Du denkst, du kannst nicht schreiben?

Du kannst schreiben! 

Und ich meine das jetzt nicht in dieser „Du bist so toll und kannst alles erreichen, was du dir vornimmst“- oder „Es ist alles nur Mindset, glaub an dich!“-Art und Weise, sondern auf eine etwas andere Art und Weise.  

Und was genau ich damit meine, darum soll es in dieser Podcastfolge gehen.

Folge anhören:

Transkript lesen:

Ja, wenn du selbstständig bist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass du eine Menge schreiben musst, vor allem wenn du auf Marketing ohne Social Media setzt. Deine Websitetexte zum Beispiel oder Blogartikel oder Newsletter oder vielleicht sogar ein Buch. 

Was du alles schreiben kannst, das wird nicht Thema dieser Podcastfolge sein. Dazu gibt es schon eine Folge mit dem Titel „Schreiben als Marketingstrategie“. Die verlinke ich dir zur Sicherheit noch einmal in den Shownotes.

In dieser Folge geht es mir eher um einen Gedanken, der bei sehr vielen Selbstständigen und Onlineunternehmer*innen entsteht, wenn sie etwas schreiben und das ist der Gedanke:

„Ich kann nicht schreiben.“

Das ist kein angenehmer Gedanke. Er setzt sich gerne mal fest. Er demotiviert und es ist manchmal gar nicht so leicht, diesen Gedanken umzuformulieren, geschweige denn, ihn wieder loszuwerden. 

Und ja, letzten Endes hält dieser Gedanke viele Menschen davon ab, entweder in ihrem Marketing auf schreibende Strategien zu setzen und Social Media zu verlassen oder sich vielleicht sogar den Traum vom eigenen Buch zu erfüllen.

Wenn wir uns angucken, was hinter dem Gedanken „Ich kann nicht schreiben“ steckt, stellen wir fest, dass es verschiedene Auslöser gibt. 

Und die würde ich jetzt gerne mal unter die Lupe nehmen. Auslöser Nummer 1:

„Das Schreiben fällt mir schwer.“

Wir haben ja alle diese Idealvorstellung vom Schreiben, dass, keine Ahnung, uns die Muse küsst und wir dann total inspiriert sind und in einem noch nie da gewesenen Flow und Tempo den perfektesten Text aller Zeiten produzieren, ohne einmal darüber nachzudenken oder an sich zweifeln.

Und vielleicht kommst du an diese Idealvorstellung nicht heran und vielleicht ist es bei dir sogar das Gegenteil. Vielleicht sitzt du oft vor einem weißen Blatt, du zweifelst oft an dir, du löschst manchmal die Sachen, die schreibst, du hast wenige Ideen.

Und ja: Deshalb liegt für dich vielleicht der Schluss nahe, dass du einfach nicht schreiben kannst. Denn es flutscht bei dir einfach nicht, wie man es halt so kennt, sondern ist mühsam.

Und die Wahrheit ist, dass, ob dir das Schreiben leicht fällt oder schwer, dass das nichts, aber auch so gar nichts darüber aussagt, wie gut dein Text letzten Endes wird – und ob du schreiben kannst.

Ich würde vielleicht vermuten, dass dein Schreibprozess einfach noch nicht so entwickelt ist, wie er sein könnte, um wirklich produktiv zu schreiben. Und da gibt es einige Dinge, die man tun kann.

Doch nur weil dein Schreibprozess noch nicht so ganz passt, heißt es nicht, dass deine Texte nicht gut sind.

Vielleicht weißt du, dass ich in den letzten Monaten ein vierhundertseitiges Buch geschrieben habe, das bald im Juni erscheinen wird, im Rheinwerk Verlag. Und da war es natürlich auch so, dass mir das Schreiben nicht jeden Tag gleich leicht fiel. Also ich hatte natürlich mal gute Tage und mal okay Tage und manchmal hatte ich ganz furchtbare Tage, wo ich mir jedes Wort aus der Nase ziehen musste. 

Aber das Interessante ist, dass ich im Nachhinein, wenn ich das Manuskript noch einmal lese, gar nicht mehr genau sagen kann, welche Passagen mir leicht fielen zu schreiben und welche schwer. Das kann man oft gar nicht mehr voneinander unterscheiden.

Und deshalb lautet meine erste Erinnerung an dich, wenn du an deinen Schreibfähigkeiten zweifelst: 

Dein Schreibprozess und der fertige Text sind zwei völlig verschiedene Dinge.

Ein Flow muss nicht automatisch bedeuten, dass ein guter Text entsteht. Oder andersrum: Selbst wenn dir das Schreiben schwer fällt, kann es sein, dass ein total toller Text daraus entsteht. Alles ist möglich.

Gehen wir weiter zu einem zweiten Auslöser, der eng damit verknüpft ist, und das ist der Gedanke:

„Schreiben ist so anstrengend.“

Also nicht nur so, dass es nicht fließt und wir nicht in den Flow kommen, sondern dass du dir gefühlt jedes Wort aus der Nase ziehen musst. Und dass du dich nach dem Schreiben fühlst, als wärst du einen Marathon gelaufen, oder sogar, dass es für dich auch emotional anstrengend ist, über bestimmte Themen zu schreiben.

Und auch da kann ich dir versichern: 

Nur weil etwas anstrengend ist, heißt es nicht, dass du es nicht kannst.

Nehmen wir zum Beispiel mal den Sport. Es kann ziemlich anstrengend sein, Sport zu machen und beispielsweise 10km oder noch mehr zu laufen. Du kommst ins Schwitzen, du kommst aus der Puste, deine Muskeln werden beansprucht.

Doch das heißt ja nicht, dass du nicht laufen kannst, denn genau dasselbe passiert ja bei Profisportler*innen auch, wenn sie trainieren. Vielleicht nicht unbedingt bei 10km, dann vielleicht bei einer größeren Distanz. Aber es ist auch bei Profi-Sportler*innen so, dass ihr Training sie anstrengt.

Nun würde man ja niemals auf die Idee kommen zu sagen:

„Also wenn Laufen für dich anstrengend ist (oder Sport für dich anstrengend ist), dann kannst du halt nicht laufen (oder Sport machen).“ 

Sondern es ist irgendwie allen klar, dass Anstrengung zum Training dazu gehört, sonst wäre es ja kein Training, sondern ein Spaziergang oder eine Netflix-Session auf der Couch.

Und so ist es auch beim Schreiben.

Wenn wir Schreiben, trainieren wir. Und das kann mal ein lockeres Trainieren sein und mal ein Training sein, das total an die Substanz geht. Und es kann auch mal etwas mittendrin sein. Und alles gehört zum Schreiben dazu. Alles ist Teil des Schreibens. Und deshalb ist auch Anstrengung Teil des Schreibens.

Ich würde auch immer auch gucken, was nach der Anstrengung passiert. Denn auch hier gibt es ja witzige Parallelen zwischen dem Laufen und dem Schreiben, nämlich das sogenannte Runner’s High oder eben der Writer’s High, also ein Hochgefühl, das sich einstellt, nachdem man etwas Anstrengendes gemeistert hat. Das gibt es auch beim Schreiben.

Und wenn es dir so geht, dass du nach einem vielleicht anstrengenden Schreiben das Endprodukt in deinen Händen hältst und denkst „Ja, ist doch ganz gut geworden“, dann weißt du, dass sich deine Anstrengung gelohnt hat.

Kommen wir zu Gedanken Nummer 3 und das ist:

„Alle anderen schreiben bessere Texte als ich.“

Also vielleicht hast du eine Lieblingsautorin oder einen Lieblingsblogger oder eine Person, die wahnsinnig tolle Newsletter schreibt.

Und dann guckst du dir das an, was du schreibst, und denkst dir: 

„Gott, ich wünschte, ich könnte so schreiben wie Person X. Meine Texte hören sich einfach furchtbar an. Ich kann nicht schreiben.“

Und hier kann ich dich nur daran erinnern, dass alle Menschen, die schreiben, ihre eigenen persönlichen Herausforderungen haben. Alle. Auch ich und alle anderen, die schreiben.

Angenommen, jemand hat einen Bestseller geschrieben. Dann hat es diese Person vermutlich in ihren Augen nicht gleich „geschafft“, sondern diese Person macht sich vielleicht Gedanken um das zweite Buch und ob das zweite Buch mit dem ersten mithalten kann. Oder ob man vielleicht ein „One Hit Wonder“ bleibt, usw.

Angenommen, jemand schreibt tolle Blogartikel aus deiner Sicht. Du weißt aber nie, wie viel Arbeit und Mühe hinter so einem Text überhaupt stehen. Ob die Person, die den Text geschrieben hat, das im Flow geschrieben hat oder ob sie nicht auch viel mit Selbstzweifeln zu kämpfen hatte. Ob sie den Text vielleicht dutzende Male überarbeiten musste, bis sie sich wohl damit fühlte, ob sie den Text vielleicht ein halbes Jahr liegengelassen hat, wie es bei mir zum Beispiel sehr häufig der Fall ist. Also Texte, die wirklich etwas Persönliches von mir teilen, die bleiben meistens Monate in meinem Entwürfe-Ordner, weil ich mich erst trauen muss, sie zu veröffentlichen.

Wir wissen überhaupt nichts über andere Schreiberlinge und ich hab ja schon gesagt, dass es überhaupt nicht sinnvoll, vom Text auf den Schreibprozess zu schließen, und dass es deshalb durchaus sein kann, dass dein Lieblingstext – dein Lieblingsbuch, dein Lieblingsblogartikel, deine Lieblingspodcastfolge, was auch immer – einen total intensiven, anstrengenden Entstehungsprozess hinter sich hat und der Mensch, der diesen Text, der diesen Text geschrieben hat, hat damit zu kämpfen hatte.

Wir wissen nicht, wie viel Zeit und Energie und Geld hinter einem Text steckt. Wie lange und wie intensiv daran gefeilt wurde. Und das würde ich immer im Hinterkopf behalten, wenn du dich zu sehr in der Bewunderung für einen Text verlierst.

Kommen wir zu Punkt Nummer 4 und das ist:

„Mein Text ist zu kurz.“

Alternativen sind auch: 

„Mein Text ist zu lang.“

„Mein Text ist zu kühl.“

„Mein Text ist zu emotional.“

Vielleicht kennst du diese „zu“-Gedanken auch, also dass die Art, wie du schreibst, nicht in Ordnung ist.

Und wenn du vielleicht schon mal in einem meiner Schreibcircles dabei warst, weißt du, dass ich gerne daran erinnere, dass alle Texte willkommen sind.

Kurze Texte sind willkommen.

Lange Texte sind willkommen.

Kühle Texte sind willkommen.

Emotionale Texte sind willkommen.

Es gibt immer Menschen, die lieber kurze als lange Texte lesen oder umgekehrt.

Oder Menschen, die lieber kühle Texte als emotionale Texte lesen oder umgekehrt.

Und deshalb ist es erst einmal völlig egal, wie du schreibst. Und es gibt keine Norm, die es zu erfüllen gilt.

Das stimmt natürlich nicht so ganz, wenn du beispielsweise soziale Medien nutzt und klar ist, auf Instagram kann eine Caption maximal 2200 Zeichen lang sein, dann hast du natürlich eine gewisse Begrenzung.

Aber wenn ich an Websitetexte, Blogartikel, Podcastfolgen, Newsletter und so weiter denke, dann ist im Prinzip alles erlaubt und es gibt immer Menschen, die lieber das eine oder das andere mögen.

Und deshalb kann man eben auch nicht sagen, das eine ist besser als das andere.

Nehmen wir zum Beispiel mal meinen Podcast.

Ich hab am Anfang viele Rückmeldungen bekommen, die gesagt haben: „Cool, dass deine Folgen so kurz sind. Ich finde kurze Folgen auch besser als lange.“

Ich hab aber auch Rückmeldungen bekommen, die gesagt haben: „Also ich höre lieber längere Folgen. Deine Folgen sind ja gleich vorbei, wenn man sie anmacht.“

Und statt jetzt zu versuchen, es allen Menschen und Geschmäckern rechtzumachen, kann ich auch einfach sagen: 

Mein Stil sind eben eher kürzere Folgen. Und es gibt Menschen, die das mögen, und andere, die das nicht mögen. Und alles ist okay.

Und genauso können wir es auch mit dem Schreiben sehen.

Vielleicht sind die Texte, die du schreibst, kurz.

Vielleicht sind sie auch lang.

Vielleicht sind sie auch durchschnittlich.

Doch nichts davon bedeutet, dass du nicht schreiben kannst, sondern es heißt einfach nur, dass du einen besonderen Stil hast, ein Alleinstellungsmerkmal, das deine Texte besonders macht. 

It’s not a bug, it’s a feature! 

Kommen wir zu dem Gedanken 5 und das ist:

„Der Blogartikel / der Newsletter / das Buch / was auch immer von einer anderen Person ist so gut – das, was ich schreibe, ist im Vergleich dazu so schlecht. → Ich kann nicht schreiben.“

Das ist vermutlich eine der wichtigsten Erinnerungen, die du heute hören wirst. Und das ist: 

„The first draft of everything is shit.“

Das sagte schon Hemingway bekanntermaßen und das bedeutet, dass du niemals fertige, veröffentlichte Texte mit deinem unfertigen Entwurf vergleichen solltest. Niemals!

Ich kann dir ja mal erzählen, wie das bei meinem Verlagsbuch so ist. 

Ich habe es selbst mehrere Male überarbeitet, das Manuskript, also wirklich so oft, dass ich es kaum mehr zählen kann, wie oft. Und nach dem Schreiben guckt dann ja auch noch ein Lektor drüber, beim allerersten Kapitel sogar zwei Lektoren, weil es eben so wichtig ist. 

Dann kommt das Manuskript in ein Fachgutachten, wo sich jemand den Inhalt nochmal genauer vornimmt, dann kommt das Manuskript in die Sprachkorrektur, um sicherzustellen, dass da auch wirklich jedes Komma auf dem richtigen Platz steht. 

Und das Buch, das dann letzten Endes im Regal in der Buchhandlung stehen wird – im Juni –, hat nur noch sehr, sehr wenig mit meinem allerersten Entwurf zu tun, den damals zum Glück nur ich gesehen habe, denn da ist seitdem eine Menge, eine Menge Arbeit reingeflossen. Von sehr vielen Menschen.

Und wenn du jetzt anfangen würdest, deinen allerersten Entwurf für ein Kapitel zum Beispiel mit einem fertigen Buch im Geschäft zu vergleichen, wäre das so, als würdest du eine Raupe mit einem Schmetterling vergleichen. Der Schmetterling hat einfach schon ein paar Prozesse hinter sich. Und deshalb sieht er eben so aus, wie er aussieht, und nicht anders.

Und statt deine Entwürfe mit fertigen Blogartikeln, Newslettern oder Büchern zu vergleichen, kannst du die Zeit auch einfach nutzen, um weiterzuschreiben.

Denn genau das unterscheidet die Menschen, die viel veröffentlichen, von Menschen, die nichts oder wenig veröffentlichen: 

Sie schreiben.

Es ist also nicht so, dass sie besser schreiben als du. Nein, sie schreiben einfach nur.

Und schließlich Gedanke Nummer 6:

„Mein Text ist nicht perfekt. Also kann ich nicht schreiben.“

Ich glaube, nur wenige Mythen halten sich so hartnäckig, als dass es eine gewisse Perfektion gäbe, die Texte erreichen könnten.

Was soll ein perfekter Text sein? Ich habe keine Ahnung. 

Wichtig sind mir vor allem zwei Dinge:

1. Ich glaube, dass Menschen inzwischen den gebügelten, aalglatten, austauschbaren Content satthaben und sich gerade nach dem Unperfekten und Realen sehnen. Deshalb ist es überhaupt kein Problem, wenn du dich vielleicht nicht so ausdrückst, wie es deine Deutschlehrerin von dir wollte. Oder es nicht schaffst, einen Text so zu schreiben, wie du es dir zurechtgelegt hast. Das Wichtigste ist, dass du ihn einfach schreibst.

2. Jeder Text lässt sich überarbeiten.

Ein schlechter Text kann okay werden, ein okayer Text mittelmäßig, ein mittelmäßiger Text gut, ein guter Text sehr gut und ein sehr guter Text phänomenal.

Dass dein Text noch nicht gut ist oder sehr gut oder phänomenal, heißt deshalb nicht, dass du nicht schreiben kannst, es heißt einfach nur, dass dein Text Überarbeitung braucht. Wie jeder andere Text übrigens auch. Nicht mehr und nicht weniger.

So, ein kleines Fazit am Ende: 

Wenn du Buchstaben zu Wörtern, Wörter zu Phrasen, Phrasen zu Sätzen und Sätze zu Texten aneinanderreihen kannst, kannst du schreiben.

Es ist völlig egal, ob dir das Schreiben leicht fällt oder schwer, ob dein Text kurz wird oder lang, welche Texte andere Menschen im Vergleich zu dir schreiben und wie gut diese Texte sind oder ob dein Text auf Anhieb gelingt oder noch viel Überarbeitung benötigt. Das hat alles überhaupt nichts mit deinen Schreibfähigkeiten zu tun.

Du kannst schreiben! Lass dir deshalb bitte nichts anderes einreden.

Shownotes:

Schreiben als Marketingstrategie

Website

Buch „No Social Media!“

Buch „Don’t be evil“

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