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Hier dreht sich alles um wertebasiertes Marketing ohne Social Media, Psychotricks und das übliche Marketing-Blabla.


Selbstständigkeit Alexandra Polunin Selbstständigkeit Alexandra Polunin

Kommunikationstipps für Selbstständige von Rhetoriktrainerin Beatrix Schwarzbach

Wie kommunizieren Selbstständige erfolgreich mit ihren Kund*innen, als Speaker*in oder in ihrem Podcast? Ich habe Rhetoriktrainerin Beatrix Schwarzbach interviewt und sie nach Kommunikationstipps und Rhetoriktipps gefragt.

Beatrix Schwarzbach ist Kommunikations- und Rhetoriktrainerin. Sie fasziniert die Frage, wie Menschen sich optimal ausdrücken und einander wirklich verständlich machen können. Außerdem liebt sie es, mit Menschen an ihrer Bühnen-Performance und ihrer Auftrittswirkung zu arbeiten. Mehr zu ihrer Arbeit findest du auf ihrer Website.


Liebe Beatrix, wer Marketing macht, will natürlich, dass Marketing Wirkung zeigt. Doch wie können wir andere Menschen von uns überzeugen, ohne Druck auszuüben oder gar zu manipulieren? Was ist deine Position als Rhetoriktrainerin dazu?

In der Rhetorik ist das Thema „Überreden oder Überzeugen“ ein Dauerbrenner. Meine Position dazu ist diese: Wenn wir eine andere Person zu etwas überreden, dann benutzen wir Druck; wir ziehen an ihr, schubsen, schieben oder versuchen immer noch ein Argument mehr zu liefern. 

Das kann natürlich dazu führen, dass das Gegenüber kurzfristig in unserem Sinne handelt (etwas kauft, etwas bucht oder eine andere gewünschte Handlung vollzieht) – doch wenn wir jemand anderen zu etwas überreden, wird immer so eine Art Restwiderstand bleiben. Eine innere Haltung von: „Das ist nicht so, wie ich das wollte. Das ist nicht meins.“ Daraus entstehen später oft Konflikte oder der Eindruck, dass die Zusammenarbeit einfach nicht so richtig gut läuft. 

Wenn wir jemand anderen jedoch von etwas überzeugen, dann kommt die andere Person freiwillig, aus eigener Entscheidung, auf unsere Seite. Es ist so, als wäre da eine Brücke, über die das Gegenüber aus freien Stücken zu uns auf die andere Uferseite marschiert. Das führt zu einer inneren Haltung von: „Das ist meine eigene Entscheidung und ich stehe dahinter.“

Auf Marketing übertragen, denke ich, sollte das bedeuten: Tue alles, was du kannst, damit du gut gefunden wirst und sich Interessierte optimal über dein Angebot informieren können. Tue alles, damit sie dich kennenlernen und einschätzen können. Strecke die Hand aus, baue Brücken. Sei aufmerksam, ob du etwas „zu sehr“ willst und vielleicht mehr anschiebst, als sinnvoll und gesund ist. Innerer und äußerer Druck sind Warnsignale. 

Sei da, sei erreichbar, hab Geduld.
Die richtigen Leute kommen zu dir. 

Und schließlich ist es auch am einfachsten, schönsten und nachhaltigsten, mit Menschen zu arbeiten, die sich wirklich von sich aus dafür entschieden haben. 

Viele Selbstständige haben einen Podcast – wie können sie beim Sprechen ihre Kompetenz hörbar machen?

Damit Kompetenz hörbar wird, dürfen beim Sprechen einige Dinge zusammenwirken.

Zum einen überträgt sich Kompetenz durch strukturiertes Sprechen. Das kann bei einem Podcast bedeuten: eine klare Einleitung und Hinführung zum Thema. Aussprechen der Agenda. Strukturiertes Durchleiten durch die Infoblöcke, die eigenen Gedanken oder das Interview. Zusammenfassung und erinnerungswürdigen Abschluss. Das alles klappt natürlich nur durch eine gute Vorbereitung. 

Hilfreich kann sein, sich immer wieder diese Frage zu stellen: Als WER spreche ich heute zu WEM aus welchem ANLASS und mit welchem ZIEL? 

Zum anderen überträgt sich Kompetenz-Wirkung sprecherisch so: Variables Sprechtempo (nicht nur schnell oder nur langsam, sondern situativ angemessen), deutliche Pausensetzung, eher kurze Sätze. Am Ende eines Satzes sollte dieser Satzabschluss auch hörbar sein: Die Stimmmelodie geht nach unten; die Stimme in die Lösungstiefe. 

All diese sprecherischen Parameter suggerieren dann auf der sogenannten paraverbalen Ebene: „Ich weiß wirklich, wovon ich spreche.“ Und das wird als kompetent wahrgenommen. 

Die einfachste Art, das sprecherisch umzusetzen, ist: Klare Pausen machen und damit das Gesagte wirken lassen. 

Porträtbild von Beatrix Schwarzbach
 

Hast du einen Trick, wie wir Füllwörter wie „eigentlich“, „eben“ usw. beim Sprechen loswerden können? Ich frage für eine Freundin.😅

Um Füllwörter loszuwerden, muss uns erstmal bewusst werden, welche wir benutzen – und wann. Das kann durch eine wertschätzende Rückmeldung von Kolleg*innen oder Partner*innen passieren – oder eben im Rhetoriktraining. Manchmal macht es auch Sinn, sich eine eigene, längere Sprachnachricht nochmal anzuhören. 

Viele Füllwörter schleichen sich ein, wenn wir die eigenen Aussagen abschwächen (oder manchmal auch verstärken) wollen, um etwa nicht zu „streng“ oder direktiv rüberzukommen. Das folgt dann dem Motto: Bloß niemandem auf die Füße treten. Beispiele sind Wörtchen wie die von dir oben erwähnten: Eigentlich, tatsächlich, sozusagen, wirklich … 

Andere Füllsel sind „äähm“ oder auch „genau“. „Ähm“ ertönt oft am Anfang eines Sprechabschnitts oder in Pausen, in denen der Satz weitergedacht wird. Dieser Laut liegt also über einem Denkprozess drüber. „Genau“ wiederum ist wie das rückwärtige Nachdenken am Ende eines Sprechabschnitts; verbunden mit der inneren Frage: „Habe ich alles gesagt, was ich sagen wollte?“

Nach einer ersten Rückmeldung und Analyse können wir lernen, uns selbst beim Sprechen genauer zuzuhören, Pausen auszuhalten – und mit mehr Sicherheit zu formulieren. Meistens bringt auch ein intentionaleres, zielgerichteteres Sprechverhalten (für WEN spreche ich?) viel. Klar verstehe ich den Wunsch nach einem schnellen Trick: Doch die Füllwörter sind auch nicht plötzlich in unsere Sprache reingekommen, sondern wurden hinein-wiederholt, so lange, bis wir sie gar nicht mehr bemerken. 

Um sie wieder loszulassen, braucht es Bewusstheit – und etwas Übung in die andere Richtung: durchatmen, denken, sprechen. 

Mir persönlich ist Smalltalk ja immer ein Graus. Doch gerade als Selbstständige kommen wir nicht immer drum herum, z.B. auf Netzwerkveranstaltungen. Wie wird Smalltalk für alle Beteiligten entspannter – und wirkungsvoller?

Ich kann dich da total verstehen – auch ich habe früher tendenziell versucht, Smalltalk-Situationen aus dem Weg zu gehen. Ich unterhalte mich einfach gerne „tiefer“ mit Menschen. 

Hilfreich kann sein, wenn wir uns klarmachen, dass es beim Smalltalk nicht darum geht, Daten und Fakten auszutauschen oder sich selbst anzupreisen, sondern eine wirkliche Verbindung zu den Menschen herzustellen. 

Das klappt am besten, wenn wir mit einer inneren Haltung von Neugier oder Interesse in diese Netzwerk-Situation hineingehen. Wer ist da? Wer sind die anderen? Am Anfang meiner Selbständigkeit habe ich mir für jede Netzwerkveranstaltung auch vorgenommen: Ich werde mindestens mit einer Person wirklich sprechen.

Ein Startpunkt können gemeinsame Beobachtungen in der Situation sein: Die liebevoll hergerichtete Location, die toll dekorierten Brownies, der inspirierende Input der Gastgeberin. Dann hat man einen gemeinsamen, situativen Nenner und muss nicht sofort fragen: „Und, was machst du so?“

Smalltalk ist eine Chance, etwas über andere zu erfahren – und sich auf leichte, positive Art mit ihnen zu verbinden. Ich habe bis heute Kontakt zu zwei Frauen, die ich auf den ersten beiden Netzwerkveranstaltungen getroffen habe, zu denen ich als neue Selbständige gegangen bin. Ein Netzwerk baut sich nicht über Masse auf, sondern über wirklichen Kontakt zu einzelnen Menschen. 

Spätestens seit Covid sind Videokonferenzen aus dem Arbeitsalltag von Selbstständigen nicht mehr wegzudenken. Inwiefern sollte ich in Videokonferenzen auf meine Körpersprache achten? Und wie kann ich souverän mit Zwischenfragen umgehen?

Bei Videokonferenzen auf Körpersprache zu achten, ist sehr wichtig! Die Kamera „schluckt“ viel von der Wirkung und Präsenz, und da sollte sehr bewusst gegengesteuert werden. Alles fängt mit der optimalen Ausrichtung der Kamera an: Du solltest vom Scheitelpunkt bis etwa zum oberen Brustbereich gut sichtbar sein. Die Kamera sollte so eingestellt sein, dass du „auf Augenhöhe“ reinsehen kannst, damit direkte Blicke in die Kamera gut möglich sind. Damit bekommen wir zwar noch immer keinen wirklichen Blickkontakt hin, aber die Wirkung ist so ähnlich wie „in echt“. 

Dann solltest du mit den Armen nicht am Tisch kleben, sondern etwas Raum vor dir haben, damit auch Gestik möglich ist und du deine Worte wirkungsvoll mit Arm-Hand-Bewegungen unterstreichen kannst. Außerdem sollten leichte ganzkörperliche Bewegungen sowohl nach vorne in Richtung Kamera als auch nach hinten zur Stuhllehne möglich sein. So lässt sich in einem Meeting auch nonverbal kommunizieren: „Ich will dazu etwas sagen.“ vs. „Ich bin fertig und lehne mich zurück.“

Außerdem achte darauf, dass die Lichtverhältnisse so gut sind, dass die Mimik optimal erkennbar ist. Hier lohnt es sich, mit einem Ringlicht zu arbeiten. 

Zwischenfragen sehe ich erstmal immer sehr positiv: Meistens entspringen sie auf Publikumsseite einem Wunsch nach mehr Wissen, nach mehr Verständnis. Es ist schlau, sie kurz und klar zu beantworten, damit dann alle weiterhin dabei sind und mitkommen. Dennoch kann eine Zwischenfrage auf Sprecher*innen-Seite erstmal irritierend wirken. Hier hilft klare Metakommunikation, um Orientierung für sich und andere zu schaffen: „Ich habe Ihre Frage gesehen.“, „Ich führe noch diesen Gedanken zu Ende.“ (...) „Vorhin waren wir gerade bei Punkt XY, da steige ich jetzt wieder ein …“ 

Und was ist, wenn Kommunikation mal nicht so gut läuft? Kann ich Schlagfertigkeit eigentlich üben? Oder bin ich als introvertierter oder schüchterner Mensch für immer dazu „verdammt“, den Kürzeren zu ziehen?

Jaaa, Kommunikation lässt sich üben. Schlagfertigkeit lässt sich üben. 

Wenn Kommunikation nicht gut läuft, hilft es, erstmal das Ganze in den Blick zu nehmen: Was waren die jeweiligen Ziele in der Sprechsituation? Wo sind vielleicht verschiedene Bedürfnisse miteinander kollidiert? Mit welcher kommunikativen Strategie hätten wir klarer zusammengefunden? 

Erfolgreiche Kommunikation bedeutet ja nicht, dass sich einfach das bessere Argument durchsetzt. Vielmehr ist es immer ein Prozess des Verstehens - und Verstanden-Werdens. Und das kann auf der Strategie-Ebene bedeuten, dass sich Zuhören und Sprechen, Reden, Fragen-Stellen, das Wiederholen in eigenen Worten, abwechseln. 

Und wenn es um Schlagfertigkeit geht, dann würde ich sagen: Nicht für alle ist schnelles Kontern die ideale Strategie. Es gibt so viele Techniken mehr! Gerade introvertierte oder schüchterne Menschen sollten verschiedene Ansätze ausprobieren und die, bei denen es „Klick“ macht, verfeinern. Manchmal ist es auch sehr wirkungsvoll, eine schwierige Aussage in eigenen Worten zu wiederholen, um einen „Puffer“ zu schaffen zwischen Reiz und Reaktion – und dann erst das eigene Statement anzuschließen. 

Und was empfiehlst du bei Redeangst oder Lampenfieber?

Wichtig bei Sprechängsten ist erstmal der Wille, sich damit auseinanderzusetzen und wirklich etwas zu verändern, um aus etwaigem Flucht- oder Vermeidungsverhalten rauszukommen. (Lampenfieber beschreibt eine mildere Form der Aufregung, die die meisten Menschen gut abfedern können und die nicht dazu führt, sich vor einer Sprechsituation zu drücken.)

Akzeptanz der Angst hilft: „Ah, da ist Angst. Es ist mir wichtig, dass ich heute gut ankomme.“

Außerdem ist es sinnvoll, sich mit dem eigenen Körperausdruck in so einer Stress-Situation zu beschäftigen: Lernen, trotz der Anspannung Blickkontakt aufzubauen und Gestik zu benutzen, sowie eine präsente Haltung einzunehmen. 

Und dann hilft natürlich Übung: Eine bevorstehende Präsentation mehrmals durchsprechen oder lernen, strukturierter zu sprechen. Außerdem ist es gut, sich Feedback einzuholen und der Frage nachzugehen: Wieviel von der innerlich so bedrängenden Angst dringt denn wirklich nach außen? Oft lässt sich dann nämlich feststellen, dass die äußere Wirkung ganz anders ist – und daraus kann dann eine neue Sprech-Sicherheit entstehen. 

Ich merke, dass viele Menschen anfangen, sich mit der Redeangst zu beschäftigen, wenn die Kosten der Vermeidung zu groß werden oder wenn etwas wirklich Wichtiges ins Haus steht: Die Einladung zu einer Podiumsdiskussion oder in einen Podcast, der Vortrag bei einer Netzwerkveranstaltung. Das sind super Gelegenheiten, um die Redeangst anzugehen und an dieser neuen Herausforderung zu wachsen. Also: Alles zusagen, sich genau vorbereiten – und als Chance begreifen! Und dann natürlich: Den Erfolg feiern und sich so eine neue Historie von toll bewältigten Sprechsituationen aufbauen. 

Wie können Selbstständige mit „schwierigen“ Kund*innen umgehen und was können sie konkret bei Beleidigungen oder Angriffen tun?

„Schwierige“ Kund*innen können natürlich eine Herausforderung sein. Ich denke, im ersten Schritt kann es hilfreich sein, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen. Das kann durch Fragen passieren, durch genaues Zusammenfassen des Gehörten, durch besonders verständliches Sprechen (kurz, strukturiert, die Frage beantwortend: „Was hast du davon, wenn du mir zuhörst / mir in meiner Lösung des Problems folgst?“). 

Die meisten Menschen fühlen sich unwohl, wenn Konflikte hochkochen oder die Dinge schwierig werden. Doch wenn Sichtweisen kollidieren, dann stecken oft verschiedene Zielvorstellungen oder auch unerfüllte Bedürfnisse dahinter. Ein klärendes Gespräch sollte also immer der erste Schritt sein. Auch, um die „Beziehungsebene“ zu sichern, ist es wichtig, eine Lösung zu finden.

Wenn dann dennoch Beleidigungen, Angriffe, Schuldzuweisungen den Gesprächsverlauf bestimmen, dann gilt es, klare Grenzen zu setzen: „Das ist ein Angriff.“ / „Mir gefällt der Tonfall in diesem Gespräch nicht.“ / „Diese Anschuldigung weise ich zurück.“  Vertritt deine Grenzen am besten mit klarer, fester Stimme und einem präsenten Körperausdruck. Danach solltest du eine Vorstellung haben, wie es weitergehen soll: Willst du die Zusammenarbeit nochmal auf andere Füße stellen? Sollen Aufgabenbereiche modifiziert werden? Was ist dein Ziel in diesem Gespräch? 

Was ich meinen Klient*innen rund um das Thema eskalierende Gesprächssituationen auch immer zu vermitteln versuche: Wenn es auf der anderen Seite keine wahrnehmbare Gesprächsbereitschaft gibt, dann ist es auch ein (letztes) Mittel, das Gespräch abzubrechen. Niemand muss sich beleidigen oder angreifen lassen. 

Vielen Dank für das Interview, liebe Beatrix!

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Wie bekomme ich Sichtbarkeitsmut, Sonja Mahr?

Im Interview verrät Sonja Mahr, wie Selbstständige sich endlich trauen, sich online zu zeigen, und warum persönliche Texte der Schlüssel zur Traumkundschaft sind. 

Sonja Mahr ist Mentorin für Marketingtexte und Sichtbarkeitsmut. Sie unterstützt Solo-Selbstständige dabei, ohne Marktgeschrei online sichtbar zu werden und Kund*innen zu gewinnen. Im Interview verrät sie mir, wie Selbstständige sich endlich trauen, sich online zu zeigen, und warum persönliche Texte der Schlüssel zur Traumkundschaft sind. 


Liebe Sonja, du bezeichnest dich selbst als Mentorin für „Sichtbarkeitsmut“. (Was für ein schönes Wort!) Was genau verstehst du darunter?

Schön, dass es dir gefällt!😊

Das Wort entstand aufgrund vieler Beobachtungen, die ich im Laufe der Jahre in der Zusammenarbeit mit meinen Kund*innen gemacht habe. Ich habe mit der Zeit festgestellt, dass die meisten zwar vor allem zu mir kommen, weil sie auf der Suche nach Text- und Marketing-Knowhow sind, es aber am Ende gar nicht nur an diesem Knowhow liegt, ob sie online mit ihrem Business sichtbarer werden oder nicht. 

Es kommt eine ganz entscheidende Komponente dazu, die aber häufig in klassischen Marketingansätzen so ein bisschen hinten runterfällt. Und das ist eben der Mut zur Sichtbarkeit. Mut zur Sichtbarkeit bedeutet, sich zu erlauben, gesehen und wahrgenommen zu werden.

Es ist natürlich wichtig, dass z.B. relevante Themen für Blogartikel ausgesucht werden, damit man die richtigen Menschen anzieht. Aber das allein bringt nichts, wenn der Blogartikel dann nie online geht, weil der Mut, den Veröffentlichen-Button wirklich anzuklicken, fehlt. Ich habe das Wort dann schließlich in meine Berufsbezeichnung integriert und bin seitdem nicht mehr nur die Mentorin für Marketingtexte, sondern die für Marketingtexte und Sichtbarkeitsmut. Das an eine der prominentesten und sichtbarsten Stellen, die ich in meiner eigenen Kommunikation habe, zu setzen, soll vor allem ein Signal nach außen sein. Ich möchte damit aussagen, dass es normal ist, wenn der Mut zur Sichtbarkeit fehlt. An dir ist nichts falsch, wenn das so ist und du musst deine Komfortzone auch nicht in Lichtgeschwindigkeit sprengen.

Aber um wirklich gesehen zu werden, braucht es eben diesen Mut und nicht nur das Handwerkszeug für die Texte und das Marketing selbst. Ich möchte damit gleich von Beginn an zeigen, dass sich niemand dafür schämen muss, wenn es an Mut mangelt und nicht an der Zeit oder am Engagement. Das ist normal und es ist möglich, diesen Mut zur Sichtbarkeit zu finden, auch wenn man nicht von Anfang an mit dem Drang, die Bühnen der Welt ganz selbstverständlich zu erstürmen, ausgestattet ist.

Gab es eine Zeit, in der dir dieser Sichtbarkeitsmut selbst gefehlt hat?

Wenn wir den Begriff mal vom reinen Business-Kontext loslösen, gibt es meiner Erfahrung nach immer wieder Momente, in denen wir uns nicht trauen, sichtbar zu sein, nicht trauen, unsere Meinung zu sagen, oder irgendwie in Erscheinung zu treten. Denn Sichtbarkeit bedeutet ja immer auch eine gewisse Angreifbarkeit: Wenn etwas oder jemand sichtbar ist, kann darauf reagiert werden und nicht immer sind die Reaktionen so, wie wir sie uns wünschen.

Ich war zum Beispiel ein sehr angepasstes Kind, das eher so zum Team Harmonie gehört hat, als die Rebellin rauszukehren. Lieber im Hintergrund als aufzufallen. Wenn ich an meinen beruflichen Weg denke, gab es einige Stationen, an denen der Mut zur Sichtbarkeit erst einmal wachsen durfte. Allein der Start in die Selbstständigkeit damals: Ich hatte keine Angst vor der Selbstständigkeit an sich, aber ich habe mich tatsächlich gefragt, wie ich denn, ohne so laut zu trommeln und mich ständig auf irgendwelche Bühnen zu schubsen, regelmäßig Kund*innen gewinnen kann.

Es gab also keinen Kippschalter „Mut an“ oder so, sondern das durfte und musste sich tatsächlich entwickeln. Und das darf es weiterhin. Jedes neue Level, jede neue Herausforderung stellt wieder die Frage, ob wir noch einmal mutig sein wollen. Wollen wir unsere Website online stellen? Wollen wir unser neues Angebot rausbringen? Wollen wir ein Live-Video machen? Sagen wir zu, wenn wir nach einem Interview gefragt werden?

Ganz wichtig ist dabei aus meiner Sicht, den eigenen Weg zu finden und sich selbst die Frage zu beantworten, wo man mutig sein möchte und wo nicht. Nicht jeder muss Speaker*in werden, nicht jeder muss täglich Live-Videos machen, viele können auch über ihre geschriebenen Worte wirken und damit sichtbar werden. 

Was rätst du Selbstständigen, die sich partout nicht trauen, sich online zu zeigen? Die ihre Websitetexte nicht online stellen oder ihre Blogartikel unter Verschluss halten?

Zunächst einmal rate ich ihnen, das anzunehmen. Überhaupt festzustellen, dass es eine Angst, eine Sorge, eine Befürchtung gibt, ist schon ein wichtiger Schritt. Und dann lohnt es sich natürlich, genauer hinzusehen. Man kann sich Fragen stellen wie:

  • Was genau macht mir Angst?

  • Was befürchte ich?

  • Was könnte passieren, wenn ich meine Texte online stelle?

Und dann aber auch weiterzugehen und zu fragen:

  • Was wird an Gutem möglich, wenn ich sichtbar werde?

  • Was kann ich dadurch erreichen? Für mich und andere?

  • Was könnte an Positivem geschehen?

Es ist immer wichtig, beide Seiten anzusehen und sich nicht von einer eindimensionalen Sicht auf die Dinge einschüchtern zu lassen. Viele meiner Kund*innen sagen z.B., dass sie dann viel freier und flexibler arbeiten können, weil sie sich die Aufträge aussuchen können. Dafür lohnt es sich, die Texte eben doch zu veröffentlichen.

Oder dass sie durch mehr Sichtbarkeit auch mehr Menschen erreichen und ihnen weiterhelfen können. Gerade sehr empathischen Menschen, denen es schwerfällt, sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen, kann diese Verschiebung hin zu den anderen und deren Vorteil durch unsere Sichtbarkeit im ersten Schritt helfen.

Wir werden nie nur für uns sichtbar, sondern immer auch für diejenigen, denen wir mit unserer Arbeit weiterhelfen.

Diesem Gedanken auch einen Raum zu erlauben, ist für viele sehr wohltuend und oft das kleine Quäntchen Mut, was ihnen noch fehlte. 

Für dich sind Texte der Schlüssel zur Traumkundschaft. Warum gehört für dich das Texten zur Schlüsselkompetenz von Selbstständigen und sollte nie zu 100% ausgelagert werden?

Unsere Sprache ist einfach die Brücke, die wir zu anderen Menschen, im Business eben zu unseren Kund*innen, bauen. Sie ist ein so kraftvolles Tool!

Gerade online übernehmen unsere Texte eine Art Stellvertreterfunktion. Sie sind stellvertretend für uns da und nehmen die Menschen in Empfang, wenn sie zum ersten Mal mit unserem Business in Kontakt kommen. Es ist nun nicht so, dass nicht auch mal ein Text ausgelagert werden könnte, aber sich das Knowhow einmal selbst anzueignen und selbst in der Lage zu sein, mit den eigenen Worten eine bestimmte Wirkung zu erzielen, halte ich für extrem wertvoll und wichtig.  

Folgende Inhalte profitieren sehr davon, wenn wir sie selbst schreiben:

  • Die eigene Website, allem voran natürlich die Über-mich-Seite der Website, denn hier geht es ganz gezielt darum, eine Verbindung zu dir als Mensch hinter deinem Business aufzubauen. Wer könnte das besser vermitteln als du selbst?

  • Blogartikel: Reine Informationsartikel lassen sich meist gut an Profi-Texter*innen auslagern, aber immer dann, wenn auch deine persönliche Sichtweise auf das Thema durchscheinen soll (und das ist doch in sehr vielen Fällen so), lohnt es sich, diese Texte selbst zu schreiben.

  • E-Mails: Mails, z.B. Newsletter sind noch mal eine Spur persönlicher und näher dran an den Menschen, schließlich dürfen wir ihnen unsere Worte direkt in den Posteingang schicken. Für mich deshalb ebenfalls ein Format, das nur davon profitiert, wenn man selbst die Texte dafür schreibt. 

Sich mit den eigenen Texten zu beschäftigen, macht übrigens auch viel mit uns als Mensch. Sich wirklich Gedanken über den Kern der eigenen Aussage zu machen, selbst aufs Papier (oder ins Textdokument 😉) zu bringen, was wir mit unserer Arbeit zu geben haben – das kann ein sehr spannender, innerer Prozess sein. 

Ganz davon abgesehen ist es auch eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung, die eigenen Texte selbst zu schreiben. Überall sind Texte! Auch wenn alle von Video-Content sprechen, bleibt es ja so, dass auch diese Videos einen Inhalt haben. Jede E-Mail, die wir versenden, braucht Text. Nahezu jede Änderung der Website betrifft auch den Text. Sich jedes Mal an Dritte wenden zu müssen, weil man selbst nicht weiß, welch Worte die richtigen sind, macht doch sehr abhängig und kann durchaus auch teuer werden. Daher empfehle ich jedem und jeder Selbstständigen, insbesondere Solo-Selbstständigen, die sich eher als Personenmarke positionieren, dieses Know-how aufzubauen. Sie werden jeden einzelnen Tag davon profitieren können.

Und was, wenn Selbstständigen das Texten total schwerfällt?

Hier ist es ähnlich wie mit dem fehlenden Mut, nach dem du vorhin gefragt hast. Ich würde mit einem Blick auf die Ursache starten:

  • „Warum fällt mir das Texten so schwer?“

  • „Was genau fällt mir schwer?“

Wer hier nachhakt, wird häufig bestimmten Überzeugungen oder Glaubenssätzen begegnen.

Zum Beispiel der Überzeugung: „Ich kann einfach nicht gut schreiben!“

Und dann lohnt sich weiterzufragen: „Warum glaube ich, dass ich nicht gut schreiben kann?“

Manchmal kommt eine Antwort wie „Weil mir das meine Deutschlehrerin früher immer schon gesagt hat“ oder „Weil ich immer zu viel um den heißen Brei rede und nicht auf den Punkt komme“ oder „Weil meine Texte so steif und trocken klingen.“ 

Je nachdem, was sich zeigt, kann man dann an der Ursache ansetzen.

Auf den Punkt kommen, kann man lernen. (Tipp: In diesem Blogartikel zeige ich einige Möglichkeiten, Texte zu kürzen, um schneller zum Punkt zu kommen.)

Was die Deutschlehrerin früher gesagt hat, ist genau genommen jetzt gar nicht mehr relevant. Es sei denn, sie war nebenbei auch Marketingexpertin und gehört zudem zur eigenen Zielgruppe, die man mit den Texten erreichen möchte. Zu hinterfragen, welche Gedanken präsent sind und von wem diese eigentlich ausgelöst wurden, kann sehr hilfreich sein.

Im Marketing kommt es auch gar nicht so sehr darauf an, ob ein Text nun 1.000 Wörter hat oder 800, sondern vielmehr darauf, wie gut es uns gelingt, über unsere Worte eine Verbindung aufzubauen. Texten ist nur zum Teil Handwerk, zum anderen Teil aber auch viel Empathie für die eigenen Kund*innen und Zulassen, dass sich Texte nach dir anhören dürfen. Wie alles, ist es am Ende auch ein Prozess: Der erste Website-Text wird sehr wahrscheinlich dein schlechtester sein, dein erster Blogartikel auch. Schreiben verbessert sich durchs Schreiben. Daher möchte ich gerne alle ermutigen, es auszuprobieren und da, wo sie stehen, zu starten. 

Ergänzend kann man sich natürlich auch Unterstützung suchen, sei es durch Mentor*innen oder Wegbegleiter*innen. Jemanden, der oder die hilft, die Gedanken zu sortieren, die Zweifel nicht übermächtig werden zu lassen, und konstruktives Feedback gibt, bevor ein Text veröffentlicht wird. Das hilft vielen sehr über die Zeit, bis die eigene Sicherheit und Erfahrung groß genug geworden ist.

Wie können Selbstständige mit guten Texten die für sie richtigen Menschen anziehen?

Ich unterscheide zwei Säulen, die wir brauchen: unsere Website und unser Marketing.

Die Website kann man sich vorstellen wie ein Haus, quasi unser Ladengeschäft online. Da zeigen wir unser Angebot, stellen uns als Person vor und dort wird auch gekauft, gebucht oder angefragt. Die Website alleine ist aber zu Beginn eher wie ein geniales Restaurant in ganz schrecklicher Lage: Vierte Reihe Hinterhof und dann noch hinterm Gebüsch gelegen quasi. Sprich: Kaum jemand findet hin, höchstens mal durch Zufall oder eben über eine Empfehlung. 

Mit unseren Texten können wir zu diesem Haus Wege bauen, die dafür sorgen, dass unsere Traumkund*innen uns online finden. Regelmäßig, statt nur ab und zu. Wie diese Wege aussehen, richtet sich nach den persönlichen Stärken und Vorlieben, denn Marketing kann ganz unterschiedlich genutzt werden.

Wenn jemand seine Texte nutzen möchte, wäre ein eigener Blog eine gute Herangehensweise, die sehr zuverlässig und nachhaltig funktioniert. Wir können z.B. Blogartikel schreiben, die dann über Google gefunden werden. Das ist, um bei unserem Bild zu bleiben, dann so, als würden wir von einem belebten Platz, an dem viele Menschen sind (Google) einen Weg zu unserem noch versteckten Restaurant (Website) bauen.

Nun kommt es aber vor (eher die Regel als die Ausnahme), dass Menschen nicht sofort beim ersten Kontakt kaufen. Sie wollen erst einmal Vertrauen zu uns aufbauen, mehr über unsere Arbeit erfahren, oder haben vielleicht gerade jetzt keinen Bedarf, sondern erst später. Auch auf diese Bedürfnisse können wir mit unseren Texten eingehen:

  • Indem wir z.B. nicht nur informative, sondern auch persönliche Blogartikel schreiben.

  • Oder indem wir eine Möglichkeit anbieten, mit uns in Kontakt zu bleiben, etwa über unseren Newsletter

Das klingt vielleicht erst einmal viel, aber am Ende sind es gar nicht so extrem viele Texte, die wir brauchen, um einen stabilen Weg auszubauen.

An diejenigen, die sich da eine Orientierung verschaffen möchten, eine herzliche Einladung: Ich habe einen kompakten Content-Fahrplan erstellt, der die aus meiner Sicht wichtigsten Texte zeigt, um online sichtbar zu werden und Kund*innen zu gewinnen.

Du gehörst ja – so wie ich auch – zum selbsternannten Anti-Hustle-Club.😁 Wie sorgst du dafür, dass deine Selbstständigkeit und andere Lebensbereiche in Balance bleiben? 

Ich glaube, das Wichtigste ist, regelmäßig zu hinterfragen, was für mich wichtig ist, wo mein Fokus liegt und wo gerade auch nicht. Hustlen entsteht bei mir häufig, wenn ich zu viele Dinge auf einmal will und dann unrealistische To-do-Listen erstelle, die mich morgens schon komplett frustrieren. Ich setze mir deshalb lieber nur wenige Ziele, die wirklich wichtig sind und lasse das Drumherum, das „nice to have“, aber gar nicht so essentiell ist, so gut wie möglich weg. 

Was mir auch hilft, ist nicht zu sehr nach links und rechts zu schauen. Denn links und rechts liegen so extrem viele andere Möglichkeiten, dass ich damit manchmal schneller als mir lieb ist, in Resonanz gehe und fremde Ziele zu meinen eigenen mache. Und dann kommt irgendwann der Punkt, an dem ich mich frage, zu welchem Ziel ich da gerade unterwegs bin und ob das wirklich mein Ziel ist, oder ich nur denke, es als Ziel haben zu müssen.😉 Die eigene Definition von Erfolg zu finden, ist für mich elementar. 

Ganz pragmatisch, aber in meinem Business ein riesengroßer Gewinn: Ich habe keine Bürozeiten und gehe auch nicht einfach so spontan ans Telefon.😉 Mein erster Kommunikationskanal ist die E-Mail. Das erlaubt mir, flexibel zu sein und auch spontan z.B. zu Schulveranstaltungen zu gehen oder Zeit mit der Familie oder mir selbst zu verbringen.

Du schreibst Gedichte und verkaufst sie als Poesie-Postkarten. Ein Herzensprojekt?

Ein Projekt impliziert ja irgendwie auch, dass ein Ziel dahinter steckt, eine Art geplantes Vorhaben. Mit den Poesiekarten war es eher so, dass sie einfach irgendwann mit ins Business eingeflossen sind. Ich schreibe schon seit meiner Jugend Gedichte, hatte es zwischenzeitlich einige Jahre nicht mehr gemacht und lustigerweise in einem Moment wieder damit begonnen, als ich total frustriert war vom Marketing. Ich war damals als Texterin in einem Marketing-Meeting, in dem es darum ging, wie man noch imposanter, noch auffälliger und noch lauter werben könnte, um die Aufmerksamkeit der Kundschaft zu bekommen. Letztlich folgte der Plan, dass ab sofort alle Teammitglieder nach vorne preschen müssen, alle sollten Videos machen, alle sollten möglichst laut trommeln.

Für mich als sehr introvertierte Person ein Graus, als dass es enthusiastische „Yeah, let’s do this!“-Jubelrufe ausgelöst hätte. Aus dieser Frustration wuchs dann der Gedanke, mehr über Introversion im Business zu schreiben, um einfach aufzuzeigen, dass es unterschiedliche Persönlichkeiten gibt und das ganz wunderbar so ist.   

Ich tat dies erst in Form eines privaten Blogs und für diesen schrieb ich auch immer wieder Gedichte. Da unter meinen Kund*innen aber auch oft leisere, introvertierte Menschen sind, die eben ein Marketing suchen, das ohne Trommeln und Marktgeschrei funktioniert, flossen die Gedichte mehr und mehr auch in diesen Bereich rüber. Ich zog z.B. am Ende meiner Mentorings eine Poesiekarte, wenn meine Kund*innen das gerne wollten, oder band sie in meine Newsletter ein. Dass es sie nun auch als gedruckte Poesiekarten zu kaufen gibt, kam ganz einfach durch Nachfragen der Leute zustande, denen die Karten gefallen haben.

Heute nutzen einige meiner Kund*innen die Poesiekarten entweder für sich selbst, oder sie setzen sie in ihren Coachings, bei Yogastunden usw. als Impuls oder Giveaway für ihre Kund*innen ein. So kommen die Texte inzwischen ganz schön rum, was überhaupt nicht geplant war, aber dann am Ende nun doch eine Art Herzensprojekt geworden ist. Gute Gedanken, die uns durch den (Business-)Tag begleiten, können nie schaden, finde ich.

Vielen Dank für das Interview, Sonja!

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Wie schreibe ich mein erstes Buch, Sinem Straughan?

Kinderbuchautorin Sinem Straughan verrät im Interview ihre besten Tipps, wie angehende Autoren und Autorinnen ihr erstes Buch schreiben.

Sinem Straughan hat etwas geschafft, wovon viele Menschen träumen: ein Buch zu schreiben und bei einem Publikumsverlag zu veröffentlichen

Im Interview verrät sie, wie sie Zeit zum Schreiben findet, warum die meisten Probleme in unserem Denken über den Schreibprozess liegen (und nicht im Schreibprozess selbst) und wie es Autorinnen und Autoren gelingen kann, einen Verlag für ihr Buch zu finden.


Liebe Sinem, du bist nicht nur Autorin, sondern auch selbstständige Copywriterin und du hast einen Sohn, zwei Hunde 🐕 und eine Katze. Wie findest du da überhaupt Zeit zum Schreiben? 

Ich habe jahrelang überhaupt nicht geschrieben – obwohl ich vielleicht die Zeit gehabt hätte. Damals waren es aber eher innere Glaubenssätze, die mich davon abgehalten haben, wie zum Beispiel, dass ich das gar nicht kann oder dass nur andere schreiben dürfen, aber ich nicht. Die Literaturszene erschien mir viel zu weit entfernt – und vor allem für mich als Arbeiterkind mit Migrationshintergrund doppelt so weit weg.

Doch auch als ich nach einer Krise das kreative Schreiben wieder in mein Leben gelassen habe, hatte ich immer wieder große Schwierigkeiten, dran zu bleiben. Dadurch, dass ich tagsüber für Kund*innen texte, fiel es mir doppelt so schwer, mich zum Beispiel abends noch hinzusetzen und an meinem eigenen Buch zu arbeiten. Oft habe ich dann zwischendrin mal geschrieben oder am Wochenende – doch nie habe ich eine richtige „Routine“ gefunden, sondern mich eher mit einem schlechten Gewissen rumgeplagt. Ich wollte doch schreiben – warum nur schaffte ich es nicht, mich jeden Tag zu disziplinieren? Immer wieder verlor ich den Faden, ertappte mich dabei, wochen- oder sogar monatelang nicht geschrieben zu haben.

Schließlich habe ich mich intensiv mit meinem vermeintlichen Zeitmangel beschäftigt und herausgefunden, dass es nicht die Zeit oder Disziplin waren, die mir fehlten, sondern der Mut. Ich stellte fest, dass ich eigentlich große Angst davor hatte und vor allem Angst vor den intensiven Gefühlen, die beim Schreibprozess oft entstehen können.

Seitdem schreibe ich jeden Tag – und kann gar nicht mehr glauben, dass es mir einmal so unmöglich erschien. 

Viele träumen davon, ihr eigenes Buch zu schreiben, stellen aber schnell fest, dass das in der Praxis gar nicht mal so leicht ist. Was, glaubst du, sind die Gründe, dass viele frustriert wieder aufgeben?

Zunächst einmal denke ich, dass wir alle viele, viele Geschichten in uns tragen und diese in verschiedensten Formen Ausdruck finden können. Das muss manchmal gar kein Buch sein, das kann auch ein Blog oder eine andere Form von kreativer Betätigung sein.

Doch manche Menschen spüren recht stark (und das auch schon seit langer Zeit, wenn nicht schon immer), dass sie gerne ihr eigenes Buch schreiben würden. Einen Roman, ein Kinderbuch oder auch Kurzgeschichten.

Am Anfang ist die Motivation oft recht hoch und man sieht sich selbst schon fast mit dem fertigen Produkt in der Hand, bevor man überhaupt erst einen Satz niedergeschrieben hat. Vollkommen normal! Doch nach einer Weile, oft nach einem euphorischen Anfang, erreicht man den, wie es so schön heißt „saggy middle“, wo nichts mehr geht. Wo man sich in eine Sackgasse geschrieben hat und auf einmal gar nicht mehr weiß, wie man nun weitermachen soll.

Dann kann es durchaus passieren, dass man das Geschriebene erst einmal weglegt und vielleicht die ersten Zweifel auftauchen. Kann ich das überhaupt? Oder war das vielleicht nur ein Hirngespinst? Dann ertappt man sich dabei, wie andere Dinge plötzlich wichtiger werden. Zum Beispiel der Alltag mit Job, Kind etc., der überhand nimmt und man eigentlich gerade „keine Zeit“ dafür hat.

Manche wiederum haben eine Riesenangst vor dem weißen Blatt und kommen erst gar nicht an diesen Punkt – sie wissen nicht, wo anfangen und geben dann frustriert wieder auf. Sie alle eint aber eine Tatsache: Unwissenheit über den Schreibprozess und die Angst vor dem Scheitern. Die Angst, etwas Schlechtes zu schreiben, es gar nicht zu können, es nie schaffen zu werden etc.

Nur wenige bleiben dran und kämpfen sich mühsam durch. Und ja, es ist mühsam und oft zum Haareraufen. Es gibt viele Mythen über das Schreiben und eine davon ist, dass es sofort quasi wie gedruckt aus der Feder (bzw. Tastatur) fließen müsste. Und wenn es diesem Idealbild nicht sofort entspricht, dann ist man wahrscheinlich auch gar kein*e Autor*in. 

Welche Erfahrungen hast du mit Schreibprogrammen und -kursen für angehende Autorinnen und Autoren gemacht?

Ich habe einiges im deutschsprachigen Raum ausprobiert und für mich festgestellt, dass sie mich nicht wirklich weitergebracht haben. Im Gegenteil, ich hatte eher das Gefühl, dass man schon sehr früh im kreativen Schaffensprozess zu viel von sich zeigen musste. Dinge, die eigentlich nur für meine Augen gedacht sein sollten.

Ich konnte nie verstehen, warum ich den ersten Entwurf von etwas, das gerade erst in mir reift, schon zum „Kritisieren“ freigeben musste. Manche würden jetzt behaupten, dass man ja immer etwas dazulernen kann. Und jede konstruktive Kritik dankbar angenommen werden sollte. Ja, das ist auch richtig. Aber bitte erst, wenn ich den Text selbst ein paar Mal bearbeitet habe und das Gefühl habe: „Mehr geht nicht. Nun brauche ich ein Paar Augen, das mir vielleicht neue Perspektiven schafft.“

Ich vergleiche das immer gerne mit einem Embryo, der gerade im Mutterbauch heranwächst. Stell dir vor, Außenstehende begutachten ihn schon, bevor er überhaupt fertig ausgewachsen ist, und bemängeln, was ihm denn alles fehlt. Auch dir fällt dann auf, dass vieles noch nicht stimmig ist. Als Mutter sitzt du dann da und fühlst dich schuldig, bevor dein „Buchkind“ überhaupt das Licht der Welt erblickt. Du spürst eigentlich selbst, dass es noch etwas Zeit braucht, bevor die anderen es sehen sollten.

Wie sagte Hemingway so treffend: „The first draft of everything is shit.“

Lasst uns bitte selbst die Erlaubnis geben, ein paar Runden schlecht zu schreiben, denn das ist ganz normal und das muss so sein. Erst danach legen wir frei, was wirklich in dieser Geschichte schlummert. Stell dir vor, du stehst in einem Wald vor einem großen steinernen Haus ohne Fenster, ohne Türen. Es gibt keinen Weg zurück, du willst wissen, was in diesem Haus steckt. Doch anfangs kannst du nur mit den Fingerspitzen über die Ritzen im Stein fahren, in der Hoffnung, irgendwo einen versteckten Hinweis zu finden. Mit der Zeit, nachdem du die Mauern hunderte Male abgetastet hast, entdeckst du Dinge. Das ist das Schreiben für mich. 

Autorin Sinem Straughan (Sasmaz)

Autorin Sinem Straughan

 

Du hast mir mal gesagt, dass die meisten Probleme in unserem Denken über den Schreibprozess liegen und nicht im Schreibprozess selbst. Was genau meinst du damit? 

Schreiben ist meiner Meinung nach zu 80% Kopfsache und 20% Handwerk und Übung.

Ich glaube, viele Autor*innen setzen sich unglaublich unter Druck beim Schreiben und erwarten vom Erstlingswerk und vom ersten Entwurf, dass alles schon sitzen muss. Dass die Dialoge perfekt sind, die Beschreibungen atemberaubend poetisch und der Plot nur so dahin fließt.

Doch die Realität sieht anders aus: Viele Autor*innen schreiben den ersten Entwurf, um sich selbst erst einmal die Geschichte zu erzählen und herauszufinden, worum es darin überhaupt geht. Manche bezeichnen das sogar als „Zero Draft“. Man sollte die Geschichte einmal durcherzählen und wirklich beenden, bevor man das große Ganze sehen kann. Das Buch wird sich vermutlich noch stark ändern und unzählige Male überarbeitet werden – d.h. es ist gar nicht möglich, beim ersten Mal alles perfekt zu machen. (Außer, man heißt vielleicht Steven King.😊) Dieser Erwartungsdruck zwingt einige in die Knie, bevor sie den ersten Entwurf überhaupt fertig schreiben.

Auch ich habe mich lange mit diesen Gedanken herumgequält und bin auch heute nicht davor gefeit. Diejenigen, die den ersten Entwurf tatsächlich beenden, sind vielen, vielen anderen einen Riesenschritt voraus. Sie haben etwas, womit sie arbeiten können. Du brauchst eine gewisse Menge an Text, die du schleifen und revidieren kannst. Du kannst ein weißes Blatt nicht besser machen, einen mittelmäßigen Textentwurf jedoch schon! 

Wann ist der richtige Zeitpunkt, seinen Entwurf jemandem zu zeigen? Oder sich an eine Agentur oder einen Verlag zu wenden?

Ich würde meinen ersten Entwurf mindestens ein, zweimal überarbeiten und erst, wenn ich das Gefühl habe, der Plot und die Charakterentwicklung stimmen und ich kann dem selbst gerade nichts mehr hinzufügen, würde ich damit rausgehen.

Wovon ich unbedingt abraten würde, ist, in der ersten Euphorie einen Entwurf rauszuschicken, der noch nicht vorzeigefähig ist. Wenn du selbst also das Gefühl hast, eigentlich stimmen da ein paar Sachen noch nicht und du bist noch nicht zu 100% zufrieden damit, dann lieber noch einmal rangehen.

Was nämlich einige Autor*innen tun: Sie schicken den ersten Entwurf an Agenten oder Verlage, dann aber E-Mails mit Manuskript-Updates hinterher, weil ihnen noch einfiel, dass da unbedingt was geändert werden müsste. Agenturen und Verlage werden diese Updates nicht berücksichtigen und es wird auch leider überhaupt nicht gerne gesehen. Ich weiß selbst, wie es ist, wenn man ungeduldig wird, weil man schon längere Zeit an dieser Geschichte saß und endlich damit rausgehen möchte. Aber man tut sich selbst und dem Buch keinen großen Gefallen, wenn man es vor seiner Zeit verschickt. 

Viele Schreiberlinge stehen vor der Entscheidung: Verlag oder Selfpublishing? Warum hast du dich für den Verlagsweg entschieden?

Ich habe damals überhaupt nicht in Erwägung gezogen, selbst zu publizieren. Das erschien mir auch viel zu viel Arbeit, denn ich weiß, dass man als Selfpublisher ja alle anfallenden Dinge selbst machen muss. Angefangen beim Druck, beim Sales, den Vertriebskanälen aber auch dem eigenen Marketing wie zum Beispiel Social Media – das wäre mir zu viel.

Und die Zeit würde ich lieber nutzen, um weitere Geschichten zu schreiben. Ich bewundere aber alle, die diesen Weg gehen und damit erfolgreich sind. Es gehört viel Selbstdisziplin und Geschick dazu, das alles zu stemmen – auch finanziell.

Ich finde auch, Selfpublisher stehen traditionellen Verlagen in nichts nach – sie haben sich einfach nur entschieden, ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen und dafür erhalten sie ja dann auch mehr.

Wie hast du den passenden Verlag für dein Buch gefunden? Und welche Tipps würdest du Autor*innen geben? 

Um ganz ehrlich zu sein, habe ich mir alle passenden Verlage im DACH-Raum rausgesucht und ihnen mein Expose und den Text geschickt. Das waren so an die 40. Von ca. 20 kam eine Absage, was mich überhaupt nicht gewundert hat, schließlich habe ich nicht daran geglaubt, dass man beim ersten Mal so viel Glück haben kann. Zwei Jahre vergingen und ich hatte das Buch eigentlich schon vergessen, als ich gerade in der Arbeit saß und meine E-Mails checkte.

Meine jetzige Lektorin schrieb mir darin, dass sie die Geschichte durch Zufall aus einem Stapel eingesandter Manuskripte gefischt hätten. Und kurzum: Sie würde sie gerne realisieren, ob ich Lust hätte, zu telefonieren? Da zog es mir erst mal den Boden unter den Füßen weg, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Aber es erschien mir schon wie ein Zeichen vom Schicksal, denn ich hatte so viel Mut sammeln müssen, um überhaupt zu schreiben und etwas davon zu zeigen. Ich fühlte mich, als hätte mich da draußen im Universum jemand gehört. Das werde ich nie vergessen!

Vielen Dank fürs Interview, Sinem!

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Wie mache ich mein Unternehmen nachhaltiger? – Interview mit Texter Jörn Leonhardt

Als Texter und Marketingberater hilft Jörn Leonhardt nachhaltigen Unternehmen, ihr Angebot klar und authentisch auf den Punkt zu bringen und ihre Ideen für eine bessere Welt bekannt zu machen. Im Interview verrät er, wieso er in seinem eigenen Marketing ohne Social Media auskommt und was wir tun können, um unser eigenes Unternehmen nachhaltiger zu gestalten.

Als Texter und Marketingberater hilft Jörn Leonhardt nachhaltigen Unternehmen, ihr Angebot klar und authentisch auf den Punkt zu bringen, Kund*innen zu gewinnen und ihre Ideen für eine bessere Welt bekannt zu machen.

Im Interview verrät er, wieso er in seinem eigenen Marketing ohne Social Media auskommt und was wir tun können, um unser Unternehmen nachhaltiger zu gestalten.


Jörn, du bist Texter und Marketingberater und kommst in deinem eigenen Marketing komplett ohne Social Media aus. Eine bewusste Entscheidung?

Ich würde gerne sagen: Klar, war alles Absicht und von langer Hand geplant! Tatsächlich hat sich das eher so ergeben. Als ich 2020 in die Selbständigkeit gestartet bin, habe ich mich erstmal auf meine Website konzentriert – um dann festzustellen, dass ich Facebook, Instagram und Co. gar nicht brauche, um genügend Kund*innen zu gewinnen. 

Das kam mir entgegen, weil ich Social Media nicht besonders mag. Das Medium bringt ja eine gewisse Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit mit sich, was mir als introvertiertem Menschen nicht liegt. Außerdem ist es viel Arbeit, jeden Tag aktiv zu sein, zu posten oder Storys teilen zu müssen, damit ich überhaupt wahrgenommen werde. Dafür ist mir meine Zeit aktuell zu wertvoll.

Was rätst du anderen Selbständigen, die mit sozialen Medien hadern?

Da spielen aus meiner Sicht zwei Aspekte eine Rolle: Erstens, welche Marketing-Kanäle liegen mir persönlich? Bin ich zum Beispiel jemand, der gerne und gut spricht, auch vor der Kamera? Dann fühle ich mich vielleicht auf YouTube wohl oder starte einen Podcast. Wenn ich lieber schreibe, kann ein Blog in Kombination mit E-Mail-Marketing eine gute Möglichkeit sein, Menschen zu erreichen. Ich glaube, dass Authentizität im Marketing superwichtig ist und Menschen sofort spüren, wenn meine Kommunikation nicht stimmig ist, wenn ich mich unwohl fühle oder eine Rolle spiele, die nicht zu mir passt. Daher empfehle ich Solo-Unternehmer*innen, nur die Medien zu nutzen, die ihnen Spaß machen – alles andere wird langfristig nicht funktionieren. 

Die zweite wichtige Frage, die ich mir als Freelancer*in stellen muss: Wo finde ich meine Kund*innen? Wenn ich sie über andere Marketing-Kanäle erreiche, kann ich auf Social Media verzichten. Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, alle Plattformen zu bespielen, auf denen meine Zielgruppe unterwegs ist. Das ist für Selbständige aber kaum zu leisten, daher würde ich mich lieber auf zwei oder drei Kanäle konzentrieren – und die dafür richtig gut machen.

Jörn Leonhardt sitzt am Schreibtisch, auf dem ein Block Papier und ein Glas Wasser steht.

Texter Jörn Leonhardt unterstützt nachhaltige Unternehmen.

Wie schaffst du es, auch ohne Social Media genügend Menschen zu erreichen und neue Kund*innen zu gewinnen?

Die meisten Anfragen kommen über meine Website. Ich habe mich intensiv mit Suchmaschinenoptimierung (SEO) beschäftigt und meine Angebotsseiten so aufgebaut, dass ich bei relevanten Suchanfragen auf Seite 1 bei Google lande. Meine Kund*innen sind in erster Linie Unternehmen und Kommunikationsagenturen, die Freelance-Texter*innen mit Nachhaltigkeitsexpertise suchen. Viele googeln und werden so auf mich aufmerksam. 

Wo siehst du die Vorteile von SEO?

Wenn Leute Suchmaschinen nutzen, suchen sie in der Regel eine Lösung für ihr Problem. In diesem Moment sind sie also maximal interessiert und offen für ein passendes Angebot – und genau dann tauche ich in den Suchergebnissen auf. Daher ist die Chance, dass sich daraus eine Anfrage ergibt, relativ hoch. Wenn ich zum Beispiel Werbung schalte, ist das anders: Da unterbreche ich die Menschen ja bei dem, was sie gerade tun. Das kann schnell nerven.

Charmant an SEO finde ich, dass es nachhaltig ist: Einmal richtig aufgesetzt, kann mir meine Landingpage über Jahre neue Kund*innen bringen. Natürlich muss ich das Ganze im Auge behalten und ab und zu nachjustieren, aber ich habe nicht den Druck, permanent aktiv zu sein oder monatlich Geld zahlen zu müssen, damit es funktioniert. 

Du hast dich als Marketingberater auf nachhaltige Unternehmen spezialisiert. Wie kam es zu dieser Ausrichtung?

Ich war schon immer naturverbunden und Werte wie Respekt, Toleranz und Gerechtigkeit sind mir wichtig. Mein erster Job nach dem Germanistik-Studium führte mich in die internationale Nachhaltigkeitsbranche – ich habe einige Jahre in der Unternehmenskommunikation einer großen deutschen Entwicklungshilfe-Organisation gearbeitet, was mir sehr gefallen hat. Danach wechselte ich als PR-Manager in einen internationalen Konzern. Das war spannend, aber nach einiger Zeit hat mir der Sinn gefehlt. Ich wollte außerdem ortsunabhängig und zeitlich flexibel arbeiten, also habe ich mich als Texter für Nachhaltigkeit selbständig gemacht.

Heute helfe ich nachhaltigen Unternehmen und Organisationen, ihre Ideen für eine bessere Welt zu verbreiten. Für mich eine sehr erfüllende Tätigkeit, denn ich werbe nicht nur für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen, sondern trage auch dazu bei, dass Nachhaltigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Raum bekommt. Ich glaube, dass Worte ein mächtiges Werkzeug sein können, um Verantwortung zu fördern und eine nachhaltigere Zukunft zu erschaffen. Wenn ich merke, dass Menschen durch meine Arbeit die Vorteile eines umweltfreundlichen Lebensstils erkennen, ihre Gewohnheiten hinterfragen und in ihrem Alltag Dinge zum Positiven verändern, macht mich das glücklich.

Was tust du als Einzelunternehmer konkret, um dein eigenes Unternehmen nachhaltiger zu gestalten?

Ich lebe den Nachhaltigkeitsgedanken schon ziemlich konsequent und trenne nicht zwischen Beruf und Privatem, auch weil ich im Homeoffice arbeite. Da meine Tätigkeit in erster Linie online am Rechner stattfindet, beziehe ich zu Hause Ökostrom und nutze „grüne“ Office-Tools wie Fairmeeting, die auf nachhaltigen Servern laufen. Was viele nämlich nicht wissen: Das Internet verursacht wahnsinnig viel CO2. Jede Mail, jedes Foto, das wir verschicken, jeder Podcast, jede Netflix-Serie, die wir streamen – all das produziert weltweit so viele Emissionen wie der gesamte globale Flugverkehr. 

Grundsätzlich versuche ich, bewusst zu konsumieren. Ich ernähre mich zum Beispiel vorwiegend pflanzlich, regional, saisonal und bio und trinke fast ausschließlich Leitungswasser, um Transportwege zu reduzieren. Bevor ich etwas fürs Büro kaufe, frage ich mich: Brauche ich das wirklich? Wenn ja, schaue ich, ob ich das auch gebraucht bekomme, bei Smartphones, Laptops oder Fotoequipment gibt es zum Beispiel tolle Second-Hand-Angebote. Andernfalls suche ich nach nachhaltig und fair produzierten, hochwertigen Alternativen, die ich dann so lange wie möglich nutze. Bevor sie auf dem Müll landen, werden sie repariert. 

Natürlich stoße auch ich regelmäßig an Grenzen. Wer lebt, schadet automatisch der Umwelt, den Widerspruch müssen wir aushalten. Aber: Wenn wir alle unser Verhalten ein bisschen hinterfragen und bewusste Konsumentscheidungen treffen, ist schon viel gewonnen.

Gerade Unternehmen und Selbstständigen aus der Nachhaltigkeitsbranche ist ein authentischer Auftritt nach außen wichtig. Wie können wir unser Angebot überzeugend kommunizieren, ohne mit Manipulation oder Psychotricks zu arbeiten? 

Marketing arbeitet ja immer auf irgendeine Art und Weise mit Psychologie, das finde ich auch völlig legitim. Es geht ja darum, die Perspektive der Kund*innen einzunehmen, sie mit ihren Träumen und Problemen zu verstehen und eine Lösung zu entwickeln, die ihnen wirklich hilft. Wir sollten uns da auch nichts vormachen: Beeinflussung entsteht bereits dann, wenn zwei Menschen miteinander kommunizieren, wir treffen unsere Entscheidungen ja nicht im luftleeren Raum. Und wir Unternehmer*innen sind davon abhängig, dass andere bei uns kaufen, also müssen wir Überzeugungsarbeit leisten. 

Schwierig wird es aus meiner Sicht immer dann, wenn ich anderen Menschen Schaden zufüge. Wenn ich zum Beispiel massiv Druck ausübe und sie zu etwas überrede, was sie eigentlich nicht wollen. Oder wenn ich mit Falschinformationen arbeite, Ängste schüre oder Lösungen verkaufe, von denen ich genau weiß, dass sie nicht funktionieren, nur um Geld zu machen. Ich denke da immer an meinen Onkel, der nicht gut Nein sagen konnte und sich von Vertretern an der Haustür die kuriosesten Dinge hat aufschwatzen lassen. So ein Verhalten findet man natürlich genauso in der Online-Welt, diese Strategie wird langfristig aber kaum erfolgreich sein.

Was können wir stattdessen tun?

Authentisch kommunizieren hat für mich viel mit Ehrlichkeit und Respekt zu tun, das ist auch in der Nachhaltigkeitskommunikation wichtig. Da findet aktuell leider noch viel Greenwashing statt, was aber zum Glück immer häufiger aufgedeckt wird, zum Beispiel durch Recherche-Netzwerke wie Flip

Überzeugen kann ich, wenn ich konsequent die Perspektive meiner Kund*innen einnehme und ihnen deutlich mache, dass ich sie und ihre Probleme verstehe und ein ehrliches Interesse daran habe, ihnen zu helfen. Mir gefällt der Storytelling-Ansatz von Donald Miller, der den Kunden radikal in den Mittelpunkt stellt und dabei die Psychologie des Geschichtenerzählens nutzt.

Auf die Kund*innen eingehen, aufmerksam zuhören, respektvoll, klar und transparent kommunizieren – und natürlich halten, was ich verspreche, eine tolle Qualität abliefern: Wenn ich das beherzige, brauche ich weder Druckmittel noch Täuschungsmanöver. 

Eine Möglichkeit, auch ohne Social Media online sichtbar zu werden, ist, Themen bei großen Zeitungen und Onlinemagazinen zu platzieren. Wie schaffe ich es, als Einzelunternehmer*in in die FAZ oder in den SPIEGEL zu kommen? Oder ist das völlig unrealistisch? 

Das ist durchaus möglich, aber man muss verstehen, wie Medien funktionieren. 

Journalist*innen sind immer auf der Suche nach spannenden Geschichten, die wiederum für ihre Leser*innen interessant sind – wenn ich so eine Geschichte liefern kann, renne ich bei den Redaktionen offene Türen ein.

Auch wenn ich nachweislich Expert*in für ein gefragtes Thema bin, habe ich als Einzelunternehmer:in gute Chancen auf ein Interview. 

Eine Pressemitteilung nach dem Gießkannenprinzip an einen großen Medien-Verteiler zu schicken, ist für Selbstständige ohne großen Bekanntheitsgrad aber weniger erfolgversprechend. Meistens bringt es mehr, sich ganz gezielt eine passende Journalistin herauszupicken und sie mit einem individuellen Themenvorschlag direkt zu kontaktieren. Es müssen übrigens nicht immer gleich die großen Medien wie Spiegel, FAZ oder ZEIT sein. Gerade für regionale Unternehmen sind die Lokalzeitungen tolle Möglichkeiten, um im näheren Umkreis bekannter zu werden, auch Fachmagazine bieten sich an.

Vielen Dank für das Interview, Jörn!

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„Skalieren funktioniert auch ohne Social Media“ – Interview mit Simone Weissenbach 

Simone Weissenbach verrät im Interview, ob Unternehmer:innen auch ohne Social Media ihr Unternehmen skalieren können. Außerdem gibt sie Tipps, wann der richtige Zeitpunkt zum Skalieren ist.

Dr. Simone Weissenbach unterstützt Expert*innen und Coaches mit Online-Business dabei, ihre Expertise nachhaltig zu skalieren, aber ohne das typische Höher-Schneller-Weiter.

Sie zeigt verschiedene Wege, wie du durch einfache Evergreen-Strategien, die 24/7 für dich arbeiten, mit weniger Aufwand mehr erreichen kannst. Auf deine Art, so dass es zu dir, deinen Kund*innen und deinem Business passt.

Im Interview habe ich Simone gefragt:

  • Welche Rolle spielen soziale Medien beim Skalieren?

  • Gibt es für Online-Unternehmer*innen einen richtigen (oder falschen) Zeitpunkt zum Skalieren?

  • Kann ich auch völlig ohne Social Media skalieren und wenn ja, wie?


Liebe Simone, du unterstützt Einzelunternehmer*innen dabei, ihre Expertise zu skalieren, und zwar nicht nach irgendwelchen „Blaupausen“ oder „Geheimstrategien“, sondern ganz individuell. Welche Rolle spielen dabei soziale Medien für deine Kund*innen?

Die Rolle von Social Media ist bei meinen Kund*innen tatsächlich recht unterschiedlich. Von „Ich nutze es gar nicht“ bis hin zu „Es ist ein Hauptkanal“ ist alles vertreten. 

Für mich bedeutet Skalieren nicht dieses typische „Höher, Schneller, Weiter“ und „hustle, hustle, hustle“, sondern idealerweise mit weniger mehr zu erreichen. Und dafür muss ich natürlich wissen, was für mich als Unternehmer*in funktioniert. Das kann Social Media sein, muss es aber nicht. 

Und wie ist dein eigenes Verhältnis zu Social Media?

Wie heißt es immer so schön? Der Beziehungsstatus ist kompliziert.😊 

Ich arbeite inzwischen neun Jahre online und hab damals ganz klassisch mit Facebook begonnen, später ist Instagram dazugekommen. 

Am Anfang haben mir soziale Medien auch Spaß gemacht. Ich hab das Thema sogar von der wissenschaftlichen Seite beleuchtet und in meiner Dissertation untersucht, inwiefern man Social Media als Lehr- und Lerninstrument einsetzen kann. 

Inzwischen nutze ich Social Media aber fast gar nicht mehr. Soziale Medien stressen, frustrieren und nerven mich und sind ein richtiger Zeitfresser geworden. 

Was ich jetzt mache, könnte man als „Social Media light“ bezeichnen. D.h. ich hab die Profile noch, bin aber einem großen Teil der Accounts entfolgt, sodass ich – wenn ich mal reingucke – nur noch das sehe, was ich auch wirklich sehen möchte. Die Apps habe ich von meinem Smartphone gelöscht und schaue höchstens mal über den Desktop rein. Gepostet habe ich seit Monaten nichts mehr, will aber nicht ausschließen, dass ich es irgendwann wieder tue. Werbeanzeigen schalte ich allerdings noch immer.

Zwischenzeitlich hatte ich auch mal eine virtuelle Assistentin, die die Posts und Captions für mich erstellt hatte. Das hatte für mich leider von den Texten her nicht so gut funktioniert.

Spannend, dass du das Outsourcen angesprochen hast. Denn das war damals auch das erste, was ich versucht hatte, als ich keine Lust mehr auf Social Media hatte. Für mich hatte es aber auch nie so richtig funktioniert …

Ja, meine VA hatte es wirklich gut gemacht. Sie hat tolle Captions geschrieben und alles sah super aus, aber es war irgendwie nie ganz ich. Für Personenmarken scheint es irgendwie schwierig zu sein, Social Media outzusourcen.

Außerdem sehe ich es auch so: 

Meine potentiellen Kund*innen haben schon ein laufendes Onlinebusiness und lagern Social Media selbst gerne an VAs aus. Das heißt, ich würde meine VA damit beauftragen, Content für die VAs meiner potentiellen Kund*innen zu erstellen. Also ziemlich schräg irgendwie.🤪

Coachin Simone Weissenbach sitzt auf einem Rattanstuhl vor einer Wand

Simone Weissenbach

Und wie funktioniert das „Social-Media-Marketing light“ dann bei dir in der Praxis? Wie findest du Kund*innen für deine Onlineprogramme?

Ich investiere in meinem Marketing lieber Geld als Zeit. 

So habe ich vor einiger Zeit beschlossen, dass ich nicht mehr launchen will, und hab deshalb alles auf Evergreen umgestellt. Sowohl von den Produkten als auch vom Marketing her. Ich habe mir über Werbeanzeigen einen Funnel aufgebaut und mache darüber auf mich aufmerksam. Ich bewerbe meinen Content oder im nächsten Schritt auch mal ein Freebie oder eine Masterclass. 

Außerdem habe ich von Anfang auf Suchmaschinenoptimierung gesetzt. 

Über Google habe ich dich ja auch gefunden …

Ja, siehst du – funktioniert.😉 Ich habe inzwischen seit fünf Jahren einen Podcast und zu jeder Folge gibt es auch einen Artikel dazu. Klar ist das eine mittel- bis langfristige Strategie, aber für mich klappt das sehr gut. 

Der Podcast selber zählt eher zum Vertrauensaufbau. Fast alle meine Kund*innen haben – zumindest eine Zeit lang – meinen Podcast gehört. Dafür schreibe ich gerade nur selten Newsletter.

Dein Motto ist „Skaliere mit Leichtigkeit“. Wie passen für dich Leichtigkeit und Social Media zusammen?

Für mich persönlich tatsächlich gar nicht mehr. Nachdem es gefühlt immer lauter und voller geworden ist und ich eh ein introvertierter Mensch bin, hatte ich irgendwann das Gefühl, von allen Seiten „angeschrien“ zu werden. Das hat sich für mich nicht mehr nach Leichtigkeit angefühlt.

Wobei ich es wichtig finde, noch einmal über den Begriff der Leichtigkeit zu reden.

Leichtigkeit heißt für mich nämlich nicht, dass nichts zu tun ist, sondern dass ich die Sachen mache, die sich für mich stimmig anfühlen und dadurch leicht werden.

Manchmal wird Leichtigkeit nämlich so dargestellt, dass ich dann gar nichts mehr tue und die Kund*innen fast schon auf eine magische Art anziehe. Das meine ich definitiv nicht mit Leichtigkeit. Ohne „aligned action“, also die Umsetzung für mich stimmiger Dinge, passiert leider nicht viel ...

Was mich auch immer nervt, ist, wenn dann manche Strategien als die einzige Lösung und das Nonplusultra dargestellt werden. Das stimmt aus meiner Sicht überhaupt nicht.

Bestes Beispiel ist für mich das Launchen. Im Onlinebereich heißt es immer: Du kannst nur verkaufen, wenn du launchst. Dabei funktioniert es doch in ganz vielen anderen Branchen auch anders.

Welche Formen gibt es überhaupt zum Skalieren und gibt es einen richtigen Zeitpunkt, den du deinen Kund*innen empfiehlst?

Für mich bedeutet Skalieren nicht einfach nur, größere Launches zu machen und mehr Geld zu verdienen.

Wichtig ist erst einmal, dass man sich eine stimmige, stabile Basis aufgebaut hat. Einfach deshalb, damit man nicht anfängt, die falschen Sachen zu skalieren.

Eine der gängigsten Möglichkeiten ist sicherlich, das Angebot zu skalieren. Der Klassiker ist, nicht mehr 1:1 zu arbeiten, sondern Angebote zu entwickeln, in denen man mit mehreren Menschen parallel arbeitet. Aber auch da gibt es ja so viel mehr als nur der Selbstlerner-Onlinekurs, der oft genannt wird. Es gibt zig Varianten, Angebote zu skalieren. Entscheidend ist, dass ich weiß: Was passt zu mir selbst? Was passt zu meinen Kund*innen? Was passt zum Angebot, das ich habe?

Eine weitere Möglichkeit ist, das Marketing zu skalieren, weil ich zum Beispiel größere Launches will oder weil ich auf Evergreen umstelle und nur noch dann launche, wenn ich Bock dazu habe.

Zum Skalieren gehören für mich aber auch Strukturen, Systeme und Tools, die dann viele Aufgaben für mich übernehmen können.

Selbst wenn meine Kund*innen noch relativ am Anfang sind und noch nicht so weit sind zum Skalieren, kann man aus meiner Sicht trotzdem schon einmal gucken: Was machst du momentan? Wie machst du das? Wo könntest du es dir schon einmal einfacher machen?

Kann man deiner Meinung nach auch zu früh skalieren?

Ja, definitiv. Bevor ich skaliere, muss ich unbedingt wissen:

Mit wem will ich arbeiten? Wie arbeite ich mit ihm? Welche Botschaft will ich überhaupt vermitteln? Und an wen? 

Gerade am Anfang passiert es ja noch recht häufig, dass man sich bei manchen Kund*innen denkt: „Okaaaaay. Lieber nicht mehr. Danke.“

Ich sollte also unbedingt schon einmal mit Menschen zu diesem Thema zusammengearbeitet haben, wenn auch nicht zwingend in diesem Format. 

Ein häufiger Fehler wäre es zum Beispiel, als Einsteiger*in zu sagen „Ich entwickle jetzt mal einen Onlinekurs.“. Hier ist aus meiner Sicht die Gefahr groß, dass er nicht verkauft wird. 

Gibt es von deinen Kund*innen welche, die tatsächlich auch völlig ohne Social Media skalieren?

Ja, da gibt es ein paar. Eine Kundin zum Beispiel schreibt gerne Newsletter und baut damit Vertrauen zu den Menschen auf, die schon bei ihr sind. 

Daneben nutzt sie die sogenannte OPA-Strategie („other people’s audiences“) und erreicht über Kooperationen die Zielgruppen von anderen Unternehmer*innen. 

Außerdem setzt sie auf Suchmaschinenoptimierung. Da sie sehr nischig unterwegs ist, taucht sie sofort relativ weit oben in den Suchergebnissen auf, wenn jemand nach ihren Keywords sucht. 

Und schließlich hat sie auch noch einen Podcast, arbeitet viel mit Interviews und erreicht damit wiederum die Zielgruppen von anderen Menschen. 

Skalieren funktioniert also definitiv auch ohne Social Media.

Vielen Dank für das Interview, Simone.

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Resilienz für Unternehmer*innen: Wie Selbstständige Krisen meistern und an ihnen wachsen – Interview mit Bettina Bergmann

Wie du als Selbstständige Krisen meisterst und an ihnen wächst, verrät Bettina Bergmann im Interview.

Bettina Bergmann ist Business-Coachin und hilft engagierten Unternehmerinnen dabei, ihr einzigartiges Naturell zu entdecken und im Vertrauen auf sich und ihre Fähigkeiten erfolgreich zu sein. Im Interview verrät sie, wie Selbstständige und Unternehmer*innen Krisen meistern und Resilienz entwickeln können.


Liebe Bettina, was bedeutet Resilienz genau?

Danke, dass du genau diese Frage am Anfang stellst. Ehrlich gesagt – ich bin immer wieder erstaunt, dass viele Menschen in der Tat nicht wissen, was genau mit Resilienz gemeint ist. Re-silienz hat viel zu tun mit Re-aktion. Eine Interessentin bucht nicht, mein Kurs verkauft sich nicht, eine Freundin bekommt eine Krebsdiagnose – ich kann verzweifeln oder ich kenne einen Weg, der mich aus meinem emotionalen Elend wieder rausholt.

Und genau das ist Resilienz: Das, was Menschen während und nach dem Erleben von Stress mental gesund hält. 

Und was zeichnet einen resilienten Menschen aus? 

Darf ich von mir erzählen? Ich glaube, ich bin das beste Beispiel für einen resilienten Menschen. 2013 ist mein Mann an einem Hirntumor gestorben und ich hatte 3 Monate später einen Herzinfarkt. Damals wusste ich noch nichts von nützlichen Strategien, ich habe wohl einfach intuitiv vieles richtig gemacht. Ich erinnere mich noch genau an den Abend nach der Beerdigung. Es war warm. Ich saß allein auf dem Balkon. Freunde und Familie waren weg. Ruhe. Und jetzt? Meine Antwort an mich selbst: Ich lebe. 

Was heißt „leben“? Pläne machen, nach vorne schauen, das Schöne im Alltag entdecken, optimistisch sein und daran glauben, dass es irgendeinen Weg geben wird, dass es gut wird. Ich habe Freunde, die mich unterstützen.

Später habe ich gelernt, dass ich wie nach Lehrbuch Resilienz gelebt hatte: Ziel- und Lösungsorientierung, Optimismus, Akzeptanz und Bindung. So habe ich es geschafft, meine Lebenskrise zu überwinden. 

Ich vergleiche einen resilienten Menschen gerne mit dem Bambus. Dieser Pflanze können die größten Stürme nichts anhaben. Die Zweige brechen nicht ab. Sie biegen sich – manchmal auch fast bis zum Boden – und richten sich anschließend wieder auf. Bambus ist äußerst flexibel. In den Tropen baut man daraus sogar Gerüste für Hochhäuser, weil sie erdbebensicher sind – besser als Stahl. 

Und genauso anpassungsfähig sind resiliente Menschen. Sie sind nicht immun gegen jede Krise, sie haben auch Angst, sie erleben auch schmerzhafte Erfahrungen. Aber: Sie kennen und nutzen Strategien, um den inneren Kompass wieder auf „positiv“ zu stellen. 

Ganz wichtig: Das gilt nicht nur für große Krisen, sondern auch für den ganz alltäglichen Wahnsinn, den ich meistern muss. 

Coachin Bettina Bergmann steht vor einem Esstisch mit einer Tasse in der Hand

Bettina Bergmann

Woran erkenne ich, wenn mir als Unternehmer*in Resilienz fehlt?

  • Ich bin spät abends parallel zum Film noch am Handy, um bei FB oder Insta ja nichts zu verpassen (kann dir nicht mehr passieren 😊, liebe Alex).

  • Ich fühl mich unter Druck, jede Mail von Kund*innen sofort zu beantworten; ich denke, dass ich 24/7 für sie da sein muss.

  • Ich kriege viel zu wenig geregelt, weil ich mich nicht entscheiden kann.

  • Ich komme mit meinem Produkt nicht zu Potte, weil es noch nicht „perfekt“ genug ist.

  • Ich habe ein mieses Gefühl, weil ich sehe, was die Konkurrenz Tolles macht.

  • Es prasselt so viel auf mich ein und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.

  • Ich habe viel zu wenig Zeit – und das, obwohl ich als Selbstständige doch selbstständig organisieren könnte.

Ich glaube, jede von uns kennt diese Situationen aus dem Business-Alltag. Und vermutlich gibt es da noch einige Situationen mehr. Was ist das verbindende Element all dieser Erfahrungen? 

Es fehlt dir zu vielen Dingen der Mut. Du brauchst Mut, um deine Online-Zeiten zu reduzieren, um Kund*innen klar zu machen, dass du nicht jederzeit verfügbar bist, um dich für das eine oder das andere Marketing-Angebot zu entscheiden oder deinen Tag zu strukturieren (Mut zum Kürzen der To-do-Liste).

Und für diesen Mut brauchst du Selbstvertrauen. Resilienz hat sehr viel mit Selbstvertrauen zu tun. Ich muss meine Stärken gut kennen, damit ich weiß, worauf ich bauen kann. 

Wie können Unternehmer*innen ihre Resilienz fördern und trainieren? Oder ist die Fähigkeit zur Resilienz angeboren?

Zentrale Botschaft zu dieser Frage: Resilienz ist lernbar. Es gibt Menschen, die von Natur aus eher an das Positive glauben oder sich nicht so schnell „unterkriegen“ lassen. Die lernen vielleicht schneller. Aber grundsätzlich ist Resilienz eine Kompetenz, die jede*r erwerben und trainieren kann.

Wichtige Voraussetzung für den Trainingserfolg ist eine gute Selbstwahrnehmung. Für mich ist das der Start ins Training. Ich muss erst genau spüren, beobachten, erkennen, was gerade mit mir los ist, damit ich den nächsten Schritt machen kann. 

Hier kommt die viel zitierte Achtsamkeit ins Spiel. Ich darf hinhören, wie es mir geht. Wo spüre ich Unruhe? Verspannungen? Ungeduld? Zweifel? All das sind Signale, die mich auffordern sollten, etwas zu ändern und dadurch mehr Zufriedenheit in mein Leben zu holen.

Ich selbst bin noch nicht so weit wie du, Alex, dass ich mich von FB und co verabschiedet habe. Deshalb kenne ich es nur zu gut, dass gerade durch zu viel Social Media der Kopf ziemlich rödelt. Gedanken schwirren durcheinander. Die vielen To-dos wollen beachtet werden. 

Quick-Tipp, um aus diesem Gedankenkarussell auszusteigen:

Konzentriere dich ganz auf das, was gerade hier und jetzt ist:

Was machst du gerade? Wie schmeckt der Erdbeerkuchen? Wie fühlt sich der Wind auf der Haut an? Welche Farben siehst du beim Blick aus dem Fenster? 

Nimm mit allen Sinnen wahr, was ist. Diese Konzentration bringt dich sofort raus aus dem Stress-Modus und du kommst runter – physiologisch gesprochen: Puls wird langsamer, Blutdruck sinkt. Man kann es auch Meditation nennen – ganz klein und ganz alltagspraktisch.

Wie können Selbstständige Selbstzweifel in den Griff bekommen und ihr Selbstvertrauen stärken?

Um zu lernen, wie ich Selbstzweifel in den Griff bekomme, ist es gut zu wissen, wieso ich sie überhaupt habe. Wie entstehen Selbstzweifel? Was lässt mich als erwachsene Frau an mir zweifeln – und das, obwohl viele von uns Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen haben, Ehen gelebt, Trennungen überstanden, Kinder großgezogen und Jobs gemeistert haben.

Auf unserer persönlichen Lebenslinie stehen viele Erfolge – aber wir sehen sie nicht. Wir lieben es, unsere Schwächen zu betonen und die Fehler in den Mittelpunkt zu stellen. „War ja klar, dass ich das nicht geschafft habe.“ Anstatt: „Ich schau mal, was genau noch nicht funktioniert hat, und mache es beim nächsten Mal besser.“

Wir verallgemeinern gerne: Immer geht was schief. Hat alles keinen Sinn. Das wird nie gut gehen.

Um aus dieser Nummer rauszukommen, ist es klug, das wahrzunehmen, was gelingt, was gut ist, was einfach stimmt. 

Auch hierzu habe ich einen Quick-Tipp:

Starte den Tag gleich morgens mit deinem persönlichen Journal. Schreib auf, auf was du dich freust und wofür du dankbar bist. Wenn du jeden Tag deine Gedanken auf positiv richtest, wirst du deutlich mehr positive Erfahrungen am Tag machen und viel öfter in einer guten Stimmung sein. Wir steuern über unser Gehirn unsere Emotionen. Deshalb ist diese Strategie so wirkungsvoll, wenn du sie regelmäßig anwendest.

Klimakrise, Krieg, Corona … Wie schaffen wir es, nicht an der Weltlage zu verzweifeln, sondern Vertrauen aufrechtzuerhalten? 

Ja, genau. Auch mit diesen Erfahrungen gesund umzugehen, ist Resilienz. Warum leiden wir eigentlich an diesen Ereignissen und an den Nachrichten über diese Ereignisse? Es belastet, sich machtlos zu fühlen. Ich kann zwar zu einer Demo gehen oder spenden, aber letztlich doch nur sehr begrenzt etwas bewirken. 

Deshalb hilft hier, der diffusen Bedrohung etwas entgegenzusetzen, was sehr real im Hier und Jetzt passiert:

  • Dem Gefühl, keine Kontrolle zu haben, kannst du entgegensteuern, indem du etwas tust, was du gut kontrollieren kannst, z. B. etwas kochen, im Garten neue Blumen pflanzen oder eine Yoga-Session einlegen.

  • Mach etwas, wobei du dich konzentrieren musst und Körper und Geist gleichzeitig trainierst. Das lenkt dich ab, z. B. Tanzschritte lernen, klettern oder jonglieren lernen. Dein Gehirn ist dann ausgelastet und hat keine Energie mehr für negative Gedanken.

  • Reduziere die Frequenz der Nachrichten. Einmal am Tag reicht, um auf dem Stand zu bleiben.

  • Eine raffinierte und intensive Strategie ist auch, dass du deine Sinne starken Reizen aussetzt: Ingwer und Chili, kalte Dusche, Lavendelbad. Wenn du mit allen Sinnen aufmerksam bist, ist dein Gehirn beschäftigt und hat keinen Platz mehr fürs Grübeln.

  • Schreib dir alles von der Seele. Aber nicht orthografisch perfekt und stilistisch optimiert, sondern expressiv. Also einfach schreiben, ohne Punkt und Komma. 20 Minuten lang. Das wirkt.

Kleiner Kommentar am Rande: Du darfst gut für dich sorgen, auch wenn woanders Krieg ist – ohne schlechtes Gewissen. Du hast Verantwortung für dich, deine Arbeit, deine Familie. Das bedeutet auch, dass du gesund bleiben musst, um für diese Menschen da zu sein. Das ist kein Egoismus.

Vielen Dank für das Interview, Bettina!

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„Fast alle, die mich kennen, haben mich über meinen Blog gefunden“ – Interview mit Victoria Weber

Victoria Weber ist Webdesignerin und Squarespace-Expertin. Dabei hat Social Media nie eine große Rolle in ihrem Onlinemarketing und bei der Kundenakquise gespielt. 

Victoria Weber ist Webdesignerin und hat sich inzwischen als Squarespace-Expertin einen Namen gemacht. Dabei haben soziale Medien nie eine große Rolle in ihrem Onlinemarketing gespielt. Wie Victoria auch ohne Dauergeposte ihre Dienstleistungen verkauft und Online-Programme launcht, hat sie mir im Interview verraten.


Liebe Victoria, wir haben eine Sache gemeinsam: Wir beide sind selbstständig, aber haben keine große Lust auf Social Media.

Ja.😊 Beziehungsweise hatte es mich anfangs eigentlich schon in den Fingern gejuckt, Instagram als wichtigen Kanal in mein Marketing aufzunehmen … Aber ich musste mir realistisch überlegen: „Habe ich wirklich Zeit für so was?“ Und meine Antwort war am Anfang: Nein. 

Ich wollte meine begrenzte Zeit von Anfang an für etwas nutzen, was nicht einfach so verpufft, sondern mir langfristig etwas bringt. Deswegen habe ich gesagt: Nee, erstmal keine sozialen Medien für dieses Business – die wichtigen Dinge zuerst. Und das war für mich: Bei Google oben auftauchen und meine E-Mail-Liste aufbauen.

Aber vielleicht sollte ich mal von vorne anfangen und erzählen, was ich überhaupt mache. Ich bin Victoria Weber, Spezialistin für Squarespace und Online-Branding.

Squarespace-Expertin Victoria Weber arbeitet lächelnd an einem Laptop an einem hellen Schreibtisch mit Notizbuch und Getränk.

Squarespace-Expertin Victoria Weber

Squarespace ist das Website-Tool, mit dem ja auch meine Website hier läuft …

Ja, genau.😊 Wer davon noch nie gehört hat: Squarespace ist ein ziemlich gutes Website-Tool für alle, die keine Lust auf Code, Sicherungen und unnötig komplizierte Technik haben.

Eigentlich fällt Squarespace in die Kategorie „Baukasten-System“, aber meiner Meinung nach sind sie dem schon sehr lange entwachsen. Man kann auch als Technik-Laie super damit arbeiten – und die Websites sehen mega aus. Deswegen habe ich mich auch komplett darauf spezialisiert.

Ich habe eine Agentur für Webdesign, verkaufe Templates (im Prinzip „schlüsselfertige“ Websites) und habe Kurse für alle, die Squarespace oder SEO für Squarespace lernen wollen. Dieses Jahr starte ich auch ein Gruppenprogramm für Webdesigner*innen.

Das alles bis jetzt, ohne groß bei Social Media zu posten. 

Viele Selbstständige haben große Angst, dass sie keine Kund*innen mehr bekommen, wenn sie nicht auf Social Media posten. Welche Erfahrungen hast du mit Social Media im Verlauf deiner Selbstständigkeit gemacht?

Ich habe bereits 2016 mein erstes Unternehmen Mermaid Stories, ein Uhren- und Schmucklabel, gegründet. Damals war Social Media natürlich noch etwas anderes, aber dort hatte ich schon gesehen, wie viel Zeit es fressen kann, verschiedene Kanäle zu bespielen. Nicht umsonst haben größere Unternehmen dafür viele Leute in Vollzeit beschäftigt. 

Als ich mir später die Strategie für mein Webdesign-Business überlegt habe, wusste ich: „Nie im Leben werde ich genug Zeit dafür haben, die ganze Zeit in Instagram-Storys aufzutauchen.“ Stichwort: Kleine Kinder und so.

Ich wollte etwas finden, das auch dann ein guter Marketingkanal ist, auch wenn ich mal für eine Weile nichts machen kann - weil ich zum Beispiel auf Kundenprojekte fokussiert bin. „Eine Weile nichts machen“ findet aber zum Beispiel Instagram gaaar nicht gut. Meine Antwort war dann eben: „It’s not a match!“

Deswegen habe ich mich auf meinen Blog und SEO fokussiert – auch wenn das am Anfang wirklich laaangsam ging. 

Ich finde: Wenn du Angst hast, dass dein Business „ohne Social Media nicht funktioniert“, dann würde ich erst recht ganz schnell etwas tun! Ich bin ein Fan von Unabhängigkeit von Unternehmen, die ständig ihre Algorithmen ändern. Oder wo auch mal ein Konto einfach geschlossen wird. Zum Beispiel komme ich selbst seit Monaten nicht in meinen Facebook-Ads-Account.

Bei mir ist es so: Wenn mein Instagram-Account dicht gemacht wird, habe ich meine Website. Sollte meine Website aus irgendeinem Grund verschwinden, habe ich meine E-Mail-Liste. Die wiederum kann ich überall importieren und meine Kontakte erreichen. 

Wenn ich mich nur auf Instagram-Follower verlassen würde, könnte man mich einfach von meiner gesamten Community „abtrennen“. Halte ich für sehr problematisch! 

Wie baust du dann Vertrauen zu Interessent*innen auf, ohne dein Gesicht ständig auf Social Media zu zeigen?

Seit ich angefangen habe, habe ich fast jede Woche mindestens zwei Artikel veröffentlicht, alles rund um das Thema Squarespace, Website-Tipps und Online-Branding. Inzwischen ist das ein großes Archiv geworden - und die Leute googlen nach ihren Fragen und werden fündig. Zu eigentlich allen Themen habe ich schon mal irgendwas geschrieben. Oder schreibe gerade dran.😉

Die Leser*innen lernen mich dann nach und nach in meinem Newsletter kennen – und die meisten, die mich finden, lesen direkt Dutzende von Artikeln am Stück. Die Leute merken dann, dass ich Ahnung von dem habe, worüber ich schreibe. Und meine E-Mail-Kurse, wie zum Beispiel meine 10-Tage-Squarespace-Challenge, sind auch ziemlich populär, weil sie sehr tief in das Thema einsteigen. Einige Leute bauen ihre kompletten Websites nur damit auf und schreiben mir dann: „Cool, danke, jetzt habe ich eben auf ‚Veröffentlichen‘ gedrückt.“

Und wie verkaufst du deine Dienstleistungen und Kurse?

Ich weise in meinen E-Mails regelmäßig darauf hin, wenn es wieder etwas Neues gibt. Alle meine besten Texte, Angebote und Inputs gehen an meine E-Mail-Liste raus. Das heißt, die Leute wissen, dass sie Vorteile haben, wenn sie da drauf stehen. Ich habe auch eine Warteliste für die 1:1-Webdesign-Projekte, die zuerst benachrichtigt werden.

Grundsätzlich bin ich ein riesiger Fan von E-Mail-Marketing! Ich schicke wirklich super konsistent neue Sachen per Mail raus und bekomme regelmäßig nette Antworten.  

Fast alle, die mich kennen, haben mich über meinen Blog gefunden - oder über Facebook-Anzeigen, die ich dann später noch mit dazu genommen habe. Aber dann landen sie eben in meiner E-Mail-Liste – und darüber geht ein großer Teil der Anfragen.

Nachdem irgendwann meine Dienstleistungen gut gebucht waren, habe ich mein Website-System in meinen ersten Onlinekurs „Website mit Plan“ gepackt und in einem Pre-Launch verkauft – damals an eine noch recht kleine E-Mail-Liste. Das war auch das allererste Webinar, das ich jemals gehalten habe. 

Dabei habe ich dann gemerkt: Ich liebe Live-Video! Und dazu gibt es ganz viele Plattformen, das brauche ich nicht über Social Media machen. Ich veranstalte das über ClickMeeting oder Zoom, wo die Leute auch nicht verführt sind, „wegzuscrollen“. Es ist leichter, ohne die Konkurrenz von Katzenvideos seine Inhalte zu präsentieren. 

Squarespace-Expertin Victoria Weber arbeitet an einem Laptop an einem hellen Schreibtisch mit graublauen Notizbuch und rosafarbenem Getränk.

Victoria Weber sagt: Es ist leichter, seine Inhalte ohne die Konkurrenz von Cat Content zu präsentieren.

Das heißt: Launchen ohne oder mit nur wenig Social Media funktioniert?

Ehrlich gesagt habe ich noch nie „mit“ Social Media gelauncht. Deswegen weiß ich gar nicht, ob Launchen MIT Social Media funktioniert.😁

Nein, Spaß beiseite, ich habe immer fürs gute Gewissen ein, zwei Instagram-Posts gemacht oder auch mal eine Story (damit man auf Instagram sieht, dass es mich noch gibt), aber es war bis jetzt nie ernsthafter Teil meiner Strategie. Ich habe vor, das zu probieren, aber bisher lief das ohne sehr gut.

Die kurze Antwort ist also: Ja, funktioniert. Zumindest für mich.

Was würdest du Selbstständigen raten, auf welche Strategien sie sich in ihrem Marketing fokussieren sollten?

Ich finde Social Media nicht per se schlecht. Überhaupt nicht. Jetzt, wo ich die Ressourcen und ein kleines Team habe, überlegen wir, auch bald mal ins Game einzusteigen. Aber eben nur, weil die solide Basis steht und der Blogmotor wirklich gut läuft. Sonst würde ich das für mich persönlich nicht mal in Erwägung ziehen.

Alle denken, soziale Medien sind super einfach für Einsteiger*innen – aber ich persönlich finde, es ist ein recht schwieriges Medium als „Fundament“, also zum Starten. Es kommt am Ende darauf an, was einem am wichtigsten ist. Und wie viel Zeit man täglich hat.

Dazu habe ich vor Kurzem ein langes Statement geschrieben – mit einem Vergleich: Nudeln vs. Avocados. Willst du lieber „langsam und langweilig“ einen Vorratsschrank aufbauen, von dem du auch in ein, zwei Jahren noch zehren kannst – oder jeden Tag raus müssen, um frische Avocados zu holen, die nach ein bis zwei Tagen kaputt gehen? 

So sehe ich den Unterschied zwischen langfristigen Strategien wie SEO (Nudeln) und eher vergänglichen Sachen wie Instagram (Avocados). Ich weiß, der Vergleich ist nicht perfekt, aber er funktioniert trotzdem ganz gut. Ich würde immer auch Nudeln in jede Strategie mit einbauen, selbst wenn das Unternehmen auf Avocado-Basis Erfolg hat.

Mir selbst habe ich gesagt: Ich will mein Business auf etwas aufbauen, das nicht jeden Tag „bespielt“ werden muss. Langsam und stetig. Das zahlt sich hinterher aus, wie ich sehe.

Wenn ich mich mal mehr bei Social Media aktivieren werde, dann auch, weil ich mich social vernetzen möchte. Und vor allem: Weil ich es nicht muss. Dann finde ich, kann man das Ganze auch viel entspannter angehen und muss sich nicht über Algorithmen ärgern.

Vielen Dank für das Interview, Victoria!

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