Marketing-Bullshit-Bingo 💩 – 101 Wörter und Phrasen, die nur heiße Luft sind

Welche dieser Begriffe würdest du verwenden, wenn du mit deinen allerliebsten Menschen oder Lebewesen redest?

Du weißt schon: mit deinem Partner oder deiner Partnerin, deinen Kindern, deiner besten Freundin, einem Kumpel, Tante Gerda, deinem Hund oder Einhorn.

(Bitte zähle im Kopf mit.)

  1. Absoluter Gamechanger

  2. Boosten

  3. Bootcamp

  4. Umsatz generieren

  5. Leads generieren

  6. aufs nächste Level heben

  7. mit Leichtigkeit

  8. „Das kannst du auch!“

  9. „Hallo ihr Lieben!“

  10. Win-win-Situation

  11. Finanzielle Freiheit

  12. Passives Einkommen

  13. Community

  14. Breakthrough

  15. Real Talk

  16. Deal

  17. Sechsstellig

  18. Siebenstellig

  19. Must-have-Angebot

  20. Impact

  21. Skalieren

  22. Ultimativ

  23. Unbedingt

  24. Garantiert

  25. Umsatzstark

  26. Reichweitenstark

  27. Fatale Fehler

  28. Automatisierung

  29. Optimierung

  30. Challengen

  31. Learnings

  32. Tiny Offer

  33. Sales Funnel

  34. Evergreen Funnel

  35. Recap

  36. Summit

  37. Think big

  38. Accountability

  39. Content

  40. die Extrameile gehen

  41. Content-Marketing

  42. Mehrwert

  43. Von 0 auf 100

  44. Umsatz verdoppeln

  45. Hack

  46. Starter Guide

  47. Identity Shift

  48. Workflow

  49. Workload

  50. Commitment

  51. Conversion

  52. Profitabel

  53. Hand aufs Herz

  54. Smarte Strategien

  55. Exklusiv

  56. Einfach

  57. All-in-one

  58. Framework

  59. Tripwire

  60. Blueprint

  61. Der #1-Grund

  62. Absolutes No-Go

  63. Must-have-Tools

  64. Best Practice

  65. Signature-Programm

  66. Meine Top-Takeaways

  67. ins Business investieren

  68. Produkte mit Leichtigkeit kreieren

  69. Viralitäts-Potenzial

  70. Ranking-Potenzial

  71. Insights

  72. In drei einfachen Schritten

  73. Für kurze Zeit

  74. Nur 1000 Euro

  75. Mindset-Shift

  76. Deep Dive

  77. authentisches Business

  78. JETZT

  79. Meine Fails

  80. Herzensbusiness

  81. Approach

  82. ROI / Return on Investment

  83. Masterclass

  84. Millionenbusiness

  85. High Energy

  86. Inner Work

  87. Fülle

  88. Creator

  89. Hidden Champion

  90. Hands-on-Tipps

  91. Audio-Experience

  92. Behind the Scenes

  93. VIP

  94. Call to Action

  95. Early Bird

  96. Positive Energie

  97. Go-to-Person

  98. von Grund auf

  99. Success Story

  100. Onboarding

  101. No Regret Move

Welche Zahl ist es bei dir?

Ich lehne mich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich spekuliere: Weniger als fünf? Vielleicht sogar nur drei? Oder gar null?

Die meisten dieser Wörter sind so aufgeblasen, so nichtssagend, so … englisch, dass wir sie selten bis niemals in unserer Alltagssprache verwenden würden.

Doch wenn wir online gehen und Marketing betreiben, scheint eine seltsame Verwandlung vonstatten zu gehen.

Wir fangen an, von „ultimativen Checklisten“, dem „All-in-one Framework“ oder „konvertierenden Templates“ zu reden. Unser Onlineprogramm schafft „Accountability“, ist nur bei entsprechendem „Commitment“ buchbar und wir teilen in unserem Podcast die „wichtigsten Learnings des Jahres“.

Andere Menschen hören oder sehen, wie wir reden oder schreiben, und übernehmen – bewusst oder unbewusst – unsere Wortwahl und fertig ist der standardisierte, inhaltsleere Marketingsprech.

Schon 1986 nannte das der Philosoph Harry G. Frankfurt „Bullshit“; und auch fast vierzig Jahre später ist die Beobachtung aus seinem Essay „On Bullshit“ so aktuell wie eh und je:

Es gibt so viel Bullshit in unserer Kultur (ich ergänze: in der Onlinewelt). Und wir alle tragen dazu bei, den Bullshit immer weiter zu verbreiten.

Doch warum eigentlich?

Vielleicht, um unserer Botschaft Legitimität und Seriosität zu verleihen und bei den Menschen, die wir erreichen wollen, Eindruck zu schinden?

Vielleicht aus Angst, dass Menschen an unserer Kompetenz zweifeln, wenn wir nicht von „Conversions“, „Smarten Strategien“ oder „Breakthroughs“ reden?

Vielleicht, um zu verschleiern, dass wir keine Ahnung haben, worüber wir da eigentlich sprechen?

Vielleicht weil wir einen gewissen Konformitätsdruck spüren, weil alle anderen ja auch so reden und wir uns nicht trauen, gegen den Strom zu schwimmen und möglicherweise negativ aufzufallen?

Vielleicht, weil es einfacher ist, Schablonen zu nutzen, als sich zu überlegen, was wir sagen wollen?

Oder vielleicht sogar, um Sachverhalten bewusst zu verschleiern, andere Menschen zu blenden und sie zu Handlungen zu manipulieren?

Egal, was der Grund sein mag: Marketing-Bullshit ist – Pardon my French – scheiße, denn:

  • Diese Wörter sind oft so generisch, dass Menschen alles und nichts darunter verstehen können.

  • Viele dieser Wörter sind erklärungsbedürftig, werden aber nicht erklärt. Gleichzeitig tun alle so, als verstehen sie, worum es geht.

  • Es entstehen weichgespülte, austauschbare Marketingtexte, Texte die nichts aussagen, nichts bewirken und nichts verändern.

  • Zusammenhänge werden nicht mehr hinterfragt, Argumentationen nicht mehr geprüft.

  • Geht vielleicht sogar kritisches Denken verloren, wenn wir Wörter, die wir mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit verwenden, nicht mehr reflektieren?

Ich selbst bin müde von den Marketing-Bullshit-Wörtern, den hohlen, nichtssagenden Phrasen, dem „Content“ in unserem Marketing (als ob es etwas Besonderes wäre, wenn Texte „Inhalt“ haben).

Ich will Texte, die nach etwas „riechen“ und „schmecken“, und Wörter, an denen ich hängenbleiben und mich festhalten kann.

Ich will beim Lesen etwas fühlen, eine Verbindung spüren.

Ich will ins Hirn eines anderen Menschen eintauchen.

Auch als Selbstständige haben wir aus meiner Sicht die Wahl: Wir können beim Marketing-Bullshit mitmachen oder wir trauen uns, klarer, ehrlicher, menschlicher zu kommunizieren.

Auch wenn es sich manchmal so anfühlt: Doch der Marketing-Bullshit ist kein Zwang.

Wir können den Marketingsprech ablegen – wie einen Mantel, der uns zu eng geworden ist.

Das wird nicht immer leicht sein, und es wird vermutlich auch nicht über Nacht passieren. Doch es lohnt sich, diesen Weg zu gehen, denn:

  • Kommunikation kann nur dort gelingen, wo Sachverhalte nicht verschleiert werden.

  • Vertrauen kann nur dort aufgebaut werden, wo wir ehrlich sind.

  • Marketingzombie zu sein und generischen, austauschbaren „Content“ zu „produzieren“, wird nicht dazu führen, dass wir online herausstechen. Und ist es nicht das, was wir immer alle wollen – online sichtbar werden und Kund*innen gewinnen?

Hier sind einige Ideen, wie wir langfristig vom Marketingbullshit zu unseren Wörtern, Phrasen, Sätzen und Texten kommen. Sowohl auf unserer Website als auch in unseren Blogartikeln, im Podcast, auf Social Media oder im Newsletter:

#1 Wir könnten die Texte, die wir bereits geschrieben haben, auf Bullshit-Wörter untersuchen. Nimm dafür meine Liste oder lege dir eine eigene Liste an.

#2 Wie entdecken wir Bullshit-Wörter? Zum Beispiel mit der Frage:

„Würde ich so im Alltag mit Menschen (meinen Freunden, meiner Partnerin, Tante Gerda) reden?“

#3 Hier ist ein Beispiel: „Hier ist mein ultimatives Must-have-Angebot. Ihr challengt euch, den Sauberkeitsgrad des Wohnzimmers zu optimieren, und ich commite mich, euch ein All-in-one-Nachmittag auf dem Spielplatz zu bieten. Win-win-Situation. Hier ist für die nötige Accountability eine Stoppuhr. Hab’s selbst mal probiert, war ein echter Gamechanger für meinen Workflow und hat ihn noch mal aufs nächste Level gehoben.“

#4 Du würdest so nicht reden? Dann gibt es keinen Grund, diese Wörter im Marketing zu verwenden, und viele Gründe, sie durch alltagsgebräuchliche Wörter zu ersetzen. („Räum bitte dein Zimmer auf. Dann gehen wir auf den Spielplatz und machen uns einen schönen Nachmittag zusammen.“)

#5 Wir könnten Texte schreiben, die bedeutsam sind und in die Tiefe gehen.

#6 Wir könnten weniger Anglizismen nutzen oder sie grundsätzlich durch deutsche Wörter ersetzen.

#7 Wir könnten Verben statt Substantive verwenden.

#8 Wir könnten Abkürzungen vermeiden oder sie zumindest erklären.

#9 Wir könnten uns fragen: Könnte das ein anderer Mensch (aus einer ähnlichen oder anderen Nische) genauso schreiben? Dann sind die Wörter vermutlich so allgemein, dass sie auf alle zutreffen und dir deshalb nicht dabei helfen werden, online hervorzustechen.

#10 Wir könnten nur die Wörter nutzen, deren Bedeutung wir auch kennen. Und das meine ich nicht im sprachphilosophischen, sondern im pragmatischen Sinne: Fallen mir aus dem Stand fünf verschiedene Szenarien ein, in denen ich das Wort verwenden könnte? Wenn nicht, habe ich vermutlich keine Ahnung, wovon ich hier rede.

#11 Wir könnten Redundanzen eliminieren: Warum muss ich „smarte Strategien“ sagen? Sollten Strategien nicht grundsätzlich „smart“ sein?

#12 Wir könnten Selbstverständlichkeiten eliminieren: Warum sollten wir extra betonen, dass wir „kompetente Ansprechpartner“ sind? Wer möchte schon einen inkompetenten Ansprechpartner?

#13 Wir könnten einen „Gefühlstest“ machen. Löst unser Text Emotionen aus? Ob Freude, Verbindung oder Irritation ist völlig egal. Hauptsache, wir fühlen IRGENDWAS.

#14 Wir könnten öfter Komplexität zulassen. Die Dinge sind meist nicht so einfach, wie sie im Marketing dargestellt werden.

#15 Üben. Wir könnten einen Text schreiben, ohne inhaltsleere Floskeln zu verwenden. Und dann einen zweiten. Und einen dritten. Bis es selbstverständlich(er) für uns wird.

Und falls du noch „die Extrameile gehen“ willst, ist hier noch ein „exklusiver Hands-on-Tipp“ für dich: Bastel dir doch dein eigenes Marketing-Bullshit-Bingo aus meiner Liste. Auf Canva findest du sicherlich „ultimative Templates“ dazu. Wird ein absoluter „Gamechanger“ für deinen „Workflow“ beim Schreiben sein. Garantiert.

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