Marketing-Bullshit-Bingo 💩 – 101 Wörter und Phrasen, die nur heiße Luft sind
Welche dieser Begriffe würdest du verwenden, wenn du mit deinen allerliebsten Menschen oder Lebewesen redest?
Du weißt schon: mit deinem Partner oder deiner Partnerin, deinen Kindern, deiner besten Freundin, einem Kumpel, Tante Gerda, deinem Hund oder Einhorn.
(Bitte zähle im Kopf mit.)
Absoluter Gamechanger
Boosten
Bootcamp
Umsatz generieren
Leads generieren
aufs nächste Level heben
mit Leichtigkeit
„Das kannst du auch!“
„Hallo ihr Lieben!“
Win-win-Situation
Finanzielle Freiheit
Passives Einkommen
Community
Breakthrough
Real Talk
Deal
Sechsstellig
Siebenstellig
Must-have-Angebot
Impact
Skalieren
Ultimativ
Unbedingt
Garantiert
Umsatzstark
Reichweitenstark
Fatale Fehler
Automatisierung
Optimierung
Challengen
Learnings
Tiny Offer
Sales Funnel
Evergreen Funnel
Recap
Summit
Think big
Accountability
Content
die Extrameile gehen
Content-Marketing
Mehrwert
Von 0 auf 100
Umsatz verdoppeln
Hack
Starter Guide
Identity Shift
Workflow
Workload
Commitment
Conversion
Profitabel
Hand aufs Herz
Smarte Strategien
Exklusiv
Einfach
All-in-one
Framework
Tripwire
Blueprint
Der #1-Grund
Absolutes No-Go
Must-have-Tools
Best Practice
Signature-Programm
Meine Top-Takeaways
ins Business investieren
Produkte mit Leichtigkeit kreieren
Viralitäts-Potenzial
Ranking-Potenzial
Insights
In drei einfachen Schritten
Für kurze Zeit
Nur 1000 Euro
Mindset-Shift
Deep Dive
authentisches Business
JETZT
Meine Fails
Herzensbusiness
Approach
ROI / Return on Investment
Masterclass
Millionenbusiness
High Energy
Inner Work
Fülle
Creator
Hidden Champion
Hands-on-Tipps
Audio-Experience
Behind the Scenes
VIP
Call to Action
Early Bird
Positive Energie
Go-to-Person
von Grund auf
Success Story
Onboarding
No Regret Move
Welche Zahl ist es bei dir?
Ich lehne mich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich spekuliere: Weniger als fünf? Vielleicht sogar nur drei? Oder gar null?
Die meisten dieser Wörter sind so aufgeblasen, so nichtssagend, so … englisch, dass wir sie selten bis niemals in unserer Alltagssprache verwenden würden.
Doch wenn wir online gehen und Marketing betreiben, scheint eine seltsame Verwandlung vonstatten zu gehen.
Wir fangen an, von „ultimativen Checklisten“, dem „All-in-one Framework“ oder „konvertierenden Templates“ zu reden. Unser Onlineprogramm schafft „Accountability“, ist nur bei entsprechendem „Commitment“ buchbar und wir teilen in unserem Podcast die „wichtigsten Learnings des Jahres“.
Andere Menschen hören oder sehen, wie wir reden oder schreiben, und übernehmen – bewusst oder unbewusst – unsere Wortwahl und fertig ist der standardisierte, inhaltsleere Marketingsprech.
Schon 1986 nannte das der Philosoph Harry G. Frankfurt „Bullshit“; und auch fast vierzig Jahre später ist die Beobachtung aus seinem Essay „On Bullshit“ so aktuell wie eh und je:
Es gibt so viel Bullshit in unserer Kultur (ich ergänze: in der Onlinewelt). Und wir alle tragen dazu bei, den Bullshit immer weiter zu verbreiten.
Doch warum eigentlich?
Vielleicht, um unserer Botschaft Legitimität und Seriosität zu verleihen und bei den Menschen, die wir erreichen wollen, Eindruck zu schinden?
Vielleicht aus Angst, dass Menschen an unserer Kompetenz zweifeln, wenn wir nicht von „Conversions“, „Smarten Strategien“ oder „Breakthroughs“ reden?
Vielleicht, um zu verschleiern, dass wir keine Ahnung haben, worüber wir da eigentlich sprechen?
Vielleicht weil wir einen gewissen Konformitätsdruck spüren, weil alle anderen ja auch so reden und wir uns nicht trauen, gegen den Strom zu schwimmen und möglicherweise negativ aufzufallen?
Vielleicht, weil es einfacher ist, Schablonen zu nutzen, als sich zu überlegen, was wir sagen wollen?
Oder vielleicht sogar, um Sachverhalten bewusst zu verschleiern, andere Menschen zu blenden und sie zu Handlungen zu manipulieren?
Egal, was der Grund sein mag: Marketing-Bullshit ist – Pardon my French – scheiße, denn:
Diese Wörter sind oft so generisch, dass Menschen alles und nichts darunter verstehen können.
Viele dieser Wörter sind erklärungsbedürftig, werden aber nicht erklärt. Gleichzeitig tun alle so, als verstehen sie, worum es geht.
Es entstehen weichgespülte, austauschbare Marketingtexte, Texte die nichts aussagen, nichts bewirken und nichts verändern.
Zusammenhänge werden nicht mehr hinterfragt, Argumentationen nicht mehr geprüft.
Geht vielleicht sogar kritisches Denken verloren, wenn wir Wörter, die wir mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit verwenden, nicht mehr reflektieren?
Ich selbst bin müde von den Marketing-Bullshit-Wörtern, den hohlen, nichtssagenden Phrasen, dem „Content“ in unserem Marketing (als ob es etwas Besonderes wäre, wenn Texte „Inhalt“ haben).
Ich will Texte, die nach etwas „riechen“ und „schmecken“, und Wörter, an denen ich hängenbleiben und mich festhalten kann.
Ich will beim Lesen etwas fühlen, eine Verbindung spüren.
Ich will ins Hirn eines anderen Menschen eintauchen.
Auch als Selbstständige haben wir aus meiner Sicht die Wahl: Wir können beim Marketing-Bullshit mitmachen oder wir trauen uns, klarer, ehrlicher, menschlicher zu kommunizieren.
Auch wenn es sich manchmal so anfühlt: Doch der Marketing-Bullshit ist kein Zwang.
Wir können den Marketingsprech ablegen – wie einen Mantel, der uns zu eng geworden ist.
Das wird nicht immer leicht sein, und es wird vermutlich auch nicht über Nacht passieren. Doch es lohnt sich, diesen Weg zu gehen, denn:
Kommunikation kann nur dort gelingen, wo Sachverhalte nicht verschleiert werden.
Vertrauen kann nur dort aufgebaut werden, wo wir ehrlich sind.
Marketingzombie zu sein und generischen, austauschbaren „Content“ zu „produzieren“, wird nicht dazu führen, dass wir online herausstechen. Und ist es nicht das, was wir immer alle wollen – online sichtbar werden und Kund*innen gewinnen?
Hier sind einige Ideen, wie wir langfristig vom Marketingbullshit zu unseren Wörtern, Phrasen, Sätzen und Texten kommen. Sowohl auf unserer Website als auch in unseren Blogartikeln, im Podcast, auf Social Media oder im Newsletter:
#1 Wir könnten die Texte, die wir bereits geschrieben haben, auf Bullshit-Wörter untersuchen. Nimm dafür meine Liste oder lege dir eine eigene Liste an.
#2 Wie entdecken wir Bullshit-Wörter? Zum Beispiel mit der Frage:
„Würde ich so im Alltag mit Menschen (meinen Freunden, meiner Partnerin, Tante Gerda) reden?“
#3 Hier ist ein Beispiel: „Hier ist mein ultimatives Must-have-Angebot. Ihr challengt euch, den Sauberkeitsgrad des Wohnzimmers zu optimieren, und ich commite mich, euch ein All-in-one-Nachmittag auf dem Spielplatz zu bieten. Win-win-Situation. Hier ist für die nötige Accountability eine Stoppuhr. Hab’s selbst mal probiert, war ein echter Gamechanger für meinen Workflow und hat ihn noch mal aufs nächste Level gehoben.“
#4 Du würdest so nicht reden? Dann gibt es keinen Grund, diese Wörter im Marketing zu verwenden, und viele Gründe, sie durch alltagsgebräuchliche Wörter zu ersetzen. („Räum bitte dein Zimmer auf. Dann gehen wir auf den Spielplatz und machen uns einen schönen Nachmittag zusammen.“)
#5 Wir könnten Texte schreiben, die bedeutsam sind und in die Tiefe gehen.
#6 Wir könnten weniger Anglizismen nutzen oder sie grundsätzlich durch deutsche Wörter ersetzen.
#7 Wir könnten Verben statt Substantive verwenden.
#8 Wir könnten Abkürzungen vermeiden oder sie zumindest erklären.
#9 Wir könnten uns fragen: Könnte das ein anderer Mensch (aus einer ähnlichen oder anderen Nische) genauso schreiben? Dann sind die Wörter vermutlich so allgemein, dass sie auf alle zutreffen und dir deshalb nicht dabei helfen werden, online hervorzustechen.
#10 Wir könnten nur die Wörter nutzen, deren Bedeutung wir auch kennen. Und das meine ich nicht im sprachphilosophischen, sondern im pragmatischen Sinne: Fallen mir aus dem Stand fünf verschiedene Szenarien ein, in denen ich das Wort verwenden könnte? Wenn nicht, habe ich vermutlich keine Ahnung, wovon ich hier rede.
#11 Wir könnten Redundanzen eliminieren: Warum muss ich „smarte Strategien“ sagen? Sollten Strategien nicht grundsätzlich „smart“ sein?
#12 Wir könnten Selbstverständlichkeiten eliminieren: Warum sollten wir extra betonen, dass wir „kompetente Ansprechpartner“ sind? Wer möchte schon einen inkompetenten Ansprechpartner?
#13 Wir könnten einen „Gefühlstest“ machen. Löst unser Text Emotionen aus? Ob Freude, Verbindung oder Irritation ist völlig egal. Hauptsache, wir fühlen IRGENDWAS.
#14 Wir könnten öfter Komplexität zulassen. Die Dinge sind meist nicht so einfach, wie sie im Marketing dargestellt werden.
#15 Üben. Wir könnten einen Text schreiben, ohne inhaltsleere Floskeln zu verwenden. Und dann einen zweiten. Und einen dritten. Bis es selbstverständlich(er) für uns wird.
Und falls du noch „die Extrameile gehen“ willst, ist hier noch ein „exklusiver Hands-on-Tipp“ für dich: Bastel dir doch dein eigenes Marketing-Bullshit-Bingo aus meiner Liste. Auf Canva findest du sicherlich „ultimative Templates“ dazu. Wird ein absoluter „Gamechanger“ für deinen „Workflow“ beim Schreiben sein. Garantiert.