Teilweiser Social-Media-Ausstieg: Interview mit Claire Oberwinter

In dieser Podcastfolge habe ich Claire Oberwinter zu Gast.

Nachdem Claire jahrelang als Social-Media-Beraterin gearbeitet und Selbstständige bei ihrem Facebook-Marketing unterstützt hat, hat sie 2018 eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht und zieht sich seitdem immer mehr aus Social Media zurück.

Wie es zu ihrem teilweisen Social-Media-Ausstieg kam und welche Alternativen Claire stattdessen zum Marketing nutzt, erzählt sie uns im Interview.

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[Alex] Ja, hallo Claire, du hast deine Selbstständigkeit als Social-Media-Beraterin begonnen.

Kannst du uns mehr über deine früheren Erfahrungen mit sozialen Medien erzählen und was dich auch anfangs an Social Media so fasziniert hat?

Das Potenzial sozialer Medien

[Claire] Ja, das kann ich natürlich sehr gerne machen.

Also ich bin in meinem Studium, ich habe Kommunikationswissenschaften auf Bachelor erst studiert, bin ich sehr schnell auf dieses Thema Web 2.0 gekommen.

Also da habe ich gemerkt, dass mich das mehr interessiert als diese ganzen klassischen Medien, wo es im Studium oft darum ging, wie Radio, Fernsehen und so weiter.

Und mir war schnell klar, ich will was in Richtung online machen, weil das so meine Welt war.

Und dann bin ich auch sehr schnell auf Social Media gekommen und habe sogar mich für einen Masterstudiengang in Social Media angemeldet, an der englischen Uni und auch abgeschlossen.

Und das war so die Zeit des arabischen Frühlings, also wo wirklich durch Social Media auch Revolutionen möglich waren.

Also wir haben auch im Masterstudium genau über diesen arabischen Frühling gesprochen und welche Rolle Social Media da gespielt hat.

Und das war eine sehr zentrale Rolle von Social Media tatsächlich. Und das war für mich so die Zeit, ich nenne das immer so das gelobte Land, also es war so die Zeit für mehr Demokratie, für mehr Öffnung, mehr Transparenz, nicht mehr so unidirektionale Kommunikation, also nicht mehr, wir werden einfach nur überschwemmt mit Infos von Unternehmen und von den normalen Medien, sondern es geht jetzt auch mal in die andere Richtung.

Wir können direkt in Kontakt mit anderen Institutionen, mit Menschen kommen und das war für mich das Potenzial von Social Media, was mich so unendlich begeistert hat, weil ich dachte, also weil ich so das Gefühl hatte, da wird so viel möglich und ich habe es auch die ersten Jahre so empfunden, dass da eine Öffnung war, dass da viel Positives einfach auch passiert ist.

Und das war so mein Einstieg in Social Media, weswegen ich unter anderem mich auch entschieden habe, Social-Media-Beraterin zu werden, weil ich dieses Potenzial anderen Menschen erklären wollte und ihnen sagen wollte, hier, wenn du Social Media in dein Unternehmen, in deine Kommunikation, in dein Marketing integrierst, das hat ganz viel Potenzial und wenn du es so und so machst, dann sollte es auch gut funktionieren. Und das war so mein Ursprungsgedanke dabei.

Fokus auf Facebook

[Alex] Und du bist dann ja Facebook-Beraterin geworden, richtig? Also zumindest als ich mich selbstständig gemacht habe, ganz, ganz frisch, hatte ich dich sofort als Facebook-Beraterin auf dem Schirm.

Erzähl mal, wie kam dann dieser Fokus auf diese Plattform?

[Claire] Das war, als ich mich halt selbstständig gemacht habe, habe ich erstmal mich allgemein als Social-Media-Beraterin aufgestellt, habe aber sehr schnell gemerkt, dass ich damit nicht sehr weiterkam. Es war so schwammig, es fühlte sich für mich nicht zielgerichtet an.

Und da ich immer schon, seit ich mit Social Media zu tun habe oder damals immer schon mit Facebook am meisten was anfangen konnte und auch die meisten Kenntnisse aus dem Bereich hatte, habe ich einfach gedacht, okay, dann fokussiere ich mich halt jetzt einfach auf Facebook und mache das quasi, also stelle das vorne dran.

Ich habe immer noch auch Fragen zu anderen Kanälen beantwortet, aber das war einfach so mein Fokusthema und habe das dann einfach vorne dran gestellt und das war auch gut, weil dann lief es auch direkt besser. Für mich und auch so generell im Business mit einer klareren Positionierung einfach.

[Alex] Und was hast du dann genau gemacht? Also hast du dann andere Selbstständige beraten?

[Claire] Genau, andere Selbstständige. Ich habe auch Unternehmen teilweise beraten, also so mittelständische Unternehmen. Aber der Fokus, den ich mir gegeben habe selber, war Facebook-Beratung für Solopreneure, also für Einzelunternehmer, Einzelselbstständige.

Zweifel an Social Media

[Alex] Dann kamen aber irgendwann die ersten Zweifel an sozialen Medien bei dir. Und darüber möchte ich natürlich auch mehr wissen. Gab es da einen bestimmten Auslöser oder hat sich das mit der Zeit so entwickelt? Wie war das bei dir?

[Claire] Es war ein bisschen was von beidem. Also ich habe 2017 eine Yogalehrerausbildung angefangen und dreiviertel Jahr später merkte ich, dass sich in mir ganz viel veränderte.

Also ich glaube, jeder, der schon mal eine Coaching- oder Yoga-Ausbildung gemacht hat, der weiß, wovon ich spreche, was das für ein Potenzial hat, im Inneren sehr viel zu verändern. Und das war bei mir auch so. Und das war Anfang 2018.

Und da habe ich einfach gemerkt, dass das Facebook-Thema mir immer weniger Spaß macht. Dass ich immer weniger Lust habe, Menschen darin zu beraten. Weil es waren immer die gleichen Sachen. Es war auch ganz oft irgendwie, dass ich erklären musste, wenn du hier klickst, passiert das. Und wenn du da klickst, nein, kannst du das nicht löschen. Also es war viel so dieses Klein-Klein. Und das nervte mich sehr.

Und ich habe einfach auch gemerkt, im Laufe des Jahres 2018 wurde mir das Yoga immer wichtiger und das auch mehr nach draußen zu bringen.

Und dann habe ich halt so im Jahr 2019 den Shift vollzogen, dass ich gesagt habe, ich mache keine Social Media oder keine Facebook-Beratung mehr, sondern gehe in den Bereich Yoga und Coaching. Und das war schon mal so ein bisschen der erste Bruch, würde ich sagen, mit dem Thema Social Media.

Das war noch nicht, dass ich so einen kritischen Blick drauf hatte. Es war mehr so dieses Persönliche, ich kann mir nicht mehr vorstellen, Menschen da zu beraten, weil mir das keinen Spaß mehr macht. Das war so der Anfang dessen, würde ich sagen. Meine Güte, das sind auch schon sieben Jahre, fällt mir dann auf. Wahnsinn.

[Alex] Ja, aber das ist ja auch irgendwie klar. Also du hast ja auch gesagt, wer so eine Coaching-Ausbildung mal gemacht hat oder eine Yoga-Ausbildung, da passiert was im Inneren.

Und gerade das Thema Yoga, das ist ja auch super viel Achtsamkeit, bei sich sein und gucken, wie es einem geht. Und dann merkt man dann eben, ah, okay, soziale Medien haben eigentlich einen Effekt auf mich, der mir gar nicht gut tut.

Also du hast ja auch auf deinem Blog einen Artikel, wo du ganz viele Gründe gesammelt hast, warum du ausgestiegen bist oder teilweise, wie wir gleich dazu kommen. Kannst du mal so ein bisschen erzählen, was soziale Medien mit dir gemacht haben dann auch?

Negative Effekte des Vergleichens

[Claire] Also das, wo ich mich am meisten daran erinnere oder wo ich auch heute immer noch merke, dass ich da sehr schnell reinrutsche, ist das Vergleichen, was mir einfach nicht gut tut. Dieses, ich sehe, wie unfassbar erfolgreich andere sind und komme mir dann klein und unwichtig vor und mein Business funktioniert nicht und all das.

Also ich würde sagen, das war so mit das Vorrangigste, was ich immer wieder erlebt habe. Also ich habe dann so durch den Feed gescrollt und gedacht, boah, ja, die ist voll sichtbar und die hat es ja irgendwie voll drauf.

Auch bei der läuft es gut und bei dem läuft es gut und ich selber krebs da so rum und so. Also das hat meinen Selbstwert sehr angegriffen, habe ich gemerkt einfach mit der Zeit. Also immer wenn ich rauskam aus Social Media oder selbst wenn ich noch drin war, merkte ich irgendwann, dass meine Stimmung kippte und ich dann dachte, okay, zumachen, weg.

Oder eben wenn ich schon zugemacht habe, dass ich merkte, ich fühle mich irgendwie nicht so besonders gut. Und da wieder rauszukommen, dann erstmal wieder aus diesem alle anderen haben es viel besser und haben es mehr drauf als ich, das hat auch natürlich immer eine Weile gebraucht. Inzwischen bin ich da etwas robuster, aber nicht vor gefeit, immer noch in diese Fallen zu tappen.

[Alex] Hatte sich das dann auch auf dein weiteres Leben ausgewirkt? Also dieses Vergleichen, hast du dann irgendwie auch im privaten oder beruflichen Leben gedacht, hier wirkt Social Media noch irgendwie nach bei mir?

Auswirkung von Social Media auf die Selbstständigkeit

[Claire] Ja und nein. Also ich glaube nicht so mega in der Tiefe, aber so Thema Versagen, Scheitern und so waren die letzten zwei, drei Jahre schon ein großes Thema.

Unter anderem deswegen, weil ich von der vollen Selbstständigkeit nach acht Jahren wieder in eine Anstellung auch gegangen bin teilweise und ich fühlte mich wie die Vollversagerin.

Und ich will jetzt nicht sagen, dass Social Media dafür verantwortlich ist, weil das hatte erstmal nichts mit Social Media zu tun. Ich glaube aber, dass dieses Thema Selbstwert, Versagen, andere sind viel erfolgreicher, dass das mit reingespielt hat in meine Versagensgefühle, die ich hatte zu der Zeit.

Also das kann ich nicht abstreiten, weil es während ich eben noch in dem Prozess war von, ich wechsle wieder auch in der Anstellung oder ich teilweise, ich bin ja immer noch selbstständig, da habe ich schon gemerkt, dass das Social Media durchaus einen Einfluss hatte, wenn ich da mal wieder rumgescrollt habe und gedacht habe, ja toll, und ich muss jetzt in eine Anstellung gehen, während die da voll abgeht oder so.

Also das ist schon ein Einfluss. Ich würde nicht sagen, dass das allein nicht dafür verantwortlich war, aber es war definitiv ein Einflussfaktor.

[Alex] Also ich würde schon auch sagen, als ich da war, habe ich schon noch beobachtet, wie so dieses unternehmerische Mindset auch sehr glorifiziert wurde. Also das war so dieses Nonplusultra und natürlich für alle Menschen in allen Lebensbereichen und Situationen immer die richtige Entscheidung, sich selbstständig zu machen. Das ist ja nicht so.

[Claire] Ja, genau. Und damit wurde ich konfrontiert. Und ich bin auch immer noch der Meinung, also meine Seele schlägt immer noch für die Selbstständigkeit, das sage ich ganz offen.

Aber ich bin gerade total fein damit, angestellt zu sein, weil ich es gerade auch schön finde, dass jeden Monat fest Geld reinkommt, ob ich jetzt krank bin oder nicht.

Und ich war zum Beispiel Ende des letzten Jahres jetzt vier Wochen krank, wäre ich in der Zeit selbstständig gewesen, das wäre eine Vollkatastrophe gewesen. Das sage ich ganz offen.

Und das hat mich schon auch sehr beeinflusst, was auf Social Media geredet wurde. Wie du sagst, dieses Mindset, es ist das Nonplusultra, selbstständig zu sein. Jeder muss das. Und da dachte ich auch irgendwann, warum tue ich mir das eigentlich an, so zu denken? Weil es ist nicht das Nonplusultra, es hat alles seine Vor- und Nachteile. Und Unternehmer sein hat auch Vor- und Nachteile, genauso wie angestellt sein.

Der Facebook-Hack

[Alex] Ja, und dann kam es bei dir richtig dicke, nämlich dein Facebook-Konto wurde gehackt. Kannst du erzählen, wie das war? Also du bist auch nicht die Erste jetzt hier in dem Podcast, der das passiert ist, aber wie war es dann bei dir?

[Claire] Ja, ich bin auf eine Phishing-Mail tatsächlich reingefallen. Ich hätte ja nicht gedacht, dass mir das mal passiert, aber niemand ist davon gehalten. Ja, wirklich.

Die haben halt meine Daten abgegriffen und ich bin, also es war irgendwie abends und ich bin dann ins Bett und am nächsten Morgen war was komisch, also ich kam nicht mehr in Facebook rein.

Und auf Instagram hatte ich ganz viele Likes und ich hatte nichts veröffentlicht und habe dann irgendwie geguckt, für was habe ich denn jetzt so viele Likes bekommen?

Das waren Werbeanzeigen, die über mein Konto geschaltet wurden.

Also ich habe das so ein bisschen rekonstruieren können, was passiert sein muss, ist, dass die Hacker eben meine Daten genommen haben, haben sich bei mir eingeloggt, haben mein Werbekonto gekapert, haben das quasi auf sich, auf ihre E-Mail-Adresse umgeschrieben, dass ich dann nicht mehr drankomme.

Und haben dann über mein Werbekonto auf Instagram Anzeigen geschaltet. Und dann haben die noch irgendwas auf Facebook gemacht, damit der Algorithmus anspringt und mich rausschmeißt.

Und Facebook hat von jetzt auf gleich gesagt, so, du hast gegen unsere Richtlinien verstoßen, du fliegst raus und du kommst auf gar keinen Fall mehr an dein Facebook-Konto dran.

So, und genau, dann stand ich auf einmal da mit irgendwelchen Werbeanzeigen, die liefen, auf meine Kosten. Ich meine, ich habe die dann zurückbuchen lassen. Gott sei Dank war das alles Lastschrift und ich konnte der Bank sagen, bitte blockiert die alle, ich buche das zurück. Also mir sind keine finanziellen Schäden in dem Sinne entstanden.

Aber es war eine krasse Sache. Also ich bin zwei, drei Tage völlig rotiert. Ich konnte dann irgendwie, indem ich mein Instagram-Konto vorübergehend deaktiviert habe, die Anzeigen eben stoppen. Sonst wären die noch tagelang weitergelaufen.

Aber ich fand alleine so dieses von Facebook „Hey, du verstößt gegen unsere Richtlinien, du fliegst raus, keine Chance, Einspruch zu erheben“ – das hat mich so mit am meisten schockiert, weil ich 15 Jahre mein Konto hatte und mir nie etwas zu Schulden hab kommen lassen. Und von jetzt auf gleich wirst du ausgesperrt, ohne angehört zu werden.

Und da habe ich echt gedacht, boah, Leute, ihr habt sie doch nicht mehr alle. Entschuldigung, wenn ich das jetzt so sage. Aber das war wirklich so mein Gedanke. Ich kann noch nicht mal mich, ich will nicht sagen rechtfertigen, ich kann noch nicht mal Stellung beziehen.

Und das hat mich sehr, sehr angefressen, muss ich schon sagen, dass man so hilflos war. Und vor allen Dingen, ich habe dann Mails geschrieben an den Facebook-Support. Dann kam immer nur so eine dämliche Standardantwort zurück. Wir sind nicht zuständig oder sie fühlten sich einfach nicht zuständig. Hier sind ein paar Links, die helfen könnten. Nein, sie haben natürlich nicht geholfen, weil ich alles schon fünfmal durch hatte.

Und ich habe dann letztendlich nur über einen Anwalt mein Konto wiederbekommen. Und das fand ich echt übel. Ich hatte sogar noch kurzzeitig überlegt, will ich den Anwalt jetzt überhaupt bezahlen oder ist das nicht das Signal, jetzt dann das Facebook-Konto sein zu lassen?

Aber es ging nicht, einerseits aus beruflichen Gründen und ich wollte nicht, also in dem Sinne, vielleicht kommen wir da auch noch gleich zu, vielleicht nur ganz kurz. Weil ich mir über die Jahre wirklich ein sehr, sehr gutes Netzwerk auf Facebook aufgebaut hatte und wirklich auch zu einigen Leuten nur darüber Kontakt habe und auch gerne habe.

Also es ist nicht so, dass ich alles schlecht finde bei Facebook, sondern ich habe da wirklich ein sehr wertvolles Netzwerk. Und dann habe ich irgendwann gedacht, für das Netzwerk würde ich jetzt das Geld investieren, um den Anwalt zu bezahlen und mein Konto wieder zu bekommen. Aber ich war kurz davor, es alles komplett sein zu lassen. Also das sage ich schon.

[Alex] Die ganze Zeit und Energie und ja auch das Geld, das man da aufwendet, das ist einfach super, super ärgerlich.

[Claire] Ja, vor allem für etwas, was Facebook eigentlich sowieso machen muss. Es gibt Gerichtsurteile, die sagen, Facebook darf nicht einfach Leute ausschließen. Die müssen zumindest die Leute erstmal anhören und können nicht einfach sagen, du fliegst raus.

Und das ist das, was mich so stört. Das ist dieses Willkürliche und du musst einen Anwalt, nur mit Anwalt haben die reagiert, obwohl ich vorher auf eigene Faust genau das Gleiche gesagt habe.

Und sowas mag ich überhaupt nicht. So diese Willkür und diese, nee, das macht mich wahnsinnig. Da geht mein Ungerechtigkeitssensor ganz stark.

[Alex] Nun hast du dich ja aufgrund all dieser Gründe, die du gerade erwähnt hast, entschieden, Social Media zu verlassen, aber nur teilweise. Was genau meinst du damit? Wie sieht für dich so eine teilweise Social-Media-Nutzung genau aus?

Teilweiser Social-Media-Ausstieg

[Claire] Genau. Also ich habe ja im Rahmen dieses Hacks dann später auch noch mein Instagram-Konto verloren, weil in der Zeit, wo das Konto deaktiviert war, war wieder irgendwas und ich habe angeblich schon wieder gegen irgendwelche Richtlinien verstoßen, was aber nicht der Fall sein konnte, weil mein Konto deaktiviert war.

Dann habe ich noch versucht, Einspruch zu erheben und zwar mehrfach. Da kam nichts mehr. Das Instagram-Konto habe ich jetzt einfach gesagt, komm, weg, ist mir jetzt egal. Und mit teilweise einem Ausstieg ist also gemeint, ich brauche Facebook oder generell Social Media halt schon noch für die Arbeit.

Ich bin teilzeit angestellt als Marketingmanagerin bei einer IT-Firma und Social Media ist da eben Teil und da kann ich nicht einfach sagen, nee, ich bin gar nicht auf Social Media, weil zum Verwalten der Konten brauche ich eigene Konten.

Das ist einfach, das ist ja so aufgebaut und das ist ja auch grundsätzlich richtig, damit man, wenn man als Mitarbeiter irgendwann wieder rausgeht, einfach nicht das komplette Konto zumacht, sondern einfach nur den Mitarbeiter aus dem Konto wieder rausschmeißt.

Also deswegen ist es einfach so eine berufliche Anforderung, die ich habe, mit der ich gerade gut aber umgehen kann, weil ich mit tatsächlich Social Media in meinem Berufsalltag gar nicht so viel zu tun habe. Also das nimmt gar nicht so viel Raum ein. Das ist schon mal ganz gut.

[Alex] Du meinst als Selbstständige dann?

[Claire] Ja, aber auch als Selbstständiger habe ich halt eigentlich mit Social Media gar nichts mehr zu tun.

Weil, wie gesagt, Instagram-Konto ist weg, Facebook-Konto ist weg. Wenn ich mal was promote, dann über mein persönliches Facebook-Profil ist das aber auch selten geworden, weil ich einfach das, meine Promo mache ich inzwischen viel mehr über andere Kanäle, wie zum Beispiel meinen Newsletter oder mein WhatsApp-Status, ganz ehrlich.

Also ich meine, gut, WhatsApp gehört auch zum Meta, kann man jetzt auch kritisch sehen, aber darüber kommt auch schon mal das eine oder andere. Also ich nutze da einfach andere Möglichkeiten. Genau, aber teilweise Ausstieg ist halt einfach, ich brauche es für die Arbeit und ich habe, wie gesagt, einfach mein Facebook-Konto mir zurückerkämpft, weil mir das Netzwerk dort wichtig ist.

Und da merke ich immer noch, wenn ich da mal bin, ich bin in so einer Bubble drin, wo es eigentlich ganz nett ist. Und das ist dann auch ganz gut, wenn es mir mal wieder nicht passt, gehe ich wieder raus und dann ist es auch okay. Also ich nutze es halt nur wesentlich weniger als vorher und wirklich für das Marketing, für mein Marketing im Business, fast gar nicht mehr.

[Alex:] Also du hast kein Instagram-Konto mehr. Du nutzt deine Facebook-Unternehmensseite nicht mehr. Richtig?

[Claire] Weil die ja auch dem Hack zum Opfer gefallen ist. Und die Seite habe ich zum Beispiel nicht wiederbekommen. Und das war mir dann auch irgendwie egal, ganz ehrlich.

[Alex] Aber das Facebook-Profil hast du noch, weil du da einfach mit Menschen zu tun hast, die du magst und wo dir der Austausch auch wichtig ist. Nun könnten Hater ja sagen, das ist aber ein bisschen inkonsequent. Was würdest du ihnen dann antworten?

[Claire] Den würde ich tatsächlich sagen. Du hattest mir die Fragen im Vorhinein ja geschickt und insofern war es ganz gut, weil ich dachte mir, oh Gott, was soll ich jetzt antworten? Aber ich weiß genau, was ich antworte.

Ich finde es schade, wenn es immer um diese 100 Prozent geht.

Wir haben zwischen schwarz und weiß, haben wir Millionen bunte Farben. Warum muss es 100% weiß sein? Warum muss ich 100% gehen?

Ich würde den Leuten sagen, oder sie mal eine Gegenfrage stellen, bist du in allem 100%, wirklich 100% konsequent und perfekt aufgestellt? Und wenn das der Fall ist, können wir uns gerne nochmal über Konsequenzen überunterhalten. Solange das nicht der Fall ist, ziehe ich mir den Schuh gar nicht erst an.

[Alex] Ja, das finde ich eine total tolle Einstellung, weil ich predige das auch immer, dass einfach jeder Mensch so seine individuelle Nutzung finden muss und egal, wie sie aussieht und gerade, wenn man etwas findet, was einem gut tut, das ist ja eine super wertvolle Info, dass man weiß, das tut mir gut, das tut mir nicht gut und eben das dann eliminiert, was einem nicht gut tut, und das behält, was einem gut tut, also genau.

[Claire] Ja, klar.

Alternativen zu Social Media

[Alex] Du hast schon ein bisschen angesprochen, dass es jetzt für dich und dein eigenes Marketing einfach auch andere alternative Marketingstrategien gibt. Also du hast gesagt, für deine Teilanstellung brauchst du dein Facebook-Konto noch, aber für dich als Selbstständige, als Yoga-Lehrerin – richtig? – nutzt du Social Media fast gar nicht mehr zum Marketing.

Du hast schon erwähnt, Newsletter spielt eine Rolle. Oder kannst du vielleicht da mal so ein bisschen näher drauf eingehen, wie sieht jetzt dein alternatives Marketing ohne Social Media aus?

[Claire] Ja, so genau. Also ich kann dir jetzt keine straightforward Antwort geben, weil ich auch in meiner Selbstständigkeit immer mit verschiedenen Projekten arbeite, sage ich jetzt mal.

[Claire] Aber wenn ich jetzt nur daran denke, Yoga-Produkte zu verkaufen, ist es tatsächlich, ist der Newsletter mein Hauptkanal.

Und da kommen auch regelmäßig neue Anmeldungen rein. Klar, es fallen auch wieder welche raus, aber ich sehe ja in meinem Newsletter-Anbietertool immer, also kann ich ja Neuanmeldungen abrufen oder generell einfach meine Liste aufrufen und ich kriege ein bis drei Anmeldungen pro Woche neu rein, ohne dass ich viel mache, weil mein Blog dann wiederum gute Suchergebnisse liefert.

Also ich habe halt über die Jahre einige Blogartikel geschrieben, die gut performen auf Google und darüber kommen die Leute auf meinen Blog und darüber kommen sie dann eben teilweise oder eben doch teilweise in meinen Newsletter und dann, je nachdem, kaufen die auch schon mal von mir. Also das ist halt so meine Hauptstrategie, sage ich jetzt mal.

Ich hatte auch mal einen Podcast, den bediene ich jetzt so nicht mehr. Ich habe inzwischen einen neuen Podcast mit einer Kollegin, der ist aber jetzt noch nicht auf meinem Blog mit drauf.

Genau, aber einfach so durch, also im Prinzip ist es eine Kombination aus Suchmaschine plus Newsletter. Das sind so die Hauptkanäle.

Und ansonsten läuft dadurch, dass ich viel Offline im Yoga-Bereich gerade mache, einfach auch viel über Mund-zu-Mund-Propaganda oder hier lokales Marketing.

Also ich habe letztens einen Workshop gemacht, da habe ich Aushänge hier in Läden gemacht und solche Sachen. Also ganz banal sage ich jetzt mal offline, klassisches Offline-Marketing mit Printprodukten oder so kann auch mal drin sein, je nachdem, was ich gerade anbiete.

[Alex] Das finde ich auch total wichtig, dass man das nicht vergisst, dass wenn man irgendwie ein Thema hat, wo auch Leute eben dann zu dir quasi in dein Studio kommen, kann sich das auch lohnen. Also ich habe auch, erzähle ich, glaube ich, auch immer wieder in diesem Podcast, eine Wildkräuterwanderung mitgemacht, weil ich halt auf dem Spaziergang mit dem Hund irgendwo einen Aushang gesehen habe, dass sie das anbietet hier in der Nähe und ich dachte, ja cool und melde ich mich mal an.

Also ich glaube, das irgendwie von vornherein so als altmodisch oder veraltet oder nicht effektiv zu verteufeln, das ist keine gute Strategie, also je nach Thema, das man selbst macht.

[Claire] Im Gegenteil, also meine besten Erfahrungen habe ich eigentlich mit Menschen, die schon mal bei mir waren und wissen, was sie von bei mir bekommen, die sich dann anmelden für Retreats, Workshops, was auch immer.

Oder eben, wie gesagt, Mund-zu-Mund-Propaganda, dass jemand irgendwie rumfragt hier im Ort, kennst du eine Yoga-Lehrerin oder irgendwie sowas. Oder letztens habe ich hier, wir haben hier so ein Lokalblättchen vom Bürgerverein, da habe ich eine Anzeige geschaltet und habe tatsächlich eine Anfrage bekommen, weil jemand gesagt hat, ich möchte meiner Frau zu Weihnachten jetzt einen Gutschein schenken für eine Einzelstunde mit dir.

Ja, also das kann auch funktionieren. Deswegen gerade wenn man, ich habe so ein bisschen so ein Hybrid-Business, ich mache durchaus einiges online, aber eben auch viel offline. Und dann darf man, gerade wenn man im Offline-Bereich unterwegs ist, auch wirklich hier gucken, was kann ich offline machen. Und das finde ich total wichtig, das auf dem Schirm zu haben.

Kooperationen und Netzwerken

[Alex] Und so ein bisschen im Nebensatz hast du ja auch noch erwähnt, du machst einen Podcast mit einer Kollegin. Also quasi mit realen Menschen auch Kooperation machen und was zu tun haben und Netzwerken. Das kann ja auch eine gute Strategie sein, um die Sichtbarkeit zu haben.

[Claire] Zumal unser Podcast, ich nenne ihn jetzt einfach mal, Ungezähmte Frauen heißt er.

Da geht es darum, im Prinzip als Frau ungezähmt zu sein, also sein Leben nach den eigenen Vorstellungen zu leben. Und da reden wir über ganz viele unterschiedliche Themen, auch über Yoga und Spiritualität und alles Mögliche.

Und da platzieren wir beide auch regelmäßig unsere Angebote oder weisen auf unseren Newsletter hin und sowas alles. Also da bin ich auch schon vielseitig aufgestellt und habe eben andere Angriffspunkte und ich muss nicht unbedingt Social Media haben.

Und zum Beispiel bei dem Podcast, den wir zusammen machen, die Susanne und ich, wir haben uns bewusst von vornherein entschieden, dass wir unseren Podcast nicht auf Social Media bringen.

[Alex] Warum?

Dass wir unsere nette Marketingstrategie ohne Social Media machen wollen. Ja, weil wir beide so ein bisschen Social-Media-müde sind. Sie hat zum Beispiel gerade ihr Facebook-Konto jetzt wirklich deaktiviert aufgrund dieser furchtbaren Ankündigung von Mark Zuckerberg letzte Woche.

[Claire] Und sie hat gesagt, ich habe jetzt wirklich die Schnauze voll, ich gehe. Ich würde das tatsächlich gerne tun, aber ich kann es nicht aus beruflichen Gründen. Also ich bin gerade auch an einem Punkt, wo ich denke, boah, was tue ich mir da eigentlich noch an?

Genau, aber wir hatten vorher beide schon so diese Entwicklung hin zu weg von Social Media. Es stresst uns, es nervt uns, es tut uns nicht gut. Und haben dann beide, weil wir so achtsam miteinander sind und so ein gutes Gespür haben, was tut uns gut, beide gesagt, nee, das ist nicht die Strategie, mit der wir unseren Podcast bekannt machen wollen. Und haben es dann einfach von vornherein gelassen. Und es sorgt auch dafür, dass es stressfreier ist, weil es ist auch einfach weniger Arbeit. Muss man einfach sagen.

[Alex] Ja. Habt ihr euch dann alternative Strategien überlegt?

[Claire] Also im Moment läuft viel über, wir haben jeweils einen Newsletter, dass wir das darüber immer mal promoten. Ich stelle es immer mal in meinen WhatsApp-Status. Also im Moment ist der Podcast noch verhältnismäßig klein, wobei dafür, dass wir, ich sag mal, 10 Folgen veröffentlicht haben, haben wir jetzt, ich glaube, knapp unter 300 Downloads. Das ist schon mal ganz gut. Also ich finde es gar nicht so schlecht. Und ja, wir wollen halt jetzt demnächst auch anfangen mit Interviews und so.

Also im Prinzip ist es oft ein Zwiegespräch zwischen uns. Wir reden viel über unsere eigenen Erfahrungen, aber wir wollen eben bei bestimmten Themen auch Expertinnen mit reinbringen und dann verbreitet sich das ja wiederum auch.

Weil wenn die dann sagen, hey, ich war in dem Podcast, dann kommen ja über deren Netzwerk auch wieder neue Leute auf unseren Podcast. Also das darf jetzt auch langsam und organisch wachsen.

Also wir haben beide nicht, ich habe zwar eine große Vision für diesen Podcast, das schon, aber ich bin da gerade in dem Prozess drin, dass ich sage, ja, aber das darf auch jetzt Schritt für Schritt für Schritt größer werden. Das muss jetzt nicht sofort einschlagen wie eine Bombe und viral gehen. Also das ist völlig in Ordnung, wenn es ein bisschen braucht, bis es bekannter ist.

[Alex] Das klingt sehr entspannend.

[Claire] Ja, also ich habe lange gebraucht, um an diesen Punkt zu kommen. Auch nicht immer, aber im Großen und Ganzen habe ich mir diese Einstellung in den letzten Jahren doch erarbeitet, dass ich sage, Schritt für Schritt immer weiter und dann wird das irgendwann auch funktionieren oder einfach bekannter werden.

Auswirkungen auf die mentale Gesundheit

[Alex] Okay, du hast gesagt, du hast ja das quasi erarbeitet, diese entspannte Einstellung. Kannst du vielleicht nochmal erzählen, wie sich dieser Social-Media-Ausstieg ausgewirkt hat auf dich, auf deine Selbstständigkeit oder auf deine mentale Gesundheit? Gab es positive oder negative Auswirkungen überhaupt oder hatte das null Konsequenzen?

[Claire] Also, wenn ich jetzt an meinen Umsatz denke, hatte der Ausstieg gar keine Relevanz. Also, ich habe sogar besseren Umsatz gemacht als vorher, also als die Jahre davor. Das hat mehrere Gründe. Also ich will jetzt auch nicht wieder Social Media als den Faktor, aber es hat definitiv sich nicht negativ ausgewirkt auf meinen Umsatz.

Was ich merke oder sagen wir es mal so, ich bin ja durchaus immer noch in Social Media aktiv, nicht mehr ganz so viel wie vorher und eher zielgerichteter und merke immer noch manchmal, dass es mir nicht so gut tut und dann versuche ich auch aufzuhören.

Ja, das ist nicht immer einfach. Wir kennen die Mechanismen. Aber ich bin noch sensibler geworden, was die Nutzung angeht, dass ich noch mehr darauf achte, dass ich mir gewisse Dinge einfach nicht antue, dass ich Leuten konsequent entfolge, wo ich merke, die triggern mich einfach, dass ich Dinge ausblende oder dass ich einfach frühzeitig rausgehe.

Also ich glaube, für meine mentale Gesundheit hat das schon viel gemacht. Vor allen Dingen, wir hatten ja vorhin über das Thema Selbstwert und Vergleichen gesprochen. Das mache ich tatsächlich weniger, weil ich viel, viel mehr bei mir bin und merke, wie viel leichter es mir jetzt fällt, meinen Weg zu gehen. Das ist ja auch Thema unseres Podcasts, den eigenen Weg gehen.

Und ja, durch den Wegfall von Social Media oder nicht mehr so viel Nutzen zumindest, es hat mit Sicherheit auch wieder einen Beitrag geleistet. Ich will jetzt auch wieder nicht sagen, da war Social Media zentral, aber es war definitiv ein Faktor, ein nicht zu leugnender Faktor.

Tipp zum Schluss

[Alex] Letzte Frage. Du hast schon diese Ankündigung von Mark Zuckerberg angesprochen und wenn es jetzt Menschen gibt, die sich das auch überlegen, aus Social Media raus, aus Facebook raus, teilweise oder vollständig, hast du eine Empfehlung für sie? Also irgendwas, was du gelernt hast mit deinen Erfahrungen, was ist besonders wichtig, worauf kommt es an?

[Claire] Also ich würde mich einfach fragen, was ist meine Priorität?

Und meine persönliche Priorität ist meine Gesundheit und da zählt auch die mentale Gesundheit zu. Und wenn ich merke, dass mir etwas nicht gut tut, bin ich sehr gut beraten, damit aufzuhören. Und für mich ist es einfach eine Frage der Prioritäten, was heißt einfach.

Ich weiß, dass das nicht so einfach ist und dass auch so ein Ausstieg ja dann mit vielen Ängsten verbunden ist. Und eben, oh mein Gott, wie soll ich denn mein Marketing gestalten ohne? Ich meine, die Ängste nimmst du ja auch in deinem Buch durchaus ernst und nimmst sie mit auf und zerstreust sie so ein bisschen.

Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, mein Marketing, also auch wenn ich so generell über meine letzten Jahre Social-Media-Nutzung nachdenke in Bezug auf Marketing und mein Business, hat Social Media tatsächlich nie wirklich eine Rolle gespielt.

Also den Umsatz habe ich nie über Social Media gemacht. Ja, es wurde der eine oder andere vielleicht auf mich aufmerksam, das will ich nicht abstreiten. Aber wirkliche Buchungen habe ich darüber nicht erhalten.

Und vielleicht hilft das so ein bisschen und wie gesagt, sich einfach zu fragen, wo liegt meine Priorität? Und wenn ich merke, mir ist es wichtig, dass ich mich wohlfühle, dass es mir gut geht und ich merke, Social Media tut mir nicht gut, ist die Antwort für mich einfach klar.

Also vielleicht so einfach als Impuls oder als Denkanstoß mal über die eigenen Prioritäten und Werte nachzudenken und darauf basierend zu handeln.

[Alex] Ja, ich denke, ein wunderbares Schlusswort. Claire, vielen, vielen Dank, dass du heute hier warst.

[Claire] Ja, danke, dass ich da sein konnte.

Shownotes

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Buch „No Social Media!“

Buch „Don’t be evil“

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Die 5 Phasen des Social-Media-Ausstiegs