Blog
Hier dreht sich alles um wertebasiertes Marketing ohne Social Media, Psychotricks und das übliche Marketing-Blabla.
Toxische Positivität auf Social Media: Ein kritischer Blick auf die „Good Vibes Only“-Bubble
Warum toxische Positivität auf Social Media ein großes Problem ist und wir als Selbstständige die „Good Vibes only“-Bubble auf Social Media dringend verlassen sollten.
Toxische Positivität – einer der Gründe, warum ich vor gut einem Jahr meinen Instagram-Account gelöscht habe.
Was dieser Begriff genau meint, welche Rolle soziale Medien bei der toxischen Positivität spielen und warum ich es so wichtig für Selbstständige finde, aus der „Good Vibes only“-Bubble auszusteigen, erzähle ich in diesem Artikel.
Inhalt
Was ist toxische Positivität? Eine Definition
Beispiele für toxische Positivität
Warum ist toxische Positivität so problematisch für Selbstständige?
All feelings welcome – Warum wir auch die unangenehmen Gefühle in der Selbstständigkeit brauchen
Was ist toxische Positivität? Eine Definition
Toxische Positivität meint eine Form von übertriebenem Optimismus und einen so starken Fokus auf das Positive, dass es zum Negieren, Ignorieren oder Verdrängen von bestimmten „unbequemen“ Gefühlen wie Wut, Traurigkeit, Enttäuschung oder Angst kommt.
In jeder Situation wird versucht, „positiv zu denken“. Und wenn andere Menschen traurig oder enttäuscht sind, wird ihnen gerne mal ein „Sieh es doch mal positiv“ oder „Don’t worry, be happy“ entgegengebracht.
Beispiele für toxische Positivität
Soweit die Theorie. Lass uns das Ganze jetzt mal an einigen konkreten Beispielen durchspielen, die den meisten Selbstständigen bekannt vorkommen dürften.
Toxische Positivität in der Offlinewelt
Zunächst einmal ist toxische Positivität nicht für die Onlinewelt reserviert. Wir finden sie auch im „wirklichen Leben“:
Wenn ein langjähriger Kunde gekündigt hat, wir enttäuscht sind und unsere Freundin sagt: „Kopf hoch! Das wird schon wieder …“
Wenn wir ein Ziel haben, es nicht erreichen, traurig sind und der Partner sagt: „Ist doch nicht so schlimm. Du machst doch trotzdem alles super …“
Wenn uns die Reaktion einer Kundin wütend macht und wir von der Mutter gesagt bekommen: „Du musst das Ganze positiv sehen …“
Alles toxische Positivität.
Diese Worte mögen zwar nett gemeint oder sogar als liebevoller Trost gedacht sein, aber in erster Linie negieren oder ignorieren sie die Gefühle, die wir in diesem Augenblick fühlen.
Enttäuschung, Traurigkeit, Wut.
Alles normale Gefühle, die zur normalen Bandbreite der menschlichen Empfindungen gehören und per se nicht schlechter sind als Freude, Neugier oder Glück.
Nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Selbstständigkeit.
Toxische Positivität in sozialen Medien
Social Media hat toxische Positivität also nicht erfunden, treibt das Phänomen aber nochmal ins Extreme. Denn je nach Plattform und Bubble kann es sein, dass wir uns in einer Welt wiederfinden, in der alle ausschließlich immer nur gute Laune haben.
Sie machen einen total romantischen Herbstspaziergang.
Haben die besten und treuesten Kundinnen.
Haben ihre Jahresumsätze verhundertdreißigfacht.
Machen die siebte Workation in Island dieses Jahr.
Sind dreiundzwanzig Monate im Voraus ausgebucht.
Haben sich fünfzehn neue Kunden manifestiert.
Dazwischen gibt es Motivations- und Inspirationszitate am Fließband:
Good vibes only.
Bad vibes don’t go with my outfit.
Radiate positivity.
She just shines.
Things are gonna totally work out.
Don’t forget to smile.
Good Vibes Only – ein häufiges Motto auf Social Media
Warum ist toxische Positivität so problematisch für Selbstständige?
Abgesehen davon, dass natürlich niemandem jeden Tag die Sonne aus dem Popo scheint und manche Dinge auch mal nicht funktionieren werden, sind für mich insbesondere drei Punkte an toxischer Positivität ein Problem:
#1 Fehler, Probleme, Herausforderungen und damit verbundene Gefühle wie Enttäuschung, Frust und Traurigkeit sind in den sozialen Medien chronisch unterrepräsentiert
Hier werden Erfolge gefeiert und siebenstellige Jahresumsätze manifestiert, doch nur selten redet jemand über Absagen, Geldnot, Herausforderungen, Fehler oder Misserfolge und damit verbundenen Gefühle.
Die Unterrepräsentation von diesen Herausforderungen und „unangenehmen“ Gefühlen ist auf der einen Seite natürlich verständlich. Kaum jemand möchte sich vor allen Leuten verletzlich machen, kaum jemand möchte zugeben, dass er oder sie auch mal struggelt.
Das Bild, das andere Menschen von uns haben sollen, soll ein positives sein. Vor allem, wenn wir als Selbstständige darauf angewiesen sind, dass Menschen uns gut finden und mit uns zusammenarbeiten wollen.
Das erklärt, warum viele Selbstständige nur dann ihre Struggles teilen, wenn sie ein entsprechendes „Learning“ vorweisen können. („Ich hab einen Fehler gemacht und dann – Heureka! – habe ich etwas Entscheidendes gelernt und bin jetzt noch erfolgreicher als jemals zuvor.“)
Auf der anderen Seite ist diese Unterrepräsentation zutiefst problematisch. Denn dadurch denken viele Selbstständige, dass …
alle wissen, wie der Hase läuft, nur sie nicht
alle mit Erfolg gesegnet sind, nur sie diejenigen sind, die Geldsorgen und zu wenige Kund*innen haben
oder kurz: dass alle anderen „normal“ sind, dass aber mit ihnen etwas nicht stimmt, weil ihre Pläne nicht immer funktionieren und sie auch mal schwierige(re) Zeiten durchleben
Toxische Positivität isoliert also (= alle anderen sind normal und richtig, ich bin unnormal, falsch und gehöre nicht dazu). Und Isolation kann auf Dauer eine immense Herausforderung für die mentale Gesundheit werden.
#2 Toxische Positivität verändert unser eigenes Verhalten auf Social Media
Wenn alle immer gut gelaunt sind, dann tun wir halt auch so, als wäre bei uns alles in Butter.
Denn wir wollen natürlich dazu gehören zum Social-Media-Club.
Bloß nicht negativ auffallen, uns nicht „blamieren“.
Bloß nicht zugeben, dass ein Auftrag überraschend geplatzt ist, eine Kundin plötzlich gekündigt hat, dass wir in der Anfangszeit der Selbstständigkeit keine Kunden finden und deshalb traurig, enttäuscht oder frustriert sind.
Wir passen uns der heilen Instagram-Welt an und erzählen auch überwiegend von den guten Tagen, unseren kleinen und großen Erfolgen und den erreichten Zielen.
Und ehe wir uns versehen, leisten wir auch unseren Beitrag dazu, dass die Maschinerie „toxische Positivität“ in Gang bleibt.
Ein teuflischer Kreislauf.
#3 Wir fühlen uns schlecht, weil wir uns schlecht fühlen
Die Unterrepräsentation von Herausforderungen und bestimmten Gefühlen auf Social Media führt nicht nur dazu, dass wir diese Gefühle selbst nicht mehr öffentlich zeigen – sie führt auch dazu, dass wir denken, dass Herausforderungen in der Selbstständigkeit und die damit verbundenen Gefühle nicht in Ordnung sind.
Dass Enttäuschung, Frust, Trauer oder Wut nicht in Ordnung sind, weil wir sie online nicht mehr sehen. Vielleicht bei irgendwelchen Trolls und Spammern, aber nicht bei unseren Kolleg*innen oder Kund*innen.
Schließlich sehen wir ja nur ihre guten Tage und größten Erfolge.
Und wenn uns dann ein Kunde absagt, fühlen wir uns nicht nur schlecht, weil der Kunde abgesagt hat. Wir fühlen uns nun auch schlecht, weil wir uns schlecht fühlen.
Und wenn wir noch nicht fünf- und sechsstellige Monatsumsätze haben, weil wir uns gerade erst selbstständig gemacht haben, fühlen wir uns nicht nur frustriert, weil zu viel Monat für den Kontostand übrig ist. Wir fühlen uns auch schlecht, weil wir frustriert sind und mal keine „Good vibes“ versprühen.
„Moment einmal“, denkst du dir jetzt vielleicht, „was spricht denn überhaupt gegen positives Denken oder Optimismus?“
Nichts spricht dagegen.
Zumindest, wenn du unter „positivem Denken“ oder „Optimismus“ eine zuversichtliche und lebensbejahende Grundhaltung verstehst. Die habe ich ja auch.
Toxische Positivität ist aber mehr als das.
Es ist ein „Positiv um jeden Preis“.
Es ist das Negieren, Ignorieren, Verdrängen oder Abstreiten von bestimmten Emotionen.
Es ist ein so starker Fokus auf das Positive, dass kein authentisches Empfinden, kein authentischer Ausdruck mehr möglich ist.
Toxische Positivität zu kritisieren, heißt also nicht, Pessimistin zu sein oder sich „in Selbstmitleid zu suhlen“. Es heißt einfach nur, für einen authentischen Ausdruck als Mensch einzustehen – mit allen Gefühlen, die dazu gehören.
Es heißt, Probleme, Herausforderungen und Fehler anzunehmen – und nicht totzuschweigen.
Es heißt, es sich erlauben, alle Gefühle auszudrücken und zu fühlen – und sie nicht etwa mit Social Media zu betäuben.
All feelings welcome – Warum wir (auch) die unangenehmen Gefühle in unserer Selbstständigkeit brauchen
Denn wir brauchen alle Gefühle als Selbstständige.
Nicht nur Freude und Glück und Begeisterung. Sondern auch Wut, Enttäuschung, Frust oder Traurigkeit.
Ja, Sie mögen unangenehme Gefühle sein, aber sie sind gleichzeitig auch so unendlich wertvoll. Warum? Darum:
#1 Weil unangenehme Gefühle unerfüllte Bedürfnisse zeigen
Warum ist mir das so wichtig? Was ist mir überhaupt wichtig? Warum habe ich überhaupt so reagiert?
Gefühle sind eine großartige Möglichkeit, mehr über uns und unsere Bedürfnisse zu erfahren.
So ist in der gewaltfreien Kommunikation Wut nichts anderes als ein Warnblinker, der anzeigt, dass irgendein elementares Bedürfnis zu kurz kommt. Ein Hilfeschrei des Körpers quasi.
So wie in einem Auto der Motor kaputt gehen kann, wenn wir wichtige Warnungen ignorieren, können auch wir richtig krank werden, wenn wir bestimmte Gefühle und damit unerfüllte Bedürfnisse (zu lange) verdrängen.
Oder anders formuliert: Wir brauchen Frust, Ärger, Trauer und Wut, um unseren unerfüllten Bedürfnissen auf die Spur zu kommen und mental und körperlich gesund zu bleiben.
#2 Weil unangenehme Gefühle große Transformation bewirken können
Alle großen beruflichen Veränderungen in den letzten Jahren wurden bei mir durch unangenehme Gefühle in Gang gesetzt.
Als ich wütend war, dass ein Kunde – und ich tippe diese Zeilen gerade mit dem Mittelfinger – immer wieder die Zeche prellte, wusste ich, dass ich meine Beratungen ab sofort nur noch per Vorkasse anbieten wollte.
Als ich im Sommer 2020 so erschöpft war, dass ich noch nicht mal mehr meine Gedanken hören konnte, wusste ich, dass es Zeit war, mich von Social Media zu verabschieden und meine Social-Media-Kanäle zu löschen.
Wut. Frust. Erschöpfung – alles normale Gefühle und eine riesige Chance für tiefgreifende Veränderung und echtes Wachstum.
#3 Weil unangenehme Gefühle tiefe Verbindungen zu Menschen schaffen
Manchmal struggelt eine Teilnehmerin in einem meiner Programme so sehr, dass sie vor allen anderen weint, während sie von ihrer Herausforderung erzählt.
Auch wenn es sich auf den ersten Blick seltsam anhören mag, aber diese Momente gehören zu den wertvollsten Erfahrungen, die ich der Zusammenarbeit mit anderen Menschen erleben darf. Denn wenn Teilnehmerinnen merken, dass sich jemand öffnet – wirklich öffnet und Gefühle zeigt – passiert eine Magie, die sich kaum in Worte fassen lässt.
Es entsteht eine Verbindung zwischen den Teilnehmerinnen, die nicht möglich wäre, wenn alle so tun würden, als wäre alles in Butter. Diese Verbindung ist unsichtbar und dennoch fast greifbar. Und sie zeigt sich nicht zuletzt in der Empathie und dem Verständnis, das der Teilnehmerin von allen Seiten entgegengebracht wird.
#4 Weil überstandene Krisen Resilienz ausbilden
Das Schöne an Trauer, Frust und Enttäuschungen ist: dass sie uns stärker machen.
Wenn wir diese Gefühle verarbeiten, indem wir sie nicht verdrängen, ignorieren oder betäuben, sondern …
sie annehmen
ihnen Zeit und Raum geben
sie fühlen („Was spüre ich wo im Körper?“)
sie benennen und kategorisieren („Ich fühle mich traurig, weil …“)
neugierig sind und versuchen, sie zu verstehen („Warum fühle ich mich so? Welches unerfüllte Bedürfnis steckt dahinter?“)
… können wir als Selbstständige Resilienz ausbilden.
Und selbst wenn wir niemals zu 100% sagen können, dass schon „alles gut wird“, wissen wir damit doch, dass wir klarkommen – egal, was passiert.
Resilienz für Unternehmer*innen: Wie Selbstständige Krisen meistern und an ihnen wachsen – Interview mit Bettina Bergmann
Wie du als Selbstständige Krisen meisterst und an ihnen wächst, verrät Bettina Bergmann im Interview.
Bettina Bergmann ist Business-Coachin und hilft engagierten Unternehmerinnen dabei, ihr einzigartiges Naturell zu entdecken und im Vertrauen auf sich und ihre Fähigkeiten erfolgreich zu sein. Im Interview verrät sie, wie Selbstständige und Unternehmer*innen Krisen meistern und Resilienz entwickeln können.
Liebe Bettina, was bedeutet Resilienz genau?
Danke, dass du genau diese Frage am Anfang stellst. Ehrlich gesagt – ich bin immer wieder erstaunt, dass viele Menschen in der Tat nicht wissen, was genau mit Resilienz gemeint ist. Re-silienz hat viel zu tun mit Re-aktion. Eine Interessentin bucht nicht, mein Kurs verkauft sich nicht, eine Freundin bekommt eine Krebsdiagnose – ich kann verzweifeln oder ich kenne einen Weg, der mich aus meinem emotionalen Elend wieder rausholt.
Und genau das ist Resilienz: Das, was Menschen während und nach dem Erleben von Stress mental gesund hält.
Und was zeichnet einen resilienten Menschen aus?
Darf ich von mir erzählen? Ich glaube, ich bin das beste Beispiel für einen resilienten Menschen. 2013 ist mein Mann an einem Hirntumor gestorben und ich hatte 3 Monate später einen Herzinfarkt. Damals wusste ich noch nichts von nützlichen Strategien, ich habe wohl einfach intuitiv vieles richtig gemacht. Ich erinnere mich noch genau an den Abend nach der Beerdigung. Es war warm. Ich saß allein auf dem Balkon. Freunde und Familie waren weg. Ruhe. Und jetzt? Meine Antwort an mich selbst: Ich lebe.
Was heißt „leben“? Pläne machen, nach vorne schauen, das Schöne im Alltag entdecken, optimistisch sein und daran glauben, dass es irgendeinen Weg geben wird, dass es gut wird. Ich habe Freunde, die mich unterstützen.
Später habe ich gelernt, dass ich wie nach Lehrbuch Resilienz gelebt hatte: Ziel- und Lösungsorientierung, Optimismus, Akzeptanz und Bindung. So habe ich es geschafft, meine Lebenskrise zu überwinden.
Ich vergleiche einen resilienten Menschen gerne mit dem Bambus. Dieser Pflanze können die größten Stürme nichts anhaben. Die Zweige brechen nicht ab. Sie biegen sich – manchmal auch fast bis zum Boden – und richten sich anschließend wieder auf. Bambus ist äußerst flexibel. In den Tropen baut man daraus sogar Gerüste für Hochhäuser, weil sie erdbebensicher sind – besser als Stahl.
Und genauso anpassungsfähig sind resiliente Menschen. Sie sind nicht immun gegen jede Krise, sie haben auch Angst, sie erleben auch schmerzhafte Erfahrungen. Aber: Sie kennen und nutzen Strategien, um den inneren Kompass wieder auf „positiv“ zu stellen.
Ganz wichtig: Das gilt nicht nur für große Krisen, sondern auch für den ganz alltäglichen Wahnsinn, den ich meistern muss.
Bettina Bergmann
Woran erkenne ich, wenn mir als Unternehmer*in Resilienz fehlt?
Ich bin spät abends parallel zum Film noch am Handy, um bei FB oder Insta ja nichts zu verpassen (kann dir nicht mehr passieren 😊, liebe Alex).
Ich fühl mich unter Druck, jede Mail von Kund*innen sofort zu beantworten; ich denke, dass ich 24/7 für sie da sein muss.
Ich kriege viel zu wenig geregelt, weil ich mich nicht entscheiden kann.
Ich komme mit meinem Produkt nicht zu Potte, weil es noch nicht „perfekt“ genug ist.
Ich habe ein mieses Gefühl, weil ich sehe, was die Konkurrenz Tolles macht.
Es prasselt so viel auf mich ein und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.
Ich habe viel zu wenig Zeit – und das, obwohl ich als Selbstständige doch selbstständig organisieren könnte.
Ich glaube, jede von uns kennt diese Situationen aus dem Business-Alltag. Und vermutlich gibt es da noch einige Situationen mehr. Was ist das verbindende Element all dieser Erfahrungen?
Es fehlt dir zu vielen Dingen der Mut. Du brauchst Mut, um deine Online-Zeiten zu reduzieren, um Kund*innen klar zu machen, dass du nicht jederzeit verfügbar bist, um dich für das eine oder das andere Marketing-Angebot zu entscheiden oder deinen Tag zu strukturieren (Mut zum Kürzen der To-do-Liste).
Und für diesen Mut brauchst du Selbstvertrauen. Resilienz hat sehr viel mit Selbstvertrauen zu tun. Ich muss meine Stärken gut kennen, damit ich weiß, worauf ich bauen kann.
Wie können Unternehmer*innen ihre Resilienz fördern und trainieren? Oder ist die Fähigkeit zur Resilienz angeboren?
Zentrale Botschaft zu dieser Frage: Resilienz ist lernbar. Es gibt Menschen, die von Natur aus eher an das Positive glauben oder sich nicht so schnell „unterkriegen“ lassen. Die lernen vielleicht schneller. Aber grundsätzlich ist Resilienz eine Kompetenz, die jede*r erwerben und trainieren kann.
Wichtige Voraussetzung für den Trainingserfolg ist eine gute Selbstwahrnehmung. Für mich ist das der Start ins Training. Ich muss erst genau spüren, beobachten, erkennen, was gerade mit mir los ist, damit ich den nächsten Schritt machen kann.
Hier kommt die viel zitierte Achtsamkeit ins Spiel. Ich darf hinhören, wie es mir geht. Wo spüre ich Unruhe? Verspannungen? Ungeduld? Zweifel? All das sind Signale, die mich auffordern sollten, etwas zu ändern und dadurch mehr Zufriedenheit in mein Leben zu holen.
Ich selbst bin noch nicht so weit wie du, Alex, dass ich mich von FB und co verabschiedet habe. Deshalb kenne ich es nur zu gut, dass gerade durch zu viel Social Media der Kopf ziemlich rödelt. Gedanken schwirren durcheinander. Die vielen To-dos wollen beachtet werden.
Quick-Tipp, um aus diesem Gedankenkarussell auszusteigen:
Konzentriere dich ganz auf das, was gerade hier und jetzt ist:
Was machst du gerade? Wie schmeckt der Erdbeerkuchen? Wie fühlt sich der Wind auf der Haut an? Welche Farben siehst du beim Blick aus dem Fenster?
Nimm mit allen Sinnen wahr, was ist. Diese Konzentration bringt dich sofort raus aus dem Stress-Modus und du kommst runter – physiologisch gesprochen: Puls wird langsamer, Blutdruck sinkt. Man kann es auch Meditation nennen – ganz klein und ganz alltagspraktisch.
Wie können Selbstständige Selbstzweifel in den Griff bekommen und ihr Selbstvertrauen stärken?
Um zu lernen, wie ich Selbstzweifel in den Griff bekomme, ist es gut zu wissen, wieso ich sie überhaupt habe. Wie entstehen Selbstzweifel? Was lässt mich als erwachsene Frau an mir zweifeln – und das, obwohl viele von uns Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen haben, Ehen gelebt, Trennungen überstanden, Kinder großgezogen und Jobs gemeistert haben.
Auf unserer persönlichen Lebenslinie stehen viele Erfolge – aber wir sehen sie nicht. Wir lieben es, unsere Schwächen zu betonen und die Fehler in den Mittelpunkt zu stellen. „War ja klar, dass ich das nicht geschafft habe.“ Anstatt: „Ich schau mal, was genau noch nicht funktioniert hat, und mache es beim nächsten Mal besser.“
Wir verallgemeinern gerne: Immer geht was schief. Hat alles keinen Sinn. Das wird nie gut gehen.
Um aus dieser Nummer rauszukommen, ist es klug, das wahrzunehmen, was gelingt, was gut ist, was einfach stimmt.
Auch hierzu habe ich einen Quick-Tipp:
Starte den Tag gleich morgens mit deinem persönlichen Journal. Schreib auf, auf was du dich freust und wofür du dankbar bist. Wenn du jeden Tag deine Gedanken auf positiv richtest, wirst du deutlich mehr positive Erfahrungen am Tag machen und viel öfter in einer guten Stimmung sein. Wir steuern über unser Gehirn unsere Emotionen. Deshalb ist diese Strategie so wirkungsvoll, wenn du sie regelmäßig anwendest.
Klimakrise, Krieg, Corona … Wie schaffen wir es, nicht an der Weltlage zu verzweifeln, sondern Vertrauen aufrechtzuerhalten?
Ja, genau. Auch mit diesen Erfahrungen gesund umzugehen, ist Resilienz. Warum leiden wir eigentlich an diesen Ereignissen und an den Nachrichten über diese Ereignisse? Es belastet, sich machtlos zu fühlen. Ich kann zwar zu einer Demo gehen oder spenden, aber letztlich doch nur sehr begrenzt etwas bewirken.
Deshalb hilft hier, der diffusen Bedrohung etwas entgegenzusetzen, was sehr real im Hier und Jetzt passiert:
Dem Gefühl, keine Kontrolle zu haben, kannst du entgegensteuern, indem du etwas tust, was du gut kontrollieren kannst, z. B. etwas kochen, im Garten neue Blumen pflanzen oder eine Yoga-Session einlegen.
Mach etwas, wobei du dich konzentrieren musst und Körper und Geist gleichzeitig trainierst. Das lenkt dich ab, z. B. Tanzschritte lernen, klettern oder jonglieren lernen. Dein Gehirn ist dann ausgelastet und hat keine Energie mehr für negative Gedanken.
Reduziere die Frequenz der Nachrichten. Einmal am Tag reicht, um auf dem Stand zu bleiben.
Eine raffinierte und intensive Strategie ist auch, dass du deine Sinne starken Reizen aussetzt: Ingwer und Chili, kalte Dusche, Lavendelbad. Wenn du mit allen Sinnen aufmerksam bist, ist dein Gehirn beschäftigt und hat keinen Platz mehr fürs Grübeln.
Schreib dir alles von der Seele. Aber nicht orthografisch perfekt und stilistisch optimiert, sondern expressiv. Also einfach schreiben, ohne Punkt und Komma. 20 Minuten lang. Das wirkt.
Kleiner Kommentar am Rande: Du darfst gut für dich sorgen, auch wenn woanders Krieg ist – ohne schlechtes Gewissen. Du hast Verantwortung für dich, deine Arbeit, deine Familie. Das bedeutet auch, dass du gesund bleiben musst, um für diese Menschen da zu sein. Das ist kein Egoismus.
Vielen Dank für das Interview, Bettina!
Selbstständig in Krisenzeiten – Wie mit Krieg und Katastrophen umgehen?
Wie können Selbstständige mit Krisen, Krieg und Katastrophen umgehen? Einige Vorschläge und Gedankenanstöße gibt es in diesem Blogartikel.
Es ist Krieg in Europa und wir sind alle fassungslos angesichts der unvorstellbaren Zerstörung und des unendlichen Leids der Menschen in der Ukraine.
Als Menschen fühlen wir mit den Opfern des Krieges mit. Möglicherweise weinen wir, verzweifeln und verstehen die Welt nicht mehr.
Als Selbstständige beschäftigen uns zusätzlich noch andere Fragen:
Soll ich mich zu den aktuellen Geschehnissen äußern oder lieber schweigen?
Wie soll ich mich gegenüber meinen Kund*innen verhalten?
Was soll ich auf Social Media sagen?
Darf ich in einer Krise überhaupt „normal“ arbeiten und Geld verdienen?
Muss ich jetzt meinen Launch absagen?
Darf ich auch erstmal völlig von der Bildfläche verschwinden?
Wie gehe ich als Selbstständige also mit Krisen, Krieg und Katastrophen um?
Einige Vorschläge und Gedankenanstöße habe ich dir im Folgenden zusammengetragen:
Inhalt
#1 Den ersten Schock verarbeiten
Die berühmte Sauerstoffmaske im Flugzeug – wir setzen sie uns immer zuerst selbst auf.
Noch bevor wir daran denken, anderen Menschen zu helfen, helfen wir zuerst uns. Das gilt nicht nur für Eltern und Kinder im Flugzeug, sondern auch für uns als Selbstständige.
Noch bevor wir also an Kund*innen, Social-Media-Posts oder anstehende Launches denken, sorgen wir erst einmal für uns und leisten uns erste Hilfe.
✅ Pause einlegen
Wenn du gerade nicht „business as usual“ machen kannst, kannst du dir ein guter Freund sein und auf den Pausenknopf drücken. Minuten, Stunden, Tage, Wochen – alles ist okay, wenn du es für dich einrichten kannst.
Dass du gerade nicht kreativ arbeiten kannst, hat einen Grund:
Laut der Maslow’schen Bedürfnispyramide müssen zuerst elementare Bedürfnisse erfüllt sein, bevor wir uns um „Luxusbedürfnisse“ wie Selbstverwirklichung kümmern können.
Will heißen: Solange Ängste und Sorgen dominieren und das Bedürfnis nach Sicherheit unerfüllt bleibt, ist es schwer für Menschen, kreativ zu arbeiten.
Somit hat es überhaupt keinen Sinn, sich zum Arbeiten zu zwingen. Sinnvoller ist es, eine Pause einzulegen und Selbstfürsorge zu betreiben: Laptop zuklappen, Social-Media-Apps deinstallieren oder Smartphone ganz ausschalten und sich etwas Gutes tun wie z.B. ein Spaziergang oder ein schönes Essen.
Du kannst partout nicht freimachen?
Vielleicht kannst du dich fragen:
Welche Aufgaben sind wirklich wichtig?
Was muss ich unbedingt heute machen und was kann ich auf später verschieben?
Welche Termine kann ich verlegen?
Was kann ich vielleicht ganz absagen, weil ich den Termin eh nicht wollte?
Und: Welche eine kleine Sache kann ich heute für mich tun, damit es mir ein bisschen besser geht?
✅ Gefühle verarbeiten
Es ist wichtig, dass wir uns Zeit nehmen, um in Kontakt mit unseren Gefühlen zu kommen, z.B. indem wir …
… in unseren Körper hineinspüren und uns fragen: Wie geht der Atem? Wie schlägt das Herz?
… unsere Gefühle benennen und kategorisieren, z.B. „Ich fühle mich wütend / ohnmächtig / traurig / ängstlich / ruhig.“
Es gibt keine „guten“ oder „schlechten“ Gefühle. All feelings are welcome.
Mir persönlich hilft der Austausch mit anderen.
Zu sagen „Ich bin fassungslos, wenn ich an all die Menschen denke, die jetzt sterben“ und zu hören „Du, mir geht es genauso. Es ist so unfassbar, was gerade passiert“, wird die Weltlage nicht verändern, aber es wird dir zeigen, dass …
du nicht alleine mit deinen Gefühlen bist
du verstanden und gesehen wirst
du auch in schwierigen Zeiten Verbindung zu anderen Menschen herstellen kannst
Weitere Möglichkeiten, dir deiner Gefühle klar zu werden und/oder sie zu verarbeiten:
Schreiben
Musik hören
Humor (Ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber es heißt nicht umsonst „Comic Relief“.)
❌ Schlechtes Gewissen und Rechtfertigungen
Alle anderen leiden, doch du kommst mit den Geschehnissen gut zurecht?
Es ist okay.
Genauso wie es in Ordnung ist, unter einer Krisensituation zu leiden, ist es natürlich auch völlig in Ordnung, resilient und stark zu sein. (Du weißt schon: All feelings are welcome.)
Es ist in Ordnung zu sagen: Ich sehe all das furchtbare Leid, das der Krieg hervorbringt, und es furchtbar, aber … ich bin soweit okay.
Es ist okay, okay zu sein.
Niemand braucht ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben.
Auch wenn du weitestgehend „normal“ arbeiten und dich konzentrieren kannst, musst du dich niemandem gegenüber rechtfertigen. Wenn dich deine Arbeit ablenkt und dir gut tut, umso besser.
❌ Toxische Positivität
Etwas anderes ist es, eigene Gefühle zu verdrängen oder den Sorgen und Ängsten deiner Mitmenschen „Es wird schon alles gut.“ oder „Wir sehen das jetzt mal positiv.“ entgegenzubringen.
Es spricht auch in Krisenzeiten nichts gegen Optimismus und eine zuversichtliche Lebenseinstellung.
Aber ein so starker Fokus auf das Positive, dass es zum Negieren, Ignorieren, Verdrängen oder Abstreiten von bestimmten Emotionen kommt und kein authentisches Empfinden mehr möglich ist, hilft niemandem.
Auch dir nicht.
❌ Zwang und Druck
Ich glaube: Wer sich als Business-Coach nicht dazu motivieren kann, auf den Kanälen Business-Tipps zu geben, kann davon ausgehen, dass es seiner Community ähnlich geht und sie gerade eh keinen Kopf für Businesstipps haben.
Ich würde mich nicht zum Arbeiten zwingen (oder zum Posten, Tippsgeben, Bloggen oder Newsletterschreiben), sondern vielmehr darauf vertrauen, dass ich wieder Freude und Motivation bei meiner Arbeit spüren werde, wenn es mir wieder besser geht.
#2 Menschlich sein
Als Selbstständige wollen wir in erster Linie als Expertin wahrgenommen werden.
Doch meiner Erfahrung nach sind Krisenzeiten eher dafür da, menschlich zu sein – auch unseren Kund*innen, Newsletterabonnent*innen oder Followern gegenüber.
✅ Gefühle teilen
Wer will, kann seine oder ihre Gefühle teilen und erzählen, wie es ihm oder ihr im Moment geht.
Ich habe meine Gefühle angesichts des Kriegs in der Ukraine in meinem Newsletter beschrieben und war überwältigt von den Reaktionen, der Anteilnahme und der Hilfsbereitschaft der Menschen.
✅ Verbindung suchen
Wenn du nicht weißt, was du angesichts der schrecklichen Ereignisse sagen sollst, kannst du auch „nur“ Verbindung suchen.
Einen Dialog starten.
Menschen fragen, wie es ihnen mit der Situation geht.
Zuhören.
Manchmal ist es genug, da zu sein und Kommunikationsräume zu eröffnen – selbst wenn du „im wahren Leben“ Webdesigner*in oder Fotograf*in bist.
❌ Dampf ablassen
Emotionen, die du selbst noch nicht klar gekriegt hast, würde ich persönlich nicht mit deiner Community teilen.
Bereits kategorisierte Gefühle zeigen („Ich bin zutiefst geschockt/traurig/wütend.“) – ja.
Deine Community nutzen, um Dampf abzulassen („Dieses verf*ckte A*schloch soll in der Hölle schmoren!!!“) – nein.
Worte, die du im Newsletter geschrieben oder auf Social Media geteilt hast, kannst du nicht so schnell wieder zurücknehmen.
#3 Solidarität zeigen
Nach dem ersten Schock und der Lethargie merken wir, dass wir dringend etwas tun müssen, weil wir sonst verrückt werden, wenn wir noch mehr von diesen schrecklichen Bildern sehen.
Nicht nur als Menschen, auch in unserer Funktion als Unternehmer*in können wir uns mit den betroffenen Menschen solidarisieren, unsere Anteilnahme zum Ausdruck bringen und Menschen helfen.
✅ Kleine Gesten
Es muss nicht immer gleich der große Wurf sein.
Ich habe, noch bevor ich in der Lage war, auch nur irgendetwas zu tun, ein gelbes und ein blaues Herzchen in meinen Footer eingebunden.
In einem der wenigen Newsletter, die ich noch abonniert habe, wurde eine Playlist mit heilsamen Songs geteilt.
Kleine Geste.
Große Wirkung (für mich persönlich).
Denke immer daran, dass eine (aus deiner Sicht) winzige Kleinigkeit einem anderen Menschen in schwierigen Zeiten eine große Hilfe sein kann.
Also:
Welche kleine Sache kannst du tun, um jemandem in dieser Zeit zu helfen?
✅ Geld spenden
In Krisenzeit wird vor allem Geld gebraucht. Und auch als Unternehmer*in kannst du natürlich einen Beitrag leisten und spenden.
✅ Größere Aktionen
Falls du bereits über ein größeres Netzwerk verfügst, kannst du auch deine Kolleg*innen zusammentrommeln und eine Spendenaktion organisieren.
Ich habe Anfang 2021 zum Beispiel ein „Online Festival“ zum Thema Pinterest veranstaltet.
Wir haben eine Woche lang kostenlos unsere Expertise zur Verfügung gestellt und Spenden für die Coronakünstlerhilfe gesammelt.
Und auch jetzt nutzen viele Influencer*innen ihre Reichweite und stellen größere Aktionen auf die Beine.
✅ Reichweite Betroffenen zur Verfügung stellen
Eine tolle Idee von Biathlet Erik Lesser:
Er stellt seinen Instagram-Account, auf dem er allein 30k russische Follower hat, ukrainischen Sportlern zur Verfügung, damit sie über den Krieg informieren.
❌ Blinder Aktionismus
Der Wunsch zu helfen, ist nur allzu verständlich.
Doch lass dich nicht von blindem Aktionismus anstecken, der weder dir noch den von der Krise betroffenen Menschen weiterhilft.
Wenn du spendest, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Spende bei einer vertrauensvollen Organisation ankommt. Beim Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen gibt es eine tagesaktuelle Liste von Hilsorganisationen sowie grundsätzliche Tipps fürs Spenden in Katastrophen- und Krisenfällen.
Wenn du spendest, sollte die Spende zielgerichtet sein. Sachspenden sind zwar nett gemeint, aber für die meisten Organisation sind Geldspenden um einiges sinnvoller.
Wenn du deiner Community helfen willst, kannst du überlegen, ob du das wirklich willst oder nur aus „Gruppendruck“ machst.
Nur weil viele deiner Kolleginnen in Krisenzeiten für ihre Community da sein wollen und spontan Workshops und Hilfsangebote auf die Beine stellen, heißt es nicht, dass es dein Weg sein muss.
❌ Über andere Hilfsangebote urteilen
Ich bin mir sicher: Wir alle tun gerade das, was in unserer Macht steht.
Politisches Engagement.
Persönliche Gespräche.
Liebe Nachrichten.
Ehrenamtliche Unterstützung.
Alles ist wichtig und richtig.
Es gibt hier kein Besser oder Schlechter.
Kein Richtig oder Falsch.
Wir brauchen jedes blau-gelbe Herzchen, jede Demo, jedes Gespräch, jeden Anruf, jeden Blogartikel, jede Meditation, jede Spende, jede Aktion, jede Vermittlung, jeder Übersetzung, jedes Lächeln, jede Mail, jedes „Heute lasse ich mein Auto stehen und fahre mit dem Fahrrad – Puck Futin!!!!“ und jeden Musiker, der sich jetzt vor die russische Botschaft stellt und für den Frieden spielt.
Gerade die Fülle und die verschiedenen Arten der Hilfen ist das Wunderbare.
#4 Business as usual?
Und wie geht es nun ganz konkret mit deiner Selbstständigkeit weiter?
✅ Kommunikation nach außen anpassen
In den meisten Fällen wird es das Beste sein, die Kommunikation nach außen anzupassen.
So wie große Fernsehsender auf die veränderte Weltlage reagieren und Sondersendungen bringen, kannst auch du als Selbstständige dein „Programm“ ändern und über die Krise sprechen.
Keine Angst übrigens, dass deine Expertise dadurch Schaden nimmt. Menschen brauchen in Krisenzeiten vor allem eins: andere Menschen.
Ob du deine für die Veröffentlichung geplanten Blogartikel und Social-Media-Posts auf Eis legst, musst du selbst entscheiden.
You do you.
❌ Falsche Informationen teilen
Mit Reichweite kommt Verantwortung.
Je mehr Reichweite wir haben, desto penibler sollten wir darauf achten, welche Informationen wir auf unseren Kanälen weiterverbreiten.
Vor allem Social Media lädt quasi dazu ein, vorschnell etwas zu teilen, das uns emotional berührt – nicht selten bewusst gestreute Falschinformationen.
Wie du Fakten auf ihre Echtheit überprüfst, erfährst du unter anderem hier.
✅ Geld verdienen während einer Katastrophe
Wenn du deine Arbeit plötzlich als banal empfindest … keine Panik. Egal, wie sehr du deinen Job liebst – das meiste auf dieser Welt wird klein und unbedeutend im Angesicht von Krieg, Leid und Pandemien.
Ich würde zu diesem Zeitpunkt deshalb keine voreiligen Entscheidungen („Ich schmeiss alles hin, denn mein gesamtes Business ist total sinnlos.“) treffen, sondern die Reflexion und Transformation auf später verschieben, wenn ich mich an die neue Situation adaptiert habe. (Gleich mehr dazu.)
Du darfst natürlich auch in Krisenzeiten Geld verdienen.
Denn es gibt einen großen Unterschied zwischen Geld verdienen während einer Katastrophe und Geld verdienen mit einer Katastrophe.
die Bäckerin, die weiterhin Brötchen backt
die Busfahrerin, der weiterhin Menschen von A nach B bringt
der selbstständige Yogalehrer, der weiterhin Kurse anbietet
die Marketingberaterin, die weiterhin andere Selbstständige berät
Sie alle haben gemeinsam, dass sie weiterhin ihrem Beruf nachgehen und Geld verdienen.
Daran ist erst einmal nichts Verwerfliches.
Denn egal, ob du nun angestellt, verbeamtet oder selbstständig bist – selbstverständlich brauchst du auch während einer Pandemie oder eines Krieges in Europa Geld zum Leben.
Doch im Gegensatz zu Angestellten bekommst du als Selbstständige kein festes Gehalt auf dein Konto, sondern musst selbst dafür sorgen, dass neue Aufträge reinkommen.
Und das kann in Krisenzeiten, wenn es dir selbst nicht gut geht, eine große Herausforderung und hohe Belastung sein.
Es kann sich merkwürdig anfühlen, Workshops zu halten und Logos zu designen, während es anderen Menschen so schlecht geht.
Verständlich.
Aber du darfst es.
Wirklich.
✅ Auf veränderten Bedarf reagieren
Es ist aus meiner Sicht auch nicht verwerflich, auf einen veränderten Bedarf zu reagieren.
Wenn du Meditationstrainerin bist und nun einen Beitrag leisten kannst, damit Menschen ihre Ängste und Sorgen verarbeiten und in diesen schweren Zeiten etwas Ruhe und Frieden finden, dann brauchen wir dich.
❌ Geld verdienen mit einer Katastrophe
Anders sieht es aus, wenn du Geld mit der Katastrophe zu verdienen planst.
So wie zu Beginn der Corona-Pandemie „clevere“ Unternehmer die damals beim medizinischen Personal so dringend benötigten FFP2-Masken aufkauften, um sie um ein Vielfaches weiterzuverkaufen.
So wie Politiker Maskendeals abschlossen.
Oder wenn jemand vulnerable Gruppen und von der Krise betroffene Menschen ausnutzt, um sich zu bereichern.
Ein ganz klares: Nope.
Mögen diese Menschen im Dunkeln auf einen spitzen Legostein treten.
#5 Heilen
Kommen wir zum letzten Punkt. Der Heilung.
Denn auch wenn wir es uns zu Beginn einer Krise nicht vorstellen können, aber wir Menschen haben die verrückte Eigenart, dass wir uns irgendwie an die äußeren Umstände anpassen.
An Wirtschaftskrisen.
An Pandemien.
An Krieg.
Meist gehen wir gestärkt aus einer Krise hervor und bauen Resilienz auf – auch als Selbstständige.
✅ Zeit zum Trauern
Zunächst einmal brauchen wir aber Zeit zum Trauern.
Selbst wenn wir niemanden im Krieg verloren haben, haben wir etwas anderes verloren: eine bestimmte Art von Zukunft.
Eine Zukunft in Gesundheit.
Eine Zukunft in Frieden.
Eine Zukunft in Sicherheit.
Wir brauchen Zeit, die Zukunft zu betrauern, die wir nicht mehr haben werden, weil jetzt Krieg herrscht.
Diese Tage und Wochen der Trauer fühlen sich schwer an, keine Frage. Aber sie sind so unfassbar wichtig, um weiterzumachen.
✅ Reflexion
Wenn sich die Welt verändert, verändern wir uns auch.
Als Menschen, aber auch als Selbstständige.
Um gestärkt aus einer Krise hervorzugehen, kannst du innehalten und nachspüren, was die Geschehnisse mit dir und deinem Unternehmen gemacht haben.
Frage dich:
Was ist es, das ich jetzt verstanden habe?
Was hat sich als wirklich wichtig herausgestellt?
Was habe ich über mich und andere Menschen gelernt?
Welche Privilegien haben sich in der Krise offenbart?
Haben sich meine Werte verändert?
Haben sich meine Ziele verändert?
Alle Antworten, die du auf deine Fragen findest, sind in Ordnung.
✅ Transformation
Wenn etwas gehen muss, können wir daran festhalten oder es gehen lassen.
Deine Nische.
Deine Produkte.
Deine Website.
Deine Wunschkund*innen.
Wir können alles loslassen, was durch die Erfahrungen aus der Krise nicht mehr passt – und Platz für Neues machen.
💡 Tipp zum Schluss: Notgroschen tut gut
Ich kann die Bedeutung eines Notgroschens für Selbstständige nicht genug betonen.
Selbst wenn in Europa Krieg herrscht – Rücklagen in Höhe von 3–6 Monatsgehältern schaffen zumindest Frieden im Hirn.
Mir persönlich tut es gut, zu arbeiten und mich ein Stück weit abzulenken.
Doch das Wissen, dass ich mir keinen Druck machen muss und einen Plan auch mal verschieben kann, hilft, nicht in Panik zu verfallen und geduldig mit mir zu sein.
Es ist in der Onlinewelt vielleicht ein ungewöhnlicher Rat, aber:
Spar dir das Geld für den drölfzigsten Onlinekurs (ich bin mir sicher, dass du eh schon genug weißt) und leg das Geld lieber beiseite, damit du im Fall der Fälle Rücklagen hast.

Themenwünsche?
Wenn dir ein wichtiges Thema im Blog fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freue ich mich auf deine Nachricht.