingen, wo Sachverhalte nicht verschleiert werden.
Vertrauen kann nur dort aufgebaut werden, wo wir ehrlich sind.
Marketingzombie zu sein und generischen, austauschbaren „Content“ zu „produzieren“, wird nicht dazu führen, dass wir online herausstechen. Und ist es nicht das, was wir immer alle wollen – online sichtbar werden und Kund*innen gewinnen?
Hier sind einige Ideen, wie wir langfristig vom Marketingbullshit zu unseren Wörtern, Phrasen, Sätzen und Texten kommen. Sowohl auf unserer Website als auch in unseren Blogartikeln, im Podcast, auf Social Media oder im Newsletter:
#1 Wir könnten die Texte, die wir bereits geschrieben haben, auf Bullshit-Wörter untersuchen. Nimm dafür meine Liste oder lege dir eine eigene Liste an.
#2 Wie entdecken wir Bullshit-Wörter? Zum Beispiel mit der Frage:
„Würde ich so im Alltag mit Menschen (meinen Freunden, meiner Partnerin, Tante Gerda) reden?“
#3 Hier ist ein Beispiel: „Hier ist mein ultimatives Must-have-Angebot. Ihr challengt euch, den Sauberkeitsgrad des Wohnzimmers zu optimieren, und ich commite mich, euch ein All-in-one-Nachmittag auf dem Spielplatz zu bieten. Win-win-Situation. Hier ist für die nötige Accountability eine Stoppuhr. Hab’s selbst mal probiert, war ein echter Gamechanger für meinen Workflow und hat ihn noch mal aufs nächste Level gehoben.“
#4 Du würdest so nicht reden? Dann gibt es keinen Grund, diese Wörter im Marketing zu verwenden, und viele Gründe, sie durch alltagsgebräuchliche Wörter zu ersetzen. („Räum bitte dein Zimmer auf. Dann gehen wir auf den Spielplatz und machen uns einen schönen Nachmittag zusammen.“)
#5 Wir könnten Texte schreiben, die bedeutsam sind und in die Tiefe gehen.
#6 Wir könnten weniger Anglizismen nutzen oder sie grundsätzlich durch deutsche Wörter ersetzen.
#7 Wir könnten Verben statt Substantive verwenden.
#8 Wir könnten Abkürzungen vermeiden oder sie zumindest erklären.
#9 Wir könnten uns fragen: Könnte das ein anderer Mensch (aus einer ähnlichen oder anderen Nische) genauso schreiben? Dann sind die Wörter vermutlich so allgemein, dass sie auf alle zutreffen und dir deshalb nicht dabei helfen werden, online hervorzustechen.
#10 Wir könnten nur die Wörter nutzen, deren Bedeutung wir auch kennen. Und das meine ich nicht im sprachphilosophischen, sondern im pragmatischen Sinne: Fallen mir aus dem Stand fünf verschiedene Szenarien ein, in denen ich das Wort verwenden könnte? Wenn nicht, habe ich vermutlich keine Ahnung, wovon ich hier rede.
#11 Wir könnten Redundanzen eliminieren: Warum muss ich „smarte Strategien“ sagen? Sollten Strategien nicht grundsätzlich „smart“ sein?
#12 Wir könnten Selbstverständlichkeiten eliminieren: Warum sollten wir extra betonen, dass wir „kompetente Ansprechpartner“ sind? Wer möchte schon einen inkompetenten Ansprechpartner?
#13 Wir könnten einen „Gefühlstest“ machen. Löst unser Text Emotionen aus? Ob Wut, Erleichterung, Freude, Verbindung oder Irritation ist völlig egal. Hauptsache, wir fühlen IRGENDWAS.
#14 Wir könnten öfter Komplexität zulassen. Die Dinge sind meist nicht so einfach, wie sie im Marketing dargestellt werden.
#15 Üben. Wir könnten einen Text schreiben, ohne inhaltsleere Floskeln zu verwenden. Und dann einen zweiten. Und einen dritten. Bis es selbstverständlich(er) für uns wird.
Und falls du noch „die Extrameile gehen“ willst, ist hier noch ein „exklusiver Hands-on-Tipp“ für dich: Bastel dir doch dein eigenes Marketing-Bullshit-Bingo aus meiner Liste. Auf Canva findest du sicherlich „ultimative Templates“ dazu. Wird ein absoluter „Gamechanger“ für deinen „Workflow“ beim Schreiben sein. Garantiert.
Inspirationszitathölle 😈 – „Inspirierende“ Zitate, die problematische Botschaften verbreiten
Wie viel Bullshit steckt eigentlich in den beliebtesten und berühmtesten „motivierenden“ und „inspirierenden“ Zitaten und Sprüchen auf Social Media? Eine Menge! Die meisten Inspirationszitate machen uns nicht etwa inspirierter, motivierter und produktiver, sondern nerven und setzen uns gewaltig unter Druck. Ein Erklärungsversuch.
Wie viel Bullshit steckt eigentlich in den beliebtesten und berühmtesten inspirierenden Zitaten und Sprüchen auf Social Media?
The answer may (not) surprise you: Eine Menge!
Die meisten Inspirationszitate machen uns nicht etwa inspirierter, motivierter und produktiver, sondern nerven und setzen uns gewaltig unter Druck.
Doch warum spüren wir eigentlich immer so ein Grummeln im Bauch, wenn „Bro Marketer“ Tobi, 23, auf Insta postet, dass wir stärker sein sollen als unsere Ausreden?
Warum zuckt es immer so komisch in unserem Auge, wenn Girlboss Sophia uns befiehlt, groß zu träumen?
Und warum kommt uns der Kaffee gleich wieder aus der Nase, wenn wir morgens im Halbschlaf was von „Positive mind, positive vibes, positive life“ lesen?
Ein Erklärungsversuch.
Inspirierende Zitate und Sprüche ermutigen uns, groß zu träumen, doch sie ignorieren gesellschaftliche und politische Realitäten.
Zunächst einmal, weil es niemand von uns mag, wenn unsere Lebensrealitäten, Erfahrungen und Grenzen bagatellisiert, ignoriert oder negiert werden.
Sicherlich kennst du diese Sprüche auch:
„Your only limit is your mind.“ (Unbekannt)
„Jeder ist seines Glückes Schmied.“ (Sprichwort)
„Du kannst alles schaffen, wenn du nur genug daran glaubst.“ (Unbekannt.)
„Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen.“ (Walt Disney)
„Wenn du es dir vorstellen kannst, kannst du es auch tun.“ (Walt Disney)
„Believe you can and you're halfway there.“ (Theodore Roosevelt)
„Hindernisse können mich nicht aufhalten; Entschlossenheit bringt jedes Hindernis zu Fall.“ (Leonardo da Vinci)
„Wenn du etwas ganz fest willst, dann wird das Universum darauf hinwirken, dass du es erreichen kannst.“ (Paulo Coelho)
„There is nothing impossible to they who will try.“ (Alexander der Große)
„All you need is the plan, the road map, and the courage to press on to your destination.“ (Earl Nightingale)
„If my mind can conceive it, if my heart can believe it, then I can achieve it.“ (Muhammad Ali)
„All dreams are within reach. All you have to do is keep moving towards them.“ (Viola Davis)
„Be stronger than you excuses.“ (Unbekannt)
„To hell with circumstances; I create opportunities.” (Bruce Lee)
„The only place where your dreams become impossible is in your own thinking.“ (Robert H. Shuller)
Du liest diese Sprüche und denkst dir einfach nur: Nein.
Alles zu schaffen, wenn man nur stark genug daran glaubt – das war, ist und wird für die meisten Menschen dieser Erde einfach niemals Realität.
Eine Frau kann ja zum Beispiel gerne davon träumen, einen Managerposten zu ergattern. Doch statistisch hatte sie die längste Zeit schlechtere Chancen als jemand, der einfach nur Thomas oder Michael hieß. Das kann man sich gar nicht ausdenken. Und da können wir uns dann noch so oft vorsagen, dass wir nur fest genug daran glauben müssen. Gegen den Thomas-Kreislauf kommen wir als Frauen nur schwer an.
Ebenso wird es schwerer sein, sich selbst zu verwirklichen, wenn man es mit rassistischen oder ableistischen Strukturen aufnehmen muss. Oder mit Homophobie, Gewalt oder mit Xenophobie.
Diskriminierungserfahrungen kosten unfassbar viel Kraft, die dann wiederum für Selbstverwirklichung fehlt.
Man stelle sich nur vor, wie Frauen im Iran „Your only limit is your mind“ lesen. Da möchte man sich für alle Menschen, die so etwas unreflektiert posten, kollektiventschuldigen.
Deshalb: Nein, wir tragen nicht zu 100% die Verantwortung für unseren Erfolg und Misserfolg. Unsere Herkunft, Umstände und das politische System, in das wir hineingeboren werden, spielen sehr wohl eine Rolle. Da können wir noch so oft an unserem „falschen Mindset“ arbeiten.
Ja, wir können uns mit unseren eigenen Gedanken motivieren oder limitieren, keine Frage. Doch natürlich immer im Rahmen unserer individuellen, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Möglichkeiten.
Und dass Menschen das 2023 immer noch nicht verstehen, geht uns allen inzwischen gewaltig auf den Keks.
Inspirierende Zitate und Sprüche unterliegen der spätkapitalistischen Wachstumslogik und machen uns alle müde und erschöpft.
Mindestens genauso schlimm sind die Hustle-Zitate, denn der „Hustle“ – das ist in diesen Zitaten eine Lebenseinstellung, ja, fast schon eine Religion.
Jede Sekunde des Tages muss bestmöglich genutzt werden. Schlafen ist was für Luschen. Wenn wir schlafen, können wir schließlich nicht arbeiten; und wenn wir nicht arbeiten, können wir kein Geld verdienen; und wenn wir kein Geld verdienen, können wir es ja auch gleich sein lassen mit dem Kapitalismus.
Der Job wird über alles gestellt und genießt in allen Situationen oberste Priorität. Schließlich gibt es ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder du arbeitest zwanzig Stunden am Tag oder du bleibst erfolglos. Dazwischen gibt es nun einmal nichts. #fact
Du weißt sicherlich, was ich meine:
„I’ve got a dream that’s worth more than my sleep.“ (Unbekannt)
„I’d rather hustle 24/7 than slave 9 to 5.“ (Unbekannt)
„Go hard or go home.“ (Unbekannt)
„Eat. Sleep. Hustle. Repeat.“ (Unbekannt)
„Without hustle, talent will only carry you so far.“ (GaryV)
„Good things happen to those who hustle.“ (Anais Nin)
„Stop whining, start hustling.“ (GaryV)
„Wähle einen Job, den du liebst, und du musst keinen Tag mehr im Leben arbeiten.“ (Unbekannt)
„Be the best version of yourself.“ (Unbekannt)
„Es ist nicht von Bedeutung, wie langsam du gehst, solange du nicht stehenbleibst.“ (Konfuzius)
„Hustle until you no longer need to introduce yourself.“ (Unbekannt)
„Stay positive, work hard, make it happen.“ (Unbekannt)
„If you live for the weekends and vacations, your shit is broken.“ (GaryV)
„Your 9-5 may make you a living, but your 5-9 makes you alive!“ (Nick Loper)
“My entire life can be summed up in four word: I hustled. I conquered.“ (Unbekannt)
„Invest in your dreams. Grind now. Shine later.“ (Unbekannt)
„Hustle beats talent when talent doesn’t hustle.“ (Ross Simmonds)
„Greatness only comes before hustle in the dictionary.“ (Ross Simmonds)
„Entrepreneurship is living a few years of your life like most people won’t. So that you can spend the rest of your life like most people can’t.“ (Unbekannt)
„Hustle isn’t just working on the things you like. It means doing the things you don’t enjoy so you can do the things you love.“ (Unbekannt)
„Don’t stay in bed unless you can make money in bed.“ (George Burns)
„Things may come to those who wait, but only the things left by those who hustle.“ (Abraham Lincoln)
„Success is never owned, it’s rented. And the rent is due every day.“ (Unbekannt)
„Today I will do what others won’t, so tomorrow I can accomplish what others can’t.“ (Jerry Rice)
Man muss keine Wahrsagerin sein, um zu prognostizieren, dass das eine ganz, ganz gefährliche Einstellung ist und Menschen, die 24/7/365 durcharbeiten, ihre Gesundheit ernsthaft aufs Spiel setzen und andere Lebensbereiche (Freunde, Familie, Kinder, Haushalt, Hobbys) sträflich vernachlässigen.
(Wobei … so als Mann hat man ja meist weniger Probleme in Punkte Vereinbarkeit. Das ist dann schon praktisch.)
Selbst wenn wir das, was wir tun, lieben, brauchen wir Pausen.
Und auch wenn die Menschen, mit denen wir arbeiten, mehr an Freundschaften erinnern als an Kundschaft, haben wir ein Recht auf Feierabend und Wochenende.
Oder um es mit Ovid zu sagen: „Was keine Pause kennt, ist nicht von Dauer.“
Deshalb nervt es auch so sehr, dass die Bros und Girlbosses auf Insta so tun, als wären Menschen Waren, deren Wert sich einzig daran bemisst, wie produktiv sie sind.
Inspirierende Zitate und Sprüche werten Alltägliches und Normalität ab.
Ein weiterer Grund, warum uns einige Inspirationszitate oft den letzten Nerv rauben, ist, dass sie Alltägliches, Gewöhnliches, Normalität und Durchschnittlichkeit abwerten und problematisieren.
Es reicht nicht, dass du einfach nur selbstständig bist, nein, du musst EIN IMPERIUM aufbauen und SIEBENSTELLIGE MONATSUMSÄTZE machen.
Wir müssen besessen von Erfolg sein, sonst werden wir alle noch *dramatische Pause* DURCHSCHNITTLICH.
Ja, durchschnittlich sein – das ist die größte Angst, die der durchschnittliche Entrepreneur mit dem durchschnittlich schicken Auto hat.
Er ist nie zufrieden, und alle, die zufrieden sind und „for mediocrity settlen“, sind grundsätzlich verdächtig und Menschen zweiter Klasse.
Diese ungewöhnlichen Menschen sagen dann gewöhnlicherweise solche Sachen wie:
„I’m not here to be average. I’m here to be awesome.“ (Unbekannt)
„Dream big“ (Unbekannt)
„Think big, dream big, believe big and the results will be big.“ (Unbekannt)
„Das Leben beginnt dort, wo deine Komfortzone endet.“ (Unbekannt)
„Escape the ordinary.“ (Unbekannt)
„How dare you settle for less when the world has made it so easy for you to be remarkable?“ (Seth Godin)
„There is never a bad time to start a business – unless you want to start a mediocre one.“ (GaryV)
„You are unique. Don’t be a follower, be a leader.“ (Unbekannt)
„Don’t get comfortable with mediocrity.“ (Unbekannt)
„Being realistic is the most common path to mediocrity.“ (Will Smith)
„Never ever settle for mediocrity.“ (Unbekannt)
„Never let ‚good enough‘ be ‚good enough‘.“ (Unbekannt)
„A life of mediocrity is a waste of life.“ (Unbekannt)
„Be motivated by the fear of becoming average.“ (Unbekannt und seriously – WTF?😂)
„Dare to dream big“ (Unbekannt)
„Dream big, sparkle more, shine bright“ (Unbekannt)
„In a world full of average be outstanding.“ (Unbekannt)
„I did not wake up today to be average.“ (Unbekannt)
„Average will not be my legacy.“ (Unbekannt)
„‚Normal‘ is not in my dictionary.“ (Unbekannt)
Warum setzen sich Menschen bloß so sehr unter Druck?
Klar ist jede*r von uns besonders – in dem Sinne, dass es vermutlich niemanden auf der Welt gibt, der oder die dieselbe Kombination von Stärken, Schwächen, Erfahrungen, Ansichten, Meinungen, Werten und Lieblingssongs hat wie wir.
Doch der Alltag ist eben auch … Alltag. Ist die Komfortzone nicht auch etwas Schönes? Und sind wir nicht alle in den meisten Dingen völlig normal, mittelmäßig und manchmal auch etwas langweilig?
Das lässt sich übrigens auch wissenschaftlich belegen.
Das ist die sogenannte Gaußsche Normalverteilung.
Diese Glockenkurve ist einer der wichtigsten Typen von Wahrscheinlichkeitsverteilung und wird nicht nur in Naturwissenschaften, sondern auch in Wirtschafts- oder Geisteswissenschaften verwendet.
Vereinfacht ausgedrückt sagt die Glockenkurve:
Wenn wir untersuchen, wie ein bestimmtes Merkmal unter allen Menschen verteilt ist (Körpergröße, Intelligenz, Talent, you name it), werden sich die meisten Menschen bei den meisten Dingen irgendwo in der Mitte wiederfinden. Und es wird nur wenige Ausreißer nach links oder rechts geben.
Lernst du Gitarre, ist die Wahrscheinlichkeit also groß, dass du nicht der nächste Django Reinhardt, aber eben auch kein totaler Loser sein wirst, sondern gerade mal so gut spielst, dass Menschen nicht panisch das Wohnzimmer verlassen, wenn du die ersten Takte von „Wonderwall“ anschlägst.
Lernst du kochen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du es niemals mit Jamie Oliver aufnehmen wirst, aber deine Familienmitglieder zum Glück auch nicht vergiftest, sondern im Großen und Ganzen essbare Lasagnen produzierst.
Machst du dich selbstständig, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du kein „siebenstelliges Business“ haben wirst, aber eben auch nicht nur zwei Follower auf Instagram (deine Mama und beste Freundin), sondern einfach einigermaßen zurechtkommst. Mit besseren und schlechteren Zeiten.
Usw.
Das wahrscheinlichste Szenario ist also, dass wir in dem meisten, was wir tun, Mittelmaß sein werden. Langweiliges, gewöhnliches, durchschnittliches, normales Mittelmaß. Auch in unserer Selbstständigkeit und in unserem Marketing.
Ich persönlich finde das gar nicht so erschreckend, wie sich das auf den ersten Blick vielleicht anhören mag, sondern eher eine beruhigende Nachricht. Denn sie befreit uns endlich von diesem unsäglichen Druck, „groß zu träumen“ oder „außergewöhnlich“ sein zu müssen.
Auch das Normale und Gewöhnliche hat einen Wert. Oder haben wir schon wieder vergessen, wie wir uns damals in dem ersten Lockdown nach „einem Stück Normalität“ sehnten?
Vielleicht könnten wir dann ja auch bitte aufhören, so zu tun, als wären wir jemand, der wir nicht sind, und einfach unser Ding machen? Danke!
Zitate, die wollen, dass wir unsere Persönlichkeit verändern, nerven – und halten vermutlich unzählige Menschen davon ab, Arbeit zu erledigen, die okay, in Ordnung und einfach nur gut genug ist.
Inspirierende Zitate und Sprüche verbreiten toxische Positivität und stellen eine Gefahr für unsere mentale Gesundheit dar.
Wir müssen positiv bleiben, reden, sein – egal, was ist. Manche bezeichnen das schon als das „Diktat des positiven Denkens“ oder toxische Positivität.
Wenn ein Plan nicht gelingt und wir uns ärgern – macht nichts, solange wir immer schön weiterlächeln.
Und huch, da war ja ein negativer Gedanke – schnell in einen positiven verwandeln.
Meckern, schimpfen und Co. ist nicht – schließlich müssen wir immer und überall Good Vibes Only versprühen.
Hängen dir diese Sprüche inzwischen auch so zum Halse raus wie mir?
„Good vibes only.“ (Unbekannt)
„For every minute you are angry you lose 60 seconds of happiness.“ (Ralph Waldo Emerson)
„Say no to negative thoughts.“ (Unbekannt)
„Be happy. It drives people crazy.“ (Unbekannt)
„Positive mind, positive vibes, positive life.“ (Unbekannt)
„Once you replace negative thoughts with positive ones, you’ll start having positive results.“ (Willie Nelson)
„All things are positive if you believe.“ (Unbekannt)
„Being positive is a sign of intelligence.“ (Maxime Lagacé)
„Don‘t forget to smile.“
„Don’t worry, be happy.“
Diejenigen, deren Probleme sich in Luft auflösten, nachdem sie solch ein Zitat lasen, heben bitte die Hand!
Vermutlich werden wir uns nach diesen Zitaten noch nicht einmal besser fühlen, denn die Diskrepanz zwischen den Worten einerseits und den erlebten Gefühlen andererseits ist einfach zu groß.
Wir sagen „Don’t worry, be happy“ und verschlimmbessern unsere Situation, denn Gefühle wollen nicht verdrängt und negiert werden, sondern gefühlt, akzeptiert und verarbeitet.
Wir können nicht immer nur „nein zu ‚negativen‘ Gefühlen“ sagen, denn die gehören zu einer menschlichen Existenz nun einmal dazu und meist haben sie auch eine wichtige Funktion. Angst, Wut, Trauer sind schließlich nicht ohne Grund da.
Sie sind da, weil sie uns zeigen wollen:
„Achtung, Achtung. Alarm, Alarm. Hier ist gerade etwas nicht in Ordnung. Action required. Action required.“
Sollten wir nicht dann nicht lieber diese Notrufe ernst nehmen, statt sie zu ignorieren? Wir lösen Probleme doch nicht, indem wir sie durch einen Insta-Filter jagen. Wir verändern auch nichts an sozialen Missständen und Ungerechtigkeit, wenn wir wütenden Menschen ein „Fokussiere sich mal auf das Positive“ entgegensetzen.
Aber vielleicht ist das ja auch so gewünscht? Die Positive Psychologie ist schließlich verdammt systemkompatibel.
Denn wenn ich daran glaube, dass ich und nur ich alleine für mein Glück verantwortlich bin, indem ich bei Wut, Frust oder Erschöpfung einfach positiv denke, kommt mir ja gar nicht in den Sinn, etwas an den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen oder sozialen Missständen zu ändern.
All things are positive when you believe.
Wie praktisch.

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