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Hier dreht sich alles um wertebasiertes Marketing ohne Social Media, Psychotricks und das übliche Marketing-Blabla.


Selbstständigkeit Alexandra Polunin Selbstständigkeit Alexandra Polunin

Warum ich kein Team habe und nichts daran ändern möchte

Team aufbauen oder kein Team aufbauen – das ist hier die Frage. Ich bin eindeutig Team #keinteam. Warum ich als Selbstständige kein Team habe und auch nichts daran ändern möchte, erzähle ich in diesem Blogartikel.

Es war einmal eine Frau, die vor fast neun Jahren beschloss, sich selbstständig zu machen. Schon bald hörte sie auf Facebook und auf Instagram, dass sie unbedingt ein Team bräuchte, um als erfolgreiche Onlineunternehmerin zu glänzen. So machte sie sich schnell daran, ein Team aufzubauen. Mit Mühe und Hingabe stellte sie kluge Köpfe zusammen, die ihr dabei helfen sollten, ihre Onlineprogramme einer großen Zahl von Menschen anbieten zu können. Doch je länger sie mit ihrem Team arbeitete, desto mehr merkte sie, dass irgendwas nicht stimmte. Statt der versprochenen Freude und Leichtigkeit spürte sie überwiegend Druck, Stress und Überforderung. Das fühlte sich nicht wie Erfüllung und Erfolg an, sondern wie ein Hamsterrad, das sie sich selbst geschaffen hat. Und schließlich traf die Frau eine wichtige Entscheidung …

Du hast es vermutlich schon geahnt: 

Die Frau in diesem Märchen bin ich. Und warum ich mich im Verlauf meiner Selbstständigkeit bewusst gegen ein Team entschied und wie das zu meinem persönlichen Happy End führte – davon will ich dir in diesem Blogartikel erzählen.

Es geht aber nicht nur um Teamaufbau, sondern auch um Geschäftsmodelle, Skalieren, Launchen und um das Allerallerallerwichtigste von allem und den Grund, warum ich mich (und vielleicht auch du) überhaupt selbstständig gemacht habe: Glück, Zufriedenheit und Frieden im Kopf.

Sascha Theobald hat mich zu diesem Blogartikel eingeladen. Und da wir in den letzten Wochen schon mehrmals so schön gemeinsame Sache gemacht haben (hier und bald auch hier), war ich natürlich gerne dabei, um meinen Weg von „Ich brauch’ unbedingt ein Team!“ zu „Ich bin happy ohne!“ zu schildern.

Das Gesamtpaket „Launchen, Outsourcen, Skalieren“ ist verlockend

Gehen wir noch einmal zu dem Anfang des Märchens zurück. 

Wer sich selbstständig macht und auf Instagram, Facebook und Co. die Businessblase betritt, lernt früher oder später, dass man unbedingt ein Team braucht, wenn man erfolgreich selbstständig sein will.

Nein, viel mehr noch: 

Man lernt, dass man sich gar nicht als „selbstständig“ bezeichnen, sondern als „Onlineunternehmerin“ sehen sollte, die an ihrem Business arbeitet (nicht in) und niemals, niemals (niemals!) Zeit gegen Geld tauscht.

Es ist ein schillerndes Gesamtpaket, das aus großen Launches, Outsourcen und Skalieren besteht und viele Menschen braucht, die es zusammenhalten. Nennen wir dieses System kurz: LOS! (So haben wir einen kompakten Namen für ein komplexes Gebilde und ich kann meine Schwäche für Akronyme ausleben.)

Und um das schillernde Lebensgefühl zu unterstreichen, sehen wir in den Social-Media-Posts Onlineunternehmerinnen, die es dank LOS! „geschafft“ haben. 

Sie feiern erfolgreiche Launches mit Champagner, lassen ihr Team Montag bis Freitag in die Schweiz zu einem Teammeeting einfliegen oder berichten von ihren sechs-, sieben- oder achtstelligen Jahresumsätzen, die es ihnen ermöglicht haben, eine Stiftung zu gründen.

Ich war sehr anfällig für diese Botschaften, denn sie sprachen genau das an, wonach ich mich zu Beginn meiner Selbstständigkeit sehnte: stabile Finanzen, Sichtbarkeit, Flexibilität und Erfolg.

LOS! zog mich magisch in seinen Bann. Ich war die Motte, die nur das Licht sah, aber nicht ahnte, was unweigerlich folgen sollte, wenn ich meinem Ziel zu nah kam …

Hinter der Social-Media-Fassade: Was „ein Team haben“ in der Realität bedeutet

Meine Erfahrungen mit einem Team starteten positiv.

2018 begann ich, die ersten Aufgaben an eine virtuelle Assistentin auszulagern. Zu Beginn waren es Dinge, die ich selbst nicht wusste, nicht gut konnte oder mit denen ich mich einfach nicht beschäftigen wollte. 

Das war eine große Hilfe und fühlte sich großartig an, weil ich so schneller voran kam, statt viele Stunden oder Tage für etwas zu nutzen, was jemand, die Ahnung hatte, in wenigen Minuten erledigen konnte.

2019 ging ich einen Schritt weiter und ließ die virtuelle Assistentin auch Aufgaben erledigen, die ich selbst eigentlich ganz gerne machte, aber von denen ich in meiner Hybris dachte: 

„Eine richtige Onlineunternehmerin beschäftigt sich nicht damit.“

Dann kam eine weitere virtuelle Assistentin für weitere Aufgaben dazu. Dann beauftragte ich zwei Kolleginnen, mich bei einem großen Onlineprogramm, das ich launchte, zu unterstützen. Und schließlich kam irgendwann eine weitere virtuelle Assistenz hinzu, deren alleinige Aufgabe es war, sich um meine Mails und die Antworten auf meine Newsletter zu kümmern.

Nach außen hatte ich ein Team, das mir bei meinem florierenden Onlinebusiness half. Nach innen hatte ich ganz schön damit zu knabbern:

Problem #1: Zeit

Je größer das Team wurde, desto mehr Zeit verbrachte ich damit, mit meinen Teammitgliedern zu kommunizieren, Aufgaben zu delegieren, ihnen Feedback zu geben oder sie zu motivieren, und immer weniger Zeit mit meinem eigentlichen Job. 

Irgendwann nutzte ich öfter Projektmanagementtools und Slack als den damaligen Schwerpunkt meiner Beraterinnentätigkeit (Pinterest). 

Problem #2: Geld 

Wer viele Menschen beschäftigt, muss sie auch bezahlen. Und das heißt, dass man jeden Monat einen bestimmten Betrag aufbringen muss – egal, was passiert. Das ist – je nach Teamgröße – jeden Monat ein großer Batzen Kohle.

Problem #3: Energie

Wenn Launches klappen MÜSSEN, Strategien aufgehen MÜSSEN, Marketing funktionieren MUSS, ist das eine Menge Zwang. Und das hat mich nicht nur unter Druck gesetzt, sondern auch wie ein Dementor jegliche Kraft aus meinem Körper gezogen. Ich fühlte mich gestresst und hibbelig und unter Strom und war so gar nicht mit mir im Einklang.

Problem #4: Persönlichkeit

Das hatte natürlich viel mit meiner Persönlichkeit zu tun. Ich bin introvertiert und ziehe meine Energie aus Zeiten, in denen ich für mich bin. Mit einem Team hatte ich aber täglich mit anderen Menschen zu tun. Das mag für extrovertierte Menschen okay sein – mich hat das ausgelaugt und dafür gesorgt, dass ich mich niemals vollständig erholen konnte. 

Problem #5: Unethisches Marketing

Programme, die mit möglichst vielen Teilnehmenden gefüllt werden MÜSSEN, sorgten dafür, dass ich Marketingstrategien nutzte, die mir Bauchschmerzen bereiteten. Ich sag nur: künstliche Verknappung („Schnell, die Türen schließen gleich!“), FOMO („Verpass’ nicht das Webinar, in dem ich …“) und Co. Das fühlte sich ätzend an und zog mir Energie, sodass sich #3 noch verstärkte.

Problem #6 Hamsterrad

Letzten Endes entpuppte sich LOS! für mich als ein klassisches Hamsterrad. Ich drehte mich immerzu im Kreis. Nach dem großen Launch war vor dem großen Launch. Und wenn ich mich fragte, wie lange ich noch so weiter machen wollte, hätte ich am liebsten geheult.

Dieses Gefühl „Ein Team ist einfach nicht das Richtige für mich…“ 

Ich hatte lange Zeit das Gefühl, dass LOS! irgendwie nicht das Richtige für mich war. 

Doch solange ich mich auf Social Media aufhielt und täglich gesagt bekam, dass das die einzige legitime Art und Weise war, eine Onlineunternehmerin zu sein, traute ich mich gar nicht, meine Selbstständigkeit auch nur anders zu denken.

Erst als ich Social Media verließ und mich – endlich! – damit beschäftige, was ich eigentlich von meiner Selbstständigkeit wollte, dämmerte mir, dass ein Team nicht dazu gehörte.

Ich verstand, dass LOS! absolut nicht das richtige Geschäftsmodell für mich war, weil es mich dazu zwang, Werbeanzeigen zu schalten, zu launchen und meist manipulatives Marketing zu praktizieren – schließlich müssten die Onlineprogramme ja irgendwie voll werden.

Mir wurde klar, dass LOS! mit einer großen Komplexität und einem hohen Organisationsaufwand kam, die ich, wenn ich ehrlich war, nicht in meinem Leben haben wollte. 

Ich erkannte endlich auch die Widersprüchlichkeit, die hinter LOS! steckt:

  • Auf Social Media wird LOS! als Garant für ein finanziell freies, flexibles Leben dargestellt.

  • In Wirklichkeit macht LOS! nicht frei und flexibel, sondern abhängig, weil wir auf einmal jeden Monat ein Team finanzieren müssen.

LOS! ist somit nicht der Ausweg aus dem Hamsterrad. LOS! ist das Hamsterrad.

Und als ich alles, was ich nicht wollte, aus meinem Berufsleben eliminierte, wusste ich endlich, was ich stattdessen wollte:

Schreiben. 

Soloselbstständigkeit – it’s not a bug, it’s a feature! 

Seit ich Social Media verlassen und mich von LOS! verabschiedet habe, bestehen meine Tage in der Hauptsache aus Schreiben und damit genau so, wie ich sie haben will.

Ich habe Anfang 2022 ein Buch im Selfpublishing veröffentlicht.

Und noch eins Ende 2022.

2024 ist mit „No Social Media!“ mein erstes Verlagsbuch erschienen. 

Mein eigenes Marketing besteht aus meinem Blog, meinem Podcast (der immer schreibend beginnt) und meinem Newsletter.

Und auch meine Marketingberatung dreht sich zu einem großen Teil ums Schreiben.

Damit sind wir am Ende des Blogartikels angelangt und der Erkenntnis, dass die Soloselbstständigkeit (für mich) kein bug, sondern ein feature ist.

Die Soloselbstständigkeit ist (für mich) kein Einstieg (mehr), um ein Unternehmen mit freien Mitarbeiterinnen oder Angestellten aufzubauen. Sie ist eine bewusste Entscheidung für ein bestimmtes Lebensgefühl und für Unabhängigkeit, Flexibilität, Zeit für kurzfristige Projekte und Raum für Spontaneität.

Ich sehe mich nicht als Einzelkämpferin, sondern als Einzelkreative. Ich bin nicht selbst und ständig, sondern ständig ich selbst

Ich befinde mich den überwiegenden Teil meines Arbeitstages in meiner Zone of Genius, die aus Schreiben oder Schreibberatung besteht, und muss mich nicht mehr mit Recruiting, Teammeetings, Teamdynamik oder Teambuilding beschäftigen.

Genau so will ich's haben.

Geht’s dir damit ähnlich? Glaub mir: Es ist fein.

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Marketing Alexandra Polunin Marketing Alexandra Polunin

10 Argumente gegen personalisierte Werbung auf Social Media

Kritische Perspektive auf personalisierte Werbeanzeigen in sozialen Medien: Im Blogartikel nenne ich zehn wichtige Argumente, die gegen die Nutzung von Social-Media-Ads sprechen.

Seit ungefähr 2,5 Jahren nutze ich keine Werbeanzeigen mehr in meinem Marketing.

Angefangen hat das Ganze eher unfreiwillig: Nachdem ich jahrelang auf Facebook und Instagram Werbung geschaltet hatte, wurden meine Ads von einem Tag auf den anderen nicht mehr ausgespielt.

Einfach so.

Ich hatte die Werbeanzeigen genauso erstellt, wie ich sie seit vier Jahren immer erstellte. Und ich nutzte genau die Kampagnenziele, die ich immer nutzte. Der Werbeanzeigenmanager zeigte an, dass alles korrekt war – doch die Anzeigen gingen nicht raus und es wurde kein Geld verbraucht.

Auch zwei Marketingberater*innen, die sich auf FB-Ads spezialisiert hatten und die ich in meiner Verzweiflung buchte und drüber gucken ließ, konnten nicht herausfinden, woran es lag. „Alles sieht korrekt aus“, so das einhellige Urteil. „Eigentlich müsste es funktionieren …“

Tat es aber nicht. Auch der Facebook-Support konnte mir nicht weiterhelfen. Oder besser gesagt: Wollte es nicht. Nach zwei Mal hin und her mailen bekam ich die leicht gereizte Antwort, dass ich doch bitte davon Abstand nehmen sollte, sie weiterhin zu kontaktieren.

Da stand ich nun kurz vor einem Launch, bei dem ich felsenfest mit Werbeanzeigen gerechnet hatte. Und der Facebook-Werbeanzeigenmanager zeigte mir den Stinkefinger.

Zuerst war ich entsetzt. Schließlich waren Werbeanzeigen ein essentieller Bestandteil in meinem Marketing. Doch schon bald nahmen meine Bemühungen, mein Werbeanzeigenkonto wieder zum Laufen zu bringen, eine andere Richtung – die entgegengesetzte.

Und heute, 2,5 Jahre später, schalte ich freiwillig und ganz bewusst keine Werbeanzeigen mehr in meinem Marketing. 

Warum, erzähle ich dir in diesem Blogartikel.

Argumente für personalisierte Werbung auf Social Media

Doch lass uns zunächst einmal über die Argumente für Werbeanzeigen sprechen. Vermutlich sind sie dir auch wohlbekannt. Denn in der Marketingwelt ist diese Ansicht dominant:

  • Wir können mit Werbeanzeigen gezielt eine bestimmte Gruppe von Menschen ansprechen. Frauen zwischen 30 und 40 aus München, die gerne golfen? Kein Problem mit dem mächtigen Werbeanzeigenmanager!

  • Wir können bestimmte Posts, die organisch zu wenige Menschen aus unserer Community erreichen, gezielt pushen und einer größeren Gruppe von Menschen ausspielen.

  • Wir können unsere Freebies, Webinare & Co bewerben und so erfolgreich unsere E-Mail-Liste aufbauen oder launchen.

  • Reichweite aufbauen, Sichtbarkeit erhöhen und Skalieren gehen mit Werbeanzeigen viel schneller als ohne.

  • Wir können mit sogenannten Retargeting-Kampagnen die Menschen kontaktieren, die sich ein Produkt von uns angeguckt oder in den Warenkorb gelegt haben. Damit können wir Verkäufe ankurbeln und Umsätze steigern.

An sich will ich diesen Argumenten auch gar nicht widersprechen. Doch was viel seltener thematisiert wird, sind die vielen Argumente, die gegen Werbeanzeigen, insbesondere personalisierte Werbung, sprechen. 

Hier kommen zehn davon.

Argumente gegen personalisierte Werbung auf Social Media

#1 Das Abhängigkeits-Argument

Aus meiner Geschichte, die ich zu Beginn des Textes geteilt habe, wird deutlich: Wenn wir unser gesamtes Marketing auf Werbeanzeigen aufbauen, machen wir uns verdammt abhängig.

Solange alles reibungslos funktioniert, finden wir Abhängigkeit meist gar nicht schlimm. Doch sobald etwas nicht so läuft, wie es soll, merken wir, dass Abhängigkeit zum Problem werden kann.

Es gibt eine Menge Dinge, die passieren können, obwohl wir uns überhaupt nichts zu Schulden kommen lassen und keine Communityrichtlinien verletzen.

Meine Geschichte, dass ich von einem Tag auf den anderen einfach keine Anzeigen mehr schalten konnte, ist vergleichsweise harmlos.

Es gibt Onlineunternehmer*innen, deren Konten werden trotz gutem Passwort und Zweifaktor-Authentifizierung gehackt und gesperrt. Mit gravierenden Folgen für alle Beteiligten. 

Und manchmal passiert das sogar im großen Stil, zum Beispiel wenn Facebook-Mitarbeitende gegen Bezahlung externen Unternehmen Zugriff auf Tools zur Kontowiederherstellung geben.

Wenn darüber hinaus der Facebook-Support die Nutzer*innen mit ihren gehackten, gesperrten oder nicht funktionierenden Konten alleine lässt, ist das keine gute Kombination.

Abhängigkeit von einer Social-Media-Plattform klingt total normal? Ist es nicht. Mit anderen Marketingstrategien ist es nämlich so: 

Falls mich mein Newsletter-Tool irgendwann nervt, kann ich meine E-Mail-Kontakte exportieren und zu einem anderen Anbieter wechseln. Falls ich irgendwann Squarespace nicht mehr gut finden sollte, kann ich wieder zu WordPress wechseln. Falls ich Probleme mit meinem Podcast-Hoster hätte, würde ich einfach einen anderen nehmen. 

Doch bei Werbeanzeigen? 

Falls Meta und Co. irgendetwas an der Funktionsweise ändern oder unser Konto nicht mehr funktioniert, können wir nicht einfach unsere sieben Sachen packen und zu einer Konkurrenzplattform wechseln. Solange wir Werbeanzeigen schalten wollen, sind wir an diese Plattformen gebunden.  

#2 Das Privatsphäre-Argument

Die Werbung, die wir auf Social Media schalten können, ist nicht einfach nur Werbung. Sie ist personalisierte Werbung.

Im Gegensatz zu Massenwerbung bekommen Menschen bei personalisierter Werbung die Themen angezeigt, für die sie sich interessieren. Passgenau. Individuell. Zielgerichtet. 

Was für alle Beteiligten praktisch klingt, ist bei näherem Hinsehen problematisch. Denn wie genau funktioniert personalisierte Werbung auf Social Media überhaupt?

Zunächst einmal, indem ein Unternehmen wie Meta Daten zu einem Wirtschaftsgut erklärt

Alles, was wir auf Facebook oder Instagram tun, wird deshalb registriert, gemessen und gespeichert. Ebenso das, was wir außerhalb von Facebook und Instagram online tun.

Websites, die den Meta-Pixel eingebunden haben, geben alle Informationen an Meta weiter: was wir im Netz lesen, wie lange wir uns Videos angucken, was wir in den Warenkorb gelegt haben (aber nicht kaufen) uvm. Diese Informationen über uns werden an Werbetreibende verkauft. Damit möglichst viele dieser Daten erhoben und verkauft werden können, ist Metas oberstes Ziel, dass Menschen so lange wie möglich auf der Plattform bleiben. Algorithmen, die emotionalisierende Inhalte pushen, helfen dabei. ⬅️ Das ist Metas Geschäftsmodell in a nutshell. 

Die Harvard-Professorin und Autorin Shoshana Zuboff spricht in ihrem gleichnamigen Buch von einem „Überwachungskapitalismus“. Konzerne wie Meta (aber auch Google oder Microsoft) sammeln, analysieren und speichern eine große Menge an Daten über Menschen und ermöglichen damit, das Verhalten der Menschen zu beeinflussen (um nicht zu sagen: zu manipulieren). 

Für Zuboff stellt das Geschäftsmodell mit den Daten demokratische Normen in Frage, was sich in der Vergangenheit vielfach bestätigt hat:

Mikrotargeting mag also nach einer tollen Chance für Selbstständige und Unternehmen klingen, ja. Doch es stellt eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie dar, die so langsam nicht mehr wegdiskutiert werden kann. 

Besonders ärgerlich ist es, wenn der Einsatz des Meta-Pixels „aus Versehen“ oder unreflektiert passiert, wie jüngst bei der Polizei in Großbritannien. Sie hatte den Pixel auf einer Seite verwendet, auf der Menschen häusliche oder sexualisierte Gewalt melden konnten. Die Folge: Durch den Pixel gab die Polizei diese sensiblen Informationen an Meta weiter, sodass Meta jetzt genau weiß, wer potentiell von häuslicher / sexualisierter Gewalt betroffen ist. 

Wer nun sagt, dass er doch gar nichts zu verbergen habe, sei daran erinnert, dass Privatsphäre ein Grundrecht ist, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Charta der Grundrechte verankert ist.

Es geht nicht darum, ob wir etwas zu verbergen haben, sondern darum, dass es Grundrechte zu schützen gilt. Schließlich setzen wir ja auch nicht gleich die Meinungsfreiheit außer Kraft, nur weil wir mal nichts zu sagen haben.(1)

#3 Das Rechtsargument

Das Problem ist aber nicht nur, dass Unternehmen wie Meta all diese Daten erheben, analysieren, verarbeiten, speichern und verkaufen. Das Problem ist auch, dass sie es meist ohne das explizite Einverständnis der Menschen tun. 

Denn auch wenn die meisten Selbstständigen, Onlineunternehmer*innen und Unternehmen auf personalisierte Werbung setzen, heißt es nicht, dass sie es rechtskonform tun. 

Die Rechtslage (2) sieht zur Zeit so aus, dass Websitenbetreiber*innen dafür verantwortlich sind, den Meta-Pixel datenschutzkonform einzubinden. Ein Hinweis zum Meta-Pixel in den Datenschutzhinweisen reicht dazu nicht aus. 

Datenschutzkonform ist die Nutzung des Meta-Pixels meinem Verständnis (2) dann, wenn

  • Menschen aktiv in die Nutzung ihrer Daten für Werbezwecke einwilligen (Opt-in)

  • Menschen der Nutzung ihrer Daten für Werbezwecke widersprechen können (Opt-out)

  • der Meta-Pixel erst dann lädt und Daten erhebt, nachdem das Einverständnis erteilt wurde

Gerade der letzte Punkt ist technisch wohl nicht immer so leicht umzusetzen und verlangt – je nach CMS und Cookie-Banner – Coding-Kenntnisse.

#4 Das Ethik-Argument

Doch selbst wenn der Einsatz des Meta-Pixels rechtskonform ist und sich Selbstständige und Unternehmen offiziell nichts „zu Schulden“ kommen lassen – die wenigsten Menschen blicken wohl wirklich durch, was passiert, wenn sie beim Cookie-Banner auf „Annehmen“ klicken.

Hinzu kommt noch, dass es inzwischen eine ganze Marketingdisziplin gibt, die sich damit befasst, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, möglichst viele ihrer persönlichen Daten preiszugeben, damit möglichst zielgerichtete Werbeanzeigen geschaltet werden können

Consent Optimization nennt sich das, und es geht im Großen und Ganzen darum, durch ein spezielles Wording oder Design Menschen dazu zu „motivieren“, Cookies zu akzeptieren.

Diese Consent-Optimierung öffnet Tür und Tor für sogenannte „Dark Patterns“ – Strategie-, Design- oder Sprachmuster, die Menschen zu einem bestimmten Verhalten verleiten und ethisch fragwürdig sind.

Auch die Social-Media-Plattformen selbst bedienen sich natürlich solcher Dark Patterns, um Menschen dazu zu bringen, der Nutzung ihrer Daten zuzustimmen. Zum Beispiel, indem der Annehmen-Button in einer auffälligeren Farbe gestaltet wird als der Ablehn-Button.

#5 Das Zukunftsargument

Auch ob personalisierte Werbung in der aktuellen Form so zukunftsfähig ist, darf bezweifelt werden. 

Surprise, surprise: Selbstständige und Unternehmen (und Politiker*innen) finden es vielleicht gut, personalisierte Werbung zu schalten. Doch die meisten Menschen finden es eben nicht gerade toll, getrackt zu werden.

Und Unternehmen wie Apple tragen dem Rechnung, indem sie seit iOS 14.5 es ermöglichen, Tracking für bestimmte Apps – und dazu gehören auch Facebook und Instagram – abzulehnen. 

Natürlich macht das Apple nicht (nur) aus Menschenliebe oder aus Spaß an der Freude – auch wenn es die Apple-Bosse sicherlich freut, dass das ihren Konkurrenten Meta rund 10 Milliarden Dollar im Jahr kostet –, sondern aus wirtschaftlichem Interesse.

Doch das grundsätzliche Problem bleibt: Metas Geschäftsmodell setzt voraus, dass sich Menschen freiwillig und ohne zu mucken tracken lassen. Und ob das für jetzt bis in alle Zeit so gelten wird? 

Gleichzeitig gibt es in letzter Zeit auch aus der Politik entsprechende Zeichen:

In Norwegen wurde jüngst personalisierte Werbung für drei Monate verboten.

Und auch im Europaparlament gibt es Bestrebungen, personalisierte Werbung zu verbieten.

Mit anderen Worten: Dass die Politik ewig dabei zusehen wird, wie Meta und Co. Daten im großen Stil und ohne das explizite Einverständnis der Menschen sammeln und die Konsequenzen stillschweigend in Kauf nehmen, darf bezweifelt werden.

#6 Das „Mehr ist nicht immer besser“-Argument

Menschen, die für den Einsatz von Werbeanzeigen mit dem Argument „Wir können mit Werbeanzeigen schneller wachsen und skalieren als ohne Werbeanzeigen.“ plädieren, scheinen stillschweigend davon auszugehen, dass „mehr“ immer „besser“ ist.

Doch das ist aus meiner Sicht nicht zwingend der Fall. Ich selbst habe zum Beispiel folgende Erfahrungen gemacht:

  • Menschen, die mich durch Ads fanden, waren anders als die Menschen, die wegen eines Interviews, einer Empfehlung oder eines Blogartikels auf mich aufmerksam wurden. Seit ich keine Werbeanzeigen mehr schalte, habe ich es auch deutlich seltener mit ausfallenden, unfreundlichen und unangenehmen Menschen zu tun.

  • Werbeanzeigen führten bei mir zu einer höheren Abmelderate beim Newsletter, weil sie vermutlich auch viele Freebiejäger erreichten, die sich einfach nur das Freebie schnappen wollten, aber gar kein Interesse daran hatten, den Newsletter zu abonnieren. Seit ich keine Werbeanzeigen mehr nutze (und auch keine Freebies mehr habe), ist die Abmelderate deutlich gesunken, während die Öffnungs- und Klickrate gestiegen sind.

Stellen wir doch einfach mal zwei Situationen gegenüber.

Lara scrollt durch ihren Instagram-Feed und sieht eine Werbeanzeige für ein kostenloses Downloadprodukt. Innerhalb von wenigen Sekunden beschließt sie, sich das Downloadprodukt zu holen, indem sie ihre E-Mail-Adresse rausrückt. Lara weiß noch gar nicht so viel über die Person, deren Newsletter sie abonniert hat. Und sie hat sich auch streng genommen gar nicht zum Newsletter anmelden wollen – sie wollte nur das PDF. 

Ein anderes Szenario:

Ben ist Fan eines bestimmten Podcasts. In der letzten Folge wurde eine Person zu einem spannenden Thema interviewt. Nach fast einer Stunde Interview hat Ben eine Menge über den Werdegang, das Thema und die Ansichten dieser Person erfahren. Und als er dann zu ihr auf die Website geht, steuert er gezielt die Newsletteranmeldung an. Er weiß ganz genau, dass er auch in Zukunft mehr von dieser Person hören will.

Nun ist damit natürlich nicht gesagt, dass sich Lara sofort vom Newsletter abmelden und Ben bis in alle Ewigkeiten im Newsletter bleiben wird – auch Bens melden sich vom Newsletter ab, wenn sich ihre Interessen oder persönlichen Umstände ändern. Doch die Voraussetzungen bei Lara und Ben sind einfach völlig unterschiedliche.

Mehr ist nicht immer besser. Die richtigen Menschen sind besser.

Und was sind die richtigen Menschen? Aus meiner Sicht sind das Menschen, die genügend Zeit hatten, um eine informierte Entscheidung für oder gegen einen Newsletter, ein Webinar oder ein Produkt zu treffen. Und das ist bei Werbeanzeigen, wo wir Entscheidungen innerhalb von wenigen Sekunden treffen, nur selten der Fall.

#7 Das „Wir können nicht mehr unbegrenzt wachsen“-Argument

„Klingt ja schön und gut“, kriege ich manchmal von erfahrenen Onlineunternehmer*innen gesagt, „aber ohne Werbeanzeigen ginge mir das viel zu langsam.“

Da gebe ich ihnen Recht: Ohne Werbeanzeigen geht Wachstum viel langsamer.

Doch könnte das nicht auch … eine gute Sache sein?

Wir leben in einer Zeit, in der wir mehr und mehr verstehen, dass wir nicht mehr so wirtschaften können wie bisher. Wir merken, dass unbegrenztes Wachstum unsere Welt zerstört und unsere Gesundheit. Wir sehen, dass Unternehmen, die ohne Kopplung an Werte wachsen, das meist auf Kosten von Sicherheit, Privatsphäre und Moral tun. 

Wollen wir da wirklich mitmachen? Muss es denn wirklich immer um maximalen Gewinn gehen? 

Oder wollen wir unser Wachstum verantwortungsbewusst gestalten? Zum Beispiel, indem wir klare rote Linien ziehen und auf Dark Patterns oder personalisierte Werbung verzichten?

#8 „Es geht gar nicht schneller“-Argument

Doch es gibt noch ein zweites Argument gegen die „Mit Werbeanzeigen geht Wachstum viel schneller“-These: Sie trifft nur auf diejenigen zu, die sich mit Werbeanzeigen auskennen.

Mir war das zu Beginn meiner Selbstständigkeit auch nicht so klar. Ich dachte, ich setze eine Werbekampagne auf und – schwupps – bringt sie mir zuverlässig neue Menschen in meinen Newsletter. 

So einfach ist es dann nicht. Wer als Neuling das erste Mal in einen Werbeanzeigenmanager reinguckt, ist erst einmal komplett überfordert. Er benötigt Tage, wenn nicht gar Wochen, um sich einzuarbeiten und alle wichtigen Funktionen zu verstehen. Denn das Ding ist komplex.

Dann dauert es weitere Wochen, bis der Pixel genügend Daten liefert und sogenannte Custom Audiences so aufgebaut sind, dass man sie sinnvoll nutzen kann.

Die ersten Werbekampagnen funktionieren meist eher so semigut, sodass viele Tests notwendig sind, bis man die Kombination aus Zielgruppe, Anzeige und Text hat, die gute Ergebnisse bringt. 

Werbeanzeigen sind nicht notwendigerweise eine Abkürzung – sie sind ein großes, neues, komplexes Feld, das man verstehen und durchdringen muss, bevor man wirklich sagen kann, dass es gut läuft.

Ads sind damit eine viel längerfristige Strategie, als viele Selbstständige glauben. Gefühlt kommen auf jeden Onlineunternehmer, der behauptet, dass er mit Ads so tolle Ergebnisse einfährt, einhundert, die daran verzweifeln. 

#9 Das „Die Menschen sind genervt“-Argument 

Auf die Frage, warum Meta nicht einfach aufhört, personalisierte Werbung zu zeigen, antwortet das Unternehmen 2020:

„The answer is that we believe that personalized advertising provides the best experience for people and the best value for businesses – particularly small businesses, which make up the vast majority of Facebook’s nine million active advertisers across our services.“ (Quelle

Unternehmen wie Meta tun gerne so, als wäre personalisierte Werbung für alle Beteiligten eine „tolle Erfahrung“, doch was ist die Aussage wert angesichts der Tatsache, dass personalisierte Werbung nun mal den Kern eines Unternehmens wie Meta trifft? 

Wer personalisierte Werbung kritisiert, kritisiert damit auch Metas Geschäftsmodell. Natürlich würde sich Meta niemals die Geschäftsgrundlage entziehen, indem das Unternehmen sagt, dass die Kritik an personalisierter Werbung berechtigt ist. 

Und so toll scheint die Erfahrung für die Menschen, die die Werbeanzeigen letzten Endes sehen, dann doch nicht zu sein. Einige Zahlen:

  • Nur 11% der befragten Menschen wollen laut einer Studie von YouGov überhaupt personalisierte Anzeigen sehen. 57% wollen überhaupt keine personalisierte Anzeigen sehen. 26% keine politischen personalisierten Anzeigen. (Quelle)

  • Laut einer Studie von European netID Foundation ist die Hälfte der befragten Deutschen von der ungefragten Datenweitergabe genervt. (Quelle)

  • 75% der Deutschen empfinden laut einer Studie von Ogury personalisierte Werbung auf Mobilgeräten als nervig. (Quelle)

Die Genervtheit der Menschen ist verständlich. Wer will denn zum Beispiel als 60-Jähriger Werbung für Inkontinenzeinlagen sehen, nur weil er … eben ein bestimmtes Alter erreicht hat? Oder Werbung für High Heels, nur weil jemand … eben eine Frau ist?

Außerdem stellt sich bei vielen Menschen auch das „Big Brother is watching you“-Gefühl ein. Da haben sie sich nur in einem Onlineshop ein paar Schreibtischstühle angeguckt und kaum machen sie Instagram auf, werden ihnen genau dieselben Produkte angezeigt. Die wenigsten verstehen wohl genau, wie das technisch funktioniert. Und selbst, wer über die Existenz des Pixels Bescheid weiß – das Gefühl, beobachtet zu werden, bleibt. (Und ist alles andere als angenehm.)

Meta is watching you. Egal, was wir im Netz machen, Mark Zuckerberg schaut zu.

#10 Das Investitionsargument

Sind Werbeanzeigen also wirklich eine so gute Investition? Bei der Antwort würde ich nicht lediglich den finanziellen Aspekt berücksichtigen, sondern auch den Faktor Zeit, Energie, Headspace oder Nerven

Personalisierte Werbung bindet Ressourcen auf allen Ebenen, und sogar wenn FB-Ads ganz okaye Ergebnisse bringen, kann es sein, dass sie uns den letzten Nerv rauben und uns das Leben insgesamt schwerer machen.

Will ich mich mit dem Thema beschäftigen? Will ich mich da weiterbilden? Will ich ständig Dinge testen und optimieren? Will ich täglich meine Kampagne checken? Oder will ich jemanden beauftragen, die Werbekampagnen für mich zu managen? Wie viel Zeit kostet mich das Thema Werbeanzeigen? Und wie viel Energie? Wie viel Geld? Was könnte ich stattdessen tun? Ist es den ganzen Aufwand wert? Wie würde mein Leben ohne Werbeanzeigen aussehen? 

All das sind legitime Fragen, die bei der Entscheidung für oder gegen Werbeanzeigen eine Rolle spielen können. 

Was ist denn die Alternative zu personalisierter Werbung?

Eine Alternative für unbegrenztes Wachstum habe ich nicht. Aber ich habe eine Alternative für verantwortungsbewusstes Wachstum: kontextualisierte Werbung.

Kontextualisierte Werbung bedeutet, dass Werbung passend zu bestimmten Kontexten erscheint.

Personalisierte Werbung mag mehr Aufmerksamkeit erhalten. Doch kontextualisierte Werbung hat eine höhere Akzeptanz. Außerdem ist kontextualisierte Werbung ein wachsender Markt, der von 106 Milliarden Dollar 2017 auf über 400 Milliarden 2025 wachsen soll. (Quelle)

Wer zum Beispiel in einem Podcast interviewt wird und am Ende des Podcasts auf die Website, den Newsletter oder Onlinekurse verweist, macht auch „Werbung“ für sein Zeugs. Doch:

  • Dafür müssen keine Daten von Menschen gesammelt werden. Jeder Mensch, der den Podcast hört, hört genau dieselbe Botschaft.

  • Nachdem sich jemand ein 30- oder 60-minütiges Interview zu einem bestimmten Thema angehört hat, kommt ein Hinweis zu einer Website oder einem Produkt nicht überraschend, sondern ergibt sich aus dem Kontext. 

Fazit: Es gibt viele Argumente, die gegen Social-Media-Ads sprechen

Personalisierte Werbung ist für die meisten Selbstständigen und Unternehmen nicht mehr aus dem Marketing wegzudenken. Doch neben den zweifelsohne vorhandenen Pro-Argumenten für personalisierte Ads, gibt es auch viele Argumente dagegen:

#1 Abhängigkeit: Wir machen uns abhängig. Vor allem, wenn unser gesamtes Marketing auf Ads beruht.

#2 Privatsphäre: Für personalisierte Werbung muss das Onlineverhalten von Menschen im großen Stil getrackt werden. Das ist in den meisten Fällen ein Angriff auf die Privatsphäre der Menschen.

#3 Datenschutzrecht: Websitebetreiber*innen sind für die rechtskonforme Einbindung des Meta-Pixels verantwortlich, doch das ist technisch nicht immer so leicht umzusetzen (vor allem, dass der Pixel erst nach dem Einverständnis lädt).

#4 Ethik: Statt Menschen über die Nutzung ihrer Daten aufzuklären, geht es im Marketing immer mehr um „Consent Optimization“, also darum, durch Tricks im Wording und Design möglichst viele Menschen dazu zu bringen, auf „Cookies annehmen“ zu klicken.

#5 Zukunftsfähigkeit: Wie zukunftsfähig Metas Geschäftsmodell mit personalisierter Werbung ist, ist die Frage. Apple bietet inzwischen die Möglichkeit, Tracking abzulehnen, und auch die Politik macht Druck.

#6 Mehr ist nicht immer besser: Wer Menschen ausreichend Zeit gibt, sich für einen Newsletter, ein Webinar oder ein Produkt zu entscheiden, erhöht die Chance, die richtigen Menschen zu erreichen und letzten Endes Abmeldungen zu reduzieren.

#7 Wachstum: Es sollte nicht um maximalen Gewinn gehen, sondern um verantwortungsbewusstes Wachstum. Selbstständige und Unternehmen brauchen Werte, an denen sie sich orientieren.

#8 Langfristigkeit: Dass personalisierte Werbung gute Ergebnisse bringt, setzt voraus, dass man genau weiß, was man tut. Dazu ist entweder ausgebildetes Fachpersonal nötig oder viel Zeit und Übung.

#9 Genervt: Menschen sind von personalisierter Werbung und der Weitergabe ihrer Daten immer mehr genervt.

#10 Investition: Ob Werbeanzeigen eine gute Investition sind, ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch von Zeit, Energie, Hirnschmalz und Nerven. 

(1) Beispiel von Edward Snowden 

(2) Ich bin natürlich keine Anwältin und dieser Text stellt keine Rechtsberatung dar. Ich gebe nur die Rechtslage nach bestem Wissen und Gewissen weiter.

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Wer kann als Selbstständige*r auf Social Media verzichten? Meine Einschätzung für sämtliche Berufsgruppen

Du bist selbstständig (z.B. als Coach oder virtuelle Assistentin) und fragst dich, ob du auf Social Media im Marketing verzichten kannst? Ich helfe dir mit meiner Einschätzung weiter.

Können Selbstständige mit Dienstleistungen auf Social-Media-Marketing verzichten?

Wer eine Dienstleistung anbietet, kann aus meiner Sicht gut auf Social-Media-Marketing – je nach Nische sogar völlig auf Marketing – verzichten.

Unsere Hundefriseurin und ein befreundeter Landschaftsgärtner zum Beispiel haben noch nicht einmal eine Website – trotzdem sind sie mehrere Monate im Voraus ausgebucht.

Das liegt zum einen an ständigen Weiterempfehlungen und zum anderen an der Stammkundschaft, die die Dienstleistung in regelmäßigen Abständen immer wieder benötigt. Sobald eine kritische Masse erreicht ist, läuft das Business „von selbst“.

Dieser Effekt findet sich nicht nur bei Offline-Dienstleistungen, sondern oft auch bei digitalen, kreativen Dienstleistungen wie virtueller Assistenz, Design, Texten, Lektorat und Co.

Statt Social-Media-Marketing kann der Fokus auf eine überzeugende Website, ein aussagekräftiges Portfolio, zufriedene Kundschaft und ein starkes Netzwerk gelegt werden.

Wer eine Dienstleistung anbietet und keine Stammkundschaft aufbauen kann, kann seine Onlinesichtbarkeit durch nachhaltige Marketingmaßnahmen wie Blog, SEO und Gastauftritte erhöhen.

Ich habe 2020–22 überwiegend mit VAs (mit Schwerpunkt Pinterest) zusammengearbeitet und hautnah mitbekommen, wie die meisten von ihnen ihre Online-Sichtbarkeit erhöht, Anfragen generiert und Kund*innen bekommen haben:

  • durch ein starkes Netzwerk aus Kolleg*innen (der Klassiker: „Ich hab eine Anfrage bekommen, aber kann gerade nicht … Wer von euch hat Zeit und Lust?“)

  • durch zufriedene Kund*innen, die sie weiterempfohlen haben, und andere wertvolle Kontakte

  • durch eine sinnvolle Nische (und eine durchdachte Angebotsstruktur und Pakete)

  • durch Gastauftritte, Kooperationen und reichweitenstarke Affiliatepartner*innen

  • durch gemeinsame Online-Aktionen

  • und im Hintergrund natürlich immer durch eine starke Website, Blog und Newsletter (vor allem wenn es dann bei einigen ums Launchen ging)

Im Gegensatz dazu waren Ausschreibungen in FB-Gruppen und andere Social-Media-Aktivitäten für die meisten VAs eher Zeitverschwendung.

Long story short: Wer wie virtuelle Assistent*innen Dienstleistungen anbietet, kann wie alle anderen Selbstständigen auf nachhaltige Strategien wie Blog und SEO, Newsletter, Netzwerke usw. setzen und muss nicht zwingend jeden Tag auf Insta posten, was es zum Frühstück gab.

Können Selbstständige mit Studio oder Praxis vor Ort auf Social Media verzichten?

Wer heilberufliche Tätigkeiten in einer Praxis ausübt oder ein Yogastudio hat, kann natürlich gerne Socia-Media-Marketing betreiben, um auf sich aufmerksam zu machen, muss es aber aus meiner Sicht nicht.

Denn auch hier gilt:

Die meisten Menschen fragen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis nach Empfehlungen oder googeln. Insofern wäre eine eigene informative Website, ein Unternehmensprofil bei Google und Kundenzufriedenheit Priorität Nummer eins.

Können beratende Selbstständige (Coaches & Co.) auf Social Media verzichten?

Auch wer coacht, berät oder Trainings anbietet, braucht nicht zwingend Social-Media-Marketing, um neue Kund*innen zu finden.

Die Expertise lässt sich hervorragend über einen eigenen Blog oder Podcast etablieren, die Onlinesichtbarkeit über SEO oder Gastauftritte steigern und Vertrauen über einen eigenen Newsletter aufbauen.

Wer coacht und keine Lust auf Social Media hat, muss sich also nicht zwingen.

Können Onlineunternehmer*innen auf Social Media verzichten?

Sobald der Wunsch nach Wachstum und skalierbaren Produkten da ist, kommt es darauf an:

Soll das Onlinebusiness möglichst schnell und unbegrenzt wachsen? Sollen am Ende so viele Menschen wie nur möglich in den Onlineprogrammen sitzen?

Dann wird man vermutlich nicht ums klassische Launchen und damit um Werbeanzeigen auf Social Media drumherum kommen.

Mit bezahltem Traffic lässt sich meiner Erfahrung nach am besten regulieren, wie viele Menschen sich für Webinare und Co anmelden oder die Salespage sehen.

Und auch organisches Social-Media-Marketing wird Menschen erreichen (selbst wenn es nur wenige sind) und damit die Zahl der Verkäufe vermutlich erhöhen (selbst wenn es nur ein bisschen ist).

Soll das Business hingegen wachsen, aber nicht um jeden Preis? Sind Werte, Gesundheit und Integrität wichtiger als ein bestimmter Umsatz oder eine bestimmte Anzahl von Menschen in den Onlineprogrammen? Dann sind natürlich auch Alternativen zum klassischen Social-Media-Marketing denkbar.

Wer ohne Werbeanzeigen auf Social Media launchen möchte, braucht eine gut gefüllte Newsletterliste und idealerweise ein starkes Netzwerk für Kooperationen (wie Affiliatemarketing und/oder Joint Ventures).

Als ich 2020 aufhörte, auf meinen Social-Media-Kanälen zu posten, habe ich mit diesen Strategien keinen Unterschied zu den Launches mit Social Media festgestellt.

Doch wir können natürlich noch einen Schritt weitergehen und uns fragen, ob wir überhaupt zwingend launchen müssen.

Mich haben die klassichen Launches mit Werbeanzeigen, Webinaren und dem Open-Cart-Hype mit den Jahren – auch mit einem Team – völlig ausgelaugt. Ganz zu schweigen davon, dass ich von den üblichen Launchpraktiken inzwischen Abstand genommen habe.

Deshalb habe ich meinen Frieden damit gemacht, dass nicht hundert Menschen oder mehr in meinen Onlineprogrammen sitzen. 

Ich genieße es sogar, mit kleinen Gruppen zusammenzuarbeiten und Menschen intensiver zu betreuen, als es in einer anonymen Massenveranstaltung möglich wäre.

Für diese Art von Onlinebusiness reichen Blog, SEO, Newsletter und Gastauftritte völlig aus.

Können Unternehmen auf Social Media verzichten?

Unternehmen brauchen unbedingt Social Media, um ihre Marke zu etablieren – so heißt es zumindest von allen Seiten.

Tatsächlich gibt es ein großes internationales Unternehmen, das uns das Gegenteil beweist: Lush.

Nachdem die Whistleblowerin Frances Haugen mit ihren Facebook Files aufgezeigt hat, dass Meta kein sicheres Umfeld für Menschen bietet, hatte Firmengründer Mark Constantine kein gutes Gefühl mehr dabei, weiterhin Social-Media-Marketing zu betreiben. 

Im November 2021 beschloss Lush daher, „anti-social“ zu werden und Facebook, Instagram, Snapchat und TikTok zu verlassen. (Hier ist ihr Unternehmensstatement.)

Ein Jahr später ist Lush – trotz Traffic-Einbußen – immer noch nicht auf Social Media zu finden. Stattdessen setzt Lush laut eigener Aussage auf visuelle Suchmaschinen wie Pinterest und YouTube, Kooperationen mit anderen Marken (z.B. mit Netflix), Playlists mit Entspannungsmusik auf Spotify, Live-Events, einer eigenen App und einem Kundenforum für Superfans.

An Lush erkennt man: Es ist nicht nur möglich, als Unternehmen ohne Social Media Marketing zu betreiben – manchmal passt gerade der Social-Media-Ausstieg perfekt zur Marke. 

Ist für medienschaffende Selbstständige Social Media Pflicht?

Anders sieht es bei Influencer*innen aus. Hier gehört Social Media quasi zur Berufsbeschreibung.

Reichweitenstarke Social-Media-Kanäle sind nicht mehr aus dem Media Kit von Influencer*innen wegzudenken; und die Zahl der Follower und die Interaktionsrate sind meist ausschlaggebend für ihre Bezahlung.

Inhalte für Social Media erstellen, Trends auf dem Schirm haben, wissen, was der Algorithmus will – das ist der Job von Influencer*innen.

Und wenn ein Content Creator kein Social Media mehr nutzen will, wäre das in etwa so, als würden Taxifahrer*innen nicht mehr Auto fahren wollen – nicht möglich, ohne den Beruf zu wechseln.

Ähnlich sieht es aus meiner Sicht bei journalistisch Arbeitenden aus. Ihr Job ist die Kommunikation, und ob es uns gefällt oder nicht, gehört X (ehemals Twitter) zum Beispiel inzwischen zur öffentlichen Kommunikation von Sachverhalten dazu. 

Deshalb wird es auch für die meisten Journalist*innen eher schwierig sein, völlig auf Social Media zu verzichten.

Können Selbstständige, die gerade erst starten, auf Social Media verzichten?

Zu den häufigsten Einwänden, die ich zu meinem Social-Media-freien Marketing bekomme, zählt die Tatsache, dass ich meine Social-Media-Kanäle gelöscht habe, nachdem ich schon einige Jahre selbstständig war.

„Du hast Social Media gelöscht, als du schon genügend Bekanntheit und Menschen auf deiner Newsletterliste hattest“, heißt es dann immer. „Ich aber starte gerade erst mit meiner Selbstständigkeit und kann dann doch nicht auf Social Media verzichten.“

Zunächst einmal ist das natürlich richtig: Als ich Social Media bye bye gesagt habe, habe ich nicht bei Null angefangen, sondern hatte mit Blog, SEO und Newsletter schon andere Marketingstrategien, die für mich Resultate brachten.

Und ich verstehe auch, dass hier der Schluss naheliegt, dass mich Social Media „bekannt“ gemacht hat und ich es mir dann „leisten“ konnte, nicht mehr auf Social Media zu sein.

Doch diese Annahme ist nicht ganz korrekt.

Ja, ich war mehrere Jahre auf Social Media und habe sicherlich darüber Kontakte geknüpft. Doch Social Media hat mir noch nie nennenswert neue Menschen auf meine Website gebracht oder zu Verkäufen beigetragen. Ich habe es mir nur nie so eingestanden und die Konsequenzen daraus gezogen.

Alle wichtigen Meilensteine als Selbstständige wie „erste richtige Kundin“, „ein festes Gehalt auszahlen“ oder „richtig erfolgreichen Launch“ habe ich nicht mit Social Media erzielt, sondern mit persönlichen Kontakten, der unschlagbaren Kombi aus Blog, SEO und Newsletter und vor allem – total unspektakulär – Zeit.

In den letzten Jahren hatte ich auch viele Einsteigerinnen unter meinen Kundinnen und weiß deshalb: 

Das Versprechen, dass soziale Medien eine Möglichkeit sind, um am Anfang schnell seine Sichtbarkeit zu erhöhen und neue Kundinnen zu gewinnen, wird für die meisten Selbstständigen nicht eingelöst. Die meisten bekommen ihre ersten Aufträge oder Verkäufe durch persönliche Kontakte und/oder Weiterempfehlungen. (Und zum Beispiel nicht, weil sie sich auf Ausschreibungen in FB-Gruppen beworben haben.)

Brauchen selbstständige Autor*innnen Social Media oder geht Buchmarketing auch ohne soziale Medien?

Du bist Autor*in und möchtest dein Buch auch ohne Social Media bekannt machen? Einen großen Anteil an meiner Entscheidung, Social Media zu verlassen, hatte übrigens ein Autor: Cal Newport mit seinem Buch „Deep Work“.

Er selbst ist Professor für Informatik an der Universität Georgetown und sagt: Sei so gut, dass sie dich nicht ignorieren können. Dann brauchst du auch nicht Social Media.

Und auch ich habe meinen Vertrag beim Rheinwerk Verlag völlig ohne Social-Media-Präsenz bekommen.

Was ist mit Schauspieler*innen, Sänger*innen und Co. – müssen sie zwingend auf Social Media sein? 

Gerade unter den Stars und Sternchen gibt es viele, die auf Social Media verzichten: Jennifer Lawrence, Daniel Radcliffe, Emily Blunt, Keira Knightley … Die Liste ist lang. 

Fazit: Die meisten Selbstständigen und Unternehmer*innen können auf Social Media verzichten

Solange soziale Medien nicht zur Berufsbeschreibung gehören wie bei Influencer*innen, ist es meist problemlos möglich, auf einzelne Plattformen oder Social Media im Allgemeinen zu verzichten. Und auch die Sorge, dass man ohne Social Media gar nicht erfolgreich sein könnte, ist für die meisten unbegründet. (Siehe Weltstars wie Keira Knightley und Co.)

Denn letzten Endes zählt, ob wir gute Arbeit leisten und Menschen weiterhelfen – und nicht, wie viele Inspirationszitate auf Instagram wir posten.

An Lush sehen wir, dass gerade der Rückzug aus Social Media auch zum Kern einer Marke passen kann, dass auch größere Unternehmen nicht zwingend Social Media brauchen und jederzeit Social-Media-freie Alternativen für ihr Marketing finden können. 

Nur Mut. Die Welt dreht sich auch ohne Instagram weiter. Ganz sicher.

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Selbstständigkeit Alexandra Polunin Selbstständigkeit Alexandra Polunin

„Skalieren funktioniert auch ohne Social Media“ – Interview mit Simone Weissenbach 

Simone Weissenbach verrät im Interview, ob Unternehmer:innen auch ohne Social Media ihr Unternehmen skalieren können. Außerdem gibt sie Tipps, wann der richtige Zeitpunkt zum Skalieren ist.

Dr. Simone Weissenbach unterstützt Expert*innen und Coaches mit Online-Business dabei, ihre Expertise nachhaltig zu skalieren, aber ohne das typische Höher-Schneller-Weiter.

Sie zeigt verschiedene Wege, wie du durch einfache Evergreen-Strategien, die 24/7 für dich arbeiten, mit weniger Aufwand mehr erreichen kannst. Auf deine Art, so dass es zu dir, deinen Kund*innen und deinem Business passt.

Im Interview habe ich Simone gefragt:

  • Welche Rolle spielen soziale Medien beim Skalieren?

  • Gibt es für Online-Unternehmer*innen einen richtigen (oder falschen) Zeitpunkt zum Skalieren?

  • Kann ich auch völlig ohne Social Media skalieren und wenn ja, wie?


Liebe Simone, du unterstützt Einzelunternehmer*innen dabei, ihre Expertise zu skalieren, und zwar nicht nach irgendwelchen „Blaupausen“ oder „Geheimstrategien“, sondern ganz individuell. Welche Rolle spielen dabei soziale Medien für deine Kund*innen?

Die Rolle von Social Media ist bei meinen Kund*innen tatsächlich recht unterschiedlich. Von „Ich nutze es gar nicht“ bis hin zu „Es ist ein Hauptkanal“ ist alles vertreten. 

Für mich bedeutet Skalieren nicht dieses typische „Höher, Schneller, Weiter“ und „hustle, hustle, hustle“, sondern idealerweise mit weniger mehr zu erreichen. Und dafür muss ich natürlich wissen, was für mich als Unternehmer*in funktioniert. Das kann Social Media sein, muss es aber nicht. 

Und wie ist dein eigenes Verhältnis zu Social Media?

Wie heißt es immer so schön? Der Beziehungsstatus ist kompliziert.😊 

Ich arbeite inzwischen neun Jahre online und hab damals ganz klassisch mit Facebook begonnen, später ist Instagram dazugekommen. 

Am Anfang haben mir soziale Medien auch Spaß gemacht. Ich hab das Thema sogar von der wissenschaftlichen Seite beleuchtet und in meiner Dissertation untersucht, inwiefern man Social Media als Lehr- und Lerninstrument einsetzen kann. 

Inzwischen nutze ich Social Media aber fast gar nicht mehr. Soziale Medien stressen, frustrieren und nerven mich und sind ein richtiger Zeitfresser geworden. 

Was ich jetzt mache, könnte man als „Social Media light“ bezeichnen. D.h. ich hab die Profile noch, bin aber einem großen Teil der Accounts entfolgt, sodass ich – wenn ich mal reingucke – nur noch das sehe, was ich auch wirklich sehen möchte. Die Apps habe ich von meinem Smartphone gelöscht und schaue höchstens mal über den Desktop rein. Gepostet habe ich seit Monaten nichts mehr, will aber nicht ausschließen, dass ich es irgendwann wieder tue. Werbeanzeigen schalte ich allerdings noch immer.

Zwischenzeitlich hatte ich auch mal eine virtuelle Assistentin, die die Posts und Captions für mich erstellt hatte. Das hatte für mich leider von den Texten her nicht so gut funktioniert.

Spannend, dass du das Outsourcen angesprochen hast. Denn das war damals auch das erste, was ich versucht hatte, als ich keine Lust mehr auf Social Media hatte. Für mich hatte es aber auch nie so richtig funktioniert …

Ja, meine VA hatte es wirklich gut gemacht. Sie hat tolle Captions geschrieben und alles sah super aus, aber es war irgendwie nie ganz ich. Für Personenmarken scheint es irgendwie schwierig zu sein, Social Media outzusourcen.

Außerdem sehe ich es auch so: 

Meine potentiellen Kund*innen haben schon ein laufendes Onlinebusiness und lagern Social Media selbst gerne an VAs aus. Das heißt, ich würde meine VA damit beauftragen, Content für die VAs meiner potentiellen Kund*innen zu erstellen. Also ziemlich schräg irgendwie.🤪

Coachin Simone Weissenbach sitzt auf einem Rattanstuhl vor einer Wand

Simone Weissenbach

Und wie funktioniert das „Social-Media-Marketing light“ dann bei dir in der Praxis? Wie findest du Kund*innen für deine Onlineprogramme?

Ich investiere in meinem Marketing lieber Geld als Zeit. 

So habe ich vor einiger Zeit beschlossen, dass ich nicht mehr launchen will, und hab deshalb alles auf Evergreen umgestellt. Sowohl von den Produkten als auch vom Marketing her. Ich habe mir über Werbeanzeigen einen Funnel aufgebaut und mache darüber auf mich aufmerksam. Ich bewerbe meinen Content oder im nächsten Schritt auch mal ein Freebie oder eine Masterclass. 

Außerdem habe ich von Anfang auf Suchmaschinenoptimierung gesetzt. 

Über Google habe ich dich ja auch gefunden …

Ja, siehst du – funktioniert.😉 Ich habe inzwischen seit fünf Jahren einen Podcast und zu jeder Folge gibt es auch einen Artikel dazu. Klar ist das eine mittel- bis langfristige Strategie, aber für mich klappt das sehr gut. 

Der Podcast selber zählt eher zum Vertrauensaufbau. Fast alle meine Kund*innen haben – zumindest eine Zeit lang – meinen Podcast gehört. Dafür schreibe ich gerade nur selten Newsletter.

Dein Motto ist „Skaliere mit Leichtigkeit“. Wie passen für dich Leichtigkeit und Social Media zusammen?

Für mich persönlich tatsächlich gar nicht mehr. Nachdem es gefühlt immer lauter und voller geworden ist und ich eh ein introvertierter Mensch bin, hatte ich irgendwann das Gefühl, von allen Seiten „angeschrien“ zu werden. Das hat sich für mich nicht mehr nach Leichtigkeit angefühlt.

Wobei ich es wichtig finde, noch einmal über den Begriff der Leichtigkeit zu reden.

Leichtigkeit heißt für mich nämlich nicht, dass nichts zu tun ist, sondern dass ich die Sachen mache, die sich für mich stimmig anfühlen und dadurch leicht werden.

Manchmal wird Leichtigkeit nämlich so dargestellt, dass ich dann gar nichts mehr tue und die Kund*innen fast schon auf eine magische Art anziehe. Das meine ich definitiv nicht mit Leichtigkeit. Ohne „aligned action“, also die Umsetzung für mich stimmiger Dinge, passiert leider nicht viel ...

Was mich auch immer nervt, ist, wenn dann manche Strategien als die einzige Lösung und das Nonplusultra dargestellt werden. Das stimmt aus meiner Sicht überhaupt nicht.

Bestes Beispiel ist für mich das Launchen. Im Onlinebereich heißt es immer: Du kannst nur verkaufen, wenn du launchst. Dabei funktioniert es doch in ganz vielen anderen Branchen auch anders.

Welche Formen gibt es überhaupt zum Skalieren und gibt es einen richtigen Zeitpunkt, den du deinen Kund*innen empfiehlst?

Für mich bedeutet Skalieren nicht einfach nur, größere Launches zu machen und mehr Geld zu verdienen.

Wichtig ist erst einmal, dass man sich eine stimmige, stabile Basis aufgebaut hat. Einfach deshalb, damit man nicht anfängt, die falschen Sachen zu skalieren.

Eine der gängigsten Möglichkeiten ist sicherlich, das Angebot zu skalieren. Der Klassiker ist, nicht mehr 1:1 zu arbeiten, sondern Angebote zu entwickeln, in denen man mit mehreren Menschen parallel arbeitet. Aber auch da gibt es ja so viel mehr als nur der Selbstlerner-Onlinekurs, der oft genannt wird. Es gibt zig Varianten, Angebote zu skalieren. Entscheidend ist, dass ich weiß: Was passt zu mir selbst? Was passt zu meinen Kund*innen? Was passt zum Angebot, das ich habe?

Eine weitere Möglichkeit ist, das Marketing zu skalieren, weil ich zum Beispiel größere Launches will oder weil ich auf Evergreen umstelle und nur noch dann launche, wenn ich Bock dazu habe.

Zum Skalieren gehören für mich aber auch Strukturen, Systeme und Tools, die dann viele Aufgaben für mich übernehmen können.

Selbst wenn meine Kund*innen noch relativ am Anfang sind und noch nicht so weit sind zum Skalieren, kann man aus meiner Sicht trotzdem schon einmal gucken: Was machst du momentan? Wie machst du das? Wo könntest du es dir schon einmal einfacher machen?

Kann man deiner Meinung nach auch zu früh skalieren?

Ja, definitiv. Bevor ich skaliere, muss ich unbedingt wissen:

Mit wem will ich arbeiten? Wie arbeite ich mit ihm? Welche Botschaft will ich überhaupt vermitteln? Und an wen? 

Gerade am Anfang passiert es ja noch recht häufig, dass man sich bei manchen Kund*innen denkt: „Okaaaaay. Lieber nicht mehr. Danke.“

Ich sollte also unbedingt schon einmal mit Menschen zu diesem Thema zusammengearbeitet haben, wenn auch nicht zwingend in diesem Format. 

Ein häufiger Fehler wäre es zum Beispiel, als Einsteiger*in zu sagen „Ich entwickle jetzt mal einen Onlinekurs.“. Hier ist aus meiner Sicht die Gefahr groß, dass er nicht verkauft wird. 

Gibt es von deinen Kund*innen welche, die tatsächlich auch völlig ohne Social Media skalieren?

Ja, da gibt es ein paar. Eine Kundin zum Beispiel schreibt gerne Newsletter und baut damit Vertrauen zu den Menschen auf, die schon bei ihr sind. 

Daneben nutzt sie die sogenannte OPA-Strategie („other people’s audiences“) und erreicht über Kooperationen die Zielgruppen von anderen Unternehmer*innen. 

Außerdem setzt sie auf Suchmaschinenoptimierung. Da sie sehr nischig unterwegs ist, taucht sie sofort relativ weit oben in den Suchergebnissen auf, wenn jemand nach ihren Keywords sucht. 

Und schließlich hat sie auch noch einen Podcast, arbeitet viel mit Interviews und erreicht damit wiederum die Zielgruppen von anderen Menschen. 

Skalieren funktioniert also definitiv auch ohne Social Media.

Vielen Dank für das Interview, Simone.

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Selbstständigkeit Alexandra Polunin Selbstständigkeit Alexandra Polunin

Ich hab’ Beef mit Jeff! – Warum ich nicht mehr launchen will

Ich habe keine Lust mehr darauf, klassisch zu launchen und Menschen in meine Programme „hineinzufunneln“. Warum ich mich gegen künstliche Verknappung und Co. entschieden habe.

Auf meinem Weg zu einem Social-Media-freien, ethischen Marketing habe ich mein nächstes Dorn im Auge: das Launchen.

Ich mag nämlich nicht mehr Menschen in meine Programme „hineinfunneln“.🙈

Das „klassische“ Launchen, so wie wir es aus dem Onlinemarketing kennen und so wie ich es jahrelang für mich praktiziert habe, ist nämlich alles andere als achtsam und ethisch, wenn wir ehrlich sind.

Sowohl für mich als „Launchende“. 

(Manchmal war ich nach dem Launch so ausgebrannt, dass ich dringend Urlaub gebraucht hätte. Und da war der Kurs, den ich gelauncht habe, noch nicht einmal gestartet …)

Als auch für die Menschen, an die ich meine Programme gelauncht habe.

(Ich schätze mal, niemand möchte gerne Mails à „Das Angebot gibt es nur noch eine Stunde – friss oder stirb“ bekommen.)

Doch wie können wir unsere Onlineprogramme mit Teilnehmer*innen füllen, ohne mit Druck, psychologischen Tricks und dem üblichen Marketing-Blabla zu arbeiten?

Lass uns dafür zunächst einmal das klassische Launchprinzip angucken.

Das klassische Launchen nach Jeff Walker

Launchen, so wie wir es kennen, basiert auf der sogenannten „Product Launch Formula“ von Jeff Walker.

Der gute Jeff hat nämlich herausgefunden, dass man Programme und digitale Produkte viel besser verkauft, wenn es eine künstliche Verknappung gibt.

So wird der Warenkorb an einem Tag – meist durch ein Webinar – geöffnet („Open Cart“) und nach ein paar Tagen wieder geschlossen („Closed Cart“). Und davor und danach kann das Programm nicht mehr gekauft werden.

In der Open-Cart-Phase bedient sich Jeff der üblichen E-Mail-Marketing-Taktiken mit Deadlines, Timern und sogenannten „mentalen Triggern“, also psychologischen Tricks, die Menschen dazu bringen sollen, das Produkt zu kaufen.

Warum ich Beef mit Jeff hab

Zunächst einmal hat Jeff natürlich absolut Recht:

Marketing mit Verknappung und anderen mentalen Triggern „funktioniert“. In dem Sinne, dass ein Programm tatsächlich interessanter ist und ein „Habenwollen“ auslöst, wenn es nur wenige Tage im Jahr zur Verfügung steht. 

Ist bei mir ein bisschen so wie mit Bärlauch. Ich mag ihn nicht besonders. Aber wenn ich ihn im Frühling beim Spaziergang mit dem Hund entdecke, denke ich: „Nimmst ihn halt mal mit, sonst musst du wieder ein Jahr warten … “

Alle großen Online-Unternehmer*innen, die ich kenne, bedienen sich dieser Bärlauch-Taktik. Und das erfolgreich.

Doch darf ich mich psychologischen Tricks bedienen, einfach nur weil … es funktioniert? Darf ich ggf. fragwürdige Marketingtaktiken anwenden, einfach nur weil … es alle machen? Darf Wachstum und finanzieller Erfolg der einzige Wert sein, den ich im Marketing verfolge?

Ich glaube: 

Nein.
Nein.
Und nein.

Und ich schätze mal, du siehst es ähnlich.
Ja, vermutlich sehen das die meisten Selbstständigen ähnlich. 

Niemand will manipuliert werden. (Doch die meisten Selbstständigen manipulieren.)

Und da nehme ich mich selbst nicht raus. In der Vergangenheit habe ich auch Jeffs Buch inhaliert und mit Deadlines und Timern gearbeitet, weil es so schön „funktioniert“ hat. Doch was ist die Alternative?

Vielleicht denkst du jetzt:

„Ist ja schön und gut. Ich bin auch für Ethik und Moral. Aber gleichzeitig will ich von meiner Selbstständigkeit leben können. Was ist also die Alternative?“

Ich weiß es nicht so genau.
(Also noch nicht.)

Aber ich begebe mich auf die Suche.
Ich bin auf dem Weg.
Und ich werde berichten.😊

Was ich ab sofort nicht mehr mache

Einiges habe ich aber schon in den letzten Wochen umgesetzt und geändert.

Keine „charmanten Preise“ mehr

Da wäre zum einen die Sache mit den Preisen.

Bestimmt ist dir nämlich schon aufgefallen, dass Preise sehr häufig auf „7“ oder „9“ enden, oder? Sei es im Discounter oder bei hochpreisigen Coaching-Angeboten …

„Charm Pricing“ nennt sich das und meint die psychologische Preisgestaltung, die suggeriert, dass ein Produkt günstiger ist, als es ist.

Deshalb kosten Onlinekurse auch oft „497“, „997“ oder „1497“ Euro.

Wir denken „Cool, noch dreistellig“ und kaufen, ohne mit der Wimper zu zucken, das Produkt, das eigentlich bereits vierstellig kostet.

Auch ich habe mich jahrelang dieser Strategie bedient.

Gar nicht mal, weil ich dachte: „Jetzt will ich Menschen zum Kauf meines Produktes manipulieren. MuahahaHAHAHA.“ 

Sondern weil es alle so machten.

Ich weiß, dass „Weil es alle machen“ ein doofer Grund ist. Und genau deshalb habe ich mich, bei den Dingen, die ich anbiete (wie den Schreibcircle zum Beispiel oder meine Onlinekurse), gefragt, ob ich mich noch länger dieser psychologischen Preisgestaltung bedienen will.

Und: nein.
Will ich nicht.

Deshalb enden meine Preise jetzt – wie mein Stundensatz ja auch – regulär auf einer „0“.

Kein Aufpreis mehr für Ratenzahlungen

Eine zweite Sache, die ich bei der Preisgestaltung für meine Produkte geändert habe, betrifft die Ratenzahlung.

Klassischerweise sollen im Launch Einmalzahlungen belohnt und Ratenzahlung bestraft werden. Deshalb sind Ratenzahlungen bei den meisten Onlineprogrammen auch teurer.

Dafür gibt es an sich eine vernünftige Erklärung: 

Ratenzahlungen bedeuten für den oder die Anbieter*in einen buchhalterischen Mehraufwand und natürlich ist da immer auch ein gewisses Risiko, dass die letzten Raten nicht bezahlt werden.

Das ist alles richtig. Doch inzwischen empfinde ich einen Aufpreis für Ratenzahlungen einfach nicht mehr als sozial

Gerade Einsteiger*innen können sich vier- oder fünfstellige Produkte – selbst wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen kalkuliert wurden und ihren Preis absolut wert sind – oft noch nicht leisten. 

Sie sind auf Ratenzahlungen angewiesen, und wie doof ist es eigentlich, diese Situation als Unternehmerin auszunutzen und Einsteiger*innen mit höheren Preisen zu „bestrafen“? (Um nicht zu sagen: zu diskriminieren.)

Dabei ist es für Unternehmer*innen mit mehr finanziellen Ressourcen doch ein Leichtes, solidarisch mit denjenigen zu sein, die weniger finanzielle Ressourcen zur Verfügung haben, und soziale Preismodelle anzubieten?!

Umso mehr, wenn genau diese Unternehmer*innen regelmäßig größere Summen an Hilfsorganisationen spenden und sich auf Social Media als wahnsinnig „sozial“ geben.

Ratenzahlungen biete ich deshalb ab sofort ohne Aufpreis an.

Keine Timer und künstliche Deadlines mehr

Wenn es kein klassisches „Open Cart“ und „Closed Cart“ gibt, brauche ich auch keine Timer und künstlichen Deadlines mehr.

(Juhu!🥳 Hab sie sowieso immer gehasst!)

„Nur noch zwei Stunden sind die Türen zu meinem Programm geöffnet. Buche jetzt noch schnell.“

Solche Mails möchte ich in Zukunft nicht mehr verschicken.

Kein Zeitdruck mehr für mich

Und schließlich ist das Ganze auch noch für mich viel entspannter.😊 

Auf andere Menschen Druck auszuüben, selbst wenn es „nur“ per E-Mail ist, hat natürlich auch auf mich selbst Druck ausgeübt. 

Kein Wunder, dass ich mich nach Launches so oft ausgelaugt und erschöpft fühlte.

Mehrere Wochen vor einem gemeinsamen Start die Türen zu einem Programm wie dem Schreibcircle zu öffnen, fühlt sich herrlich entspannt an. Ich muss nicht – pünktlich zu einem Webinar – fit sein, sondern mehrere Wochen Zeit, um auf dem Blog oder Newsletter über mein Programm zu reden.😊

Stattdessen will ich nun Folgendes tun

Fiese Gedanke verbannen und stärkende Gedanken denken

Zunächst einmal starte ich – wie immer – im Innern. Da ist nämlich dieser hartnäckige Glaubenssatz in mir, dass ich nicht erfolgreich sein kann, wenn ich ethisch handle.🙈

Verrückt, oder?

Ich vermute: Das ist Gedankengut aus Sowjetzeiten, wo jede*r, der oder die erfolgreich sein wollte, krumme Dinger drehen und jemanden bestechen musste. (Ich wünschte, das wäre ein Witz.)

Weg damit.

„Ich kann ein ethischer Mensch sein und genügend Umsatz machen, um ein schönes Leben zu führen.“

Viel besser.

Diesen Satz schreibe ich mir nun jeden Tag zehnmal irgendwohin, bis auch die letzte Zelle in meinem Körper verstanden hat, dass es so ist.😜

Wartelisten

Solange ich nicht genau weiß, wann ich das nächste Mal ein Programm anbieten kann und will, biete ich Menschen die Möglichkeiten an, sich in Wartelisten einzutragen.

Das möchte ich auch in Zukunft so handhaben.

Wartelisten finde ich für beide Seiten herrlich entspannt und unkompliziert.  

Menschen, die grundsätzlich Interesse an einem Programm haben, tragen sich in eine Warteliste ein, selbst wenn ich die Details noch nicht festgelegt habe.

Sobald Zeitraum, Leistungsumfang und Preis feststehen, schreibe ich ihnen eine Mail und sag ihnen Bescheid.

Natürliche Verknappung(en) kommunizieren

Es gibt für mich einen großen Unterschied zwischen künstlicher und natürlicher Verknappung.

Natürliche Verknappung hat einen guten, nachvollziehbaren Grund wie

  • eine begrenzte Zahl der Teilnehmer*innen, um alle bestmöglich unterstützen zu können

  • begrenzt freie Slots für Mentorings, weil der Tag nun mal 24 Stunden hat und ich nicht mehr als X Mentoringkund*innen parallel haben kann, ohne mich zu verzetteln

  • Anmeldemöglichkeit endet an Tag X, weil wir am Tag darauf gemeinsam starten

Diese natürlichen Verknappungen, empfinde ich nicht als Manipulation und werde sie auch weiterhin kommunizieren.

Schließlich ist es auch absolut in Ordnung, wenn ein Hotel oder ein Restaurant auf der Website erzählt, dass sie nur eine begrenzte Anzahl an Zimmern oder Plätzen zur Verfügung hat.

Oder hast du schon einmal gedacht:

„Boah, nur 40 Hotelzimmer?! Wie können sie es wagen, so viel Druck auf mich auszuüben?!“ 

Kapazitäten transparent zu kommunizieren oder die Zahl der Teilnehmer*innen zu begrenzen (um sie optimal unterstützen zu können), finde ich immer noch absolut legitim. Für Hotels und Restaurants. Und natürlich auch für Berater*innen und Coaches.

Working out loud

Ich liebe das Konzept von „Working out loud“. 

„Working out loud“ heißt vereinfacht, dass ich nicht einfach nur im stillen Kämmerlein vor mich hin arbeite, sondern dass ich Menschen an meiner Arbeit teilhaben lasse und Wissen teile.

Das kann ein Behind-the-Scenes-Blogartikel so wie dieser hier sein. Oder auch ein persönlicher Newsletter.

Statt mich unnahbar zu geben und Entwicklungen oder Erkenntnisse zu verheimlichen, erzähle ich offen die Hintergrundgeschichten zu meinen Angeboten, rede über meine Werte, Denkprozesse und (innere oder äußere) Veränderungen.

Das ist für mich nicht Manipulation.

Das ist Sichtbarkeit.
Das ist Teilen von Wissen.
Das ist „Working out loud“.

Online-Events

Online-Events wie Webinare, Workshops oder Kongresse sind aus meiner Sicht nicht per se „manipulativ“.

Sie können – wie im klassischen Launchen – natürlich als Strategie genutzt werden, um die Open-Cart-Phase einzuleiten und Menschen in den „Funnel“ zu bekommen.

Sie können aber auch einfach nur eine Möglichkeit sein, um sichtbar zu machen, was wir wissen und wie wir Menschen mit unseren Angeboten helfen können.

Und Letzteres finde ich immer noch absolut in Ordnung.

Eine Online-Veranstaltung nach dem Muster 

„Hier ist das was ich weiß, tue und kann. Und hier ist eine Möglichkeiten, mit mir zusammenzuarbeiten.“

ist nämlich etwas völlig anderes als 

„Hier ist das, was ich weiß, tue und kann. Und du hast nun fünf Tage Zeit zu entscheiden, ob du mit mir zusammenarbeiten willst. (Ansonsten erst nächstes Jahr wieder! #sorrynotsorry) Und wenn du dich in den nächsten 15 Minuten entscheidest, bekommst du Boni im Wert von drölfzig tausend Euro.“

Das Erste ist Sichtbarkeit. Das Zweite ist Druck. (Und psychologische Trickserei.)

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„Fast alle, die mich kennen, haben mich über meinen Blog gefunden“ – Interview mit Victoria Weber

Victoria Weber ist Webdesignerin und Squarespace-Expertin. Dabei hat Social Media nie eine große Rolle in ihrem Onlinemarketing und bei der Kundenakquise gespielt. 

Victoria Weber ist Webdesignerin und hat sich inzwischen als Squarespace-Expertin einen Namen gemacht. Dabei haben soziale Medien nie eine große Rolle in ihrem Onlinemarketing gespielt. Wie Victoria auch ohne Dauergeposte ihre Dienstleistungen verkauft und Online-Programme launcht, hat sie mir im Interview verraten.


Liebe Victoria, wir haben eine Sache gemeinsam: Wir beide sind selbstständig, aber haben keine große Lust auf Social Media.

Ja.😊 Beziehungsweise hatte es mich anfangs eigentlich schon in den Fingern gejuckt, Instagram als wichtigen Kanal in mein Marketing aufzunehmen … Aber ich musste mir realistisch überlegen: „Habe ich wirklich Zeit für so was?“ Und meine Antwort war am Anfang: Nein. 

Ich wollte meine begrenzte Zeit von Anfang an für etwas nutzen, was nicht einfach so verpufft, sondern mir langfristig etwas bringt. Deswegen habe ich gesagt: Nee, erstmal keine sozialen Medien für dieses Business – die wichtigen Dinge zuerst. Und das war für mich: Bei Google oben auftauchen und meine E-Mail-Liste aufbauen.

Aber vielleicht sollte ich mal von vorne anfangen und erzählen, was ich überhaupt mache. Ich bin Victoria Weber, Spezialistin für Squarespace und Online-Branding.

Squarespace-Expertin Victoria Weber arbeitet lächelnd an einem Laptop an einem hellen Schreibtisch mit Notizbuch und Getränk.

Squarespace-Expertin Victoria Weber

Squarespace ist das Website-Tool, mit dem ja auch meine Website hier läuft …

Ja, genau.😊 Wer davon noch nie gehört hat: Squarespace ist ein ziemlich gutes Website-Tool für alle, die keine Lust auf Code, Sicherungen und unnötig komplizierte Technik haben.

Eigentlich fällt Squarespace in die Kategorie „Baukasten-System“, aber meiner Meinung nach sind sie dem schon sehr lange entwachsen. Man kann auch als Technik-Laie super damit arbeiten – und die Websites sehen mega aus. Deswegen habe ich mich auch komplett darauf spezialisiert.

Ich habe eine Agentur für Webdesign, verkaufe Templates (im Prinzip „schlüsselfertige“ Websites) und habe Kurse für alle, die Squarespace oder SEO für Squarespace lernen wollen. Dieses Jahr starte ich auch ein Gruppenprogramm für Webdesigner*innen.

Das alles bis jetzt, ohne groß bei Social Media zu posten. 

Viele Selbstständige haben große Angst, dass sie keine Kund*innen mehr bekommen, wenn sie nicht auf Social Media posten. Welche Erfahrungen hast du mit Social Media im Verlauf deiner Selbstständigkeit gemacht?

Ich habe bereits 2016 mein erstes Unternehmen Mermaid Stories, ein Uhren- und Schmucklabel, gegründet. Damals war Social Media natürlich noch etwas anderes, aber dort hatte ich schon gesehen, wie viel Zeit es fressen kann, verschiedene Kanäle zu bespielen. Nicht umsonst haben größere Unternehmen dafür viele Leute in Vollzeit beschäftigt. 

Als ich mir später die Strategie für mein Webdesign-Business überlegt habe, wusste ich: „Nie im Leben werde ich genug Zeit dafür haben, die ganze Zeit in Instagram-Storys aufzutauchen.“ Stichwort: Kleine Kinder und so.

Ich wollte etwas finden, das auch dann ein guter Marketingkanal ist, auch wenn ich mal für eine Weile nichts machen kann - weil ich zum Beispiel auf Kundenprojekte fokussiert bin. „Eine Weile nichts machen“ findet aber zum Beispiel Instagram gaaar nicht gut. Meine Antwort war dann eben: „It’s not a match!“

Deswegen habe ich mich auf meinen Blog und SEO fokussiert – auch wenn das am Anfang wirklich laaangsam ging. 

Ich finde: Wenn du Angst hast, dass dein Business „ohne Social Media nicht funktioniert“, dann würde ich erst recht ganz schnell etwas tun! Ich bin ein Fan von Unabhängigkeit von Unternehmen, die ständig ihre Algorithmen ändern. Oder wo auch mal ein Konto einfach geschlossen wird. Zum Beispiel komme ich selbst seit Monaten nicht in meinen Facebook-Ads-Account.

Bei mir ist es so: Wenn mein Instagram-Account dicht gemacht wird, habe ich meine Website. Sollte meine Website aus irgendeinem Grund verschwinden, habe ich meine E-Mail-Liste. Die wiederum kann ich überall importieren und meine Kontakte erreichen. 

Wenn ich mich nur auf Instagram-Follower verlassen würde, könnte man mich einfach von meiner gesamten Community „abtrennen“. Halte ich für sehr problematisch! 

Wie baust du dann Vertrauen zu Interessent*innen auf, ohne dein Gesicht ständig auf Social Media zu zeigen?

Seit ich angefangen habe, habe ich fast jede Woche mindestens zwei Artikel veröffentlicht, alles rund um das Thema Squarespace, Website-Tipps und Online-Branding. Inzwischen ist das ein großes Archiv geworden - und die Leute googlen nach ihren Fragen und werden fündig. Zu eigentlich allen Themen habe ich schon mal irgendwas geschrieben. Oder schreibe gerade dran.😉

Die Leser*innen lernen mich dann nach und nach in meinem Newsletter kennen – und die meisten, die mich finden, lesen direkt Dutzende von Artikeln am Stück. Die Leute merken dann, dass ich Ahnung von dem habe, worüber ich schreibe. Und meine E-Mail-Kurse, wie zum Beispiel meine 10-Tage-Squarespace-Challenge, sind auch ziemlich populär, weil sie sehr tief in das Thema einsteigen. Einige Leute bauen ihre kompletten Websites nur damit auf und schreiben mir dann: „Cool, danke, jetzt habe ich eben auf ‚Veröffentlichen‘ gedrückt.“

Und wie verkaufst du deine Dienstleistungen und Kurse?

Ich weise in meinen E-Mails regelmäßig darauf hin, wenn es wieder etwas Neues gibt. Alle meine besten Texte, Angebote und Inputs gehen an meine E-Mail-Liste raus. Das heißt, die Leute wissen, dass sie Vorteile haben, wenn sie da drauf stehen. Ich habe auch eine Warteliste für die 1:1-Webdesign-Projekte, die zuerst benachrichtigt werden.

Grundsätzlich bin ich ein riesiger Fan von E-Mail-Marketing! Ich schicke wirklich super konsistent neue Sachen per Mail raus und bekomme regelmäßig nette Antworten.  

Fast alle, die mich kennen, haben mich über meinen Blog gefunden - oder über Facebook-Anzeigen, die ich dann später noch mit dazu genommen habe. Aber dann landen sie eben in meiner E-Mail-Liste – und darüber geht ein großer Teil der Anfragen.

Nachdem irgendwann meine Dienstleistungen gut gebucht waren, habe ich mein Website-System in meinen ersten Onlinekurs „Website mit Plan“ gepackt und in einem Pre-Launch verkauft – damals an eine noch recht kleine E-Mail-Liste. Das war auch das allererste Webinar, das ich jemals gehalten habe. 

Dabei habe ich dann gemerkt: Ich liebe Live-Video! Und dazu gibt es ganz viele Plattformen, das brauche ich nicht über Social Media machen. Ich veranstalte das über ClickMeeting oder Zoom, wo die Leute auch nicht verführt sind, „wegzuscrollen“. Es ist leichter, ohne die Konkurrenz von Katzenvideos seine Inhalte zu präsentieren. 

Squarespace-Expertin Victoria Weber arbeitet an einem Laptop an einem hellen Schreibtisch mit graublauen Notizbuch und rosafarbenem Getränk.

Victoria Weber sagt: Es ist leichter, seine Inhalte ohne die Konkurrenz von Cat Content zu präsentieren.

Das heißt: Launchen ohne oder mit nur wenig Social Media funktioniert?

Ehrlich gesagt habe ich noch nie „mit“ Social Media gelauncht. Deswegen weiß ich gar nicht, ob Launchen MIT Social Media funktioniert.😁

Nein, Spaß beiseite, ich habe immer fürs gute Gewissen ein, zwei Instagram-Posts gemacht oder auch mal eine Story (damit man auf Instagram sieht, dass es mich noch gibt), aber es war bis jetzt nie ernsthafter Teil meiner Strategie. Ich habe vor, das zu probieren, aber bisher lief das ohne sehr gut.

Die kurze Antwort ist also: Ja, funktioniert. Zumindest für mich.

Was würdest du Selbstständigen raten, auf welche Strategien sie sich in ihrem Marketing fokussieren sollten?

Ich finde Social Media nicht per se schlecht. Überhaupt nicht. Jetzt, wo ich die Ressourcen und ein kleines Team habe, überlegen wir, auch bald mal ins Game einzusteigen. Aber eben nur, weil die solide Basis steht und der Blogmotor wirklich gut läuft. Sonst würde ich das für mich persönlich nicht mal in Erwägung ziehen.

Alle denken, soziale Medien sind super einfach für Einsteiger*innen – aber ich persönlich finde, es ist ein recht schwieriges Medium als „Fundament“, also zum Starten. Es kommt am Ende darauf an, was einem am wichtigsten ist. Und wie viel Zeit man täglich hat.

Dazu habe ich vor Kurzem ein langes Statement geschrieben – mit einem Vergleich: Nudeln vs. Avocados. Willst du lieber „langsam und langweilig“ einen Vorratsschrank aufbauen, von dem du auch in ein, zwei Jahren noch zehren kannst – oder jeden Tag raus müssen, um frische Avocados zu holen, die nach ein bis zwei Tagen kaputt gehen? 

So sehe ich den Unterschied zwischen langfristigen Strategien wie SEO (Nudeln) und eher vergänglichen Sachen wie Instagram (Avocados). Ich weiß, der Vergleich ist nicht perfekt, aber er funktioniert trotzdem ganz gut. Ich würde immer auch Nudeln in jede Strategie mit einbauen, selbst wenn das Unternehmen auf Avocado-Basis Erfolg hat.

Mir selbst habe ich gesagt: Ich will mein Business auf etwas aufbauen, das nicht jeden Tag „bespielt“ werden muss. Langsam und stetig. Das zahlt sich hinterher aus, wie ich sehe.

Wenn ich mich mal mehr bei Social Media aktivieren werde, dann auch, weil ich mich social vernetzen möchte. Und vor allem: Weil ich es nicht muss. Dann finde ich, kann man das Ganze auch viel entspannter angehen und muss sich nicht über Algorithmen ärgern.

Vielen Dank für das Interview, Victoria!

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