Unternehmerischer Erfolg ohne Social Media? Interview mit Sascha Boampong
In dieser Folge habe ich Sascha Boampong zu Gast. Sascha hat mehrere Unternehmen gegründet und sich vor einiger Zeit aus Social Media verabschiedet. Warum soziale Medien keine große Rolle an seinem unternehmerischen Erfolg spielten und spielen, wird er uns im Interview verraten.
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Wie kam es dazu, dass du an so vielen Unternehmen beteiligt bist?
[Alex] Ja, hallo Sascha, ich freue mich sehr, dass du da bist. Du hast unfassbar viele Unternehmen – wahrscheinlich hörst du das oft, wenn du irgendwo interviewt wirst – entweder selbst gegründet oder du bist Teilhaber, wenn ich das richtig interpretiere.
Und ich habe mal auf deiner Website geguckt, das ist ja wirklich bunt gemischt von SEO-Agentur bis zu bindungsorientierter Umgang mit Kindern. Wie kommt es dazu, dass du bei so vielen Unternehmen einsteigst oder da einfach mitmischst? Wie kommt es dazu?
[Sascha] Ja, also erstmal danke für die Einladung, Alex. Und tatsächlich kriege ich die Frage relativ häufig gestellt und es war auch nicht so geplant.
Also ich bin jetzt nicht auf die Welt gekommen und habe gesagt, ich möchte gerne viele Unternehmen gründen. Das ist tatsächlich eher durch Zufall passiert, weil ich ja durch meine Vergangenheit so ein bisschen als derjenige, der das digitale Nomadentum in Deutschland vorangebracht hat, also das ortsunabhängige Arbeiten, gemeinsam mit meinem Kumpel und Geschäftspartner Timo, irgendwann an einem Punkt war, wo wir anderen Selbstständigen geholfen haben oder Leute, die in die Selbstständigkeit starten wollten.
Und dann hatten wir irgendwann so viele Kunden und haben dann gemerkt, oh wow, da sind wirklich tolle Menschen dabei, mit denen man irgendwie weitermachen möchte.
Und wir haben so ein Mentoring-Programm gehabt, dann haben wir überlegt, wie kann man weitermachen und dann war irgendwann der Gedanke, lass uns doch mal mit denjenigen, wo wir das Gefühl haben, das passt ganz gut und die haben das Potenzial, irgendwie Deals machen, dass wir vielleicht einfach eine längerfristige Kooperation machen und dann gründen wir gemeinsam einfach Unternehmen.
Und so habe ich dann irgendwie, ja völlig zufällig, so Minderheitsanteile an Unternehmen bekommen, dadurch, dafür, dass wir weiterhin dann die Beratung machen. Also anstatt Honorarberatung einfach zu sagen, wir machen Beratung gegen Anteile.
Und dann ist innerhalb von wenigen Jahren, ja sind da, ich glaube jetzt inzwischen, also diejenigen, die du gesehen hast, das sind noch nicht mal alle, insgesamt sind es glaube ich neun Beteiligungen.
Entweder tatsächlich echte Firmenbeteiligung, so wirklich als Gesellschafter, oder tatsächlich Umsatzbeteiligung, wenn wir jetzt nicht gemeinsam mit den Geschäftspartner*innen gegründet haben.
[Alex] Und bist du dann auch so richtig drin in den Themen? Also SEO, Erziehung, sind das alles so Dinge, die dich interessieren oder wie kommt es dann immer dazu?
[Sascha] Also thematisch bin ich natürlich nicht überall drin, das funktioniert auch nicht.
Ich sehe mich tatsächlich auch eher in der Funktion, dass ich die unternehmerischen Themen, in den unternehmerischen Themen berate, weil wir haben es halt selber geschafft, ich sag mal mit 200 Euro Startkapital ein recht profitables Unternehmen zu gründen und dann ja auch mehrere große Projekte.
Das heißt, ich betrachte so ein bisschen das unternehmerische Design, Marketing, Vertrieb, das Produkt und Teamaufbau. Und da kann ich, glaube ich, sehr gut unterstützen. Die Menschen, mit denen wir gegründet haben, die sind natürlich weiterhin Profis auf ihrem Gebiet. Und da kann und will ich dir nicht reinreden.
Aber es sind natürlich Dinge, die ich unterstütze, wo ich sage, okay, SEO ist was. Das ist natürlich ein Thema, das ist sowieso irgendwie immer präsent.
Das Thema Erziehung, bindungsorientierte Erziehung, das ist natürlich auch was, das jetzt gerade, vor allem seitdem ich Vater bin, habe ich noch mehr Verständnis dafür. Das heißt, da denke ich, okay, das sind Projekte, die ich halt auch einfach gerne unterstütze, aber halt nicht inhaltlich, was so die Fachexpertise angeht, sondern eher, was das Unternehmerische angeht.
Welche Rolle spielen soziale Medien im Unternehmertum?
[Alex] Was ich ja total spannend finde, und da habe ich dich ja auch schon im Buch interviewt, dass du sagst, dass soziale Medien eigentlich gar keinen so großen Anteil an deinem unternehmerischen Werdegang und Erfolg hatten. Und das würde ich jetzt nochmal genauer gerne hören. Warum ist das so?
[Sascha] Ja, warum ist das so? Also wir haben gestartet oder sind gestartet 2016 mit dem „Digitale Nomaden“-Podcast. Da hatten wir keine Reichweite, uns kannte niemand und da haben wir natürlich überlegt, was können wir machen.
Und wir haben selber gerne Podcast konsumiert und deswegen war das auch unsere Strategie, einen Podcast zu starten. So, jetzt bringt es aber ja nichts, einfach einen Podcast zu starten, den hört ja keiner.
Also was haben wir gemacht? Wir haben dieses Interviewformat gewählt, was heute gang und gäbe ist, aber damals noch sehr besonders war.
Das heißt, wir haben uns die Menschen eingeladen, die selber schon oft Podcaster waren oder auf irgendeine andere Art und Weise eine Reichweite hatten. Du nennst es ja Other People's Audiences, glaube ich. Die OPA-Strategie.
Und genau das haben wir gemacht. Wir haben uns also primär die Reichweite von anderen geborgt, haben die auf eine Bühne gehoben und als Dankeschön haben die das dann geteilt in ihrem Netzwerk.
Und das heißt, dafür war Social Media gar nicht notwendig. Wir haben das dann nebenbei gemacht, irgendwie Facebook und Instagram. Ja, so halbherzig, so richtig gefallen hat es mir eigentlich nie. Und es war auch nicht wirklich elementar für den Aufbau der Reichweite, weil dafür waren wir dann doch primär einfach auf den Podcast fokussiert und das hat sehr, sehr gut funktioniert und funktioniert, glaube ich, heute auch immer noch genauso gut.
[Alex] Das heißt, wie habt ihr das dann gemacht? Ihr habt die Menschen interviewt und habt ihr sie dann gebeten, die Folge zu teilen oder habt ihr das von selbst quasi freiwillig gemacht?
[Sascha] Ja, das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass wir beides gemacht haben.
Das heißt, ich habe zum Beispiel, wenn ich jetzt gefragt hätte, hey Alex, ich lade dich jetzt ein in meinen Podcast, hast du Lust?
Wenn dir die Folge gefallen hat, das Interview, würdest du es denn teilen? Und wenn ja, kannst du mir ja sagen, wo? Also irgendwie keine Verpflichtung musst du nicht tun. Ich sage jetzt nicht, das musst du aber teilen, nur dafür darfst du jetzt hier ins Interview.
Aber was wir halt früh gemerkt haben, ist, dass wir da recht intentionslos rangegangen sind. Also wir hatten niemals die Intention, ah ja, jetzt schnappe ich mir die Reichweite von der Alex und dann teilt sie das bestimmt. Und ich glaube, das spürt das Gegenüber.
Und deswegen haben die Leute das gerne geteilt, weil wir halt einfach gesagt haben, hey, wir laden dich gerne ein, du kannst über deine Themen reden. Und dann haben 90 Prozent das einfach gerne geteilt, weil wir, ich glaube, einfach den Menschen gesehen haben und nicht nur seine Reichweite.
Und das ist, glaube ich, auch heute noch wichtig, da nicht zu taktisch zu denken. Natürlich ist es nett und es freut uns, wenn es geteilt wird, aber ich erwarte das nicht, sondern ich habe die Menschen eingeladen, die ich eh interessant finde oder fand und dachte, die bräuchten auch eine Bühne und die haben das dann sehr, sehr gerne geteilt, einfach vielleicht auch, weil es nicht so pushy war, bitte teil das danach und sag mir Bescheid, wo du es teilst. Das haben wir nicht gemacht.
[Alex] Das finde ich auch schön, dass man auch so locker und entspannt rangehen kann und sich das auch irgendwie natürlich entwickeln darf und man da auch gar nicht so pushen muss, wie du sagst.
Du hast gerade gesagt, du hast oder ihr habt Social Media so halbherzig genutzt. Was meinst du damit? Wart ihr dort, weil ihr dachtet, ihr müsst da jetzt sein?
[Sascha] Ja, genau so. Also wir dachten, man muss da sein. Das war ja so dann die Zeit, wo, keine Ahnung, kamen auch so die ersten Funktionen mit Live und Storys und was weiß ich nicht was.
Und ich habe das dann auch mitgemacht, aber ich habe immer gespürt, das fühlt sich irgendwie nicht richtig an für mich.
Also ich weiß nicht, ich kann nicht mal sagen, warum. Aber es ist ja auch eine künstliche Situation, sich vor dem Mikrofon alleine zu setzen. Also im Gespräch, jetzt im Dialog geht das, finde ich. Aber alleine finde ich es auch immer noch, es ist immer noch eine Herausforderung.
Aber mit einer Kamera im Gesicht alleine, das fand ich noch weirder. Und vor allem in Situationen, wo es gar nicht um das Thema ging, sondern viel auch im Alltag.
Und ich wollte meinen Alltag eigentlich gar nicht begleiten, denn ich habe es nicht verstanden. Warum soll ich denn jetzt zeigen, was ich gerade esse, wo ich gerade bin, wie ich mit meinem Hund spazieren gehe. Das waren für mich so auch intime Momente und private Momente. Da habe ich mich immer gefragt, möchte ich das wirklich? Und es hat sich selten richtig angefühlt. Und deswegen war das halbherzig.
Ich habe gedacht, ja, okay, ich mache es mal, weil die anderen machen das auch. Aber es hat mir nie richtig Freude bereitet und macht es heute auch nicht wirklich.
Und gerade bei diesen Shortform-Formaten, die ja auch so kurzlebig sind, hatte ich das Gefühl, okay, du musst relativ viel machen, weil das ist ja auch nach 24 Stunden wieder verschwunden maximal.
Das heißt, du musst von der Frequenz immer viel geben, weil ansonsten verlierst du da so ein bisschen die Sichtbarkeit und das hat mich dann so gestresst. Ja, und ich habe es aber nie richtig gemacht und es war aber auch nicht wichtig, spannenderweise, weil andere Kanäle viel, viel wichtiger waren, wie zum Beispiel E-Mail.
Die Rolle der Tochter und Social Media
[Alex] Ja, darüber können wir gleich auch nochmal reden. Du wurdest vor einiger Zeit auch Vater, hast du, glaube ich, auch gerade nochmal erwähnt. Hat deine Tochter auch irgendwas an deiner Haltung zu Social Media geändert?
[Sascha] Hat meine Tochter was an der Haltung geändert? Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich habe aber natürlich überlegt, okay, in was für eine Welt soll sie eigentlich hineingeboren werden? Und ich habe gesehen, wie Social Media nicht nur social ist, sondern die Welt auch spaltet. Durch Algorithmen, durch große Konzerne, die natürlich andere Interessen vertreten, die Algorithmen, die dafür sorgen, dass wir uns in Mikrobubbles befinden und ja, irgendwie gar nicht mehr gemeinsam einen Diskurs anfangen, sondern maximal noch auf die anderen mit Steinen werfen und das war's.
Da habe ich gesagt, okay, da möchte ich kein Teil von sein. Ob meine Tochter jetzt einen großen Anteil daran hat, weiß ich nicht, aber ich weiß auf jeden Fall, dass ich mir gedacht habe, ich hoffe, dass wenn sie größer ist und Zugang zu diesen Medien haben darf, dass sie dann nicht mehr Social Media so erleben muss, wie wir es jetzt erlebt haben in der letzten Zeit.
Weil ich glaube einfach, dass es eine bessere Form gibt, Social Media wirklich zu nutzen. So wie es vielleicht am Anfang auch mal gedacht war und so wie es am Anfang vielleicht auch war.
So die ersten Jahre, ich weiß nicht, wie es dir da ging, Alex, aber ich fand es, da war es noch so, okay, ich folge meinen Freunden, ich schaue, was die machen und das war es so. Viel mehr ist da nicht passiert. Das war wirklich social, weil dadurch war ich in Kontakt zu Menschen, die ich sonst lange nicht gesehen habe. Es war eigentlich eine tolle Zeit, aber davon ist nicht mehr viel übrig geblieben.
[Alex] Also für mich war der Cut so 2018, als da diese große Facebook-Änderung kam und als emotionalisierende Inhalte dann auf einmal am meisten ausgespielt werden mussten und es dann darum ging, diese emotionalisierenden Inhalte zu erstellen, das war für mich so der Cut, wo sich vieles verändert hat und wie diese sozialen Medien, die wir jetzt so kennen, quasi entstanden sind für mich.
[Sascha] Ja, ja.
Ethische Überlegungen zu Social Media
[Alex] Höre ich das denn richtig raus, dass für dich dann auch ethische Überlegungen bei der Frage Social Media ja, nein spielen? Wenn du sagst, in welcher Welt will ich leben oder will, dass meine Tochter lebt?
[Sascha] Ja, absolut. Also ich würde sogar sagen, dass das der Hauptgrund ist. Also das eine ist ja, dass ich es nicht genieße, eine Kamera an mein Gesicht zu halten und den ganzen Tag Storys zu machen. Das ist mein eigenes Ding.
Aber wenn ich sehe, was gesellschaftlich passiert ist, eigentlich müssten wir ja jetzt viel näher beieinander sein, weil wir die Möglichkeit haben, komplett global vernetzt zu sein. Aber das Gegenteil ist passiert. Wir sind gespalten.
[Sascha] Und das ist für mich tatsächlich eine ethische Frage. Und wenn man überlegt, wir haben da eigentlich einen großen Konzern aktuell oder vielleicht sind es jetzt auch zwei mit TikTok, ich weiß gar nicht, wer dahinter steckt, irgendein chinesischer Konzern, die halt eine Macht haben, die sich viele Staaten wahrscheinlich wünschen und die einfach die Möglichkeit haben, die Gesellschaft zu beeinflussen.
Und das meiner Meinung nach natürlich nicht nur für positive Zwecke nutzen, sondern primär zur Profitgenerierung. Und da sind dann ja alle Mittel recht. Da weiß ich nicht, ob es so gedacht ist, dass wir diesen... Konzernen unsere Daten zur Verfügung stellen und die wissen ja tatsächlich mehr als wir selber oder als unsere Liebsten nachher über uns, wenn man so viele Datenpunkte sammelt, daraus Profile erstellt und dann Algorithmen so programmiert, dass sie uns genau das ausstrahlen, worauf wir reagieren, dann ist das schon, finde ich, eine gefährliche Geschichte.
Und ich wünsche mir eigentlich, dass man mehr darüber spricht. Und das passiert mir eigentlich noch zu wenig. Ich glaube, immer mehr. Und du klärst da ja auch sehr viel auf jetzt. Aber ich habe das Gefühl, dass der Normale, in Anführungszeichen, der sich jetzt nicht auch beruflich mit sozialen Medien beschäftigt, sondern das hauptsächlich privat nutzt, oft gar nicht spürt, dass er oder sie eigentlich das Produkt ist.
[Alex] Ich finde das immer so überraschend, wenn ich mit Menschen spreche, die gar nicht selbstständig sind und die noch nie den Facebook-Manager zum Beispiel kennen und genutzt haben.
Wenn ich denen erstmal erkläre, so die ganzen Targeting-Möglichkeiten, die meisten haben überhaupt keine Vorstellung davon, wie mächtig das eigentlich ist und wie eigentlich alles, was sie ausmacht, getargetet werden kann.
Ich glaube, ganz vielen Menschen fehlt da einfach das Verständnis. Ist schon so, würde ich auch so sehen.
[Sascha] Ja, ich glaube, Meta möchte jetzt auch nicht unbedingt, dass jeder erfährt, was da möglich ist.
Ich meine, das Targeting hat sich natürlich auch ein bisschen verändert. Also ich kenne wirklich auch noch die Zeiten teilweise, wo du nach Haushaltseinkommen und so weiter targeten konntest. Das war ja richtig extrem.
Es hat sich ein bisschen verändert. Glücklicherweise auch dadurch, dass bestimmte Firmen, auch wie Apple zum Beispiel, mit ihren Datenschutzbestimmungen dafür gesorgt haben, dass eben nicht mehr so viele Daten geteilt werden mit diesen Unternehmen.
Das finde ich auch sehr, sehr gut, aber trotzdem ist es immer noch krass, was man da einstellen kann. Und wenn die meisten das wüssten, weiß ich nicht, ob sie noch so sorglos mit solchen Diensten umgehen würden. Also ich glaube eher nicht.
Wie kam es zum Social-Media-Ausstieg?
[Alex] Ja, ich habe es ja schon im Intro gesagt, du hast es ein bisschen angedeutet. Dann bist du mehr oder weniger aus sozialen Medien raus vor einiger Zeit. Wie kam es genau dazu? Gab es einen konkreten Anlass? Hat sich das entwickelt? War das ein Prozess? Nimm uns mal mit.
[Sascha] Gute Frage. Ich glaube, es war tatsächlich ein Prozess. Also ich habe schon länger gespürt, da ist irgendwas. Ich konnte es aber nicht so ganz beschreiben. Das war so ein diffuses Unwohlsein bei der Nutzung von sozialen Medien.
Und obwohl ich mir dessen allen bewusst war, was da so passiert und dass da Algorithmen sind und dass Menschen sich auch teilweise natürlich inszenieren, weil es funktioniert halt einfach nicht, dass du zu 100% authentisch bist, sondern gerade bei Selbstständigen und Unternehmer*innen ist es natürlich auch so, dass sie das als Plattform nutzen und am Ende haben sie irgendeinen Zweck, irgendein Ziel.
Das heißt, sie zeigen auf dieser Vorderbühne natürlich nur eine bestimmte Seite von sich und trotzdem hat das was in mir getriggert. Also ich habe gemerkt zum Beispiel, in Momenten, wo es mir nicht so gut ging und wenn ich dann Social Media genutzt habe und andere erzählen mir, wie wunderbar ihr Leben gerade ist und wie toll und so weiter, dass ich mich nicht besser gefühlt habe.
Und es wurde mir dann immer, es wurde mir irgendwann einfach zu viel und auch zu extrem, weil es wurde auch immer lauter, immer extremer und ich hatte das Gefühl, der Algorithmus hat natürlich dann auch verstanden, worauf ich emotional reagiere und das nicht nur positiv und hat mir dann immer mehr davon ausgespielt und dann fühlte ich mich eigentlich, je mehr ich konsumiert habe, immer schlechter und dann habe ich irgendwann gesagt, das macht für mich keinen Sinn mehr. Und ich will auch nicht Teil dieses Spiels sein, dieser Inszenierung, weil ich kenne sehr, sehr viele Menschen in dieser Online-Bubble und was ich gesehen habe bei Social Media, entsprach einfach nicht dem, was ich wusste, wenn ich mich mit den Menschen persönlich ausgetauscht habe.
Das heißt, da wird gelogen, da wird inszeniert. Und das einfach nur, um am Ende dafür zu sorgen, mehr Sales zu machen, mehr Verkäufe.
Und allgemein hatte ich das Gefühl, dass es nicht mehr darum ging, ehrlich den Menschen verschiedene Seiten von sich zu zeigen, sondern das ist wirklich ein reines Marketing- und Verkaufsinstrument geworden. Und zwar auf eine sehr manipulative Art und Weise, wie ich finde. Und da habe ich dann irgendwann gespürt, das passt für mich nicht mehr. Ich kann nicht mehr Teil des Ganzen sein. Weder als Produzent und noch weniger eigentlich auch als Konsument, weil das mir nicht gut tut.
Also eigentlich tun mir beide Seiten nicht gut. Die Produzenten- und die Konsumenten-Seite haben mir nichts Gutes, nicht mehr gut getan. Da habe ich gesagt, okay, ich muss einen Cut machen.
[Alex] Und wie sah der Cut genau aus? Wie bist du da vorgegangen?
[Sascha] Ich bin sehr radikal, ehrlich gesagt. Das entspricht so ein bisschen meinem Persönlichkeitstyp. Ich kann einfach von einem Tag auf den anderen damit aufhören und so habe ich es dann auch gemacht.
Also ich habe wirklich alle Social-Media-Profile gelöscht. LinkedIn, Facebook, Instagram, obwohl ich gute Reichweiten und so weiter auch teilweise hatte, weil ich ja auch mit der Zeit einfach in dieser kleinen Mikronische des ortsunabhängigen Arbeitens und so recht bekannt war.
Aber ich habe halt einfach gesagt, okay, ich gehe jetzt und tschüss, das war's. Es gab vorher noch eine dreistündige Podcast-Folge, die ich dazu aufgenommen habe. Ich weiß nicht, vielleicht hast du die sogar gehört, mit meinem guten Freund Robin Stolberg.
Da haben wir auch gesprochen über das Ende der Manipulation, so haben wir es, glaube ich, sogar genannt. Und da habe ich schon meine Gedanken geteilt.
Das war kurz bevor ich alle Social-Media-Kanäle gelöscht habe, weil ich da auch das erste Mal so auf deine Inhalte gestoßen bin und auch auf die Inhalte von vielen anderen Content-Creators, die sich so ein bisschen mit dem Thema Marketing kritischer auseinandergesetzt haben.
Und ich gehörte eigentlich auch immer zu denen, die so dieses amerikanische Marketing ganz toll fanden und gedacht haben, ach Mensch, ich kannte ja vorher nichts vom Marketing und habe dann gelernt von denen und war überrascht, wie gut das funktioniert.
Bin aber selten an den Punkt gekommen, mal zu hinterfragen, was macht das mit mir und was macht das auch mit anderen Menschen und was für psychologische Techniken bediene ich mich da eigentlich?
Und da habe ich für mich gesagt, okay, jetzt muss ich aufhören, sowohl mit dem dunklen Marketing als auch mit dem ganzen Social-Media-Kram, weil es gehörte für mich irgendwie dann zusammen und dann habe ich radikal einfach alles gelöscht und habe gesagt, so, es reicht, ich brauche das sowieso nicht mehr.
Ich war da schon aus allen operativen Angelegenheiten aus den Unternehmungen raus und habe es bis heute nicht bereut. Es ist noch nicht ewig lang her, ich weiß nicht genau, ich habe jetzt nicht mal ein Datum oder so im Kopf. Ich gucke gerade hier oben auf das aktuelle Datum, lass es vielleicht jetzt irgendwie neun Monate her sein. Es ist also noch nicht so lang her.
FOMO vs. JOMO
[Alex] Ich habe viele Fragen. Die erste Frage, hast du nie FOMO gehabt?
Ich habe jetzt auch vor kurzem wieder so eine Umfrage gemacht in meinem Newsletter „Was ist so die größte Herausforderung?“ und ganz, ganz viele Menschen schreiben, sie haben so Angst, irgendwas zu verpassen, Möglichkeiten zu verpassen, Kunden zu verpassen, Aufträge zu verpassen, Trends zu verpassen. Hattest du das auch?
[Sascha] Nein.
[Alex] Warum nicht?
[Sascha] Das liegt auch so ein bisschen an meinem Lifestyle. Ich bin kein FOMO-Typ, sondern ich bin JOMO-Typ. Das heißt, ich habe wirklich Joy of missing out.
Auch bevor ich dieses Wort überhaupt kannte, war es schon immer so. Ich bin auch derjenige, der nicht zur Party kommt oder bei bestimmten Veranstaltungen einfach, nein, ich höre mir nicht den Vortrag an, nein, ich komme da nicht.
Ich habe schon immer gerne irgendwann für mich entdeckt, Nein zu sagen und Ja zu mir selbst. Und ich habe keine Angst, was zu verpassen, weil im Leben ist es immer so, egal, was ich mache, ich werde immer irgendetwas anderes verpassen. Das heißt, it's part of the game. Es gibt keine Möglichkeit, alles mitzumachen. Ich will das auch gar nicht, sondern das Wichtigste ist, was fühlt sich für mich gerade richtig an.
Und wenn ich das habe und so mit mir verbunden bin, dann habe ich nicht die Angst, oh, woanders könnte es jetzt gerade besser sein, sondern da, wo ich jetzt gerade bin, ist es am besten, weil ich mich dafür entschieden habe.
Das ist eher eine Geisteshaltung für mich und deswegen habe ich das eben nicht, dass ich sage, oh, ich habe dieses FOMO-Ding, weil selbst wenn ich mich gegen Social Media entscheide, dann entscheide ich mich ja dafür, zum Beispiel woanders einfach mehr Zeit investieren zu können.
Und ich habe inzwischen auch viel, viel tiefere Bindungen zu anderen Menschen wieder, weil ich telefoniere mehr, ich treffe mich mehr mit den Menschen, wir haben tiefere Verbindungen und nicht, ah, ich habe das Gefühl, ich weiß, was du gerade machst, weil ich habe deine letzten 200 Storys gesehen, sondern ich habe nichts von dir gesehen, also nehme ich das Telefon in die Hand und rufe dich an und dann sprechen wir mal eine Stunde, anderthalb und ich frage dich einfach mal, wie geht es dir?
Und auf einmal merkt man auch, ich habe nur mit ganz wenigen Menschen Austausch, aber sehr intensiv. Und 90 Prozent der Menschen, mit denen ich so einen Pseudo-Austausch auf Social Media hatte, zu denen hatte ich eh keine echte Verbindung. Das war so eine, okay, wir sind hier connected, weil wir folgen uns irgendwie. Aber in Wirklichkeit, wenn ich Geburtstag habe oder im Krankenhaus liege, dann bist du wahrscheinlich auch nicht die Person, die hier ist. Das sind dann andere Menschen. Und deswegen, ich brauche nicht Verbindungen zu tausend, also tausend oberflächliche Verbindungen zu Menschen, Sondern ich hätte gerne fünf bis zehn echte Verbindungen zu Menschen, die mir wirklich am Herzen liegen und denen ich am Herzen liege.
Und das ist mir viel wichtiger. Und deswegen habe ich kein FOMO, sondern das hat mein Leben eher bereichert. Und ich verpasse gerne viel Oberflächlichkeit dafür, dass ich viel Tiefe in mein Leben holen konnte.
[Alex] Wie können wir diesen inneren Buddha aktivieren? Für diejenigen, der diese Persönlichkeit nicht haben.
[Sascha] Hatte ich auch nicht immer. Das war nicht schon immer so. Es kam auch erst später. Ich habe es halt einfach übertrieben. Also bei mir ist wahrscheinlich das Problem, ich war wieder sehr extrem und war mit allen connected und überall und ha ha ha und auf allen Bühnen und toll und habe dabei so ein bisschen verlernt, auf meinen Körper zu hören und auf meine Intuition.
So, weil ich einfach überall dabei sein wollte und dachte, das muss so. Und ich habe dann mal eine Veranstaltung moderiert vor 1000 Leuten. An der stand ich acht, neun Stunden auf der Bühne. Das war die „Digitale Nomaden“-Konferenz 2017.
Das war so ein großes Ziel von mir, die zu moderieren. Und dann war ich der Moderator, neun Stunden auf der Bühne. Das war super anstrengend. Und dann habe ich gemerkt, eine Woche danach bin ich eigentlich nur mit meinem Fahrrad durch den Wald gefahren und wollte mit niemandem mehr reden.
Ich bin in so ein tiefes Loch gefallen, weil ich halt vorher mir so viel Dopamin und alles geholt habe. Und dann ging es halt komplett in die andere Richtung.
Und da habe ich das erste Mal hinterfragt, okay, ist das jetzt eigentlich nur so ein Ego-Ding und dass du es ganz toll findest, dass du die Person bist, die da auf der Bühne rumhüpft und auf die alle schauen und dann ist mir klar geworden, ich bin gar nicht so extrovertiert, wie ich dachte.
Also ich dachte immer, ich ziehe ganz viel Energie daraus, mich mit Menschen zu umgeben, aber ich habe gemerkt, nein, es gibt mir überhaupt keine Energie, sondern ich bin eigentlich sehr gerne mit mir.
Ich habe eine Seite, die funktioniert ganz gut, ich kann eine Rampensau sein, aber das entspricht gar nicht meinem Naturell im Sinne von, das mache ich am liebsten den ganzen Tag wie manche Menschen, die sich super gerne connecten und super gerne irgendwie auf Bühnen stehen, sondern ich habe das gelernt, aber das ist nicht natürlich.
Und das war für mich dann so diese Erkenntnis, okay, dann muss ich das im Digitalen eigentlich genauso handhaben. Und dadurch bin ich dann irgendwann so ein JOMO-Typ geworden, weil ich gemerkt habe, ich liebe es einfach ein langweiliges, unaufgeregtes Leben zu führen.
Und ich liebe es auch Dinge zu verpassen, weil ich am meisten Freude habe ich in der Stille oder mit meiner Family oder wenn wir einfach spazieren gehen, aber nicht, wenn Halligalli ist. Und Social Media ist mehr als Halligalli.
Wie hat dein Umfeld auf den Social-Media-Ausstieg reagiert?
[Alex] Wie hat denn dein privates oder berufliches Umfeld dann reagiert, als du zum Beispiel diese Folge gemacht hast? Du hast gesagt, drei Stunden hast du erzählt, dass du dich von sozialen Medien verabschieden möchtest oder wie du die empfindest und als du dann weg bist, was für Reaktionen kamen da?
[Sascha] Da gab es unterschiedliche Reaktionen. Also im Privaten war es gar nicht so ein großes Thema, weil die meisten Menschen, mit denen ich da Kontakt hatte, da haben wir über Social Media gar nichts gemacht. Das war einfach … ist bis heute so. Wir sind so eng verbunden, dass Social Media keine Rolle spielte.
Im beruflichen Kontext war es interessanterweise so, dass die meisten gesagt haben, oh wow, das würde ich auch gerne.
Es hat niemand gesagt, wie kannst du nur, verstehe ich nicht, habe ich noch nie gehört, sondern ganz im Gegenteil, die meisten haben gesagt, ich würde das auch so gerne, aber, naja, und dann kommen die x Gründe, warum sie es eben nicht können.
Und das mag für manche tatsächlich auch der Fall sein. Ich will das nicht mit einem absprechen. Ich will nicht sagen, jeder kann jetzt Social Media löschen und das hat keine Auswirkungen auf ihr Business. Ich habe mein Business halt so designt oder mein Unternehmerleben, dass es nicht abhängig davon ist, dass ich den ganzen Tag den Marketingonkel spielen muss, sondern dass ich anders mein Geld verdiene.
Wäre es jetzt noch abhängig von mir als Personal Brand gewesen und ich hätte super viel Kunden über Social Media gewonnen, dann würde es mir wahrscheinlich auch schwerer fallen. Aber das war nicht der Fall.
Aber ich habe gespürt, dass es anderen auch so geht. Und es ist ja auch kein Geheimnis mehr, spätestens seit The Social Dilemma, was viele dann auch auf Netflix gesehen haben, wissen eigentlich auch viele gerade in diesem Online-Business-Space, was Phase ist.
Und ich glaube, eigentlich wissen sie es noch mehr, weil sie es auch von dieser Produzentenseite nutzen und auch eben doch wissen, was man im Werbeanzeigenmanager alles so eingeben kann. Und kaum einer fühlt sich richtig gut.
Also gerade diejenigen, meine Freunde, die wirklich große Reichweiten haben, haben mich eigentlich am meisten beneidet. Weil die sind gefangen in so einem Hamsterrad aus, okay, ich habe mir das jetzt hier aufgebaut. Und dann hat man so dieses Sunk-Cost-Fallacy, wo man denkt, okay, wenn ich das schon alles aufgebaut habe, dann kann ich jetzt nicht mehr aufhören. Ich kann das jetzt nicht zerstören. Es ist zu groß geworden. Ich kann das nicht mehr anhalten.
Und ja, mit denen habe ich mich sehr intensiv ausgetauscht. und dann haben wir eigentlich viel auch darüber gesprochen, okay, wie sieht es denn bei dir aus? Ist Social Media wirklich so wichtig für dein Business?
Und dann sind wir mal tiefer reingegangen und bei den meisten kam raus, nee, eigentlich ist es das auch nicht. Die meisten gewinnen eben kaum Kunden über Social Media. Sie haben zwar große Reichweiten, aber der Prozess, dass die Leute sich wirklich dafür entscheiden, nachher Kund*innen zu werden, der passiert oft gar nicht über Social Media, sondern über Long-Form-Content-Kanäle, wo es tiefer geht. Und das ist, glaube ich, für viele eine spannende Erkenntnis gewesen.
Deswegen habe ich auch viele inspiriert, unter anderem auch meinen Kumpel Robin, den ich eben gerade schon erwähnt habe. Der hat dann auch aufgehört mit Social Media. Wir haben fast zeitgleich aufgehört. Der hat auch gesagt, es war eine der besten Entscheidungen in seinem Businessleben.
Marketingstrategien ohne Social Media
[Alex] Du hast selbst ja einen Podcast und einen Newsletter und bist jetzt auch seit neuestem auf YouTube unterwegs. Magst du mal so erzählen, was so die Beweggründe sind, diese Plattform oder diese Strategien zu nutzen für dich?
Also gerade YouTube, könnte man vielleicht auch sagen, ist auch ein Social-Media-Kanal oder siehst du das nicht so? Ist das für dich eher eine Suchmaschine?
[Sascha] Ja, also so eine Mischung aus beiden, wobei primär Suchmaschine. Jetzt ist es so, ich konsumiere YouTube auch nicht so, dass ich jetzt immer die neuesten Videos angezeigt bekomme, also dieser Algorithmus der mir irgendwas vorschlägt, das habe ich schon seit Jahren ausgeschaltet.
Das heißt ich habe dafür irgendwelche Plugins oder Einstellungen gewählt, so dass ich das auch nicht sehe, sondern ich selber ganz bewusst Menschen abonniere oder halt in das Suchfeld eingebe, was ich gerade sehen möchte.
Das heißt, in meiner Wahrnehmung ist das keine, ist da kein Algorithmus mehr, der versucht mir irgendwas vorzuschlagen. Ich weiß aber wohl, dass es bei anderen so ist. Aber ich persönlich habe mich dafür entschieden, weil ich gemerkt habe, ich konsumiere fast nur noch Longform-Content.
Also wenn ich Podcasts höre, dann müssen die gefühlt schon 90 Minuten sein oder drei Stunden ist auch kein Problem. Und dasselbe bei YouTube. Und ich lese auch gerne, deswegen habe ich auch all deine Blogartikel zum Beispiel durchgelesen, weil ich gemerkt habe:
Seit ich mich von Social Media verabschiedet habe, habe ich auch wieder die Aufmerksamkeitsspanne, die Ruhe und die Möglichkeit, so ein Content zu genießen. Und ich ziehe da viel mehr draus und deswegen habe ich gesagt, okay, wenn ich Menschen anziehen möchte, die ähnlich ticken wie ich, dann nutze ich einfach die Kanäle, die ich selber gerne konsumiere.
Und ich liebe Podcasting und ich mag auch YouTube und ich schreibe auch gerne und genau, da versuche ich mich so ein bisschen, das ist ja alles so mein Hobbyprojekt, weil ich muss jetzt kein Geld damit verdienen, auch wenn ich das tue und ich teilweise Produkte habe, aber es ist nicht so, dass dieses Content-Marketing jetzt dem dient, dass ich die Leute irgendwie in den Funnel packe und denen was verkaufen muss und so weiter, sondern ich merke, das ist für mich inzwischen mehr Kunstform und ich entdecke mich da gerade wieder neu, ich tappe auch immer wieder in diese Falle, dass ich dann doch denke, ah, Marketing, was könnte ich da machen und dann kommt immer wieder diese Stimme in mir und die sagt, nein Sascha, du musst jetzt hier nicht wieder versuchen, irgendeinen Funnel zu bauen und dies zu machen, sondern ich will eigentlich echte, authentische Verbindung zu Menschen, weil so haben wir angefangen, 2016.
Wir haben von Anfang an mit unserem Podcast damals …, wir haben kostenlose Meetups veranstaltet, wir haben Reisen, Events, Seminare veranstaltet, wo es immer darum ging, dass wir in einem echten, authentischen Austausch auf Augenhöhe den Leuten begegnen und nicht, ich bin hier der, keine Ahnung, der Mensch, der die Weisheit mit Löffeln gefressen hat und du hörst mir jetzt zu als meine Hörerin oder mein Hörer, sondern lass uns doch mal austauschen, lass uns in den Austausch gehen.
Und ich habe das Gefühl, dass ich das mit diesen Kanälen sehr gut kann. Und das spüre ich auch jetzt wieder. Ich habe eine sehr kleine Reichweite, aber ich habe noch nie so viel Feedback auf meinen Content bekommen wie jetzt. Also ich habe früher wahrscheinlich das, keine Ahnung, hundertfache, wenn nicht sogar noch mehr an Reichweite. Es waren wirklich gigantische Reichweiten. Millionen Podcast-Downloads.
Heute hören ein paar hundert Leute meine Podcasts. Aber der Austausch ist noch viel intensiver geworden. Und da habe ich gemerkt, okay, es kommt nicht auf diese Eitelkeitsmetriken an, ganz im Gegenteil, es kommt darauf an, welche Kanäle passen zu mir, wie kann ich da echte tiefe Beziehungen aufbauen und ich habe auch ein echtes Interesse und glücklicherweise durch die geringe Reichweite auch die Möglichkeit, so stark in den Austausch zu gehen, weil wenn ich 10.000 Mails beantworten müsste, wäre es ein bisschen schwierig, aber ich sage mal so 10 bis 20 die Woche, mit denen kann ich ganz anders umgehen und kann mit diesen Menschen halt auch einfach in einen Dialog gehen und dafür bin ich sehr dankbar. Deswegen liebe ich das Leben als Mikro-Mikro-Mikro-Influencer.
[Alex] Was würdest du denn sagen, wie gelingt dir das denn, dass die Menschen dir zurückschreiben? Also das ist tatsächlich auch eine Frage, die ich häufig gestellt bekomme, dass Menschen sagen, gerade wenn ich Newsletter schreibe, gerade für meinen Podcast, bekomme ich eigentlich kaum Rückmeldung. Das ist bei Social Media anders. Da mache ich eine Story und Leute antworten schneller drauf. Warum klappt das bei dir dann besser?
[Sascha] Also warum es bei mir besser klappt, kann ich natürlich nicht sagen. Ich kann nur sagen, warum mir viele Leute schreiben, ist, weil ich einfach, glaube ich, oder weil Menschen vielleicht spüren, dass das, was ich mache, nicht inszeniert ist, sondern das ist tatsächlich für mich so ein bisschen Form, vielleicht auch so eine Form von Therapie und ich in meinen Newslettern auch manchmal einfach über die Dinge schreibe, die jetzt nicht sexy sind, die nicht in einen Verkauf münden. Ich glaube, das spüren Menschen sowieso.
Die Intention ist nicht, ah ja und komm in mein Programm, ah ja und kaufe das. Das ist alles fair enough. Muss man auch machen, wenn man davon lebt. Aber bei mir ist das eben nicht der Fall.
Plus, ich mache mich dann halt auch nackt und ich habe zum Beispiel in einem der letzten Newsletter geschrieben über eine Krankenhausbehandlung, die ich gerade hatte und über die Angst, die ich dort hatte. Und damit konnten sich sehr viele Menschen dann auch identifizieren. Und das mache ich jetzt aber nicht, weil ich denke, oh, was wäre jetzt eine coole Story, damit mir möglichst viele Leute antworten? Wie kann ich auf die Tränenbrüse drücken? Sondern es war für mich in dem Moment einfach so, dass ich dachte, ich glaube, es würde anderen Menschen helfen, wenn ich zeige, hey, ich habe da auch, ich habe Ängste und auch bei mir läuft nicht alles rund und auch gesundheitlich gibt es durchaus Herausforderungen.
Das war jetzt ein Beispiel oder mein letzter Newsletter, da habe ich einfach gesagt, ich merke, ich habe mich so ein bisschen entfernt von meiner eigentlichen Mission, mich mit Menschen zu verbinden und bin wieder in so oberflächlichen Content gerutscht, das tut mir auch total leid, ich würde mich gerne wieder mehr mit euch verbinden, deswegen überlege ich jetzt so Dinge zu tun, wie zum Beispiel eine Business-Wanderung, das heißt, wir gehen zusammen wandern, wir nehmen nicht unsere Handys mit, wir tauschen uns einfach aus und erleben gemeinsam in der Natur schöne Momente, so wäre das überhaupt interessant für euch, schreibt mir gerne mal zurück.
Und ich habe unfassbar viele Zuschriften und Antworten bekommen. Einfach so, wow, super, weil es eben genau das Gegenteil ist von dem, was da draußen passiert. Das ist nicht, wir machen Halligalli, das große Event und sieben Tage dies und keine Ahnung, große Pitchshow auf der Bühne, sondern lass uns doch mal wieder das machen, wonach wir uns alle sehnen und das ist eigentlich in kleinen Gruppen auf Augenhöhe austauschen, gemeinschaftlich Dinge erleben und auch fernab von unserer Technologie mal, ja, einfach wieder Mensch sein.
Ich glaube, das ist das, Mensch sein. Und deswegen funktioniert es vielleicht bei mir auch, weil ich immer mehr selber versuche, wieder Mensch zu sein, weil ich war sehr gerne auf dieser Technologie-Seite unterwegs, bin ja auch ITler von Hause aus. Und jetzt wieder in die andere Richtung zu gehen, ich glaube, das gefällt vielen Menschen und deswegen schreiben sie auch gerne zurück, weil sie das kaum noch irgendwo kriegen.
Weil durch KI und was weiß ich nicht was, alle möglichen Content Creators es auch lieben, jetzt Content zu automatisieren, zu digitalisieren, irgendwelche Avatare von sich zu produzieren. Und dadurch baut man so eine Wand auf zwischen sich und den Menschen. Und in meinem Mission ist es eigentlich eher, diese Wand wieder wegzunehmen und zu sagen, pass mal auf, lass uns doch mal wieder einfach, lass uns einfach wieder in den Austausch gehen und aufhören, jetzt einfach nur Content-Müll in die Welt zu spülen und unsere Produkte zu verkaufen.
[Alex] Glaubst du, dass sich so deine Herangehensweise auch auf andere übertragen lässt? Also wenn jetzt jemand, wie du sagst, zum Beispiel sein Zeugs verkaufen muss eben im Newsletter und auf seine Angebote hinweisen muss, weil er eben davon lebt. Also inwiefern ist so dein leaner Ansatz, Marketing-Ansatz übertragbar auf andere? Was denkst du?
[Sascha] Ich glaube, der ist absolut übertragbar, denn ich verkaufe ja trotzdem. Das heißt also zum Beispiel, ich habe jetzt einen Kurs, den sieht man glaube ich auch auf meiner Website, da geht es um meine Einkommensquellen. Weil viele mich immer fragen, ja, was hast du denn für Einkommensquellen jetzt neben den Unternehmensbeteiligungen? Und das wurde ich so häufig gefragt, dass ich gesagt habe, ich mache da mal einen Kurs draus. Und den habe ich sehr gut verkauft.
Also für meine kleine Reichweite war ich sehr erstaunt, dass ein großer Prozentsatz meiner E-Mail-Liste diesen Kurs erworben hat. Aber einfach, weil ich die Menschen auch mitgenommen habe auf diese Reise und es nicht nur darum ging, diesen Kurs zu verkaufen, sondern ich sage, okay... Das, was ich hier mache, das begleite ich irgendwie. Und ja, ich habe jetzt auch ein Produkt und das kannst du gerne kaufen, aber ich nutze eben nicht diese bewusst manipulativen Marketing-Taktiken und Techniken und ich weise auch darauf hin, dass ich das nicht tue.
Und das hat, glaube ich, auch vielen, ja, viele haben gesagt, oh, das finde ich gut, dass ich jetzt nicht sage, alles dreht sich jetzt nur noch darum, dass ich die Leute funneln will und sie als Sales, Leads, Conversions bezeichne, sondern sie als Menschen sehe und sie mitgenommen habe in diesem Prozess.
Ich habe gesagt, hey, ihr könnt den auch vorher schon kaufen, den Kurs, dann mache ich einen extra Q&A-Call mit euch, der ist kostenlos, da können wir gemeinsam mal alle Fragen beantworten, dann kann ich den Kurs sogar noch besser machen.
Also ich glaube, es ist dieses, wenn man den Menschen einfach zeigt, hey, hey, du bist mir wichtig als Person. Es geht mir nicht nur darum, schnell einen Euro zu machen, sondern ich verdiene gerne Geld und das ist total legitim und ich bin nun mal Produktersteller oder Dienstleister oder was auch immer, dann ist das überhaupt kein Problem.
Aber du stehst im Mittelpunkt, so. Also die Menschen stehen immer im Mittelpunkt, weil am Ende zahlen die ja auch mein Gehalt und die kaufen meine Produkte. Das heißt, mir muss auch viel daran liegen und nicht, es geht mir darum, ich möchte möglichst viele Produkte kreieren, die hoffentlich irgendeiner kauft. Nein, sondern ich möchte mit vielen Menschen, ich möchte vielen Menschen Mehrwert liefern.
Und dann kriege ich natürlich auch im Gegenzug dafür Geld. Ich glaube, das passiert dann auch als Transaktion. Aber die Transaktion sollte nicht im Vordergrund stehen, sondern für mich steht die Transformation im Vordergrund. Und die entsteht dadurch, dass ich mich dafür interessiere. Wer bist du? Wie kann ich dir helfen? Und auch wenn du nichts bei mir kaufen solltest, dann bist du hier herzlich willkommen. Du bist hier herzlich willkommen. Und das ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig. Weil ansonsten ist es so dieses, okay, ich mag dich, solange du hier irgendwo in meinem Shop irgendwelche Dienstleistungen und Produkte kaufst. Aber ansonsten kannst du eigentlich wieder gehen und das möchte ich auf keinen Fall ausstrahlen, weil das entspricht nicht meinem Weltbild.
Unternehmertum vs. Selbstständigkeit
[Alex] Du betonst auch ganz oft, dass du unterscheidest zwischen Unternehmertum und Selbstständigkeit. Du siehst dich ja mehr als Unternehmer. Du hast verschiedene Unternehmen gegründet oder bist eben Teilhaber.
Spielt es für dich eine Rolle, ob man jetzt Unternehmer ist oder selbstständig ist, also vielleicht eine Dienstleistung anbietet, für Leute irgendwas macht, wie textet oder designt, was jetzt soziale Medien angeht?
Also können Selbstständige auch auf soziale Medien verzichten aus deiner Sicht oder wie empfindest du das?
[Sascha] Also genau, ich unterscheide tatsächlich, ich unterscheide sogar noch mal zwischen Unternehmer/Unternehmerin, selbstständig mit Team und selbstständig.
Ja, das ist ja auch so ein bisschen, worum es in meinem vorherigen Projekt ging, weil ich es halt super spannend finde, auch an den Punkt zu kommen, das war jetzt ja meine persönliche Reise, dass ich meine, also dass ich quasi nicht mehr Zeit gegen Geld tauschen muss, das ist jetzt so, ich weiß, klingt sehr abgedroschen, aber ich habe halt Zeit und Einkommen voneinander entkoppelt, weil mir das super wichtig war.
Als meine Tochter zur Welt kam, habe ich gedacht, okay, oder bevor sie zur Welt kam, ich möchte gerne für sie da sein und ich möchte jetzt nicht der typische Selbstständige sein, der sagt, naja, Papi muss jetzt die ganze Zeit arbeiten, ich kann nicht für dich da sein. Weil ich habe gemerkt, das passt für mich irgendwie nicht.
Und deswegen war es für mich immer spannend, wie kann ich mich ein bisschen rausziehen aus all den Dingen und wie kann ich etwas aufbauen, was ohne mich funktioniert, damit ich am Ende doch wieder selbstständig sein kann. Das bin ich heute ja auch, aber ich muss es nicht. Ob ich jetzt selbstständig bin oder nicht, mein Geld kommt durch recht passive Einnahmequellen rein, in Anführungszeichen.
Und um deine Frage zu beantworten, macht das einen Unterschied? Nein, ich glaube tatsächlich macht das keinen Unterschied, weil egal ob selbstständig, ob Freelancer, Unternehmer, selbstständig mit Team, was auch immer, wir haben die Möglichkeit, unsere Marketingkanäle so zu wählen, wie sie zu uns, unseren Werten und ja, wie sie zu uns passen.
Und da spielt Social Media keine große Rolle, also es spielt eine große Rolle, weil man denkt, alle nutzen es, aber sind wir ganz ehrlich, bis vor ein paar Jahren gab es keine sozialen Medien. Das heißt, Marketing hat schon immer anders funktioniert und es wird auch heute noch funktionieren.
Social Media ist ja nur eine Plattform, um Marketing zu betreiben. Und es gibt tausende andere Plattformen. Und gerade, wenn man so ein bisschen out of the box denkt und Social Media nicht mehr nutzt, gibt es da wundervolle Dinge. Und ich glaube nicht, dass man da unterscheiden muss, sondern ich glaube, für jeden ist es möglich, ohne Social Media trotzdem sehr, sehr gute und schöne Marketingkanäle zu nutzen. Also, ja, ich unterscheide da nicht. Kann jeder, glaube ich. Ich glaube, es ist nicht notwendig.
[Alex] Das fand ich jetzt gerade eine superschöne Zusammenfassung und deshalb nochmal vielleicht die allerletzte Frage. Wenn jetzt jemand zuhört, der oder die überlegt, soziale Medien vielleicht nicht mehr zu nutzen, was würdest du dieser Person raten? Wo kann sie beginnen mit ihren Überlegungen?
[Sascha] Gute Frage. Wo kann sie beginnen? Also zuallererst, ich glaube, die Intention sollte klar sein, warum möchte ich Social Media nicht mehr nutzen? Also sich klar werden, warum möchte ich damit überhaupt aufhören?
Weil auch das, man muss uns jetzt ja nicht einfach Glauben schenken und das ist vielleicht auch nicht der heilige Gral für jeden, sondern man muss erstmal überlegen, okay, was fühlt sich da für mich nicht gut an? Warum fühlt sich das nicht gut an?
Weil sonst tappe ich im schlimmsten Fall wieder in die nächste Falle und nutze dann einen anderen Marketingkanal, der für mich auch nicht passt.
Und deswegen, glaube ich, ist es wichtig zu wissen, warum möchte ich aufhören.
Dann natürlich zu überlegen, okay, wie könnte eine Alternativreise meiner Kunden aussehen? Also wenn sie nicht über Social Media auf mich aufmerksam werden, wie werden sie dann auf mich aufmerksam? Welche Kanäle mag ich denn? Oder wie werde ich auf Produkte, Dienstleistungen oder vielleicht auch auf Personenmarken aufmerksam außerhalb von sozialen Medien?
Um mal überhaupt wieder eine Idee zu haben, wie funktioniert das eigentlich? Ja, was gibt es denn da eigentlich noch? Also sich klar zu werden, welche alternative Customer Journey gibt es dann?
Und dann vielleicht für diejenigen, die auch ein bisschen mehr Sicherheitsbedürfnis haben, zu überlegen, kann ich das erstmal parallel vielleicht aufbauen? Ein zweites Standbein, also ein zweites Marketing parallel zu erschließen, um nicht gleich sofort einen radikalen Cut zu machen, aber das ist abhängig vom Persönlichkeitstyp.
Für mich fühlt es sich immer gut an, einen radikalen Cut zu machen, aber wenn man jetzt, ich sag mal, vielleicht auch nicht die finanzielle Reichweite gerade hat, um die nächsten Monate einfach mal zu sagen, ich könnte es auch akzeptieren, dass vielleicht zwei, drei Monate oder länger nichts reinkommt, dann sollte man sich Gedanken machen darüber, wie kann ich das langsam runterfahren und einen anderen Kanal parallel hochfahren und dann würde ich da reingehen.
Aber das wären so jetzt vielleicht erstmal meine Schritte. Also Intention, dann zu überlegen, okay, wie machen es andere? Kann ich da was modellieren? Wie ist meine eigene Customer Journey, wenn ich irgendwo Kunde, Kundin werde? Und dann, genau, ganz langsam vielleicht den Übergang zu machen. Das wären jetzt so meine drei Schritte, die ich mir mal aus dem Ärmel geschüttelt habe.
[Alex] Ja, vielen, vielen Dank, Sascha, auch für das Interview und für deine Erfahrung, dass du die mit uns geteilt hast. Danke, dass du da warst.
[Sascha] Ich danke dir.
Shownotes
Saschas Podcast (Link zu Spotify)