Wie wir „Asteya“ (Nichtstehlen) in unserer Selbstständigkeit praktizieren können
Im Yoga gibt es ein Prinzip, das sich Asteya nennt.
Asteya bedeutet Nichtstehlen.
Was dieses Yogaprinzip mit Selbstständigkeit und Marketing zu tun hat? Alles oder nichts, es ist unsere Entscheidung.
Hier sind einige Ideen, wie wir Asteya – das Nichtstehlen – in unserer Selbstständigkeit praktizieren können:
#1 Asteya als Nichtstehlen von Zeit
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Zeit.
Wir könnten aufhören, zu spät zu Meetings zu kommen und Menschen unnötig warten zu lassen. Wir könnten anfangen, pünktlich zu sein.
Vielleicht könnten wir auch ein paar Minuten früher zu unseren Terminen erscheinen, uns kurz sammeln, zur Ruhe kommen, uns fokussieren, sodass wir nicht unnötig Zeit vom Gegenüber nehmen und direkt starten können.
Vielleicht könnten wir sogar vorausdenken und Störungen oder kleinere „Notfälle“ antizipieren. Die Türklingel. Das Telefon. Wir könnten sie ausstellen. Wir könnten Stift und Papier bereitlegen. Uns ein Glas mit Wasser auffüllen. Sodass alles bereit steht, sollten wir es brauchen.
Wir könnten großzügiger und realistischer unsere Termine planen. Lieber ein ehrliches „Nein, das schaffe ich an dem Tag nicht“ als immer nur „Ja, ja, ja“.
Wir könnten aufhören, Menschen Lebenszeit zu stehlen, indem wir unnötig (!) lange Texte schreiben. Oder Newsletter aus einem Gefühl des Müssens verschicken, obwohl wir gerade eigentlich gar nichts zu sagen haben.
Wir könnten anfangen, Texte zu schreiben, die wirklich etwas bedeuten. Die das Leben von anderen Menschen bereichern, die das Internet nicht (nur) zu einem volleren, sondern zu einem besseren Ort machen.
Vielleicht könnten wir uns auch darin üben, auf den Punkt zu kommen. Wir könnten auch mal kürzere E-Mails, kürzere Blogartikel, kürzere Newsletter schreiben und Menschen damit zeigen, dass wir ihre Zeit wertschätzen.
Wir könnten auf unserer Kontaktseite Fragen antizipieren und sie beantworten.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Zeit – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#2 Asteya als Nichtstehlen von Ideen
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Ideen.
Wir könnten darauf achten, Ideen von anderen nicht als unsere eigenen auszugeben und uns nicht mit fremden Federn schmücken.
Wir könnten es uns zur Gewohnheit machen, Quellen anzugeben, Zitate als solche zu markieren. Transparent damit zu sein, woher unser Wissen kommt.
Vielleicht könnten wir uns sogar darin üben, weniger auf andere zu gucken und mehr in uns. Uns immer wieder daran erinnern, dass unsere eigenen Ideen gut genug sind.
Wir könnten die Botschaften teilen, die Texte schreiben, die Produkte anbieten, die wir wollen – und nicht weil „man“ es so macht.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Ideen – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#3 Asteya als Nichtstehlen von Geld
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Geld.
Wir könnten aufhören, danach zu streben, was uns jemand nicht freiwillig gibt.
Wir könnten aufhören, „Sales Funnel“ auszutüfteln, „Erfolgsversprechen“ und „Geheimformeln“ anzupreisen, mit künstlicher Verknappung zu arbeiten. Wir könnten aufhören, mit Freebies und anderen „Lockmitteln“ Menschen in unsere Programme „hineinzufunneln“.
Wir könnten anfangen, Menschen die Zeit für ihre Kaufentscheidung zu lassen, die sie brauchen. Geduldig sein.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Geld – zu praktizieren.
#4 Asteya als Nichtstehlen von Aufmerksamkeit
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Aufmerksamkeit.
Wir könnten aufhören, Belanglosigkeiten auf Social Media zu teilen. Täglich zu posten, unser Gesicht in den Storys zu zeigen, nur um den Algorithmus bei Laune zu halten. (Und nicht, weil wir gerade etwas zu sagen haben.)
Wir könnten anfangen, Benachrichtigungen auszustellen, bevor wir in ein Meeting gehen. E-Mails, Messenger, Instagram.
Wir könnten Familienmitgliedern Bescheid sagen, dass wir nun für zwei Stunden in einem Zoom-Meeting und nicht verfügbar sind. Wir könnten den Menschen, mit denen wir uns gerade online treffen, Ungestörtheit schenken. Einen geschützten Raum ohne Ablenkungen schaffen.
Vielleicht könnten wir sogar anfangen, unsere eigene Aufmerksamkeit nicht zu stehlen, indem wir stundenlang sinnlos durch Social-Media-Feeds scrollen. Wir könnten anfangen, unsere Handlungen mit einer Intention zu begehen. Uns in Bewusstsein zu üben.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Aufmersamkeit – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#5 Asteya als Nichtstehlen von Vertrauen
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Vertrauen.
Wir könnten aufhören, unrealistische Versprechungen zu geben. Ergebnisse, die nur vom kleinsten Teil unserer Kund*innen erreicht werden und für den überwiegenden Teil niemals Realität wird.
Wir könnten darauf achten, ehrlich zu sein, wenn wir über unsere Produkte und Angebote sprechen. Uns darin zu üben, (noch) klar(er) zu kommunizieren.
Wir könnten uns darin üben, transparent zu sein. Es explizit zu sagen, wenn nicht wir es sind, die eine Supportgruppe betreuen, sondern ein Teammitglied.
Wir könnten anfangen, selektiver mit unserem Ja zu sein. Wir könnten es uns zur Gewohnheit machen, öfter Nein zu sagen, um nicht mitten in einem Projekt wieder einen Rückzieher zu machen und so das Vertrauen, das Menschen in uns gesetzt haben, zu enttäuschen.
Vielleicht könnten wir sogar aus dem „Mehr ist immer besser“-Wahn aussteigen und wieder auf Qualität setzen. Wir könnten uns vornehmen, nicht mehr zu kommunizieren, sondern deutlicher. Vor allem, wenn wir über unsere Produkte und Angebote sprechen.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Vertrauen – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#6 Asteya als Nichtstehlen von Selbstvertrauen
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Selbstvertrauen.
Wir könnten aufhören, unser Marketing so zu gestalten, dass wir andere Menschen als Mangelwesen inszenieren. Wir könnten aufhören, Frauen systematisch einzureden, dass sie nicht gut genug sind, und dass sie unbedingt unser Programm brauchen, um ein vollständiger, glücklicher Mensch zu werden.
Wir könnten Schluss damit machen, künstlich einen Bedarf zu wecken, wo keiner ist. Wir können aufhören, uns im Marketing auf die „Pain Points“ zu fokussieren. So lange in den Wunden der Menschen rumzubohren, bis sie taub werden.
Wir könnten anfangen, in unserem Marketing Selbstvertrauen zu schenken und Frieden zu stiften.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Selbstvertrauen – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#7 Asteya als Nichtstehlen von Energie
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Energie.
Wir könnten uns darin üben, mitzudenken. Jemandem, der einen Gastartikel von uns veröffentlicht, nicht nur den Text, sondern gleich ein paar Fotos zur Auswahl mitzuschicken. Für Treffen nicht nur einen Termin anzubieten, sondern mehrere.
Wir könnten aufhören, Standardmails mit Standardanfragen mit der Gießkanne auszuschütten und so Menschen, die gar nicht zu uns und unserem Anliegen passen, unnötig Energie zu rauben. Wir könnten uns öfter daran erinnern, dass jedes Wort, jede Mail, jeder Post, jeder Text das Leben eines anderen Menschen beeinflusst.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Energie – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#8 Asteya als Nichtstehlen von Rechten
Asteya könnte bedeuten: ein Nichtstehlen von Rechten.
Wir könnten aufhören, nicht gesetzeskonforme Geschäftspraktiken mit Wachstum und Umsatz zu legitimieren.
Wir könnten mehr darauf achten, die Rechte, die Menschen in der Zusammenarbeit mit uns haben, zu wahren. Das Widerrufsrecht. Das Datenschutzrecht. Das Recht auf alle notwendigen Informationen vor dem Kaufvertrag.
Alles Möglichkeiten, Asteya – das Nichtstehlen von Rechten – in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren.
#9 Asteya als Nichtstehlen von unserer Unterstützung
Und schließlich könnte Asteya bedeuten: ein Nichtstehlen unserer Unterstützung.
Wir könnten aufhören, Menschen unserer Hilfe und Unterstützung zu berauben. Wir könnten uns entscheiden, den Text zu veröffentlichen, das Angebot zu erstellen, sichtbar zu sein.
Wir könnten aufhören, unser Licht unter den Scheffel zu stellen.
Wir könnten anfangen, unser Wissen, unsere Talente und Fähigkeiten mit der Welt zu teilen. Die eigenen Talente nicht vorenthalten. Geben, was wir zu geben haben. Es nicht mehr verstecken.
Hier sind noch einmal die Möglichkeiten, Asteya in unserer Selbstständigkeit zu praktizieren:
pünktlich sein
früher zu Terminen kommen und uns kurz auf den Termin einstimmen
Störungen und kleine Notfälle antizipieren und uns darauf vorbereiten
großzügiger und realistischer Termine planen
öfter nein sagen
Texte mit klarer Botschaft schreiben statt aus einem Gefühl des Müssens
kürzere Mails, Newsletter und Blogartikel schreiben
auf der Kontaktseite Fragen antizipieren und beantworten
Ideen von anderen nicht als eigene ausgeben
Quellen angeben und Zitate als solche markieren
an eigenen Ideen und Themen orientieren statt daran, was „man“ zu tun hat, wenn „man“ selbstständig ist
nicht danach streben, was uns jemand nicht freiwillig gibt
Sales Funnel, Freebies und andere Lockmittel hinterfragen
Menschen Zeit für ihre Kaufentscheidung lassen
uns in Geduld üben
Benachrichtigungen ausstellen, bevor wir in ein Meeting gehen (E-Mails, Messenger, Instagram)
Familienmitgliedern Bescheid geben, dass und wie lange wir nicht gestört werden sollten
Handlungen mit einer Intention begehen
realistische Ergebnisse im Marketing versprechen
ehrlich und transparent über unsere Angebote und Produkte sprechen (z.B. dass ein Teammitglied die Supportgruppe des Kurses betreut und nicht wir)
selektiver mit unserem „Ja“ sein
auf Qualität in der Kommunikation setzen: nicht mehr, sondern klarer kommunizieren
Selbstvertrauen schenken und Frieden stiften, statt Menschen systematisch einzureden, dass sie nicht gut genug sind
mitdenken (z.B. nicht nur Text, sondern gleich Fotos mitschicken, wenn wir einen Gastartikel einreichen)
individuelle, maßgeschneiderte Anfragen verschicken statt Standardanfragen mit der Gießkanne auszuschütten
Rechte, die Menschen in der Zusammenarbeit mit uns haben, wahren (z.B. Widerrufsrecht, Datenschutzrecht etc.)
die Welt nicht unserer Talente und Fähigkeiten berauben, sondern das, was wir können und wissen, mit der Welt teilen
Ich wurde zu diesem Blogartikel durch folgende Artikel inspiriert:
Die fünf Yamas und unser Umgang mit der Umwelt
The Yamas: Asteya – non-stealing
Yogasutra 1x1: Asteya – die Kunst der eigenen Fülle
How to practice Asteya – nonstealing of others’ time – in your work and everyday life