Social-Media-frei
Der Podcast für Marketing ohne Likes, Reels & Selfies
Worum geht’s?
In diesem Podcast nehme ich soziale Medien kritisch unter die Lupe und spreche darüber, wie Selbstständige online sichtbar werden können, ohne ständig ihr Frühstück auf Insta zu posten.
Es geht um „immergrüne“ Marketingstrategien und darum, wie Selbstständige entspannt und nachhaltig ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.
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Teilweiser Social-Media-Ausstieg: Interview mit Claire Oberwinter
In dieser Podcastfolge habe ich Claire Oberwinter zu Gast. Nachdem Claire jahrelang als Social-Media-Beraterin gearbeitet hat, hat sie 2018 eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht und zieht sich seitdem immer mehr aus Social Media zurück. Wie es zu ihrem teilweisen Social-Media-Ausstieg kam und welche Alternativen Claire stattdessen zum Marketing nutzt, erzählt sie im Interview.
In dieser Podcastfolge habe ich Claire Oberwinter zu Gast.
Nachdem Claire jahrelang als Social-Media-Beraterin gearbeitet und Selbstständige bei ihrem Facebook-Marketing unterstützt hat, hat sie 2018 eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht und zieht sich seitdem immer mehr aus Social Media zurück.
Wie es zu ihrem teilweisen Social-Media-Ausstieg kam und welche Alternativen Claire stattdessen zum Marketing nutzt, erzählt sie uns im Interview.
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[Alex] Ja, hallo Claire, du hast deine Selbstständigkeit als Social-Media-Beraterin begonnen.
Kannst du uns mehr über deine früheren Erfahrungen mit sozialen Medien erzählen und was dich auch anfangs an Social Media so fasziniert hat?
Das Potenzial sozialer Medien
[Claire] Ja, das kann ich natürlich sehr gerne machen.
Also ich bin in meinem Studium, ich habe Kommunikationswissenschaften auf Bachelor erst studiert, bin ich sehr schnell auf dieses Thema Web 2.0 gekommen.
Also da habe ich gemerkt, dass mich das mehr interessiert als diese ganzen klassischen Medien, wo es im Studium oft darum ging, wie Radio, Fernsehen und so weiter.
Und mir war schnell klar, ich will was in Richtung online machen, weil das so meine Welt war.
Und dann bin ich auch sehr schnell auf Social Media gekommen und habe sogar mich für einen Masterstudiengang in Social Media angemeldet, an der englischen Uni und auch abgeschlossen.
Und das war so die Zeit des arabischen Frühlings, also wo wirklich durch Social Media auch Revolutionen möglich waren.
Also wir haben auch im Masterstudium genau über diesen arabischen Frühling gesprochen und welche Rolle Social Media da gespielt hat.
Und das war eine sehr zentrale Rolle von Social Media tatsächlich. Und das war für mich so die Zeit, ich nenne das immer so das gelobte Land, also es war so die Zeit für mehr Demokratie, für mehr Öffnung, mehr Transparenz, nicht mehr so unidirektionale Kommunikation, also nicht mehr, wir werden einfach nur überschwemmt mit Infos von Unternehmen und von den normalen Medien, sondern es geht jetzt auch mal in die andere Richtung.
Wir können direkt in Kontakt mit anderen Institutionen, mit Menschen kommen und das war für mich das Potenzial von Social Media, was mich so unendlich begeistert hat, weil ich dachte, also weil ich so das Gefühl hatte, da wird so viel möglich und ich habe es auch die ersten Jahre so empfunden, dass da eine Öffnung war, dass da viel Positives einfach auch passiert ist.
Und das war so mein Einstieg in Social Media, weswegen ich unter anderem mich auch entschieden habe, Social-Media-Beraterin zu werden, weil ich dieses Potenzial anderen Menschen erklären wollte und ihnen sagen wollte, hier, wenn du Social Media in dein Unternehmen, in deine Kommunikation, in dein Marketing integrierst, das hat ganz viel Potenzial und wenn du es so und so machst, dann sollte es auch gut funktionieren. Und das war so mein Ursprungsgedanke dabei.
Fokus auf Facebook
[Alex] Und du bist dann ja Facebook-Beraterin geworden, richtig? Also zumindest als ich mich selbstständig gemacht habe, ganz, ganz frisch, hatte ich dich sofort als Facebook-Beraterin auf dem Schirm.
Erzähl mal, wie kam dann dieser Fokus auf diese Plattform?
[Claire] Das war, als ich mich halt selbstständig gemacht habe, habe ich erstmal mich allgemein als Social-Media-Beraterin aufgestellt, habe aber sehr schnell gemerkt, dass ich damit nicht sehr weiterkam. Es war so schwammig, es fühlte sich für mich nicht zielgerichtet an.
Und da ich immer schon, seit ich mit Social Media zu tun habe oder damals immer schon mit Facebook am meisten was anfangen konnte und auch die meisten Kenntnisse aus dem Bereich hatte, habe ich einfach gedacht, okay, dann fokussiere ich mich halt jetzt einfach auf Facebook und mache das quasi, also stelle das vorne dran.
Ich habe immer noch auch Fragen zu anderen Kanälen beantwortet, aber das war einfach so mein Fokusthema und habe das dann einfach vorne dran gestellt und das war auch gut, weil dann lief es auch direkt besser. Für mich und auch so generell im Business mit einer klareren Positionierung einfach.
[Alex] Und was hast du dann genau gemacht? Also hast du dann andere Selbstständige beraten?
[Claire] Genau, andere Selbstständige. Ich habe auch Unternehmen teilweise beraten, also so mittelständische Unternehmen. Aber der Fokus, den ich mir gegeben habe selber, war Facebook-Beratung für Solopreneure, also für Einzelunternehmer, Einzelselbstständige.
Zweifel an Social Media
[Alex] Dann kamen aber irgendwann die ersten Zweifel an sozialen Medien bei dir. Und darüber möchte ich natürlich auch mehr wissen. Gab es da einen bestimmten Auslöser oder hat sich das mit der Zeit so entwickelt? Wie war das bei dir?
[Claire] Es war ein bisschen was von beidem. Also ich habe 2017 eine Yogalehrerausbildung angefangen und dreiviertel Jahr später merkte ich, dass sich in mir ganz viel veränderte.
Also ich glaube, jeder, der schon mal eine Coaching- oder Yoga-Ausbildung gemacht hat, der weiß, wovon ich spreche, was das für ein Potenzial hat, im Inneren sehr viel zu verändern. Und das war bei mir auch so. Und das war Anfang 2018.
Und da habe ich einfach gemerkt, dass das Facebook-Thema mir immer weniger Spaß macht. Dass ich immer weniger Lust habe, Menschen darin zu beraten. Weil es waren immer die gleichen Sachen. Es war auch ganz oft irgendwie, dass ich erklären musste, wenn du hier klickst, passiert das. Und wenn du da klickst, nein, kannst du das nicht löschen. Also es war viel so dieses Klein-Klein. Und das nervte mich sehr.
Und ich habe einfach auch gemerkt, im Laufe des Jahres 2018 wurde mir das Yoga immer wichtiger und das auch mehr nach draußen zu bringen.
Und dann habe ich halt so im Jahr 2019 den Shift vollzogen, dass ich gesagt habe, ich mache keine Social Media oder keine Facebook-Beratung mehr, sondern gehe in den Bereich Yoga und Coaching. Und das war schon mal so ein bisschen der erste Bruch, würde ich sagen, mit dem Thema Social Media.
Das war noch nicht, dass ich so einen kritischen Blick drauf hatte. Es war mehr so dieses Persönliche, ich kann mir nicht mehr vorstellen, Menschen da zu beraten, weil mir das keinen Spaß mehr macht. Das war so der Anfang dessen, würde ich sagen. Meine Güte, das sind auch schon sieben Jahre, fällt mir dann auf. Wahnsinn.
[Alex] Ja, aber das ist ja auch irgendwie klar. Also du hast ja auch gesagt, wer so eine Coaching-Ausbildung mal gemacht hat oder eine Yoga-Ausbildung, da passiert was im Inneren.
Und gerade das Thema Yoga, das ist ja auch super viel Achtsamkeit, bei sich sein und gucken, wie es einem geht. Und dann merkt man dann eben, ah, okay, soziale Medien haben eigentlich einen Effekt auf mich, der mir gar nicht gut tut.
Also du hast ja auch auf deinem Blog einen Artikel, wo du ganz viele Gründe gesammelt hast, warum du ausgestiegen bist oder teilweise, wie wir gleich dazu kommen. Kannst du mal so ein bisschen erzählen, was soziale Medien mit dir gemacht haben dann auch?
Negative Effekte des Vergleichens
[Claire] Also das, wo ich mich am meisten daran erinnere oder wo ich auch heute immer noch merke, dass ich da sehr schnell reinrutsche, ist das Vergleichen, was mir einfach nicht gut tut. Dieses, ich sehe, wie unfassbar erfolgreich andere sind und komme mir dann klein und unwichtig vor und mein Business funktioniert nicht und all das.
Also ich würde sagen, das war so mit das Vorrangigste, was ich immer wieder erlebt habe. Also ich habe dann so durch den Feed gescrollt und gedacht, boah, ja, die ist voll sichtbar und die hat es ja irgendwie voll drauf.
Auch bei der läuft es gut und bei dem läuft es gut und ich selber krebs da so rum und so. Also das hat meinen Selbstwert sehr angegriffen, habe ich gemerkt einfach mit der Zeit. Also immer wenn ich rauskam aus Social Media oder selbst wenn ich noch drin war, merkte ich irgendwann, dass meine Stimmung kippte und ich dann dachte, okay, zumachen, weg.
Oder eben wenn ich schon zugemacht habe, dass ich merkte, ich fühle mich irgendwie nicht so besonders gut. Und da wieder rauszukommen, dann erstmal wieder aus diesem alle anderen haben es viel besser und haben es mehr drauf als ich, das hat auch natürlich immer eine Weile gebraucht. Inzwischen bin ich da etwas robuster, aber nicht vor gefeit, immer noch in diese Fallen zu tappen.
[Alex] Hatte sich das dann auch auf dein weiteres Leben ausgewirkt? Also dieses Vergleichen, hast du dann irgendwie auch im privaten oder beruflichen Leben gedacht, hier wirkt Social Media noch irgendwie nach bei mir?
Auswirkung von Social Media auf die Selbstständigkeit
[Claire] Ja und nein. Also ich glaube nicht so mega in der Tiefe, aber so Thema Versagen, Scheitern und so waren die letzten zwei, drei Jahre schon ein großes Thema.
Unter anderem deswegen, weil ich von der vollen Selbstständigkeit nach acht Jahren wieder in eine Anstellung auch gegangen bin teilweise und ich fühlte mich wie die Vollversagerin.
Und ich will jetzt nicht sagen, dass Social Media dafür verantwortlich ist, weil das hatte erstmal nichts mit Social Media zu tun. Ich glaube aber, dass dieses Thema Selbstwert, Versagen, andere sind viel erfolgreicher, dass das mit reingespielt hat in meine Versagensgefühle, die ich hatte zu der Zeit.
Also das kann ich nicht abstreiten, weil es während ich eben noch in dem Prozess war von, ich wechsle wieder auch in der Anstellung oder ich teilweise, ich bin ja immer noch selbstständig, da habe ich schon gemerkt, dass das Social Media durchaus einen Einfluss hatte, wenn ich da mal wieder rumgescrollt habe und gedacht habe, ja toll, und ich muss jetzt in eine Anstellung gehen, während die da voll abgeht oder so.
Also das ist schon ein Einfluss. Ich würde nicht sagen, dass das allein nicht dafür verantwortlich war, aber es war definitiv ein Einflussfaktor.
[Alex] Also ich würde schon auch sagen, als ich da war, habe ich schon noch beobachtet, wie so dieses unternehmerische Mindset auch sehr glorifiziert wurde. Also das war so dieses Nonplusultra und natürlich für alle Menschen in allen Lebensbereichen und Situationen immer die richtige Entscheidung, sich selbstständig zu machen. Das ist ja nicht so.
[Claire] Ja, genau. Und damit wurde ich konfrontiert. Und ich bin auch immer noch der Meinung, also meine Seele schlägt immer noch für die Selbstständigkeit, das sage ich ganz offen.
Aber ich bin gerade total fein damit, angestellt zu sein, weil ich es gerade auch schön finde, dass jeden Monat fest Geld reinkommt, ob ich jetzt krank bin oder nicht.
Und ich war zum Beispiel Ende des letzten Jahres jetzt vier Wochen krank, wäre ich in der Zeit selbstständig gewesen, das wäre eine Vollkatastrophe gewesen. Das sage ich ganz offen.
Und das hat mich schon auch sehr beeinflusst, was auf Social Media geredet wurde. Wie du sagst, dieses Mindset, es ist das Nonplusultra, selbstständig zu sein. Jeder muss das. Und da dachte ich auch irgendwann, warum tue ich mir das eigentlich an, so zu denken? Weil es ist nicht das Nonplusultra, es hat alles seine Vor- und Nachteile. Und Unternehmer sein hat auch Vor- und Nachteile, genauso wie angestellt sein.
Der Facebook-Hack
[Alex] Ja, und dann kam es bei dir richtig dicke, nämlich dein Facebook-Konto wurde gehackt. Kannst du erzählen, wie das war? Also du bist auch nicht die Erste jetzt hier in dem Podcast, der das passiert ist, aber wie war es dann bei dir?
[Claire] Ja, ich bin auf eine Phishing-Mail tatsächlich reingefallen. Ich hätte ja nicht gedacht, dass mir das mal passiert, aber niemand ist davon gehalten. Ja, wirklich.
Die haben halt meine Daten abgegriffen und ich bin, also es war irgendwie abends und ich bin dann ins Bett und am nächsten Morgen war was komisch, also ich kam nicht mehr in Facebook rein.
Und auf Instagram hatte ich ganz viele Likes und ich hatte nichts veröffentlicht und habe dann irgendwie geguckt, für was habe ich denn jetzt so viele Likes bekommen?
Das waren Werbeanzeigen, die über mein Konto geschaltet wurden.
Also ich habe das so ein bisschen rekonstruieren können, was passiert sein muss, ist, dass die Hacker eben meine Daten genommen haben, haben sich bei mir eingeloggt, haben mein Werbekonto gekapert, haben das quasi auf sich, auf ihre E-Mail-Adresse umgeschrieben, dass ich dann nicht mehr drankomme.
Und haben dann über mein Werbekonto auf Instagram Anzeigen geschaltet. Und dann haben die noch irgendwas auf Facebook gemacht, damit der Algorithmus anspringt und mich rausschmeißt.
Und Facebook hat von jetzt auf gleich gesagt, so, du hast gegen unsere Richtlinien verstoßen, du fliegst raus und du kommst auf gar keinen Fall mehr an dein Facebook-Konto dran.
So, und genau, dann stand ich auf einmal da mit irgendwelchen Werbeanzeigen, die liefen, auf meine Kosten. Ich meine, ich habe die dann zurückbuchen lassen. Gott sei Dank war das alles Lastschrift und ich konnte der Bank sagen, bitte blockiert die alle, ich buche das zurück. Also mir sind keine finanziellen Schäden in dem Sinne entstanden.
Aber es war eine krasse Sache. Also ich bin zwei, drei Tage völlig rotiert. Ich konnte dann irgendwie, indem ich mein Instagram-Konto vorübergehend deaktiviert habe, die Anzeigen eben stoppen. Sonst wären die noch tagelang weitergelaufen.
Aber ich fand alleine so dieses von Facebook „Hey, du verstößt gegen unsere Richtlinien, du fliegst raus, keine Chance, Einspruch zu erheben“ – das hat mich so mit am meisten schockiert, weil ich 15 Jahre mein Konto hatte und mir nie etwas zu Schulden hab kommen lassen. Und von jetzt auf gleich wirst du ausgesperrt, ohne angehört zu werden.
Und da habe ich echt gedacht, boah, Leute, ihr habt sie doch nicht mehr alle. Entschuldigung, wenn ich das jetzt so sage. Aber das war wirklich so mein Gedanke. Ich kann noch nicht mal mich, ich will nicht sagen rechtfertigen, ich kann noch nicht mal Stellung beziehen.
Und das hat mich sehr, sehr angefressen, muss ich schon sagen, dass man so hilflos war. Und vor allen Dingen, ich habe dann Mails geschrieben an den Facebook-Support. Dann kam immer nur so eine dämliche Standardantwort zurück. Wir sind nicht zuständig oder sie fühlten sich einfach nicht zuständig. Hier sind ein paar Links, die helfen könnten. Nein, sie haben natürlich nicht geholfen, weil ich alles schon fünfmal durch hatte.
Und ich habe dann letztendlich nur über einen Anwalt mein Konto wiederbekommen. Und das fand ich echt übel. Ich hatte sogar noch kurzzeitig überlegt, will ich den Anwalt jetzt überhaupt bezahlen oder ist das nicht das Signal, jetzt dann das Facebook-Konto sein zu lassen?
Aber es ging nicht, einerseits aus beruflichen Gründen und ich wollte nicht, also in dem Sinne, vielleicht kommen wir da auch noch gleich zu, vielleicht nur ganz kurz. Weil ich mir über die Jahre wirklich ein sehr, sehr gutes Netzwerk auf Facebook aufgebaut hatte und wirklich auch zu einigen Leuten nur darüber Kontakt habe und auch gerne habe.
Also es ist nicht so, dass ich alles schlecht finde bei Facebook, sondern ich habe da wirklich ein sehr wertvolles Netzwerk. Und dann habe ich irgendwann gedacht, für das Netzwerk würde ich jetzt das Geld investieren, um den Anwalt zu bezahlen und mein Konto wieder zu bekommen. Aber ich war kurz davor, es alles komplett sein zu lassen. Also das sage ich schon.
[Alex] Die ganze Zeit und Energie und ja auch das Geld, das man da aufwendet, das ist einfach super, super ärgerlich.
[Claire] Ja, vor allem für etwas, was Facebook eigentlich sowieso machen muss. Es gibt Gerichtsurteile, die sagen, Facebook darf nicht einfach Leute ausschließen. Die müssen zumindest die Leute erstmal anhören und können nicht einfach sagen, du fliegst raus.
Und das ist das, was mich so stört. Das ist dieses Willkürliche und du musst einen Anwalt, nur mit Anwalt haben die reagiert, obwohl ich vorher auf eigene Faust genau das Gleiche gesagt habe.
Und sowas mag ich überhaupt nicht. So diese Willkür und diese, nee, das macht mich wahnsinnig. Da geht mein Ungerechtigkeitssensor ganz stark.
[Alex] Nun hast du dich ja aufgrund all dieser Gründe, die du gerade erwähnt hast, entschieden, Social Media zu verlassen, aber nur teilweise. Was genau meinst du damit? Wie sieht für dich so eine teilweise Social-Media-Nutzung genau aus?
Teilweiser Social-Media-Ausstieg
[Claire] Genau. Also ich habe ja im Rahmen dieses Hacks dann später auch noch mein Instagram-Konto verloren, weil in der Zeit, wo das Konto deaktiviert war, war wieder irgendwas und ich habe angeblich schon wieder gegen irgendwelche Richtlinien verstoßen, was aber nicht der Fall sein konnte, weil mein Konto deaktiviert war.
Dann habe ich noch versucht, Einspruch zu erheben und zwar mehrfach. Da kam nichts mehr. Das Instagram-Konto habe ich jetzt einfach gesagt, komm, weg, ist mir jetzt egal. Und mit teilweise einem Ausstieg ist also gemeint, ich brauche Facebook oder generell Social Media halt schon noch für die Arbeit.
Ich bin teilzeit angestellt als Marketingmanagerin bei einer IT-Firma und Social Media ist da eben Teil und da kann ich nicht einfach sagen, nee, ich bin gar nicht auf Social Media, weil zum Verwalten der Konten brauche ich eigene Konten.
Das ist einfach, das ist ja so aufgebaut und das ist ja auch grundsätzlich richtig, damit man, wenn man als Mitarbeiter irgendwann wieder rausgeht, einfach nicht das komplette Konto zumacht, sondern einfach nur den Mitarbeiter aus dem Konto wieder rausschmeißt.
Also deswegen ist es einfach so eine berufliche Anforderung, die ich habe, mit der ich gerade gut aber umgehen kann, weil ich mit tatsächlich Social Media in meinem Berufsalltag gar nicht so viel zu tun habe. Also das nimmt gar nicht so viel Raum ein. Das ist schon mal ganz gut.
[Alex] Du meinst als Selbstständige dann?
[Claire] Ja, aber auch als Selbstständiger habe ich halt eigentlich mit Social Media gar nichts mehr zu tun.
Weil, wie gesagt, Instagram-Konto ist weg, Facebook-Konto ist weg. Wenn ich mal was promote, dann über mein persönliches Facebook-Profil ist das aber auch selten geworden, weil ich einfach das, meine Promo mache ich inzwischen viel mehr über andere Kanäle, wie zum Beispiel meinen Newsletter oder mein WhatsApp-Status, ganz ehrlich.
Also ich meine, gut, WhatsApp gehört auch zum Meta, kann man jetzt auch kritisch sehen, aber darüber kommt auch schon mal das eine oder andere. Also ich nutze da einfach andere Möglichkeiten. Genau, aber teilweise Ausstieg ist halt einfach, ich brauche es für die Arbeit und ich habe, wie gesagt, einfach mein Facebook-Konto mir zurückerkämpft, weil mir das Netzwerk dort wichtig ist.
Und da merke ich immer noch, wenn ich da mal bin, ich bin in so einer Bubble drin, wo es eigentlich ganz nett ist. Und das ist dann auch ganz gut, wenn es mir mal wieder nicht passt, gehe ich wieder raus und dann ist es auch okay. Also ich nutze es halt nur wesentlich weniger als vorher und wirklich für das Marketing, für mein Marketing im Business, fast gar nicht mehr.
[Alex:] Also du hast kein Instagram-Konto mehr. Du nutzt deine Facebook-Unternehmensseite nicht mehr. Richtig?
[Claire] Weil die ja auch dem Hack zum Opfer gefallen ist. Und die Seite habe ich zum Beispiel nicht wiederbekommen. Und das war mir dann auch irgendwie egal, ganz ehrlich.
[Alex] Aber das Facebook-Profil hast du noch, weil du da einfach mit Menschen zu tun hast, die du magst und wo dir der Austausch auch wichtig ist. Nun könnten Hater ja sagen, das ist aber ein bisschen inkonsequent. Was würdest du ihnen dann antworten?
[Claire] Den würde ich tatsächlich sagen. Du hattest mir die Fragen im Vorhinein ja geschickt und insofern war es ganz gut, weil ich dachte mir, oh Gott, was soll ich jetzt antworten? Aber ich weiß genau, was ich antworte.
Ich finde es schade, wenn es immer um diese 100 Prozent geht.
Wir haben zwischen schwarz und weiß, haben wir Millionen bunte Farben. Warum muss es 100% weiß sein? Warum muss ich 100% gehen?
Ich würde den Leuten sagen, oder sie mal eine Gegenfrage stellen, bist du in allem 100%, wirklich 100% konsequent und perfekt aufgestellt? Und wenn das der Fall ist, können wir uns gerne nochmal über Konsequenzen überunterhalten. Solange das nicht der Fall ist, ziehe ich mir den Schuh gar nicht erst an.
[Alex] Ja, das finde ich eine total tolle Einstellung, weil ich predige das auch immer, dass einfach jeder Mensch so seine individuelle Nutzung finden muss und egal, wie sie aussieht und gerade, wenn man etwas findet, was einem gut tut, das ist ja eine super wertvolle Info, dass man weiß, das tut mir gut, das tut mir nicht gut und eben das dann eliminiert, was einem nicht gut tut, und das behält, was einem gut tut, also genau.
[Claire] Ja, klar.
Alternativen zu Social Media
[Alex] Du hast schon ein bisschen angesprochen, dass es jetzt für dich und dein eigenes Marketing einfach auch andere alternative Marketingstrategien gibt. Also du hast gesagt, für deine Teilanstellung brauchst du dein Facebook-Konto noch, aber für dich als Selbstständige, als Yoga-Lehrerin – richtig? – nutzt du Social Media fast gar nicht mehr zum Marketing.
Du hast schon erwähnt, Newsletter spielt eine Rolle. Oder kannst du vielleicht da mal so ein bisschen näher drauf eingehen, wie sieht jetzt dein alternatives Marketing ohne Social Media aus?
[Claire] Ja, so genau. Also ich kann dir jetzt keine straightforward Antwort geben, weil ich auch in meiner Selbstständigkeit immer mit verschiedenen Projekten arbeite, sage ich jetzt mal.
[Claire] Aber wenn ich jetzt nur daran denke, Yoga-Produkte zu verkaufen, ist es tatsächlich, ist der Newsletter mein Hauptkanal.
Und da kommen auch regelmäßig neue Anmeldungen rein. Klar, es fallen auch wieder welche raus, aber ich sehe ja in meinem Newsletter-Anbietertool immer, also kann ich ja Neuanmeldungen abrufen oder generell einfach meine Liste aufrufen und ich kriege ein bis drei Anmeldungen pro Woche neu rein, ohne dass ich viel mache, weil mein Blog dann wiederum gute Suchergebnisse liefert.
Also ich habe halt über die Jahre einige Blogartikel geschrieben, die gut performen auf Google und darüber kommen die Leute auf meinen Blog und darüber kommen sie dann eben teilweise oder eben doch teilweise in meinen Newsletter und dann, je nachdem, kaufen die auch schon mal von mir. Also das ist halt so meine Hauptstrategie, sage ich jetzt mal.
Ich hatte auch mal einen Podcast, den bediene ich jetzt so nicht mehr. Ich habe inzwischen einen neuen Podcast mit einer Kollegin, der ist aber jetzt noch nicht auf meinem Blog mit drauf.
Genau, aber einfach so durch, also im Prinzip ist es eine Kombination aus Suchmaschine plus Newsletter. Das sind so die Hauptkanäle.
Und ansonsten läuft dadurch, dass ich viel Offline im Yoga-Bereich gerade mache, einfach auch viel über Mund-zu-Mund-Propaganda oder hier lokales Marketing.
Also ich habe letztens einen Workshop gemacht, da habe ich Aushänge hier in Läden gemacht und solche Sachen. Also ganz banal sage ich jetzt mal offline, klassisches Offline-Marketing mit Printprodukten oder so kann auch mal drin sein, je nachdem, was ich gerade anbiete.
[Alex] Das finde ich auch total wichtig, dass man das nicht vergisst, dass wenn man irgendwie ein Thema hat, wo auch Leute eben dann zu dir quasi in dein Studio kommen, kann sich das auch lohnen. Also ich habe auch, erzähle ich, glaube ich, auch immer wieder in diesem Podcast, eine Wildkräuterwanderung mitgemacht, weil ich halt auf dem Spaziergang mit dem Hund irgendwo einen Aushang gesehen habe, dass sie das anbietet hier in der Nähe und ich dachte, ja cool und melde ich mich mal an.
Also ich glaube, das irgendwie von vornherein so als altmodisch oder veraltet oder nicht effektiv zu verteufeln, das ist keine gute Strategie, also je nach Thema, das man selbst macht.
[Claire] Im Gegenteil, also meine besten Erfahrungen habe ich eigentlich mit Menschen, die schon mal bei mir waren und wissen, was sie von bei mir bekommen, die sich dann anmelden für Retreats, Workshops, was auch immer.
Oder eben, wie gesagt, Mund-zu-Mund-Propaganda, dass jemand irgendwie rumfragt hier im Ort, kennst du eine Yoga-Lehrerin oder irgendwie sowas. Oder letztens habe ich hier, wir haben hier so ein Lokalblättchen vom Bürgerverein, da habe ich eine Anzeige geschaltet und habe tatsächlich eine Anfrage bekommen, weil jemand gesagt hat, ich möchte meiner Frau zu Weihnachten jetzt einen Gutschein schenken für eine Einzelstunde mit dir.
Ja, also das kann auch funktionieren. Deswegen gerade wenn man, ich habe so ein bisschen so ein Hybrid-Business, ich mache durchaus einiges online, aber eben auch viel offline. Und dann darf man, gerade wenn man im Offline-Bereich unterwegs ist, auch wirklich hier gucken, was kann ich offline machen. Und das finde ich total wichtig, das auf dem Schirm zu haben.
Kooperationen und Netzwerken
[Alex] Und so ein bisschen im Nebensatz hast du ja auch noch erwähnt, du machst einen Podcast mit einer Kollegin. Also quasi mit realen Menschen auch Kooperation machen und was zu tun haben und Netzwerken. Das kann ja auch eine gute Strategie sein, um die Sichtbarkeit zu haben.
[Claire] Zumal unser Podcast, ich nenne ihn jetzt einfach mal, Ungezähmte Frauen heißt er.
Da geht es darum, im Prinzip als Frau ungezähmt zu sein, also sein Leben nach den eigenen Vorstellungen zu leben. Und da reden wir über ganz viele unterschiedliche Themen, auch über Yoga und Spiritualität und alles Mögliche.
Und da platzieren wir beide auch regelmäßig unsere Angebote oder weisen auf unseren Newsletter hin und sowas alles. Also da bin ich auch schon vielseitig aufgestellt und habe eben andere Angriffspunkte und ich muss nicht unbedingt Social Media haben.
Und zum Beispiel bei dem Podcast, den wir zusammen machen, die Susanne und ich, wir haben uns bewusst von vornherein entschieden, dass wir unseren Podcast nicht auf Social Media bringen.
[Alex] Warum?
Dass wir unsere nette Marketingstrategie ohne Social Media machen wollen. Ja, weil wir beide so ein bisschen Social-Media-müde sind. Sie hat zum Beispiel gerade ihr Facebook-Konto jetzt wirklich deaktiviert aufgrund dieser furchtbaren Ankündigung von Mark Zuckerberg letzte Woche.
[Claire] Und sie hat gesagt, ich habe jetzt wirklich die Schnauze voll, ich gehe. Ich würde das tatsächlich gerne tun, aber ich kann es nicht aus beruflichen Gründen. Also ich bin gerade auch an einem Punkt, wo ich denke, boah, was tue ich mir da eigentlich noch an?
Genau, aber wir hatten vorher beide schon so diese Entwicklung hin zu weg von Social Media. Es stresst uns, es nervt uns, es tut uns nicht gut. Und haben dann beide, weil wir so achtsam miteinander sind und so ein gutes Gespür haben, was tut uns gut, beide gesagt, nee, das ist nicht die Strategie, mit der wir unseren Podcast bekannt machen wollen. Und haben es dann einfach von vornherein gelassen. Und es sorgt auch dafür, dass es stressfreier ist, weil es ist auch einfach weniger Arbeit. Muss man einfach sagen.
[Alex] Ja. Habt ihr euch dann alternative Strategien überlegt?
[Claire] Also im Moment läuft viel über, wir haben jeweils einen Newsletter, dass wir das darüber immer mal promoten. Ich stelle es immer mal in meinen WhatsApp-Status. Also im Moment ist der Podcast noch verhältnismäßig klein, wobei dafür, dass wir, ich sag mal, 10 Folgen veröffentlicht haben, haben wir jetzt, ich glaube, knapp unter 300 Downloads. Das ist schon mal ganz gut. Also ich finde es gar nicht so schlecht. Und ja, wir wollen halt jetzt demnächst auch anfangen mit Interviews und so.
Also im Prinzip ist es oft ein Zwiegespräch zwischen uns. Wir reden viel über unsere eigenen Erfahrungen, aber wir wollen eben bei bestimmten Themen auch Expertinnen mit reinbringen und dann verbreitet sich das ja wiederum auch.
Weil wenn die dann sagen, hey, ich war in dem Podcast, dann kommen ja über deren Netzwerk auch wieder neue Leute auf unseren Podcast. Also das darf jetzt auch langsam und organisch wachsen.
Also wir haben beide nicht, ich habe zwar eine große Vision für diesen Podcast, das schon, aber ich bin da gerade in dem Prozess drin, dass ich sage, ja, aber das darf auch jetzt Schritt für Schritt für Schritt größer werden. Das muss jetzt nicht sofort einschlagen wie eine Bombe und viral gehen. Also das ist völlig in Ordnung, wenn es ein bisschen braucht, bis es bekannter ist.
[Alex] Das klingt sehr entspannend.
[Claire] Ja, also ich habe lange gebraucht, um an diesen Punkt zu kommen. Auch nicht immer, aber im Großen und Ganzen habe ich mir diese Einstellung in den letzten Jahren doch erarbeitet, dass ich sage, Schritt für Schritt immer weiter und dann wird das irgendwann auch funktionieren oder einfach bekannter werden.
Auswirkungen auf die mentale Gesundheit
[Alex] Okay, du hast gesagt, du hast ja das quasi erarbeitet, diese entspannte Einstellung. Kannst du vielleicht nochmal erzählen, wie sich dieser Social-Media-Ausstieg ausgewirkt hat auf dich, auf deine Selbstständigkeit oder auf deine mentale Gesundheit? Gab es positive oder negative Auswirkungen überhaupt oder hatte das null Konsequenzen?
[Claire] Also, wenn ich jetzt an meinen Umsatz denke, hatte der Ausstieg gar keine Relevanz. Also, ich habe sogar besseren Umsatz gemacht als vorher, also als die Jahre davor. Das hat mehrere Gründe. Also ich will jetzt auch nicht wieder Social Media als den Faktor, aber es hat definitiv sich nicht negativ ausgewirkt auf meinen Umsatz.
Was ich merke oder sagen wir es mal so, ich bin ja durchaus immer noch in Social Media aktiv, nicht mehr ganz so viel wie vorher und eher zielgerichteter und merke immer noch manchmal, dass es mir nicht so gut tut und dann versuche ich auch aufzuhören.
Ja, das ist nicht immer einfach. Wir kennen die Mechanismen. Aber ich bin noch sensibler geworden, was die Nutzung angeht, dass ich noch mehr darauf achte, dass ich mir gewisse Dinge einfach nicht antue, dass ich Leuten konsequent entfolge, wo ich merke, die triggern mich einfach, dass ich Dinge ausblende oder dass ich einfach frühzeitig rausgehe.
Also ich glaube, für meine mentale Gesundheit hat das schon viel gemacht. Vor allen Dingen, wir hatten ja vorhin über das Thema Selbstwert und Vergleichen gesprochen. Das mache ich tatsächlich weniger, weil ich viel, viel mehr bei mir bin und merke, wie viel leichter es mir jetzt fällt, meinen Weg zu gehen. Das ist ja auch Thema unseres Podcasts, den eigenen Weg gehen.
Und ja, durch den Wegfall von Social Media oder nicht mehr so viel Nutzen zumindest, es hat mit Sicherheit auch wieder einen Beitrag geleistet. Ich will jetzt auch wieder nicht sagen, da war Social Media zentral, aber es war definitiv ein Faktor, ein nicht zu leugnender Faktor.
Tipp zum Schluss
[Alex] Letzte Frage. Du hast schon diese Ankündigung von Mark Zuckerberg angesprochen und wenn es jetzt Menschen gibt, die sich das auch überlegen, aus Social Media raus, aus Facebook raus, teilweise oder vollständig, hast du eine Empfehlung für sie? Also irgendwas, was du gelernt hast mit deinen Erfahrungen, was ist besonders wichtig, worauf kommt es an?
[Claire] Also ich würde mich einfach fragen, was ist meine Priorität?
Und meine persönliche Priorität ist meine Gesundheit und da zählt auch die mentale Gesundheit zu. Und wenn ich merke, dass mir etwas nicht gut tut, bin ich sehr gut beraten, damit aufzuhören. Und für mich ist es einfach eine Frage der Prioritäten, was heißt einfach.
Ich weiß, dass das nicht so einfach ist und dass auch so ein Ausstieg ja dann mit vielen Ängsten verbunden ist. Und eben, oh mein Gott, wie soll ich denn mein Marketing gestalten ohne? Ich meine, die Ängste nimmst du ja auch in deinem Buch durchaus ernst und nimmst sie mit auf und zerstreust sie so ein bisschen.
Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, mein Marketing, also auch wenn ich so generell über meine letzten Jahre Social-Media-Nutzung nachdenke in Bezug auf Marketing und mein Business, hat Social Media tatsächlich nie wirklich eine Rolle gespielt.
Also den Umsatz habe ich nie über Social Media gemacht. Ja, es wurde der eine oder andere vielleicht auf mich aufmerksam, das will ich nicht abstreiten. Aber wirkliche Buchungen habe ich darüber nicht erhalten.
Und vielleicht hilft das so ein bisschen und wie gesagt, sich einfach zu fragen, wo liegt meine Priorität? Und wenn ich merke, mir ist es wichtig, dass ich mich wohlfühle, dass es mir gut geht und ich merke, Social Media tut mir nicht gut, ist die Antwort für mich einfach klar.
Also vielleicht so einfach als Impuls oder als Denkanstoß mal über die eigenen Prioritäten und Werte nachzudenken und darauf basierend zu handeln.
[Alex] Ja, ich denke, ein wunderbares Schlusswort. Claire, vielen, vielen Dank, dass du heute hier warst.
[Claire] Ja, danke, dass ich da sein konnte.
Shownotes
Nein, soziale Medien sind nicht kostenlos 🤑
„Social-Media-Marketing ist kostenlos. Und deshalb wäre man ja ganz schön dumm, wenn man keine sozialen Medien fürs Marketing nutzen würde.“ – Ich glaube, dass die meisten Selbstständigen diese Aussage kennen. Vielleicht auch du? Und da nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte, gucke ich mir diesen Spruch genau an und sage, warum meiner Meinung nach das Gegenteil der Fall ist.
„Social-Media-Marketing ist kostenlos. Und deshalb wäre man ja ganz schön dumm, wenn man keine sozialen Medien fürs Marketing nutzen würde.“
Ich glaube, dass die meisten Selbstständigen und Unternehmen diese Aussage so oder so ähnlich bereits irgendwo gehört oder gelesen haben. Vielleicht auch du?
Und da ich denke, dass nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte als dieser Spruch, gucke ich ihn mir in dieser Podcastfolge genau an und sage, warum meiner Meinung nach das Gegenteil der Fall ist.
Das wird heute übrigens die letzte Folge vor der Sommerpause.
Ich habe mich dazu entschieden, den August mal freizumachen, um mich anderen Projekten zu widmen. Und ich melde mich dann wieder Anfang September mit neuen Podcastepisoden.
Aber jetzt wünsche ich dir erst einmal viel Spaß mit dieser Folge.
Folge anhören
Transkript lesen
Ja, soziale Medien sind nicht kostenlos. Aber gucken wir uns das jetzt mal ganz genau und Schritt für Schritt an.
Social-Media-Marketing kostet Geld
Reden wir zunächst einmal über Geld.
Natürlich können wir uns kostenfrei bei sozialen Medien anmelden.
Wir müssen nichts bezahlen, wenn wir uns einen Account anlegen, wir müssen nichts zahlen, wenn wir uns ein schönes Profil erstellen, ein Bild hochladen, dann Inhalte teilen, auf Kommentare reagieren, mit anderen Menschen schreiben oder andere Beiträge kommentieren oder teilen.
Das alles kostet erst einmal keinen einzigen Cent.
Und deshalb mag es naheliegen zu denken, dass auch Social-Media-Marketing nichts kostet. Doch das ist nicht der Fall.
Zunächst einmal:
Wer professionell Social-Media-Marketing betreiben will, benötigt in der Regel einige Tools dafür. Bei mir waren es früher zum Beispiel, Planungstools, ein Grafikdesigntool wie Canva, Bildbearbeitungstools, Tools zum Videosschneiden. Und so weiter, und so weiter.
Es ist natürlich sehr individuell, wie das Social-Media-Marketing jetzt im einzelnen konkret aussieht, aber es gibt definitiv laufende Kosten fürs Social-Media-Marketing im zwei- bis dreistelligen Bereich pro Monat.
Das mag jetzt für die einen überhaupt kein Problem sein, für andere wiederum kann schon das eine gewisse finanzielle Belastung darstellen.
Aber die laufenden Kosten für die Tools sind gerade erst der Anfang. Selbst das beste organische Social-Media-Marketing wird früher oder später an seine Grenzen kommen, sodass in den meisten Fällen Werbeanzeigen geschaltet werden müssen.
Vor einigen Jahren konnte man vielleicht mit organischem Social-Media-Marketing tatsächlich noch Menschen erreichen und mit Social Media Menschen auf die eigene Website bringen, wo es dann den Newsletter gab oder andere Angebote. Aber inzwischen hat das leider nichts mehr mit der Realität zu tun.
Das heißt:
Selbstständige und Unternehmen müssen für die wichtigen Sachen meist mit Werbeanzeigen arbeiten. Und die kosten natürlich Geld.
Auch hier sind es ja nicht nur die Kosten für die Anzeigen an sich, sondern auch, vor allem am Anfang, etwas Lehrgeld, bis man wirklich gute Zielgruppen aufgebaut hat und die beste Kombination aus Text und Bild oder Text und Video kennt.
Das alles weiß man ja nicht plötzlich, das ist ja keine Eingebung, die man dann hat, sobald die Werbeanzeige online geht, das alles muss man herausfinden, das alles muss man Schritt für Schritt testen – und das kostet Geld.
Man kann jetzt natürlich Expert*innen beauftragen, die ein gewisses Wissen haben und eine langjährige Erfahrung haben und diese Testphase deutlich abkürzen können. Aber auch hier: Die Hilfe von Expert*innen kostet wiederum Geld.
Und da wir gerade so schön beim Thema outsourcen sind: Auch beim organischen Social-Media-Marketing können wir uns natürlich jederzeit Unterstützung holen, z.B. in Form von virtueller Assistenz, aber auch hier müssen wir für die Unterstützung zahlen.
Wenn wir uns dafür entscheiden, das Social-Media-Marketing ganz alleine zu machen, dann werden wir in den meisten Fällen auch nicht um Weiterbildungen drum herum kommen. Denn, was auf Social Media funktioniert, das ändert sich regelmäßig und natürlich müssen wir dann up to date bleiben, was gerade gut auf Social Media geht. Und Weiterbildungen, Kurse, Coachings, Workshops, du ahnst es, sie alle kosten natürlich Geld.
Meistens einen dreistelligen Betrag, aber oft auch einen höheren vierstelligen Betrag.
Ja, Social-Media-Marketing kostet Geld, aber das ist gerade erst der Anfang.
Social-Media-Marketing kostet Zeit
Denn in der Berechnung, was uns soziale Medien kosten, plädiere ich sehr dafür, nicht nur Geld mit einzubeziehen, sondern z.B. auch Zeit.
Denn die Zeit, die wir für Social Media aufwenden, die ist unsere Lebenszeit.
Und, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich möchte sehr, sehr bewusst und sehr achtsam mit meiner Zeit umgehen. Denn die Zeit, die ich für etwas aufwende, die kriege ich nun einmal nicht wieder zurück. Das ist beim Geld vielleicht manchmal anders.
Und ja, bei mir waren es jeden Tag 1 bis 2 Stunden, manchmal noch mehr für Social-Media-Marketing gewesen.
Das sind schon nach 1,5 Jahren über 1000 Stunden, die ich für soziale Medien gebraucht habe. Und das ist ja nicht nichts. Also das ist eine ganze Menge, finde ich.
Und indem wir JA zu 1000 Stunden Social Media sagen, sagen wir ja automatisch NEIN zu 1000 Stunden für irgendwas anderes.
Und ob das ein guter Deal, ob das ein gutes Investment ist, das kann ich für dich natürlich nicht beantworten.
Für mich persönlich war es das nicht und du kannst für dich überprüfen, ob es dir da vielleicht ähnlich geht.
Social-Media-Marketing kostet Energie
So, jetzt haben wir ausführlich über Geld und über Zeit gesprochen. Und hinzu kommt auch noch die Energie oder Kraft, die uns Social-Media-Marketing kosten kann.
Vielleicht ist es bei dir so, dass du jetzt gar nicht weißt, wovon ich rede.
Vielleicht ist es bei dir so, dass dir das Posten und das Videos-Drehen und das Kommentieren usw. gar nichts ausmachen oder zumindest nicht so viel ausmachen. Vielleicht fühlst du dich danach genauso wie vorher oder du ziehst sogar Kraft aus den Interaktionen auf Social Media.
Wenn das so ist, dann herzlichen Glückwunsch. Das ist natürlich großartig für dich.
Vielleicht merkst du aber, dass dich Social-Media-Marketing eher Kraft kostet. Das heißt, dass du, nachdem du soziale Medien genutzt hast oder livegegangen bist oder zwei Stunden damit verbracht hast, ein Reel zu erstellen, das nur zehn Menschen sehen, eher erschöpft bist und ausgelaugt und, ja, einfach weniger Kraft hast als vorher.
Und in diesem Fall wäre es aus meiner Sicht sehr wichtig, sich zu fragen, ob man diese Kosten langfristig tragen will oder ob einem der Preis für Social-Media-Marketing langfristig dann doch zu hoch ist.
Social-Media-Marketing kostet Gesundheit
Denn wenn man ständig über seine Grenzen geht, wenn man ständig seine Kraft richtig aufbraucht, dann kann es sein, dass die körperliche oder mentale Gesundheit langfristig Schaden nimmt.
Ich habe es bei mir damals definitiv so gespürt und mir war sehr bewusst, dass ich Social-Media-Marketing nicht mit meiner Gesundheit bezahlen will.
Dass mir dieser Preis einfach viel zu hoch wäre.
Und genau diese Frage sollten sich aus meiner Sicht auch Selbstständige stellen, wenn sie Social Media fürs Marketing nutzen: Bezahle ich die tägliche Online-Präsenz auf Social Media mit meiner Gesundheit?
Das ist definitiv keine einfache Frage und das ist keine einfache Entscheidung. Und vielleicht müssen wir sie uns gerade deshalb alle so dringend stellen.
Wir sind immer noch nicht am Ende. Ich habe noch zwei Punkte, über die ich sprechen möchte.
Social-Media-Marketing kostet Beziehungen
Und das sind zum einen: Beziehungen.
Soziale Medien können uns unsere Beziehungen kosten. Ich weiß, dass da nicht so viele Menschen darüber sprechen, weil meistens geht es darum, Beziehungen auf sozialen Medien zu inszenieren.
Doch ich finde, es lohnt sich, mal darüber nachzudenken, ob ich im realen Leben immer öfter nein zu Menschen aus Fleisch und Blut sage, um etwas auf Social Media stattdessen zu tun.
Bei mir war das früher klassischerweise der Abend, der laut Instagram Analytics die beste Zeit für mich wäre, etwas zu posten und mit meinen Follwern zu interagieren. Aber diese Zeit kollidierte damals mit den Schlafengehzeiten der Kinder.
Natürlich hat mein Mann die Kinder ins Bett gebracht, aber ich wollte ja nicht sagen:
„So für die nächsten Jahre muss ich um 20 Uhr was auf Instagram posten und kann euch jetzt nichts mehr vorlesen. Das wird jetzt immer der Papa machen.“
Natürlich wusste ich, dass mir meine Kinder wichtiger waren als Instagram. Und dennoch habe ich immer wieder versucht, abends auf Instagram zu posten, habe versucht, beidem gerecht zu werden, und hab vermutlich deshalb nichts von allem richtig gut gemacht.
Ja, das war nur ein Beispiel von mir früher. Aber ich glaube, wenn man erst einmal anfängt zu gucken, wie sich Beziehungen zu unseren Kindern, Eltern, Partner*innen, Freunden, Bekannten, Nachbarn usw. durch soziale Medien verändern, dann merken wir, dass da irgendwas ist. Wir können mal innehalten und überlegen, was wir davon eigentlich wollen.
Social-Media-Marketing kostet Daten
Nun bleibt noch ein Aspekt, über den ich unbedingt sprechen muss, und das sind unsere Daten.
Denn Gesundheit und Zeit und Energie und Beziehungen, das mag alles eine sehr individuelle Geschichte sein, aber mit Daten zahlen alle, die soziale Medien nutzen.
Du weißt bestimmt, dass das Geschäftsmodell von Facebook und Co. darauf beruht, dass Menschen, die diese Plattformen nutzen, Daten hinterlassen, und dass die Plattformen diese Daten sammeln, analysieren, kategorisieren und an Werbetreibende weiterverkaufen.
Das fängt schon damit an, dass wir jede Menge Daten von uns preisgeben, wenn wir uns bei einer Social-Media-Plattform anmelden. Da ist unser Name und unsere E-Mail-Adresse und der Wohnort und ganz viele weitere Informationen. Und wenn wir dann anfangen zu posten und zu liken und zu kommentieren, dann werden es immer mehr Daten, die die Plattformen über uns sammeln.
Und selbst wer nur relativ passiv ist und durch den Feed scrollt zum Beispiel, hinterlässt Datenspuren. Selbst wenn jemand drei Sekunden überlegt, bevor sie weiterscrollt, wird diese Information gespeichert. Alles wird gespeichert.
Es gibt seit einiger Zeit ja jetzt auch ein Bezahlmodell bei Facebook und Instagram, wo einem keine personalisierte Werbung gezeigt wird. Aber auch hier ist es ganz wichtig zu wissen: Diese Daten werden ja trotzdem gesammelt, analysiert, kategorisiert und gespeichert. Sie werden, solange wir dafür zahlen, nicht genutzt, um uns Werbung zu zeigen, ja. Aber das Sammeln der Daten hört auch beim Bezahlmodell nicht auf.
Und die Frage ist, ob wir das so wollen oder nicht.
Ob wir Social-Media-Marketing zahlen wollen mit Geld, mit Zeit, mit Energie, mit Kraft, mit unserer Gesundheit und mit unseren Daten.
Denn man kann schon eine Menge anstellen mit dieser unvorstellbar großen Datenmenge von inzwischen mehreren Milliarden Usern.
Aber das ist ein Thema für eine andere Podcast-Folge.
Shownotes
10 Fragen an jemanden, die all ihre Social-Media-Kanäle gelöscht hat (ja, an mich 😁)
Ich habe vor fast vier Jahren mit Instagram meinen ersten Social-Media-Kanal verlassen und nach und nach alle meine Kanäle gelöscht. Und dazu habe ich natürlich in den letzten Jahren viele Fragen bekommen. Und in dieser Podcastfolge beantworte ich zehn davon.
Ich habe vor fast vier Jahren mit Instagram meinen ersten Social-Media-Kanal verlassen und nach und nach alle meine Kanäle gelöscht. Und dazu habe ich natürlich in den letzten Jahren viele Fragen bekommen.
Und in dieser Podcastfolge beantworte ich zehn davon.
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Ja, ich will in dieser Folge zehn Fragen beantworten, die ich zu meinem Social-Media-Ausstieg bekommen habe in der letzten Zeit.
#1 Vermisst du was ohne Social Media?
Nun, mir ist durchaus bewusst, dass ein Social-Media-Ausstieg mit Nachteilen kommt.
Und in meinem Buch „No Social Media!“ gehe ich auch ganz detailliert auf die Nachteile ein, die mit einem Social-Media-Ausstieg verbunden sind.
Allerdings wiegen für mich persönlich diese Nachteile nicht so schwer.
Ich sag jetzt nicht, dass es zwingend bei allen so sein muss. Es ist bei mir aber so.
Das mag damit zu tun haben, dass ich introvertiert bin und mir nichts aus vielen Followern und vielen Likes mache.
Woran ich früher echt Spaß hatte, waren diese Meme-Accounts mit lustigen Memes. Über die konnte ich mich früher stundenlang kaputt lachen.
Aber abgesehen davon vermisse ich tatsächlich nichts, seit ich nicht mehr auf Social Media bin.
In meiner Arbeit rede und schreibe ich natürlich immer noch über soziale Medien, aber in meinem Privatleben denke ich, ehrlich gesagt, gar nicht mehr so viel über Social Media nach, sondern lese viel, mache Sport, mache Musik, guck mir Filme und Serien an, lerne eine neue Sprache. Und dann ist der Tag auch schon vorbei.
Und ich wüsste jetzt auch gar nicht, wo da soziale Medien auch noch reinpassen sollten, wenn ich ehrlich bin.
Das waren früher bei mir ja zwei Stunden jeden Tag und die habe ich irgendwie auch gar nicht mehr. Bzw. ich würde sie auch gar nicht hergeben wollen.
Deshalb: Nein, ich vermisse tatsächlich nichts.
Wobei ich vielleicht noch dazu sagen sollte, dass ich da eine Ausnahme bei YouTube mache, weil das für mich eher eine Video-Suchmaschine ist.
Ich weiß, es ist immer so die Frage: Ist YouTube Social Media oder eine Suchmaschine. Ich bin eher Team Suchmaschine. Und ich nutze nach wie vor YouTube privat für Klavier-Tutorials zum Beispiel, für Yoga-Übungen oder Rezepte.
Auf mich hatte YouTube noch nie negative Auswirkungen so wie Instagram zum Beispiel. Deshalb ja, sehe ich da auch keine Notwendigkeit, etwas zu verändern.
#2 Kriegst du überhaupt noch mit, was in der Welt passiert?
Ja, das tue ich auf jeden Fall.
Ich hab mich ja nicht vom Internet und von Menschen verabschiedet, sondern nur von sozialen Medien.
Ich lebe ja auch nicht ohne Internetanschluss irgendwo auf einer einsamen Insel ohne Menschen, sondern ich hab natürlich auch weiterhin online und offline mit anderen Menschen zu tun.
Und deshalb weiß ich natürlich auch ohne Social Media, was um mich herum passiert, aber das Informieren erfolgt jetzt viel, viel aktiver und zielgerichteter, würde ich sagen – und nicht weil ich einen Post in meinem Feed angezeigt bekomme, so zufällig.
Es gibt ein paar Nachrichtenseiten, Zeitungen und (Online-)Magazine, die ich regelmäßig lese, und so bleibe ich auf dem Laufenden.
Deshalb: Ja, ich kriege definitiv immer noch mit, was in der Welt so geschieht.
Ich würde sogar sagen, ich bin noch etwas politischer und interessierter geworden, was gerade so passiert in der Welt.
Soziale Medien zu verlassen, hatte also definitiv nicht den Effekt, dass ich zu einem egoistischen Menschen wurde, dem alles andere egal ist.
Also hoffe ich natürlich. Aber ja.
#3 Bist du manchmal einsam ohne Social Media?
Ich persönlich: nein.
Wobei ich sagen muss, das hängt mit Sicherheit auch mit der Persönlichkeit zusammen.
Wie gesagt: Ich bin einfach total introvertiert, ich hab nicht das Bedürfnis, unzählige Kontakte zu pflegen. Ich muss nicht ständig mit Menschen chatten und connected sein.
Ich habe lieber weniger persönliche Kontakte, die dafür tiefer gehen. Also Gespräche oder Treffen oder auch längere E-Mails im beruflichen Kontext jetzt.
Und ich bin auch sehr gerne für mich, muss ich sagen, und mit meinen Gedanken und hab gerne auch mal ein Tag Ruhe ohne andere Menschen. Oder zwei Tage.
Und deshalb fühle ich mich jetzt nicht einsamer dadurch, dass ich Social Media verlassen habe.
Ich kann mir aber vorstellen, dass es für Menschen, die extrovertiert sind, da vielleicht anders sein könnte.
Also wenn jemand seine ganze Energie aus Kontakten zu anderen Menschen zieht, wird vielleicht / vermutlich etwas fehlen, wenn soziale Medien wegfallen.
Das weiß ich nicht.
Bei mir war es, wie gesagt, nicht der Fall.
#4 Wie reagieren andere Menschen, wenn du ihnen erzählst, dass du keine sozialen Medien nutzt?
Also im Privaten ist mein Social-Media-Ausstieg tatsächlich nie ein großes Drama gewesen.
Ich mein, klar, reden wir mal darüber, und ich kriege auch manchmal Fragen dazu, aber es ist kein alles dominierendes Thema.
Niemand stört sich daran oder findet mich doof deswegen. Wir haben einfach meist andere Dinge, mit denen wir beschäftigt sind und über die wir sprechen. Deshalb ist das überhaupt keine große Veränderung im Privatleben gewesen.
Im beruflichen Kontext interessiert es andere Selbstständige schon, wie das so ist mit dem Marketing und der Akquise und so weiter.
Vielen Selbstständigen, mit denen ich rede, geht es mit sozialen Medien ähnlich, wie es mir damals ging, bevor ich meine Kanäle gelöscht habe.
Deshalb können sie meinen Entschluss meistens auch gut verstehen, auch wenn sich die meisten nicht trauen, also diesen Schritt dann selbst zu gehen.
Richtig negatives Feedback habe ich aber tatsächlich noch nie bekommen. Ich kann jetzt natürlich nicht sagen, ob es daran liegt, dass andere Menschen keine negativen Gedanken dazu haben oder ob sie es mir einfach nicht direkt ins Gesicht sagen. Keine Ahnung.
Aber letzten Endes glaube ich auch: Jeder Mensch ist mit seinem eigenen Kram beschäftigt.
Und ob eine gewisse andere Person jetzt auf Instagram ist oder nicht, das wird für die meisten Menschen gar keine so große Rolle in ihrem Leben spielen. Und erst recht werden sie sich da nicht einmischen oder sich negativ dazu äußern. Warum sollten sie?
Also ich glaube:
Die Welt dreht sich eben nicht um uns und unsere Entscheidungen. Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen hart, aber: Es ist für andere Menschen meist egal, ob wir unseren Kaffee auf Instagram posten.
Ihre Gedanken drehen sich da nicht ständig drum. Und deshalb haben wir da eben auch absolute Freiheit in meinen Augen, uns da selbst individuell zu entscheiden.
#5 Verbietest du deinen Kindern, soziale Medien zu nutzen?
Also ich verbiete grundsätzlich niemandem etwas.
Und erst recht nicht meinen Kindern.
Und es wäre für mich auch absolut okay, wenn sie die Dinge anders sehen würden als ich.
Ich will jetzt natürlich keine Debatte über Erziehung führen, aber: Meine Kinder dürfen jederzeit ihre Interessen verfolgen und auch soziale Medien nutzen, wenn sie denn wollen würden.
Aber sie wollen eben nicht. Ich weiß auch nicht so genau, woran das liegt.
Sie gucken sich ab und an mal YouTube-Videos an so wie ich auch, aber das sind dann auch eher Tutorials, wie man ein bestimmtes Stück auf Klavier spielt oder so.
Das mag in Zukunft vielleicht anders werden, wer weiß. Aber im Moment ist es überhaupt kein Thema. Also sie sind jetzt 12 und 16 und sie haben immer noch kein Interesse an Instagram und Co.
In unserer Familie spielen diese Plattformen einfach keine große Rolle. Ich nutze sie nicht, mein Mann nutzt sie nicht, wir schießen keine Selfies von unserer Familie, die wir ständig irgendwo posten, und deshalb haben vielleicht auch meine Kinder da völlig andere Interessen entwickelt. Keine Ahnung.
#6 Bist du nicht neugierig, was deine Kolleginnen auf Instagram machen?
Ja klar, bin ich manchmal neugierig.😊
Ich glaube, es ist auch nur menschlich, neugierig zu sein und sich für andere Menschen und das, was sie machen, zu interessieren.
Ich versuche diese Neugierde dann aber gut einzuordnen. Ich frage mich dann:
Ist die Quelle dieser Neugierde ein Wunsch nach Verbindung? Dann schreibe ich diese Person eben an und frage, ob sie Zeit hat, sich mal wieder auszutauschen. Oder irgendwas anderes.
Ist die Quelle für diese Neugierde aber Selbstzweifel und dieser, ja, fast schon selbstdestruktive Wunsch nach Bestätigung, dass ich nicht gut genug bin?
Dann weiß ich, dass mir soziale Medien da sowieso nicht gut tun würde, und dann lenke ich meinen Fokus auf andere Themen, so ganz bewusst und ganz gezielt.
#7 Fühlst du dich glücklicher ohne Social Media?
„Glück“ ist natürlich ein sehr großes Wort. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die Gleichung „Social-Media-frei = Glück“ in jedem Fall immer stimmt.
Aber es ist schön, Vergleicheritis, FOMO und so weiter bis zum Minimum reduziert zu haben.
Also natürlich zweifel auch ich nach wie vor an manchen Tagen an dem, was ich tue. Aber es ist deutlich weniger geworden.
Und dass ich weniger Zeit für Dinge aufwenden muss, die ich nicht mag (so wie Selfies machen, Reels drehen oder Grafiken erstellen), und dass ich dafür mehr Zeit für die Dinge habe, die ich mag (also Schreiben, Lesen, Musik usw.), das trägt natürlich auch enorm dazu bei, dass ich mich zufriedener fühle.
Deswegen: Ja, ich würde sagen, meine Zufriedenheit ist auf jeden Fall gestiegen und meiner mentalen Gesundheit hat es sehr gut getan, vor allem Instagram zu verlassen.
Und das ist dann alles in allem schon ein Glücksfaktor, muss ich sagen.
#8 Ist dir nicht manchmal langweilig ohne Social Media?
Zunächst einmal ist Langeweile kein so furchtbar schlimmes Konzept für mich.
Ich finde es gut, auch mal Phasen ohne Reize von außen zu haben und sich vielleicht mal für ein paar Minuten zu fragen:
Und was mache ich jetzt? Was stell ich mit der Zeit an?
Es macht mir keine große Angst, diesen Raum, ja diesen Leerlauf zu haben und mal zu spüren und mich zu fragen, wie ich denn diesen Leerlauf füllen will, anstatt mir automatisch das Smartphone zu schnappen und Insta zu öffnen.
Doch es ist jetzt nicht so, dass ich überhaupt keine Unterhaltung mehr habe in meinem Leben, nur weil ich nicht mehr auf Social Media bin.
Es ist natürlich sehr individuell, aber ich fühle mich auch ohne Social Media sehr gut unterhalten, durch andere Menschen, durch Lesen, Schreiben, Musik, Filme und Serien.
Also es ist jetzt nicht so, dass ich abends sitze und denke:
Was fange ich jetzt mit meinem Abend ohne Instagram an? Ich bin verloren.
Ich habe nach wie vor mehr Bücher auf meiner Leseliste, als ich jemals lesen könnte. Und nach wie vor mehr Serien bei Netflix auf der Watchlist, als ich jemals gucken könnte.
Insofern: Alles gut.
#9 Kriegst du überhaupt noch neue Ideen und Inspiration ohne Social Media?
Ja, dieser Aspekt, muss ich sagen, hat mich mit am meisten überrascht. Ich habe früher immer gedacht, dass ich unbedingt Instagram und Co. brauche, um Inspiration zu bekommen.
Aber bei mir war es so:
All die Tipps, Tricks, Hacks, Videos, Motivationszitate und Inspirationszitate und Erfolgsgeschichten auf Social Media, sie haben mich rückblickend betrachtet mehr gelähmt als wirklich inspiriert.
Ich habe für mich herausgefunden, dass ich viel weniger Inspiration brauche, als ich immer dachte.
Ein guter Gedanke – und ich bin für die nächsten Tage oder Wochen beschäftigt.
Und diese guten Gedanken gibt es eigentlich überall: in Gesprächen mit anderen Menschen, in Büchern, in Filmen, auf Reisen … Hunde können inspirieren, Kinder können inspirieren, Natur kann inspirieren. Wir können in eine Ausstellung gehen. Oder auf ein Konzert.
Wir brauchen nicht zwingend soziale Medien für neue Ideen und Kreativität.
#10 Gehst du irgendwann zu Social Media zurück?
Also im Moment kann ich es mir nur sehr, sehr schwer vorstellen, wieder zurückzugehen. Aber wer weiß, was in einigen Jahren ist. Ich kann jetzt natürlich nichts zu 100% ausschließen.
Wenn sich zum Beispiel soziale Medien in ihrer Funktionsweise und ihren Strukturen fundamental ändern würden, würde ich ihnen vielleicht nochmal eine Chance geben. Doch dafür müssten es wirklich große Veränderungen sein.
Und danach sieht es zur Zeit überhaupt nicht aus.
Ich finde, die Enshittification von Social Media schreitet mit großen Schritten voran und ja, wenn ich mir angucke, wohin sich soziale Medien gerade entwickeln, fühle ich mich in meiner Entscheidung eher bestätigt, muss ich sagen, und habe so gar nicht das Bedürfnis, zu Insta und Co. zurückzugehen.
Shownotes
Digitale Balance statt digitaler Stress: Interview mit Aikaterini Pegka
In dieser Podcastfolge habe ich Rini Pegka zu Gast. Rini ist eine liebe Kollegin von mir. Ich hab sie in meinem neuen Buch „No Social Media“ interviewt und wollte sie gerne auch noch mal hier in dieser Folge unbedingt zu Wort kommen lassen. Wir haben zusammen über digitale Balance gesprochen, über Achtsamkeit, Social Media, TikTok, Bücher schreiben und vieles, vieles mehr. Viel Spaß beim Zuhören!
In dieser Podcastfolge habe ich Rini Pegka zu Gast. Rini ist eine liebe Kollegin von mir. Ich hab sie in meinem neuen Buch „No Social Media“ interviewt und wollte sie gerne auch noch mal hier in dieser Folge unbedingt zu Wort kommen lassen.
Wir haben zusammen über digitale Balance gesprochen, über Achtsamkeit, Social Media, TikTok, Bücher schreiben und vieles, vieles mehr.
Das ist die bunteste und, ich glaube, die längste Podcastfolge geworden, die ich bisher gemacht habe, und ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Zuhören.
Folge anhören:
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Digitale Balance und digitaler Stress
[Alex] Hallo Rini, wenn ich auf deine Website gucke, dann fällt mir auf, haha, du guckst schon sehr nervös, aber genau, dann fällt mir auf, dass da ein Wort besonders häufig genutzt wird und das Wort oder die Phrase ist digitale Balance.
Ja, was bedeutet das für dich genau und warum ist digitale Balance für dich so wichtig?
[Rini] Digitale Balance ist, glaube ich, der Wunschzustand, in dem wir uns befinden möchten, wenn wir mit digitalen Technologien arbeiten und uns auch mit Technologie sehr viel umgeben, was ja heute tagtäglich der Fall ist, ob beruflich oder privat.
Und warum wir in dieses ausgewogene Verhältnis, in diese Harmonie kommen wollen mit unserem digitalen Verhalten, ist, glaube ich, weil viele von uns digitalen Stress erleben und leben.
Und genau darum geht es bei der digitalen Balance, also quasi einen Zustand zu erreichen, wo wir nicht mehr dieses Stresserleben haben durch den Einsatz und die Nutzung der digitalen Technologien, sondern wo wir mehr oder weniger ein Verhalten haben, das uns mehr Ruhe bringt und mehr Gelassenheit bringt und wir nicht mehr so angespannt sind mit oder in den digitalen Technologien und Medien.
[Alex] Du hast jetzt schon von der Anspannung gesprochen. Wie äußert sich denn dieser Stress noch? Welche Formen gibt es da?
[Rini] Ja, also der digitale Stress hat tatsächlich viele Quellen und es gibt auch in Deutschland viele Studien, die dazu gemacht wurden und weiterhin auch gemacht werden. Wenn das jemandem interessiert, der gerade zuhört: Die Hans-Böckler-Stiftung macht da ganz, ganz tolle Studien zu diesem Thema, besonders digitaler Stress am Arbeitsplatz. Also es fängt natürlich auch mit dem einfachen Fakt der Medienkompetenz an.
Also habe ich die Kompetenzen und die Ressourcen, um digitale Medien zu nutzen? Viele, besonders ältere Menschen, haben da einen krassen digitalen Stress, weil sie das eben nicht können. Und weil das Leben zumal digitalisierter wird, haben sie da das Gefühl, nicht teilnehmen zu können an der Gesellschaft, weil sie eben so digitalisiert wird.
Und da kann ein ganz großer Stress entstehen, aber auch am Arbeitsplatz, wenn digitale Technologien uns wirklich überlasten und überbelasten, wenn digitale Technologien omnipräsent sind in allem, was wir tun, sie komplex sind, wir sie nicht verstehen und natürlich auch durch den Fakt, dass digitale Technologien, und wenn wir jetzt besonders uns auf das Smartphone beziehen oder auf Social Media, ja, ständig unterbrechen, ablenken, auch die Überwachung mit und über digitale Technologien, entweder wenn ich Google nutze, wenn ich Instagram nutze, aber auch am Arbeitsplatz.
Die digitale Leistungsüberwachung gibt es da ja auch. Das kann auch viel Stress verursachen. Die Verletzung der Privatsphäre und all die eher negativen Auswirkungen, die eine übermäßige Nutzung zum Beispiel von Social Media auch mit sich bringen. All das, also nicht wenig, kann digitalen Stress verursachen.
Für manche mehr, für andere weniger. Und genau dann deswegen braucht es diese digitale Balance oder eben auch diese digitale Achtsamkeit, wie ich sie auch oft nenne.
[Alex] Hm. Was ich ja auch so krass finde, im Grunde, du hast es schon so ein bisschen angesprochen, gilt es ja auch für fast jedes Berufsbild. Also wir sind jetzt selbstständig, aber wenn wir uns jetzt Angestellte vorstellen, die vielleicht bei jeder E-Mail in den CC gesetzt werden. Also es gibt im Grunde kaum einen Beruf, der nicht mehr davon betroffen ist, oder?
Medienkompetenz im Arbeitsleben
[Rini] Und auch handwerkliche Berufe zum Beispiel, auch wenn jemand sehr, sehr viele Jahre im Handwerk unterwegs ist, einen Betrieb hat, Mitarbeitende hat, ein gewisses Alter hat, braucht diese Person auch in ihrem täglichen Arbeiten und Chef sein oder Chefin sein, sage ich mal, eine gewisse Medienkompetenz, wenn es um das ganze Administrative geht.
Vom Marketing will ich gar nicht erst anfangen, wenn man Online-Marketing betreiben möchte, aber auch das Administrative mit Versicherungen, mit Steuern, mit verschiedenen anderen Kammern und so weiter.
Das Ganze braucht dann eine E-Mail-Adresse, braucht eine Einfachheit, mit der man dann vielleicht verstehen kann, wie eine App funktioniert.
Online-Banking – man denkt Online-Banking ist natürlich sehr, sehr einfach und man denkt, wir denken heutzutage, dass wir Bankgeschäfte nur online machen können, natürlich gibt es auch den klassischen Weg, ich gehe zur Bank und mache die Überweisung mit dem Papier, sehe ich immer noch oft genug, wenn ich meine Bank besuche, ältere Herrschaften, die halt wirklich nicht wissen, wie sie es anders machen sollen, meine Mutter zum Beispiel in Griechenland, die kann auch nichts mit ihrer Karte anfangen, die geht auch zur Filiale.
TikTok und Dopamin
[Alex] Nun sind wir jetzt hier in so einem Social-Media-freien Podcast, deswegen würde ich gerne jetzt mal über Social Media sprechen und insbesondere vielleicht über TikTok, weil ich weiß, du hast da eine sehr besondere Meinung dazu. Was passiert denn so im Kopf, wenn ich TikTok nutze? Was geht da ab?
[Rini] Ja, es ist natürlich nicht nur TikTok, es sind auch andere soziale Medien …
[Alex] aber TikTok ist schon am krassesten. Also die haben das, glaube ich, perfektioniert.
[Rini] Ich hatte ja TikTok mal tatsächlich, ich hatte ein Profil, ich hatte es installiert auf meinem Handy und ich habe ein Experiment gemacht. Ich mache ja gerne Experimente mit Social-Media-Sachen. Ich hatte es 30 Tage lang ausprobiert und ich bin süchtig geworden, ohne es zu wollen. Also ich habe mich selber beobachtet, ich habe meine Notizen gemacht für das Experiment.
Ich hatte damals – und das ist glaube ich schon drei Jahre her und der Algorithmus hat sich krass weiterentwickelt in der Zwischenzeit – ich hatte damals aufgeschrieben: „Ich bin noch nie in meinem Leben so einem Algorithmus begegnet auf Social Media, der wirklich auf den Leib die Inhalte schneidet, dass man wirklich immer wieder zurückkommen möchte.“
Was TikTok macht, wie gesagt, ich bin lange nicht mehr auf der Plattform, aber das Grundprinzip von TikTok ist, dass du Content hast, die über den ganzen Bildschirm verteilt ist.
Also es gibt kein Entweichen, du siehst diesen Content über den ganzen Bildschirm.
Es ist eine Reizüberflutung meistens, wenn du TikTok aufmachst. Sei es von Bewegung – und das menschliche Gehirn reagiert auf Bewegung sofort. Das wissen die natürlich, die Psychologen, die hinter diesen Apps sind, und deswegen war auch Musical.ly so, also der Vorgänger von TikTok, so erfolgreich und deswegen ist es TikTok auch immer noch, weil viel Bewegung drin ist.
Es sind ja nur Videos, die über diesen ganzen Bildschirm gehen. Es ist Musik drinnen, krasse Schriften, krasse Farben und das Schlimme an TikTok ist diese Abwechslung, dieses ganz, ganz kurzen Contents, dass unser Gehirn daran gewöhnt, sehr, sehr schnell zu einem sehr schönen Gefühl zu kommen.
Stichwort Dopamin. Dopamin wird sehr, sehr schnell ausgeschüttet. Ich unterhalte mich auf TikTok, und dieses Gefühl der Unterhaltung, dieses wohlige Gefühl, dass es mir gut geht, dass ich lache, kommt sehr, sehr schnell, eins nach dem anderen.
Und ich kann nicht mehr aufhören, weil ich natürlich immer mehr davon möchte. Ich möchte mich ja gut fühlen. Und sobald ich dann die App zumache und versuche, außerhalb dieser App das gleiche Gefühl zu bekommen, kommt es natürlich nicht so schnell wie in der App.
Also wenn ich mir einen Film anschauen möchte, Herr der Ringe, drei Stunden, oder auch andere Filme, Oppenheimer, glaube ich, geht auch dreieinhalb Stunden oder noch länger. Das alles braucht natürlich Zeit. Und nicht nur, um ein Buch zu lesen oder einen Film anzuschauen oder selbst kreativ zu werden und sich sehr tief und sehr lang mit etwas zu beschäftigen, das alles braucht Zeit und Geduld, aber auch in der Interaktion, im sozialen Miteinander, bekomme ich nicht von meinem Gegenüber so schnell die Bestätigung, wie ich sie über TikTok bekomme.
Und was passiert im Gehirn, ist, ist, dass wir uns sehr, sehr schnell an diese sehr, sehr schnelle Belohnung gewöhnen, was nicht normal ist für das Menschlichsein im physischen Raum.
Und für mich ist der tägliche TikTok-Konsum im Vergleich zu allen anderen Apps das Schlimmste, was man machen kann in einer Social-Media-Nutzung. Das habe ich auch so im Buch geschrieben.
Du hattest mir gesagt, ich soll es ein bisschen netter schreiben. Aber es ist meine Meinung, es ist tatsächlich so, es gibt nichts Schlimmeres, was man sich antun kann in der Social-Media-Welt. Und das ist der eine Fakt, also das Ganze, das passiert mit meiner Biologie und mit meiner Psychologie, mit meiner Soziologie letzten Endes.
TikTok und Datenschutz
Aber das andere ist auch, TikTok ist wirklich sehr, sehr, sehr, sehr undurchsichtig, was die Daten angeht.
Sie beziehen sich auf Daten, sie können auf Daten im Smartphone zugreifen, so wie es andere Übeltäter, Meta, Instagram, Facebook nicht können.
Sie machen auch sehr viel, aber so wie TikTok machen sie es nicht.
Wir wissen tatsächlich nicht, was mit diesen Daten passiert. Es ist eine chinesische App und man munkelt, dass es quasi eine App ist, durch die China sich weltweit noch mehr eine Machtposition erkämpfen möchte, in diesem weltweiten Kampf angeblich, den es da draußen gibt unter den Technologiekonzernen und unter den Ländern, die Technologien vorantreiben.
Deswegen ist es auch kein Wunder, dass sehr, sehr viele Staaten die App komplett verboten haben. Indien, ich glaube, auch viele europäische Staaten haben die App verboten, was bestimmte Beamten angeht, die bestimmte Positionen haben. Sie dürfen nicht die App auf Ihrem Smartphone installiert haben und auch nicht auf ihrem privaten Smartphone tatsächlich.
Und in den USA murkelt man ja darüber zurzeit, wir hören es ja alle auch in den Nachrichten, dass vielleicht auch ein komplettes Verbot ansteht, was die App angeht. Und ich glaube nicht, dass die Amerikaner übertreiben.
[Alex] Das ist jetzt so ein bisschen allgemein gewesen über Social Media, kannst du vielleicht nochmal ein bisschen uns hinter die Kulissen mitnehmen, wie du das so empfindest? Weil du bist ja schon seit, weiß ich gar nicht, zwölf, vierzehn, fünfzehn Jahren selbstständig – schon lange auf jeden Fall – und hast da bestimmt eine ganze Reise hinter dir mit sozialen Medien. Also wie hast du das immer empfunden, die Nutzung?
Rinis Erfahrungen mit Social Media
[Rini] Ich glaube, wir müssen ein bisschen in der Zeit zurückgehen, also die erste Welle des Internets, als wir so wahrgenommen haben: Wow, es gibt das Internet, ich kann das Internet nutzen!
Das war ja ein Traum, was man alles machen konnte, vor sozialen Netzwerken, damals hießen sie ja noch Netzwerke. Die Möglichkeiten, die wir hatten im Studium, in der Recherche, Reiseplanung, was auch immer, Kommunikation natürlich.
Ich konnte jetzt mit jemandem kommunizieren, der in Australien ist und mit dem ich vielleicht zehn Jahre nicht telefoniert hatte und so weiter.
Und die zweite Welle waren die sozialen Netzwerke, die so in 2011, 2012 richtig, richtig stark angekommen sind, auch als Apps auf den Smartphones.
Und als die sozialen Netzwerke dann angefangen haben, habe ich sehr, sehr früh erkannt, was sie alles Gutes tun können zu diesem Zeitpunkt. Ich war im Marketing unterwegs und ich habe schnell erkannt, dass soziale Netzwerke wie Facebook und dann später auch Instagram durch diese Direktheit und diese Transparenz fabelhafte Tools wären fürs Marketing.
Und deswegen habe ich mich da stark gemacht und auch darauf spezialisiert und habe Social-Media-Marketing angeboten in meiner Selbstständigkeit.
Und am Anfang war es wirklich super.
Also diese Kommunikation, die da war, es gab nicht den ausgefeilten Algorithmus, der wirklich die Inhalte so maßgeschneidert hat und der wirklich auch diese ganzen Filterblasen geformt hat, wie sie wir heute kennen.
Das gab es damals so in dieser Form nicht. Und je mehr die Zeit verging und je mehr ich online war und je tiefer ich da reinkam ins Social-Media-Marketing und in die Netzwerke, die dann zu sozialen Medien umbenannt wurden, wie sie ja auch heute bekannt sind, habe ich gesehen, also irgendwie habe ich das Gefühl gehabt, ich beschreibe es auch im Buch, dass es irgendwie zu viel wird.
Also ich kann es dir auch nicht mit anderen Worten, die irgendwie greifbar sind, beschreiben. Ich hatte das Gefühl: Wo geht das alles hin, wenn all diese Menschen, all diese Marken frei kommunizieren, es unreguliert bleibt, all dieser Lärm, all diese Reize, was passiert in unserem Kopf mit diesem Ganzen, mit dieser ganzen, wenn wir uns dem ausgesetzt sind, jeden Tag 24-7, wie ich es war, dürfen Kinder es überhaupt nutzen?
Also ich habe all diese Gedanken, es kam mir vor wie der Turm von Babel tatsächlich, wo sehr, sehr viele Menschen miteinander sprechen wollen, kommunizieren wollen, aber es kommt am Ende nichts raus.
Und dann habe ich mich schnell, für mich selbst habe ich entschlossen, mich zu distanzieren und eine digitale Balance in mein Leben zu bringen, indem ich da einen achtsamen Umgang für mich entschlossen habe.
Und dann – also am Anfang habe ich es für mein Wohlempfinden entschlossen und habe da einen Weg über die Achtsamkeit gefunden, eine Balance erstmal in meinem Arbeitsleben zu haben, um nicht mehr 24-7 online und erreichbar zu sein – habe ich aber schnell festgestellt:
Okay, ich bin nicht die Einzige, der es damit nicht gut geht. Ich bin nicht die Einzige mit diesen Gedanken, dass: „Moment mal, hier läuft etwas schief. Wir haben es irgendwie komplett unkontrolliert gelassen. Wir wissen nicht, was gerade hier passiert mit den ganzen Menschen, mit den ganzen Gehirnen, mit diesem ganzen Verhalten, mit den Konzernen dahinter, mit den Daten und so weiter.“
Und dann habe ich mich für die digitale Achtsamkeit stark gemacht und gesagt: „Okay, so kann es wirklich nicht weitergehen!“
Weil es kamen auch die ersten Studien, die gezeigt haben, was passieren kann. Diese Studien häufen sich seitdem umso mehr.
Und heutzutage, heute, es gibt auch ein ganz tolles neues Buch darüber von Jonathan Haidt, The Anxious Generation, das ist ein bekannter Psychologe, der sich mit dem Thema der Social Media und der digitalen Nutzung auseinandersetzt, also die Auswirkungen auf unsere Gesundheit und auf unser Sozialleben.
Heute kann man, also es gibt auch erste Studien, die eine Kausalität beweisen könnten, aber es gibt haufenweise Studien, die eine Korrelation zeigen und das weltweit.
Und besonders bei jungen Mädchen, bei Jugendlichen, wie ein Trend auf einmal da ist ab 2012, wo die Depressionsrate stark nach oben geht, wo die Anxiety-Rate stark nach oben geht, weltweit, nicht nur in den USA. Das ist sehr, sehr wichtig zu betonen. Und auch andere Dinge, die bis hin zum Suizid gehen.
Also das sind ganz, ganz ernste Fakten. Das ist schwarz auf weiß. Das passiert weltweit.
Und was ich auch gerne sage, wir alle, ich glaube, jeder, der gerade zuhört, jede, die gerade zuhört, hat es vielleicht schon gespürt, dass irgendetwas da nicht in Ordnung ist. Dass man sich meistens – meistens, nicht immer –, nach der Social-Media-Nutzung schlechter fühlt als vorher. Oder im direkten Umfeld hat man von jemandem gehört, der wirklich Probleme damit hat, mit dieser übermäßigen Nutzung. Wir brauchen oft tatsächlich nicht diese harten Fakten. Wir leben in Deutschland, wir lieben Studien, wir lieben Zahlen. Es gibt sie und wir sollten sie ernst nehmen.
Ich bin ein bisschen weggekommen von deiner Frage. Entschuldige, aber ich kann mich da nicht beherrschen.
[Alex] Das ist ja auch wichtig. Und ich glaube, dass auch gerade diese Fakten und die Studienlage ja auch sehr viel dann mit einem selbst macht, wenn man das dann liest und weiß und vielleicht sich dann auch bestätigt fühlt in dem, was man eh schon an sich wahrnimmt.
Und ich glaube, also ich kann das auch nur bestätigen, dass einige eben auch solche diffusen Gefühle haben, die sie vielleicht gar nicht so richtig benennen können oder kategorisieren können. Aber man fühlt, dass irgendwas nicht so ganz passt.
Und das, finde ich, sollte man halt ernst nehmen, weil wenn man das eben zu lange ignoriert, dann rächt sich das irgendwann. Und die Studien, die zeigen das ja einfach so schön.
Regulierung von Technologieunternehmen
[Rini] Ja, ich glaube, wir befinden uns gerade in einer Zeit, wo wirklich auch die Regierungen und Menschen, die Entscheidungen treffen, was jetzt die Regulatorien hinter diesen Plattformen und Konzernen angeht, etwas machen. Angefangen in den USA, aber nicht nur.
Wie damals in den 50er oder 60er Jahren, ich weiß nicht, wann es passiert ist, was die Tabakindustrie angeht. Früher war es ja selbstverständlich, dass jemand geraucht hat.
Niemand hat sich Gedanken darüber gemacht, wie schlecht das Rauchen sein könnte für den Körper.
Und als die ersten Studien dann da waren, musste sich die Tabakindustrie ändern und wurde reguliert, stark reguliert. Und ist natürlich heute die stärkste, regulierte Industrie überhaupt, was auch sehr gut ist natürlich. Ich glaube, wir sind gerade am Anfang, bevor das passiert.
Auch die Nutzung von sozialen Medien, was auch eine Sucht sein kann, ist noch nicht offiziell als eine deklariert, aber könnte sehr, sehr schnell zu einer deklariert werden in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten, dass wir kurz davor sind, genauso ein Phänomen zu erleben.
Und genauso wie beim Rauchen ist es auch mit dem Konsum von Social Media. Niemand möchte uncool sein. Niemand möchte sagen, Social Media sind doof, mache ich nicht oder ich bin süchtig nach Social Media oder ich bin süchtig nach meinem Smartphone, weil jeder meint, es ist selbstverständlich, acht Stunden am Tag auf TikTok zu sein oder acht Stunden am Tag eine Bildschirmzeit zu haben auf dem Smartphone. „Ich möchte hier nicht zurückbleiben. Ich möchte hier nichts verpassen. Ich muss hier dranbleiben.“
Und mit diesen Dingen arbeiten ja auch die Firmen dahinter, mit diesem Zugehörigkeitsgefühl, mit diesem Nichts-verpassen-Wollen. Das Ganze spielt letzten Endes aufs Nervensystem hinaus. Ich möchte mich sehen, ich möchte mich geborgen fühlen, ich möchte nicht im Stress sein. „Oh, da gehe ich doch lieber und schaue, was passiert ist, anstatt dass ich hier rumrätsel und rate.“ Das Nervensystem möchte das, es möchte sicher gehen. „Schau doch lieber mal nach, dann sind wir sicher, dann sind wir beruhigt.“ Und mit diesen ganzen Sachen arbeiten die Apps dahinter leider.
Kann Achtsamkeit helfen?
[Alex] Ich würde das gerne noch mal unterstreichen wollen, weil: Es ist ja nicht so, als hätte es solche Umwälzungen noch nie gegeben, also wenn wir uns den Buchdruck angucken oder die Industrialisierung angucken. Das gab es alles schon. Und ich bin jetzt natürlich keine Historikerin, bin mir aber sehr sicher, dass Menschen damals auch überfordert waren. Aber ich glaube eben, was es das erste Mal jetzt in der heutigen Zeit gibt, ist, dass es eben diese Attention Engineers gibt – Menschen, deren Job es ist, Apps süchtig machend zu designen.
Und das finde ich so krass, also dass wir dann auch alle FOMO haben und schwer davon loskommen können. Das liegt nicht an uns, sondern das ist so designt.
Und ich glaube, das ist ganz wichtig zu verstehen, was da eigentlich für Systeme, für Strukturen dahinter stecken. Aber bevor sich das alles ändert und vielleicht reguliert wird, gibt es ja vielleicht eine Lösung oder eine Zwischenlösung. Ich weiß es nicht. Vielleicht kannst du das nochmal erläutern, wie du das für dich verstehst. Weil für dich ist ja Achtsamkeit ein Schlüssel für digitale Balance oder eine mögliche Lösung für digitale Balance. Wie funktioniert das genau für dich mit der Achtsamkeit?
[Rini] Ja, mit oder bei der Achtsamkeit ist es tatsächlich so, also für mich fängt alles mit der bewussten Reflexion an.
Also Achtsamkeit hilft mir, mir diese Zeit zu nehmen, mich auf mich zu konzentrieren und zu reflektieren und wahrzunehmen, was gerade in mir los ist.
Und dazu braucht es halt eben Stille oder eben kein Smartphone oder eben Zeit für mich in einem Raum, wo ich mich sicher fühle.
Und diese Wahrnehmung, diese Reflexion befragen: Wie geht es mir mit Social Media zum Beispiel? Wie geht es meinem Körper damit, wenn ich es nutze? Wie fühle ich mich danach? Was passiert da in mir? Wie geht es in meinem Kopf vor? Welche Gedanken kommen mir? Welche Gedanken habe ich? Wie rede ich mit mir? Wie wirkt sich Social Media, zum Beispiel auch, wenn wir selbstständig sind und Marketing machen, wie wirkt sich Social Media auf mein Business aus? Gut, schlecht, ganz neutral, also gar nicht. Wie wirkt es sich auf mein Leben aus, die Zeit, die ich meine, darin verbringen zu müssen? Wie geht es mir damit? Erstmal diese Wahrnehmung, diese Reflexion, diese ehrliche Reflexion machen. Und da hilft halt eben Achtsamkeit: wirklich wahrzunehmen, was passiert.
Und wenn ich diese Reflexion mache, mir Sachen aufschreibe am besten, weil durch dieses Aufschreiben gewinne ich Abstand und sehe auf einmal Sachen vor mir und nehme auch Sachen viel, viel besser wahr, bekomme ich Klarheit, wenn ich das vor mir sehe.
Und Achtsamkeit hilft, Dinge, die ich wahrnehme, nicht sofort zu werten, sondern sie anzunehmen und zu sagen: Okay, es geht mir nicht gut damit, ich fühle Neid. Okay, wie fühlt sich der Neid für mich an?
Im Coaching sage ich dann auch gerne: Wo spürst du den Neid in deinem Körper?
Und da kommen immer verschiedene Antworten, das ist immer sehr, sehr spannend. Oder ich spüre Wut, ich spüre Ärger. Also was passiert da? Und es zu akzeptieren, wertefrei zu akzeptieren.
Und nachdem ich das alles gemacht habe und da durch bin, dann kann ich sagen: Okay, wo geht es mir nicht gut damit und wie kann ich es besser machen, was kann ich ändern? Also ich trete dann in Aktion und sage, okay, was möchte ich jetzt ändern?
In der Zeit, die ich verbringe, auf den Plattformen, die ich nutze, also wie möchte ich, dass es mir geht und dann kann ich auch entscheiden, was kann ich mehr von dem machen, das mich näher an ein Leben, an einen Lebensstil bringt, den ich möchte, der zu mir passt und der auch zu meinen Werten passt letzten Endes, der wirklich etwas ist, was ich haben möchte?
Und wie kann ich weg von dem gehen, was ich eben nicht mehr haben möchte?
Ich glaube, Achtsamkeit hilft in dieser Klärung, aber auch in dieser Annahme der Situation, die gerade ist, weil das machen oft viele nicht, im Sinne von, was ich vorhin gesagt habe, ich darf nicht, ich muss, was Technologie angeht, immer mit dabei sein, immer vorne mit dabei sein. So im Sinne von, wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Nein, ich reflektiere darüber, ich denke darüber nach. Brauche ich ChatGPT? Warum nutze ich ChatGPT? So eine andere Technologie, auf die sich viele auch draufgestürzt haben, wie damals auf Social Media, ohne zu reflektieren. Brauche ich Instagram? Kommen Kunden über Instagram?
Was sind die Kanäle, durch die Kunden zu mir finden? Ist es meine Website? Sind es Empfehlungen? Sind es Events? Ist es ganz was anderes? Ist es mein Newsletter?
[Alex] Ich selbst bin so ein bisschen zur Achtsamkeitsskeptikerin ja mutiert in letzter Zeit, weil ich da so die Gefahr sehe, dass wir alle zu unpolitischen Menschen werden, so ein bisschen überspitzt formuliert.
Aber mich interessiert tatsächlich, wie du das siehst. Also siehst du die Gefahr da auch? Oder wie können wir das vermeiden, dass wir so werden, wenn du das so siehst? Oder stimmt das gar nicht?
[Rini] Also wenn wir jetzt annehmen würden: Wenn jemand achtsam ist, ist der auch unpolitisch, müsste man ja dann davon ausgehen, dass jeder, der unachtsam ist, politisch ist.
Und ich kenne sehr, sehr viele Menschen, die unachtsam und unpolitisch sind. Also ich glaube nicht, dass es so leicht ist, das zu sagen, aber ich verstehe, wie du es meinst und wie auch andere Skeptiker es meinen, weil oft, besonders über Social Media, wird hier dieses Bild vermittelt, ich meditiere, ich mache eine Kakao-Zeremonie, ich mache Yoga, ich mache Waldbaden, komme bei mir an und alles, was um mich geschieht, ist mir egal. Mich interessiert nicht, ob irgendwo Kriege sind, ob Menschen irgendwo leiden, was mit der Umwelt passiert. Also ich konzentriere mich nur auf mich, auf mein Ego, dass es mir gut geht und alle anderen, in Anführungszeichen, können mich mal. So funktioniert Achtsamkeit aber nicht.
Weil achtsam zu sein heißt, dass ich wahrnehme, was in mir passiert, was mir gut tut natürlich.
Und indem ich aber achtsam mit mir bin und indem es mir gut geht, ist es automatisch so, dass ich achtsam auch mit meinem Umfeld bin.
Also wer Achtsamkeit praktiziert, kann nicht nur mit sich achtsam sein. Das geht einfach nicht. Es ist keine Grenze, die irgendwo aufhört, wo ich sage, das interessiert mich nicht, was zum Beispiel jetzt im Nahostkonflikt passiert. Das geht einfach nicht.
Wenn ich achtsam mit mir selber bin, bin ich achtsam mit meiner Umwelt, bin ich achtsam mit den Menschen um mich und mit den Tieren um mich.
Ich bin achtsam mit allem, was mich umgibt. Nur so kann Achtsamkeit wirklich Achtsamkeit sein. Nur so kann ich Achtsamkeit üben.
Und wenn ich sage: Okay, mir tun die News nicht gut, mir tun die Neuigkeiten nicht gut, ich schalte die Benachrichtigungen ab oder ich habe keine Apps mehr auf meinem Smartphone, das heißt nicht, dass ich nicht achtsam genug bin und in dieser bewussten, in dieser achtsamen, ausbalancierten, wie man es auch immer nennen kann, Mediennutzung rufe ich aktiv immer noch Neuigkeiten auf, aber ich entscheide, was ich aufrufe, ich entscheide, wo ich mir diese Neuigkeiten hole, weil wenn ich unachtsam bin und sie mir über Social Media hole, kann es schnell sein, dass ich in irgendwelchen Filterblasen unterwegs bin und nur meine eigene Meinung immer wieder sehe in dieser Filterblase.
Wenn ich aber achtsam bin mit meiner Mediennutzung und sage, okay, ich hole mir hier die News und ich hole mir hier die News und dann rufe ich noch diese Website auf und dann kaufe ich mir noch diese Zeitung, so erlebe ich es, habe ich mehr Perspektiven, die ich höre und die ich lese.
Und ich glaube, in einer Demokratie geht es auch darum, dass ich wirklich nicht nur für mich bin. Ich habe zwar meine eigene Meinung zu einem Thema, aber ich weiß, was um mich passiert und was andere denken. Nur so kann ich einen offenen Dialog führen.
Und das kultiviert man eben mit Achtsamkeit.
Klarheit in der Informationsnutzung
[Alex] Also es geht im Grunde auch um Klarheit. Wie will ich informiert bleiben?
Also dass ich das mir einmal bewusst mache und dass ich mich dem nicht ausliefere und denke, naja, ich folge jetzt halt auf Instagram der Tagesschau und anderen Nachrichtenportalen und kriege da eben alle zehn Sekunden was Neues rein, sondern ich gucke erst mal, was konsumiere ich da oder was will ich konsumieren, was brauche ich, um informiert zu bleiben, und so weiter. Also damit kann ich quasi die Achtsamkeit mit so einer Informiertheit verbinden.
[Rini] Ja, und natürlich gibt es Menschen, die sich nicht informieren möchten, die unpolitisch bleiben möchten, weil es ihr Entschluss ist. Und da kann man ja auch nichts dagegen sagen, weil es kann jemand sein, der wirklich zu diesem Zeitpunkt für einen gewissen Zeitraum sich wirklich zurückziehen muss von allem und von allen aus gewissen Gründen, meistens gesundheitlichen Gründen. Und dann kann ich es auch voll verstehen.
Aber ich glaube, es geht nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt, dass man sich komplett von allem zurückzieht. Dass man sich diese Pause nimmt und sagt, okay, ich schotte mich jetzt tatsächlich ab, ich gehe für eine Woche in eine Hütte in den Wald und erhole mich.
Aber wer das 365 Tage im Jahr macht, der ist nicht nur unachtsam, für den gibt es ein anderes schönes Wort, das fängt mit einem großen A an und endet mit einem H. Das sage ich jetzt nicht hier. Das ist ein anderes Benehmen, das ist ganz was anderes. Also ich glaube nicht, dass man es mit Achtsamkeit und unpolitisch sein, ich glaube, das geht irgendwie zu weit.
[Alex] Aber ich finde es spannend, dass für dich so Achtsamkeit auch das Politische mitdenkt. Also ich muss sagen, ich finde Frieden mit dieser Interpretation, weil das natürlich, also ich sehe das genauso, wenn ich anfange und bestimmte Werte mir gegenüber vertrete, kann ich da ja nicht aufhören, nur, weil ich mit anderen Menschen dann in Beziehung trete oder wenn ich mir die Gesellschaft oder die Erde angucke, wenn es mir wichtig ist, dass ich im Frieden mit mir bin, dann ist mir auch wichtig, dass andere im Frieden mit sich sind und mit anderen Menschen und dann tue ich vielleicht auch was dafür.
Warum hast du dein Netflix-Abo gekündigt?
Also damit gehe ich auf jeden Fall d'accord. Ich habe bei dir was gelesen auf der Website, das hat mich ja fast schon geschockt.
[Rini] Oh mein Gott.
[Alex] Und zwar, dass du dein Netflix-Abo gekündigt hast und jetzt noch nicht mal mehr Stranger Things gucken kannst.
[Rini] Nein, zum siebten Mal dann wahrscheinlich nicht mehr.
[Alex] Oh mein Gott. Hat das auch was mit Achtsamkeit zu tun oder wie kommt das?
[Rini] Das hat mit Kreativität zu tun gehabt. Also ich hatte Netflix, Apple Plus TV, Spotify, Amazon Prime. Ich hatte alles.
Es gibt doch so viele – Disney Plus und sowas – das hatte ich nicht. Also ich hatte diese vier, wenn ich mich recht daran erinnere, ja.
Ja, und ich glaube, es war auf Spotify. Ich war auf Spotify, ich ging jeden Tag auf Spotify und habe meine Podcast-Benachrichtigungen angeschaut, welcher Podcast ist neu und habe ihn mir dann abgespeichert. Und irgendwann hatte ich so eine ellenlange Liste an Podcast-Folgen, die ich angeblich mir anhören wollte und natürlich nicht die Zeit immer dafür finde.
Und irgendwann, ich war in der App und irgendwann hatte ich wieder so ein Gefühl, das ist doch krass wie Social Media.
Ich bin hier auf dieser Plattform, okay, um Musik zu hören oder Podcasts mir anzuhören, wie dein fabelhaften Podcast. Und ein Algorithmus schlägt mir jetzt Musik vor auf einmal, wie auf Social Media eben die Inhalte. Und das hört irgendwie nie auf.
Und jetzt ist auch noch Bewegtbild da und hier und da und jenes. Und dann habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Und dann habe ich gedacht, nee, ich will das nicht mehr. Ich will, dass mir ein Algorithmus mehr Inhalte vorstellt, was ich mir anhören soll. Und dann habe ich halt weiter gedacht, okay, das Gleiche ist bei Netflix.
Und das Gleiche ist bei Amazon Prime natürlich und das Gleiche ist auf Apple TV.
Und ich so, nee, ich höre jetzt damit auf, ich mache mal ein Experiment, ich kündige all meine Abos und schaue, was passiert, wie es mir damit geht.
Dann habe ich natürlich wieder Beobachtungen gemacht, alles schön aufgeschrieben in meinem Experiment, wie es mir damit geht. Und es ging mir gut, ich habe es nicht vermisst, ich hatte kein FOMO, kein Fear of Missing Out.
Musik ist mir nach wie vor sehr wichtig. Und ich habe mir meine alten iTunes-Einkäufe angeschaut. Und ich hatte hunderte von Titeln dort seit mehr als 15 Jahren, als ich noch ein, wie hießen die, ein iPod-Shuffle oder wie das kleine Rechteck hieß, das man sich anknipsen konnte an die Kleidung, so ein kleines Ding, mit dem bin ich immer laufen gegangen. Ich bin nie mit einem Smartphone laufen gegangen.
Und da habe ich mir gedacht, ja, ich habe so viel Musik von damals. Und dann habe ich da reingehört und ich habe so alte Juwelen wiederentdeckt. Ja, genau dieses Album. Und seitdem höre ich nur noch Musik, die ich gekauft habe, die ich für mich selbst ausgesucht habe. Und ich habe mir so ein kleines Budget zurechtgelegt, jeden Monat 30 Euro.
Und mit diesen 30 Euro darf ich mir Musik kaufen. Jeden Monat. Und ich weiß, dass ich durch diese, es ist jetzt nicht die Welt, aber durch diese meine 30 Euro werden die Künstler viel besser unterstützt als über Spotify und, deswegen halte ich noch daran fest, dass ich habe nichts geändert, ich bin immer noch ohne diese ganzen Abos und erfreue mich an der Musik, die mir wirklich gefällt und die ich entdecke.
Durch Podcasts, durch Artikel, durch Künstler, die mir schon gefallen und ich irgendwie dann andere Künstler finde, mit denen sie zusammengearbeitet haben.
Und das hatte dann damit zu tun, weil ich meinen Kopf so frei wie möglich haben möchte. Deswegen hat es mit Kreativität zu tun.
Ich möchte meinen Kopf so offen und so frei von irgendwelchen Algorithmus getriebenen Feeds frei halten, sodass ich meine Kreativität frei entfalten kann, auch wenn es nur darum geht, welche Musik ich höre, weil es ist wichtig, mit was ich mich füttere. An künstlerischen Dingen.
Und weil ich ja selber auch male und schreibe und deswegen ist es wichtig. Ja, und ich bereue es nicht und kann es nur jedem empfehlen.
[Alex] Ich finde es so total wertschätzend einfach den Menschen gegenüber, die dann ihre Musik machen. Ich meine... Wir alle wissen, wie schlecht die Streams da entlohnt werden.
[Rini] Ich habe das echt nochmal recherchiert, Spotify im Vergleich zu iTunes-Einkäufen. Und dann war für mich glasklar, ich höre damit auf. Und die Podcasts höre ich jetzt über die Apple-Podcasts-App auf meinem iPhone. Also funktioniert nach wie vor.
Ich habe alle Podcasts quasi abonniert dann auch im Apple-Abo über Apple-Podcasts. Und dann läuft das.
Und was Filme und Serien angeht. Es gab so viel auf Netflix. Und es gab oft Tage, wo ich nichts zum Ansehen hatte. Und ich dachte mir, das kann doch nicht sein. Bei so einem Programm, so einem großen Programm, dass ich nichts finde. Und deswegen, ich schaue mehr Fernsehen, wenn ich was schauen möchte. Also ich schaue Sachen über die Mediatheken an. Da gibt es sehr, sehr viel Angebot nach wie vor. Und ich habe auch nicht so viel Zeit zum Filme schauen inzwischen. Und ja, bis jetzt funktioniert es ganz gut.
Wie sieht eine achtsame Social-Media-Nutzung aus?
[Alex] Ja, spannend auf jeden Fall. Wir können Achtsamkeit ja auch auf soziale Medien anwenden. Wie sieht für dich so eine achtsame private Social-Media-Nutzung aus?
Oder wie könnte sie aussehen, wenn ich sage, ich möchte da ein bisschen mehr Achtsamkeit reinbringen?
[Rini] Ja, das achtsame Social-Media-Marketing, da haben wir ja im Buch auch sehr viel darüber, da habe ich auch im Buch darüber sehr viel geschrieben. Was jetzt privat angeht, ich glaube, das sind, was die achtsame Nutzung angeht, die gleichen Ansätze im Sinne von, diese Reflexion zu haben, diese Wahrnehmung zu haben:
Wie geht es mir mit meiner Social-Media-Nutzung überhaupt? Also wie geht es mir, nachdem ich Instagram oder TikTok zugemacht habe? Wie geht es mir damit? Welche Gefühle kommen in mir auf? Und kann ich mich überhaupt am Ende des Tages an irgendeinen Inhalt erinnern, den ich konsumiert habe?
Der Blick in die Screen-Time hilft und schockt immer.
Und ich würde tatsächlich jedem raten, wenn wir uns diese Stunden anschauen, die wir online verbringen, sie hochzurechnen auf Tage im Jahr. Dann ist es greifbarer.
[Alex] Oder Stunden zumindest schon.
[Rini] Mindestens Stunden. Aber wir kommen sehr schnell auf Tage im Jahr. Und ich glaube, da ist wirklich so ein Moment des Erwachens.
Und das andere ist auch zu schauen danach natürlich, welche Apps brauche ich überhaupt, die auf meinem Smartphone sind.
Brauche ich alle Social-Media-Apps?
Und wenn ich die Zeit reduzieren möchte, kann ich vielleicht die Apps am Wochenende löschen und kann ich vielleicht die Apps komplett löschen und über den Laptop nutzen, was nicht so attraktiv ist wie über das Smartphone?
Und ich glaube, es ist wichtig zu wissen, dass, wenn jemand jetzt zuhört, dem oder der es nicht gut geht mit der Social-Media-Nutzung und den Verdacht hat, ich könnte süchtig sein, ich könnte wirklich richtig abhängig davon sein, man ist nicht allein.
Es geht so vielen Menschen so, aber niemand sagt etwas. Niemand macht den ersten Schritt und sagt, hey, ich habe ein Problem damit. Ich verbringe acht Stunden auf TikTok. Ich vergeude mein Leben. Ich bin 19 Jahre alt und studiere nicht und lese nicht und mache nichts und bin nur auf TikTok. Ich glaube, darüber offen zu reden, sich einzugestehen und da ist halt eben Achtsamkeit dieser wertvolle Helfer des Reflektierens, des Annehmens ohne zu werten.
Diese Klarheit, die dann da ist und diesen Schritt zu gehen und zu sagen, ja, ich habe ein Problem und ich muss jetzt etwas für mich, für meine Gesundheit, etwas dafür tun.
Instagram verlassen
[Alex] Ich glaube, aber für Selbstständige ist es vielleicht noch ein Ticken schwieriger sogar, weil da ja auch noch dieser Gedanke ist, ich muss das machen.
Also wenn ich mir jetzt vorstelle, ich nutze TikTok gar nicht für mein Marketing, sondern einfach nur als Privatmensch, dann kann ich vielleicht eher sagen, okay, ich höre jetzt auf damit.
Aber wenn ich es fürs Marketing brauche, wenn alle sagen, wenn du selbstständig bist, dann brauchst du Instagram, dann brauchst du Werbeanzeigen auf Instagram, dann brauchst du TikTok oder XY, ist es natürlich irgendwann super schwer, da so einen Cut zu machen. Wie hast du das geschafft?
Weil du hast ja auch jetzt vor einigen Monaten – richtig? – dann Instagram endgültig verlassen.
[Rini] Ja, ich glaube, das war letztes Jahr. Also ich habe oft zwischendurch den Account deaktiviert gehabt. Jetzt ist er schon, ich glaube, fast ein Jahr deaktiviert. Ja, also ich habe den Account nicht gelöscht, aber es ist deaktiviert.
Wir haben es vorhin auch ein bisschen bei einer anderen Frage angeschnitten. Wenn wir selbstständig sind und Social Media nutzen für unser Marketing, ich glaube, das hast du auch oft sehr, sehr oft gesagt und betont, und sich die Frage zu stellen, okay, ich nutze Social Media, ich sehe, es geht mir nicht gut damit. Entweder vom Psychologischen, von diesem Druck und dieser Belastung, die da ist, oder von der Zeit und der Energie, die ich aufwende. Es geht mir nicht gut damit, ich empfinde es als Last, zu schauen, was bringt mir Social Media überhaupt? Bringt es mir etwas?
Also wenn ich sehe, es kommen Kunden über Social Media, es kommen wirklich Kunden über Instagram oder Facebook oder Snapchat oder TikTok, was auch immer, dann kann ich mir ja anschauen, okay, es kommen Kunden, ich möchte jetzt diesen Fluss nicht stoppen, aber wie kann ich besser, obwohl es ja nicht meine Aufgabe wäre, aber die der Konzerne, aber das ist ein anderes Thema, wie kann ich besser meine Zeit und meine Energie aufteilen, sodass es mir gut damit geht? Was ist das Mindeste, was ich machen muss, um diesen Fluss beizubehalten?
Und wenn ich aber sehe, dass nichts kommt über Social Media, dass wenig kommt, dass ich einfach nur wirklich dieses FOMO-Gefühl habe oder das Gefühl, ja, ich muss da sein, weil alle da sind, dann ist es Zeit, vielleicht etwas zu ändern und wirklich mit dem Gedanken zu spielen, sich davon zu entfernen.
[Alex] Und dann kommt natürlich der Gedanke, was mache ich stattdessen? Also was kann ich stattdessen nutzen oder halt sehen, über welche Kanäle, über welche anderen Methoden und Aktivitäten kommen denn die Kunden zu mir und die dann noch verstärken, noch mehr von dem tun, was uns und dem Business gut tut.
[Alex] Ich habe jetzt für das Buch recherchiert und da eine Studie gefunden, dass die meisten Marketer gar nicht sagen können, was soziale Medien in den letzten Endes bringt fürs Marketing.
Also die meisten messen es gar nicht oder sie wissen nicht wie und sie könnten gar nicht sagen, was es für Ergebnisse bringt.
Und ich glaube, das wäre so das Erste, was man machen könnte, wenn man überlegt, jetzt soziale Medien, ja, nein, dass man einfach anfängt zu messen.
Also ich bin selbst kein Zahlenfetischist, aber wenn man wirklich vor der Entscheidung steht, dann glaube ich, hilft es, einfach schwarz auf weiß zu sehen: soziale Medien bringen nichts oder sie bringen wenig. Oder von mir aus auch, sie bringen etwas und zwar in dem Bereich.
Also, dass man sich einfach eine Klarheit darüber verschafft, welche Rolle soziale Medien eigentlich im eigenen Marketing spielen.
Ich glaube, dass viele das gar nicht wissen. Also, sie ruhen sich auf diesen Gedanken aus, wir brauchen soziale Medien, wenn wir selbstständig sind. Aber was das jetzt konkret für mich und mein Marketing bedeutet – ich glaube, viele haben keine Ahnung.
Und das wäre so das Erste, was man machen kann. Einfach mit Fakten belegen und dann, glaube ich, kann man sich viel besser entscheiden.
[Rini] Ja, genau. Viele große Unternehmen, Marken, man kann sich als Selbstständiger und Selbstständige nicht mit diesen großen Marken vergleichen, weil diese großen Marken, diese Konzerne, Firmen, für die ich auch aktiv gearbeitet habe und immer noch teilweise arbeite, haben große Teams dahinter.
Und da haben wir viele Kampagnen und diese Kampagnen werden auf eine Art und Weise gemacht, wo wir nachvollziehen können, wird dieser Rabattcode, der nur auf Instagram gegolten hat, wie viele Male wurde der eingereicht, eingegeben im Online-Shop.
Es gibt andere Firmen, die machen Social Media nur für die Brand Awareness, die wollen einfach nur präsent sein, aber sie haben das Geld, die Menschen, die Ressourcen dafür, das machen zu können.
In der Selbstständigkeit sind unsere Ressourcen beschränkt. Und deswegen müssen wir sehen, wie du vorhin auch gesagt hast, wie ich gesagt habe, was ist das, was am sinnvollsten ist in dem Sinne für das Business und letzten Endes auch für mich, für meine Gesundheit, für meinen Wohlergehen. Also was bringt mir was letzten Endes?
Die Rolle der Bücher im Marketing
[Alex] So, ich glaube, jetzt würde ich mal gerne den Schwenk machen zu deinen Büchern.
[Rini] Oh je, okay. Bücher.
[Alex] Ich habe es ja schon im Intro gesagt. Ich habe dich für mein Buch interviewt, du bist aber selbst auch fleißig am Buchschreiben, du hast schon einige veröffentlicht.
Vielleicht kannst du ja mal erzählen, welche Rolle Bücher bei dir spielen in deinem Marketing und vielleicht auch, was du überhaupt geschrieben hast.
[Rini] Ja, also ich habe tatsächlich mir aufgeschrieben, was ich alles geschrieben habe, damit ich nichts vergesse.
Das erste war der Rauhnächte-Begleiter und ist immer noch der Rauhnächte-Begleiter, der als PDF rauskommt jedes Jahr seit 2020.
Und es könnte sein, es könnte sein, ich bin mir noch immer noch nicht sicher, ob er dieses Jahr auch als gedrucktes Buch rauskommt.
Und dann natürlich das Buch, das im Selbstverlag erschienen ist, Digitale Achtsamkeit für Selbstständige, wo auch ein Interview von dir hier drinnen ist und wo du auch mir geholfen hast und quasi das Lektorat gemacht hast, sage ich mal.
Und das war sehr, sehr wertvoll für mich.
Und dieses Buch hat es auch in die Longlist für den Self-Publisher, für den Preis des Self-Publisher-Verbandes geschafft.
Und das letzte im Selbstverlag ist ein Gedichtband. Der Gedichtband nennt sich 50, ein Geburtstag in Gedichten. Und das ist quasi ein Buch, das ich zu meinem 50. Geburtstag rausgebracht habe, ein Gedichtband. Und ein neues ist in the Making. Ich bin noch in der Anfangsphase.
Bücherschreiben ist wichtig, erst mal für mich selbst als Kreative.
Es hilft mir in meiner Weiterentwicklung beim Schreiben und überhaupt auch in meinem Leben, würde ich sagen.
In meiner Selbstständigkeit bringen Bücher auch ihren Anteil in den monatlichen Umsatz rein. Natürlich ein kleiner Anteil, aber immerhin ein Anteil.
Und die Bücher sind für mich ein Outlet, wo ich wirklich Platz und Raum habe, so zu schreiben und so zu sein, was ich natürlich auch im Blog mache, aber halt eben in diesem langen Format eine Idee wirklich auszubreiten, zu Ende zu denken und kreativ zu gestalten, wie ich es machen möchte.
Das ist wirklich für mich so eine kreative Spielwiese und natürlich auch ein Tool, über das ich, weil die Bücher bis jetzt Gott sei Dank sehr gut angenommen werden, auch bekannter geworden bin als Autorin, als Coach, als jemand, der sich einsetzt für digitale Achtsamkeit und auch für ein achtsameres Leben überhaupt.
Und ich will auch den Prozess des Schreibens nicht missen.
Das ist für mich ein ganz, ganz wichtiger und schöner Teil vom Sein, nicht nur vom Selbstständigsein.
[Alex] Das finde ich total schön, weil ich glaube, viele wollen ihr Buch in der Hand halten, aber wollen dann nicht schreiben oder haben dann irgendwie Probleme mit dem Schreibprozess. Wie sieht das bei dir genau aus? Also hast du Rituale, Schreibgewohnheiten? Wie kommst du zu deinen fertigen Büchern?
[Rini] Mhm. Es ist jetzt tatsächlich so, morgen mache ich einen Live-Workshop tatsächlich über das Schreiben. Es geht um, wie man eine Buchgliederung schreibt. Wie du ja weißt, ein ganz, ganz wichtiger Teil vom Schreiben eines Buches.
Also ich glaube, das Wichtigste ist, wenn man schreiben möchte, dass man schreibt.
Also nur wenn man schreibt, kann man noch besser darin werden.
Und ich schreibe oft, ich schreibe regelmäßig, ich schreibe fast täglich, ob für den Blog, für den Podcast, für die Newsletter oder eben für ein Buch. Und das ist auch der wichtigste Tipp: dranbleiben, schreiben.
Und ich habe kein konkretes Ritual. Was ich aber mache, ist, ich schreibe mir, ich stelle tatsächlich, dass dieses Schreibdate, diese Zeit, kommt in den Kalender als erstes rein.
Also genauso wie meine Marketingaktivitäten. Bei mir, ich mache ja dieses Timeblocking, habe ich auch im Buch darüber geschrieben, wie ich dieses Zeit- und Energiemanagement mache.
Bei mir kommt alles in den Kalender rein. Mein Marketing, die Schreibdates, die ich habe, also alles kommt rein. Ich weiß, okay, Montag von 9 bis 11 Uhr ist Schreibdate und da schreibe ich entweder den Blogartikel oder den Podcast oder die Newsletter oder eben beginne das nächste Kapitel im Buch meinetwegen, wenn ein Buch geschrieben wird.
Und das Wichtigste ist dabei, dass, also ich schreibe gerne sehr, sehr früh morgens. Ich habe immer den Gedanken, in der Früh habe ich noch alle Wörter im Kopf und wenn der Tag so weitergeht am Abend, sind alle Wörter verbraucht und ich habe nichts mehr. Ist alles doch irgendwie da. So ein ganz komischer Gedanke. Und deswegen schreibe ich gerne sehr früh morgens.
Und Smartphone ist in einem ganz anderen Zimmer, Deep Work ist angesagt, Kaffee gehört dazu, wirklich so einfache Sachen.
Im Winter mache ich auch meistens eine Kerze an, weil das ist dann schön kuschelig, in der Früh, wenn alles noch sehr dunkel ist draußen, und dann schreibe ich einfach.
Und wenn ich keine Idee habe zum Schreiben, schreibe ich trotzdem irgendwas. Wörter, Stichpunkte, irgendwas und dann kommt es zusammen irgendwie. Also das Schreiben entsteht beim Schreiben.
[Alex] Ja, mein Geheimtrick sind ja Listen. Also wenn ich nicht weiß, was ich schreiben soll, dann mache ich mir einfach Listen. Oder merke ich bei Punkt, weiß ich nicht, 13 oder 17, ah ja, darüber könnte ich schreiben. Also einfach nicht aufhören zu schreiben.
[Rini] Ja, genau.
[Alex] Gerade dein Buch zur digitalen Achtsamkeit hat ja 300 Seiten.
[Rini] Ja.
[Alex] Das ist eine Menge. Ich hab ja gerade 400 Seiten geschrieben und weiß. Man ist schon ein bisschen beschäftigt. Wie bist du denn am Ball geblieben?
Kennst du das auch, dass man irgendwo im Mittelteil dann auf einmal denkt, was mache ich hier? Hattest du das auch oder hattest du nie so Motivationslöcher?
[Rini] Ja, ich erinnere mich. Also ich habe August 2022 angefangen und März 2023 war es zu Ende geschrieben. Und ich hatte dazwischen, ich glaube, so drei oder vier Wochen, wo ich gar nichts geschrieben habe. Ähm, ich erinnere mich aber tatsächlich nicht mehr, ob es ein Motivationstief war oder ob ich ganz einfach keine Zeit hatte, weil ich, äh, noch viele Kundenprojekte nebenbei hatte in dem Jahr.
Ich habe tatsächlich, also ich habe mich gefreut aufs Schreiben. Ehrlich, ich bin halt ein Nerd. Also ich mag das sehr, wenn ich so an Projekten arbeite, wenn ich so tief arbeiten darf, wenn ich wirklich reintauchen kann und recherchieren kann und mir Sachen anschauen kann. Das mag ich sehr. Und ich habe mir das Montag bis Freitag eingeplant. Jeden Tag kam es in den Kalender rein. Außer am Wochenende. Am Wochenende hatte ich schreibfrei, immer. Und bei mir funktioniert sowas. Also so diese Disziplin, die befreit mich eher, als dass sie mich einschränkt.
Und es hat fabelhaft funktioniert. Und auch so über Weihnachten oder so habe ich auch nicht geschrieben, so an Feiertagen. Aber sonst kam das immer rein. Und es gab Tage, wo ich wusste, ich habe nur eine Stunde zum Schreiben. Und dann gab es Tage, wo ich wusste, okay, ich habe den ganzen Vormittag. Und dann habe ich halt mehr geschrieben. Ja, das war eine schöne Zeit.
Die Vorteile des Selfpublishing
[Alex] Also es ist einfacher, aus Gewohnheit zu schreiben.
Wenn ich mich nicht jeden Tag damit beschäftigen muss: Schreibe ich heute oder schreibe ich heute nicht? Und wenn diese Entscheidung einmal getroffen ist, dann ist klar: Ich setze mich hier und schreibe.
Du hast dich ja bei all deinen Büchern für Selfpublishing entschieden. Wo siehst du die Vorteile beim Selfpublishing?
Wie hast du das empfunden?
[Rini] Ein ganz wichtiger Wert für mich ist Unabhängigkeit und Freiheit und Kreativität und noch ein paar andere.
Von dem her, glaube ich, liegt es nahe, dass ich mir nicht gerne reinreden lasse, was meine Texte angeht, inhaltlich.
Also wenn es komplett in die falsche Richtung geht, natürlich, wir haben auch an ein paar Stellen zusammen Sachen aufgezeigt, die ich korrigiert hatte. Aber es geht halt darum, ich wollte ein Buch schreiben über digitale Achtsamkeit und ich wollte tatsächlich die negativen Seiten von Social Media zeigen. Und so wie ich sie geschrieben habe, habe ich sie in einem deutschsprachigen Buch bis heute nicht gesehen.
Und die meisten Bücher, die darüber geschrieben wurden, also noch ist deins natürlich nicht raus, ich weiß nicht, was drinstehen wird.
[Alex] Ja, genau.
[Rini] Aber ich wollte genau meine eigene Meinung dazu vertreten und meine Sichtweise, und das natürlich auch mit Studien und mit Umfragen, untermauern.
Und ich denke, wenn ich das Exposé an die Verläge geschickt hätte, heißt es so Verläge?
[Alex] Verlage, glaube ich.
[Rini] Verlage, ja, schau. Ja, auch aus dem Grund, glaube ich, weil ich eben mich so sehr radikal geäußert habe, wäre wahrscheinlich das Buch so in dieser Form nicht angenommen worden, sage ich mal.
Und das war der Hauptgrund, also diese kreative Freiheit, dass ich tatsächlich so schreiben kann, wie ich schreiben möchte und darf und es auch mache.
Und für mich ist es auch wichtig, den Prozess mehr oder weniger unter Kontrolle zu haben, auch zeitlich, weil bei einem Verlag hast du ja eine lange Vorlaufzeit, bis etwas endlich zur Verfügung steht.
Im Selfpublishing geht alles relativ schneller.
Und man hat auch direkten Einfluss. Ich habe mein Buchcover selbst gemacht, ich habe die Formatierung selbst gemacht, ich habe alles selbst gemacht. Und ich brauche diesen Grad der Freiheit, aber auch der Kontrolle über die Sachen, die ich in die Welt bringe.
Beim Gedichtband das Gleiche, auch weil ich zum ersten Mal Gedichte herausgebracht habe. Ich habe überhaupt keine Ahnung, wie sie angenommen werden, weil es ist noch sehr, sehr frisch.
Bis jetzt ist auch hier das Feedback sehr gut. Aber wie gesagt, es ist das erste Mal, dass ich sowas mache. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, tatsächlich an Verlage heranzugehen.
Vielleicht würde ich das auch für die zweite Auflage für „Digitale Achtsamkeit für Selbstständige“ machen. Aber ich bin echt, ich weiß es nicht. Also ich habe meine Zweifel, ob ich diesen Weg gehen möchte oder ob ich tatsächlich lieber so frei bleiben möchte, wie ich frei bin. Und auch dieses ganze Marketing-Spektakel und PR und so weiter.
Vieles nimmt natürlich der Verlag ab und auch, dass es im Buchhandel dann zur Verfügung steht, das ist natürlich ein mega Vorteil vom Verlag, was ich jetzt im Selfpublishing nicht habe, obwohl auch Buchhandlungen bei mir bestellt haben, aber natürlich ist es nicht das Gleiche, wenn man mit einem Verlag zusammenarbeitet und was Marketing und PR angeht, ja, ich bin da eher achtsam unterwegs, und ich weiß nicht, ob es für mich etwas wäre. Ich weiß es nicht.
Mit digitaler Balance starten
[Alex] Abschließend eine allerletzte Frage. Wenn jetzt jemand zuhört, der oder die total von Social Media, von Netflix, Spotify oder was auch immer überfordert ist und merkt, irgendwas muss sich ändern. Was wäre denn so ein guter Punkt, um zu starten, auch wenn es so ein mini kleiner Schritt ist zur digitalen Balance hin?
[Rini] Ja, es sind tatsächlich kleine Schritte, die aber sehr, sehr wichtig sind am Anfang und auch sehr, sehr tief gehen können. Ich glaube, das Wichtigste am Anfang ist, es sich selbst einzugestehen. Und zu sagen, ja, ich habe ein Problem damit. Wo wir wieder bei der Wahrnehmung, Reflexion, wieder bei dieser Achtsamkeit sind. Ich habe tatsächlich ein Problem damit.
Und dann aber auch zu sehen, und auch diese ganzen Fragen, die ich vorhin schon erwähnt habe: Was passiert mit mir? Wann geht es mir nicht gut? Welche Plattform macht das?
Aber dann auch tatsächlich, wenn wir uns damit beschäftigen und es auch vielleicht auch mit jemandem teilen und sagen „Hey, ich habe ein Problem damit, wie geht es denn dir damit?“, merken wir dann tatsächlich schnell, dass wir nicht allein sind. Und dass es okay ist, dass wir ein Problem damit haben.
Also es ist nichts falsch mit dir, mit mir, mit uns, wenn wir ein Problem damit haben. Die sozialen Medien haben ein Problem in der Art und Weise, wie sie entwickelt werden, nicht wir. Und das zu verstehen, ist, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Schritt, zu sagen:
Hey, es ist nichts falsch mit mir, ich habe keine Schwäche, ich bin ein ganz normaler Mensch, es ist ganz normal, dass ich ein Problem damit habe.
Und dann, wenn ich den Entschluss treffe, diese Medien zu verlassen, die Apps zu löschen, Accounts zu löschen, meine Bildschirmzahlen zu reduzieren, das Wichtigste ist dann, auch sich Gedanken zu machen: Okay, ich möchte weniger von dem, aber von was möchte ich mehr? Also mit was möchte ich diese Zeit, diese Energie, diesen Aufwand, diese Gedanken, diese Gefühle ersetzen? Was habe ich mir vielleicht schon sehr, sehr lange vorgenommen, auch wenn es nur ein einfaches Hobby ist wie Stricken oder mit dem Partner mehr Zeit verbringen oder mit dem Hund mehr rausgehen, was auch immer, so ganz einfache Sachen, da muss nichts Großes sein.
Was habe ich mir schon ewig vorgenommen, mache es aber nie? Den Keller aufräumen. So ganz einfache Sachen. Und dann natürlich auch wichtigere Sachen, wo es halt dann auch richtig zur Sache geht, um Themen wie Werte. Wie möchte ich mein Leben leben? Was habe ich bisher vielleicht von mir weggeschoben, an negativen Emotionen, mich abgelenkt davon? Was läuft vielleicht nicht so gut in meinem Leben? Kann ich mir das anschauen? Möchte ich mir das anschauen? Brauche ich Hilfe dabei?
Also es fängt wirklich viel an zu arbeiten, wenn wir da rauskommen aus diesem Irrkreis, aus dieser konstanten Ablenkung.
[Alex] Ja, Rini, vielen, vielen Dank, dass du heute hier warst.
Das hat mich mega gefreut, mit dir zu sprechen, wie immer.
[Rini] Danke dir für die Einladung. Danke für deinen Podcast. Danke, dass du dich diesem sehr wichtigen Thema widmest, ohne Social Media zu arbeiten, zu leben, zu sein. Und ja, danke, dass ich hier sein durfte.
Shownotes
Rinis Buch: Digitale Achtsamkeit für Selbstständige
Happy „Ohne Facebook“-Tag!
Wusstest du, dass heute „Ohne Facebook“-Tag ist? Lass uns in dieser Folge mal Facebook genauer unter die Lupe nehmen und überlegen, warum Marketing ohne Facebook tatsächlich eine gute Idee sein könnte. Ob nur ein Tag lang, ein Jahr oder vielleicht sogar für immer?
Wusstest du, dass heute „Ohne Facebook“-Tag ist?
Ja, sowas gibt’s!
Überall auf der Welt versammeln sich heute Tausende von Menschen, um gegen den Meta-Konzern … äh, nein, leider nicht.
Leider, leider ist der „Ohne Facebook“-Tag weitestgehend unbekannt. Deshalb müssen wir hier im Podcast wohl oder übel unsere eigene kleine Party schmeißen.
Aber das macht nichts! Lass uns in dieser Folge mal Facebook genauer unter die Lupe nehmen und überlegen, warum Marketing ohne Facebook tatsächlich eine gute Idee sein könnte. Ob nur ein Tag lang, ein Jahr oder vielleicht sogar für immer?
Folge anhören:
Transkript lesen:
Fangen wir doch mit dem aus meiner Sicht wichtigsten Grund an, ohne Facebook Marketing zu machen, und das ist für mich Marketingethik.
Denn wir als Selbstständige, Onlineunternehmer*innen und vor allem als Unternehmen tragen natürlich auch gesellschaftliche Verantwortung.
Und deshalb ist es aus meiner Sicht so wichtig, dass wir nicht nur gucken, was im Marketing „funktioniert“ und da musst du dir jetzt mal Anführungsstriche dazudenken, weil „funktionieren“ ein Begriff ist, den ich gar nicht so gerne nutze, weil es sowas Maschinenartiges hat und wir dann super schnell bei „Funnels“ und „KPI“ und weiß der Geier was sind und eigentlich davon wegkommen, dass wir ja Menschen sind, die gerne Menschen helfen wollen und dass wir Menschen erreichen wollen.
Aber natürlich können wir auch nicht nur von Luft und Liebe leben und müssen unser Zeugs auch verkaufen.
Aber das Ding ist: Wir können es auch wertebasiert tun und mit Integrität. Und deshalb spielen für mich ethische Überlegungen definitiv eine Rolle, wenn es darum geht, bestimmte Marketingstrategien zu nutzen oder eben nicht.
Nun ist es natürlich nicht so, dass Facebook bzw. Meta das einzige Unternehmen ist, das aus ethischer Perspektive problematisch ist. Google zum Beispiel ist definitiv auch kein Kind von Traurigkeit. Und es ist genauso problematisch Google zu nutzen wie Facebook.
Doch ich glaube nicht, dass es bei ethischen Fragen darum geht, gleich auf Anhieb „perfekt“ ethisch zu sein in allem, was wir tun. Das ist für Menschen, die nun mal menschlich sind, ja auch gar nicht möglich.
Sondern es geht für mich wie beim Klimaschutz eigentlich auch darum zu sagen:
Wir brauchen nicht wenige Menschen, die alles perfekt machen und ein perfekt klimafreundliches Leben führen, sondern wir brauchen möglichst viele Menschen, die es versuchen und ihr Bestes geben und sich auf den Weg machen.
Deshalb habe ich zum Beispiel auch Facebook verlassen, aber Google eben noch nicht. Das ist aber definitiv mein Plan für die nahe Zukunft, da zu gucken, wie ich mich mittelfristig „ent-google“.
Ja, nur so viel dazu und jetzt können wir ja mal überlegen, was an Facebook aus ethischer Perspektive ein Problem sein könnte.
Zunächst einmal ist das für mich der Fakt, dass Facebook Daten zu einem Wirtschaftsgut erklärt hat und Daten im sehr großen Stil sammelt und diese Daten an Werbetreibende weiterverkauft.
Das passiert meistens ohne das Wissen oder Einverständnis von Menschen, die Facebook nutzen oder nicht nutzen. Und das ist ein großes Problem. Denn Privatsphäre ist ein Grundrecht. So wie Meinungsfreiheit oder Glaubensfreiheit.
Und Privatsphäre ist in fast allen Ländern in irgendeiner Form anerkannt, z.B.
in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 12)
in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Artikel 8)
und in der Europäischen Charta der Grundrechte (Artikel 7) verankert
Auch in Deutschland wird das Recht auf Privatsphäre im Grundgesetz durch das Persönlichkeitsrecht geschützt.
Doch, ja, den Meta-Konzern interessiert das Ganze aber nicht. Und er sammelt munter weiter personenbezogene Daten, weil das im Grunde das Geschäftsmodell von Meta ist.
Falls du da einen Buchtipp brauchst: Es gibt ein unfassbar gutes, detailliertes, aber extrem langes und schwer zu lesendes Buch von der Harvard-Professorin Shoshana Zuboff. Es heißt „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ und ja, du brauchst bei dem Buch definitiv Durchhaltevermögen, aber falls dich das Thema interessiert, gibt es aus meiner Sicht kein besseres Buch dafür.
Doch es bleibt nicht nur dabei, dass Meta das Grundrecht auf Privatsphäre verletzt. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass das Geschäftsmodell mit den Daten und damit verbunden das Mikrotargeting von rechten Gruppierungen für die Verbreitung von Hassbotschaften genutzt wird oder auch zur Manipulation von Wahlen. Du hast vielleicht von Cambridge Analytica gehört, wenn nicht verlinke ich dir da mal was in den Shownotes.
Das heißt: Das Mikrotargeting, das der Meta-Konzern ermöglicht, ist eine große Herausforderung für die Demokratie. Und viele gehen sogar soweit, dass sie sagen: Es ist eine Bedrohung für die Demokratie.
Und da sind wir als Selbstständige, Online-Unternehmer*innen und Unternehmen eben gefragt, ob wir Metas Geschäftsmodell unterstützen und beispielsweise selbst Werbung schalten oder den Meta-Pixel auf unserer Website einbinden oder eben nicht.
Doch Marketingethik ist nicht das einzige Argument dafür, ohne Facebook Marketing zu betreiben, es gibt noch so viele mehr. Und ein weiterer wichtiger Grund ist für mich die Gesundheit.
Und wenn du dich fragst: Was hat Gesundheit im Marketingkontext verloren?
Ich glaube, sehr viel.
Denn gerade für Selbstständige ist es ja so: Wir sind unsere wichtigste Ressource. Wenn es uns nicht gut geht, wenn wir keine Kraft haben, wenn wir mit angezogener Handbremse fahren, wirkt sich das natürlich auch auf unseren Arbeitsalltag aus.
Und ja, bei mir ist es so: Schon eine banale Erkältung, wo mir der Kopf dröhnt, sorgt ja dafür, dass ich weniger arbeite, dass ich mich nicht so gut konzentrieren kann, dass ich nicht so produktiv bin, wie ich könnte.
Nun will ich damit gar nicht sagen, dass Leistung und Produktivität das Wichtigste in der Selbstständigkeit sind, überhaupt nicht.
Ich will einfach nur sagen: Wenn es uns körperlich und mental gut geht, ist das auf jeden Fall eine gute Sache für unsere Selbstständigkeit. Und deshalb gehört für mich Gesundheit sehr wohl in einen Unternehmens- oder Marketingkontext. Und ja: Deshalb ist das mein zweiter Grund gegen Facebook-Marketing.
Wenn wir nämlich als Selbstständige merken, dass Facebook unsere Gesundheit berührt, dann ist es auf jeden Fall eine gute Idee, darüber nachzudenken, ob es das wirklich wert ist.
Und bei mir war das damals vor allem die mentale Gesundheit. Gerade, als die Pandemie losging, fand ich es extrem anstrengend, dort zu sein und Menschen beim Schwurblen zuzugucken. Auch der ganze Hass und die Fake News und ja allgemein dort die Stimmung, die muss man erst einmal aushalten können.
Und dazu kommt ja noch, dass die Algorithmen gerade emotionalisierende Inhalte pushen und alles dafür tun, dass wir so lange wie nur möglich auf der Plattform bleiben, damit Meta noch mehr Daten sammeln kann und uns noch mehr Werbung zeigen kann. Und das kann natürlich dazu führen, dass es extrem schwer wird, da eine Balance in die Nutzung reinzubringen, und dass das ganze nicht zu einer Facebook-Sucht führt.
Ja, das ist natürlich eine individuelle Angelegenheit, welche Auswirkungen Facebook auf einzelne Menschen hat. Deshalb kann ich dich nur dazu ermutigen, zu gucken, wie es mit Facebook und deiner mentalen oder körperlichen Gesundheit bestellt ist.
Denn sie ist, wie gesagt, eine der wichtigsten Ressourcen für Selbstständige.
Kommen wir zum letzten Grund, Facebook zu verlassen, und das ist – und jetzt kommt mal ein typisches Marketingwort – der Return on Investment. Man könnte auf deutsch auch sagen:
Kriegen wir etwas für unsere Investition zurück?
Denn es ist ja so, dass wir, wenn wir Facebook nutzen, unter Umständen etwas investieren. Vielleicht sogar sehr viel investieren.
Wir investieren unsere Zeit. Wir investieren unsere Kraft und unsere Energie. Und wir investieren unter Umständen auch Geld, weil wir zum Beispiel Werbeanzeigen schalten oder kostenpflichtige Tools für Facebook brauchen oder Facebook-Marketing auslagern und Leute bezahlen. Oder auch weil wir uns quasi ständig dazu weiterbilden müssen und immer irgendwelche Kurse oder Beratungen kaufen.
Und wir können uns einfach fragen, ob Facebook uns da gute Ergebnisse für unsere Investition bringt.
Ich gib dir mal ein Beispiel:
Wenn ich einen Blogartikel für Suchmaschinen optimiere und dieser Blogartikel weit oben in den Suchergebnissen rankt, wofür es ehrlicherweise keine Garantie gibt, ist es so, dass ich mir relativ sicher sein kann, dass dieser Blogartikel mir in den nächsten Monaten oder gar Jahren Menschen auf meine Website bringt.
Das heißt: Ich mache mir einmal die Mühe, einen suchmaschinenoptimierten Blogartikel zu schreiben und dann muss ich quasi nichts mehr machen und bekomme trotzdem Ergebnisse.
Und wenn du vielleicht schon mal einen Onlinekurs bei mir gekauft hast, weißt du: Ich frage nach jedem Kauf: Wie bist du auf mich aufmerksam geworden?
Und genau ein Viertel der Befragten sagt: Durch eine Google-Suche.
Das heißt: SEO sorgt nicht nur dafür, dass Menschen auf meine Website kommen. Letzten Endes führt SEO zu Verkäufen.
Und auch wenn nicht jeder einzelne Artikel letzten Endes auf der ersten Suchergebnisseite rankt: Alles in allem ist SEO eine Investition, die sich auszahlt.
Und die Frage ist: Ob das bei Facebook auch so ist. Also:
Erreichen deine Posts, für die du dir ja Mühe gibst, wirklich Menschen oder nur irgendwelche Spam-Accounts oder Bots?
Interagieren Menschen mit deinen Beiträgen? Oder kommentiert einfach nie jemand und es gibt nie Gespräche usw.?
Klicken Leute auf deine Links, kommen sie auf die Website?
Kontaktieren dich Menschen über Facebook oder bekommst du da einfach niemals Anfragen für deine Dienstleistungen?
Und: Wenn du mal über deine Angebote redest – kaufen Menschen? Oder ist es quasi nur ein Grundrauschen, das niemand wirklich wahrnimmt?
Haben Werbeanzeigen ein gutes Preis-Leistungsverhältnis für dich? Oder zahlst du vielleicht einfach nur Lehrgeld und fährst sonst keine Ergebnisse ein?
Das heißt: Du kannst einfach mal für dich gucken, was dir Facebook für deine Investition zurückgibt. Und ich empfehle dir da auch, das nicht nur mit Geld durchzuspielen, sondern auch mit Zeit und deiner Energie und deiner Gesundheit
Denn gerade Zeit und Energie und Gesundheit sind super wertvoll und ich finde, wir sollten sehr wählerisch sein, wem wir sie schenken.
Ja, so viel zu den drei guten Gründen für einen Facebook-Ausstieg. Du hast gesehen, es war ein bunter Mix aus ethischen Argumenten, gesundheitlichen Aspekten und letzten Endes auch der Effektivität. Denn warum so viel in Facebook investieren, wenn es überhaupt keine Ergebnisse bringt?
Ich bin mir sicher, dass wir unsere Zeit, unsere Energie und unser Geld für schönere Dinge nutzen könnten.
Shownotes:
Buchtipp: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus

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