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Hier dreht sich alles um wertebasiertes Marketing ohne Social Media, Psychotricks und das übliche Marketing-Blabla.


Selbstständigkeit Alexandra Polunin Selbstständigkeit Alexandra Polunin

Selbstständig mit Migrationsgeschichte: Was unsere Herkunft mit unserer Selbstständigkeit zu tun hat

Knapp jede vierte unternehmerisch tätige Person in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Was bedeutet die Einwanderungsgeschichte für Selbstständige? Wie zeigt sich die Herkunft im Arbeitsalltag?

Als ich nach Deutschland kam, war ich fast acht Jahre alt und kannte genau zwei deutsche Wörter: „Banane“ und „Nudelsuppe“.

„Banane“, weil das für meine Familie das Symbol des Westens war. („Stell dir vor: In Deutschland kann man Bananen im Geschäft kaufen! Bananen!!!“)

„Nudelsuppe“, weil es die bei uns wie bei fast allen Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion jeden Sonntag zum Mittagessen gab. Mit selbstgemachten Bandnudeln, für die meine Oma meist den ganzen Vormittag in der Küche stand.

Ich bin 1983 in Nowosibirsk geboren.

Meine deutschen Vorfahren kamen unter Katharina der Großen nach Russland, lebten dort als Landwirte oder Schreiner, überlebten Umsiedlungen, Deportationen, Arbeitslager. Mal lebten sie in der heutigen Ukraine, mal im eiskalten Sibirien.

1991 zog meine Familie wieder zurück nach Deutschland, 2016 machte ich mich selbstständig.

Die längste Zeit meiner Selbstständigkeit dachte ich, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. Doch heute denke ich, dass meine Herkunft einen großen Anteil an meinen Irrungen und Wirrungen als Selbstständige hat.

Sozialismus im Kopf

Geschätzt machen sich weniger als 2% der Russischstämmigen selbstständig

Das ist deutlich weniger als die knapp 10% von allen Erwerbstätigen in Deutschland. Oder von den 7,4% türkischstämmigen Berufstätigen.

Ich finde es nicht überraschend.

Wenn ich an meine Kindheit in der ehemaligen Sowjetunion denke, sehe ich mich immer irgendwo mit meinen Eltern in einer Schlange stehen.

Wir stehen an, weil mein Vater gehört hat, dass es in diesem Geschäft Sahne gibt. Oder weil die Cousine der Nachbarin erfahren hat, dass ein bestimmtes Geschäft Fleisch verkauft.

Wir stehen und warten und drehen Däumchen, um am Ende gesagt zu bekommen, dass wir zu spät sind und alles ausverkauft ist. Oder wir gehen durch die nahezu leeren Regale im Geschäft auf der Suche nach Brot und freuen uns nen Keks, wenn wir noch einen Laib erwischen.

Mein Default-Setting ist der Mangel.

Es ist zu wenig da.
Es reicht nicht für alle.
Es fehlt an allen Ecken und Kanten.

Als ich Ende 2015 meine Zehen in das kalte Selbstständigsein-Wasser tunkte, waren das meine Wahrheiten, die ich erst einmal nicht hinterfragte.

Gedanklich in einem Mangel zu leben, war als Selbstständige anstrengend:

  • Ich traute mich nicht, über Geld zu sprechen.

  • Ich nahm jeden noch so schlecht bezahlten Auftrag an und …

  • jede Kollegin als „Bedrohung“ wahr – schließlich ist ja nicht genug für alle da

Ich verbrachte Jahre, um mir dieser sabotierender Gedanken bewusst zu werden und sie gegen andere – stärkende – zu tauschen.

Bloß nicht auffallen

Aufwachsen im Sozialismus heißt auch: Wir bekommen ein Päckchen aus dem Westen – die mit Gummibärchen, losem Kaffee und Vollmilchnussschokolade aus dem Aldi – und ich soll niemandem davon erzählen.

Niemand soll wissen, dass wir Deutsche sind und Verwandtschaft im Westen haben. Dass wir keine „richtigen“ Russen sind.

Ich nehme heimlich Süßigkeiten mit nach draußen und verteile sie an die Nachbarskinder. Einige Tage später gucken mich einige Kinder komisch an und jemand sagt, dass ich ein „Nazi“ bin.

In Deutschland angekommen, bin ich die „Russin“. Auf der Tafel malt ein Mitschüler Russland auf, „zerbombt“ es mit Papierkugeln und sieht mir dabei herausfordernd in die Augen.

Und so ist es auch mit der Onlinesichtbarkeit, als ich mich fast dreißig Jahre später selbstständig mache: Sie klingt potentiell gefährlich.

Noch immer höre ich irgendwo eine Stimme in mir, die sagt:

Lieber nicht auffallen.
Bloß nichts riskieren.
Niemanden kritisieren.

Noch immer habe ich ein leicht mulmiges Gefühl, wenn ich auf meinem Blog auf den „Veröffentlichen“-Button drücke. Oder bei dem brandneuen Podcast. Ich muss mich bewusst daran erinnern, dass ich hier sicher bin. Dass ich auffallen und meine Meinung sagen darf.

Als ich dann vor Social Media verlasse, eine eher „rebellische“ Haltung zu Marketing einnehme und mir erlaube, auch mal anzuecken, fühlt sich das abwechselnd befreiend und beängstigend an. Eine wilde Mischung. 

Der böse Staat

Die Steigerung „Sei vorsichtig, traue niemandem, du weißt nie, wer mithört“ – das hatte ich auch schon als kleines Kind in der Sowjetunion verstanden. 

Die Behörden und der Staat sind die Bösen. Wir müssen auf der Hut sein.

Und so löst noch heute jeder Brief vom Finanzamt Herzklopfen aus. Jedes drohende Telefonat, jeder Gang zum Gewerbeamt klingt irgendwie gefährlich. Hat das Imposter-Syndrom vielleicht auch etwas damit zu tun? 

Der fremdklingende Nachname

In den ersten Jahren in Deutschland habe ich mich für meinen Nachnamen geschämt.

In der Schulzeit wird es etwas besser, doch ich muss meinen Nachnamen immer wieder buchstabieren, werde gefragt, wie man ihn „richtig ausspricht“. Meist dient mein Nachname als Anlass zur Frage, wo ich herkomme. 

Die Kleinstadt in Hessen, in der ich, seit wir in Deutschland sind, lebe, ist damit nicht gemeint. Das stelle ich immer wieder fest. „Nein, wo kommst du ursprünglich her? Wo bist du geboren?”, haken Menschen dann gerne nach.

Wenn ich „Russland“ sage, ernte ich meist ein „Ah“. Über Russland gibt es nichts Gutes zu sagen, deshalb ist das Gespräch an dieser Stelle meist wieder beendet. War auch schon in den 90ern so. „Hätte dem Klang nach auch Italien sein können“, sagen manche noch. Ja, hätte es. Ist es aber nicht.

Meine gesamte Kindheit und Jugend wünsche ich mir einen anderen Nachnamen. Am besten den deutschesten aller deutschen, damit ich endlich nicht mehr auffalle. 

Als ich dann einen „Müller“ heirate – ich schwöre, ich hab ihn mir nicht wegen seines Nachnamens ausgesucht –, entscheide ich mich auf dem Weg zum Rathaus spontan für einen Doppelnamen. Irgendwie kann ich es mir plötzlich nicht mehr vorstellen, den Namen, mit dem ich ein Vierteljahrhundert gelebt habe, wieder abzulegen.

Und als ich mich selbstständig mache, entscheide ich mich dafür, das völlig unter meinem Mädchennamen zu tun. 

Und dann kam der Krieg

Als dann das Unvorstellbare passiert und wieder Krieg in Europa ist, bin ich wie gelähmt. Für die nächsten Monate ist Ausnahmezustand in meinem Kopf. Ich bin nicht leistungsfähig. Lebe wie unter einem Schleier. Lese zu viele Nachrichten.

Durch meine Familiengeschichte fühle ich mich seltsam betroffen, selbst wenn ich Tausende von Kilometern weit weg bin und gerade keine Verwandtschaft mehr in der Ukraine lebt. (Dafür aber immer noch in Russland.)

Zusätzlich frage ich mich, was das nun für mich als Selbstständige bedeutet:

  • Wird sich jemand durch meinen russischen Nachnamen abgeschreckt fühlen und nicht mehr mit mir zusammenarbeiten wollen?

  • Muss ich mich aktiv vom Krieg distanzieren oder ist Menschen, die mich kennen, klar, dass ich kein großer Fan von Größenwahnsinnigen mit imperialen Machtansprüchen bin?

  • Was ist, wenn ich – so wie meine Vorfahren – den Wohlstand verliere und wieder neu anfangen muss?

Diese Gedanken sage ich niemandem, schreibe sie nicht auf. Zu groß ist die Angst, dass das negative Konsequenzen für mich hätte.

Und auch jetzt denke ich: Ist das wirklich eine so gute Idee, diesen Text zu schreiben und zu veröffentlichen? Was werden andere Menschen sagen? Was werden sie – im stillen Kämmerlein – über mich denken?

Doch gleichzeitig finde ich es wichtig.

Wir sehen Menschen ihre Einwanderungsgeschichte nicht an.

Wir sehen transgenerationale Traumata oder Diskriminierungserfahrungen nicht an.  

Aber sie sind da. Unsichtbar.

Und vor allem bedeuten sie für uns nicht selten Emotionsarbeit – zusätzlich zu den Herausforderungen, die eine Selbstständigkeit eh schon so mit sich bringt.

Deshalb kann es gut sein, dass wir dann und wann das Tempo drosseln, wenn andere Vollgas geben. Dass wir mit Verarbeiten und Heilen beschäftigt sind und nicht mit Wachsen. Dass Nachrichten und Kriege uns mehr aus der Bahn werfen als andere Selbstständige.

Es ist okay. Seien wir gut zu uns.

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Selbstständig in Krisenzeiten – Wie mit Krieg und Katastrophen umgehen?

Wie können Selbstständige mit Krisen, Krieg und Katastrophen umgehen? Einige Vorschläge und Gedankenanstöße gibt es in diesem Blogartikel.

Es ist Krieg in Europa und wir sind alle fassungslos angesichts der unvorstellbaren Zerstörung und des unendlichen Leids der Menschen in der Ukraine.

Als Menschen fühlen wir mit den Opfern des Krieges mit. Möglicherweise weinen wir, verzweifeln und verstehen die Welt nicht mehr. 

Als Selbstständige beschäftigen uns zusätzlich noch andere Fragen:

Soll ich mich zu den aktuellen Geschehnissen äußern oder lieber schweigen?
Wie soll ich mich gegenüber meinen Kund*innen verhalten?
Was soll ich auf Social Media sagen?
Darf ich in einer Krise überhaupt „normal“ arbeiten und Geld verdienen?
Muss ich jetzt meinen Launch absagen?
Darf ich auch erstmal völlig von der Bildfläche verschwinden?

Wie gehe ich als Selbstständige also mit Krisen, Krieg und Katastrophen um?

Einige Vorschläge und Gedankenanstöße habe ich dir im Folgenden zusammengetragen:

Inhalt

Den ersten Schock verarbeiten

Menschlich sein

Solidarität zeigen

Business as usual?

Heilen

Extratipp

#1 Den ersten Schock verarbeiten

Die berühmte Sauerstoffmaske im Flugzeug – wir setzen sie uns immer zuerst selbst auf.

Noch bevor wir daran denken, anderen Menschen zu helfen, helfen wir zuerst uns. Das gilt nicht nur für Eltern und Kinder im Flugzeug, sondern auch für uns als Selbstständige.

Noch bevor wir also an Kund*innen, Social-Media-Posts oder anstehende Launches denken, sorgen wir erst einmal für uns und leisten uns erste Hilfe.

✅ Pause einlegen

Wenn du gerade nicht „business as usual“ machen kannst, kannst du dir ein guter Freund sein und auf den Pausenknopf drücken. Minuten, Stunden, Tage, Wochen – alles ist okay, wenn du es für dich einrichten kannst.

Dass du gerade nicht kreativ arbeiten kannst, hat einen Grund:

Laut der Maslow’schen Bedürfnispyramide müssen zuerst elementare Bedürfnisse erfüllt sein, bevor wir uns um „Luxusbedürfnisse“ wie Selbstverwirklichung kümmern können.

Will heißen: Solange Ängste und Sorgen dominieren und das Bedürfnis nach Sicherheit unerfüllt bleibt, ist es schwer für Menschen, kreativ zu arbeiten.

Somit hat es überhaupt keinen Sinn, sich zum Arbeiten zu zwingen. Sinnvoller ist es, eine Pause einzulegen und Selbstfürsorge zu betreiben: Laptop zuklappen, Social-Media-Apps deinstallieren oder Smartphone ganz ausschalten und sich etwas Gutes tun wie z.B. ein Spaziergang oder ein schönes Essen.

Du kannst partout nicht freimachen? 

Vielleicht kannst du dich fragen:

Welche Aufgaben sind wirklich wichtig?
Was muss ich unbedingt heute machen und was kann ich auf später verschieben?
Welche Termine kann ich verlegen?
Was kann ich vielleicht ganz absagen, weil ich den Termin eh nicht wollte?

Und: Welche eine kleine Sache kann ich heute für mich tun, damit es mir ein bisschen besser geht?

✅ Gefühle verarbeiten

Es ist wichtig, dass wir uns Zeit nehmen, um in Kontakt mit unseren Gefühlen zu kommen, z.B. indem wir …

  • … in unseren Körper hineinspüren und uns fragen: Wie geht der Atem? Wie schlägt das Herz?  

  • … unsere Gefühle benennen und kategorisieren, z.B. „Ich fühle mich wütend / ohnmächtig / traurig / ängstlich / ruhig.“

Es gibt keine „guten“ oder „schlechten“ Gefühle. All feelings are welcome. 

Mir persönlich hilft der Austausch mit anderen.

Zu sagen „Ich bin fassungslos, wenn ich an all die Menschen denke, die jetzt sterben“ und zu hören „Du, mir geht es genauso. Es ist so unfassbar, was gerade passiert“, wird die Weltlage nicht verändern, aber es wird dir zeigen, dass …

  • du nicht alleine mit deinen Gefühlen bist

  • du verstanden und gesehen wirst

  • du auch in schwierigen Zeiten Verbindung zu anderen Menschen herstellen kannst

Weitere Möglichkeiten, dir deiner Gefühle klar zu werden und/oder sie zu verarbeiten:

  • Schreiben 

  • Musik hören

  • Humor (Ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber es heißt nicht umsonst „Comic Relief“.)

❌ Schlechtes Gewissen und Rechtfertigungen

Alle anderen leiden, doch du kommst mit den Geschehnissen gut zurecht? 

Es ist okay.

Genauso wie es in Ordnung ist, unter einer Krisensituation zu leiden, ist es natürlich auch völlig in Ordnung, resilient und stark zu sein. (Du weißt schon: All feelings are welcome.)

Es ist in Ordnung zu sagen: Ich sehe all das furchtbare Leid, das der Krieg hervorbringt, und es furchtbar, aber … ich bin soweit okay.

Es ist okay, okay zu sein.

Niemand braucht ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben.

Auch wenn du weitestgehend „normal“ arbeiten und dich konzentrieren kannst, musst du dich niemandem gegenüber rechtfertigen. Wenn dich deine Arbeit ablenkt und dir gut tut, umso besser.

❌ Toxische Positivität

Etwas anderes ist es, eigene Gefühle zu verdrängen oder den Sorgen und Ängsten deiner Mitmenschen „Es wird schon alles gut.“ oder „Wir sehen das jetzt mal positiv.“ entgegenzubringen.

Es spricht auch in Krisenzeiten nichts gegen Optimismus und eine zuversichtliche Lebenseinstellung. 

Aber ein so starker Fokus auf das Positive, dass es zum Negieren, Ignorieren, Verdrängen oder Abstreiten von bestimmten Emotionen kommt und kein authentisches Empfinden mehr möglich ist, hilft niemandem.

Auch dir nicht.

❌ Zwang und Druck 

Ich glaube: Wer sich als Business-Coach nicht dazu motivieren kann, auf den Kanälen Business-Tipps zu geben, kann davon ausgehen, dass es seiner Community ähnlich geht und sie gerade eh keinen Kopf für Businesstipps haben.

Ich würde mich nicht zum Arbeiten zwingen (oder zum Posten, Tippsgeben, Bloggen oder Newsletterschreiben), sondern vielmehr darauf vertrauen, dass ich wieder Freude und Motivation bei meiner Arbeit spüren werde, wenn es mir wieder besser geht. 

#2 Menschlich sein

Als Selbstständige wollen wir in erster Linie als Expertin wahrgenommen werden. 

Doch meiner Erfahrung nach sind Krisenzeiten eher dafür da, menschlich zu sein – auch unseren Kund*innen, Newsletterabonnent*innen oder Followern gegenüber. 

✅ Gefühle teilen

Wer will, kann seine oder ihre Gefühle teilen und erzählen, wie es ihm oder ihr im Moment geht.

Ich habe meine Gefühle angesichts des Kriegs in der Ukraine in meinem Newsletter beschrieben und war überwältigt von den Reaktionen, der Anteilnahme und der Hilfsbereitschaft der Menschen. 

✅ Verbindung suchen

Wenn du nicht weißt, was du angesichts der schrecklichen Ereignisse sagen sollst, kannst du auch „nur“ Verbindung suchen.

Einen Dialog starten.
Menschen fragen, wie es ihnen mit der Situation geht.
Zuhören.

Manchmal ist es genug, da zu sein und Kommunikationsräume zu eröffnen – selbst wenn du „im wahren Leben“ Webdesigner*in oder Fotograf*in bist.

❌ Dampf ablassen

Emotionen, die du selbst noch nicht klar gekriegt hast, würde ich persönlich nicht mit deiner Community teilen.

Bereits kategorisierte Gefühle zeigen („Ich bin zutiefst geschockt/traurig/wütend.“) – ja.

Deine Community nutzen, um Dampf abzulassen („Dieses verf*ckte A*schloch soll in der Hölle schmoren!!!“) – nein.

Worte, die du im Newsletter geschrieben oder auf Social Media geteilt hast, kannst du nicht so schnell wieder zurücknehmen. 

#3 Solidarität zeigen

Nach dem ersten Schock und der Lethargie merken wir, dass wir dringend etwas tun müssen, weil wir sonst verrückt werden, wenn wir noch mehr von diesen schrecklichen Bildern sehen.

Nicht nur als Menschen, auch in unserer Funktion als Unternehmer*in können wir uns mit den betroffenen Menschen solidarisieren, unsere Anteilnahme zum Ausdruck bringen und Menschen helfen. 

✅ Kleine Gesten

Es muss nicht immer gleich der große Wurf sein. 

Ich habe, noch bevor ich in der Lage war, auch nur irgendetwas zu tun, ein gelbes und ein blaues Herzchen in meinen Footer eingebunden.

In einem der wenigen Newsletter, die ich noch abonniert habe, wurde eine Playlist mit heilsamen Songs geteilt.

Kleine Geste.
Große Wirkung (für mich persönlich).

Denke immer daran, dass eine (aus deiner Sicht) winzige Kleinigkeit einem anderen Menschen in schwierigen Zeiten eine große Hilfe sein kann.

Also:

Welche kleine Sache kannst du tun, um jemandem in dieser Zeit zu helfen?

✅ Geld spenden

In Krisenzeit wird vor allem Geld gebraucht. Und auch als Unternehmer*in kannst du natürlich einen Beitrag leisten und spenden.

✅ Größere Aktionen

Falls du bereits über ein größeres Netzwerk verfügst, kannst du auch deine Kolleg*innen zusammentrommeln und eine Spendenaktion organisieren.

Ich habe Anfang 2021 zum Beispiel ein „Online Festival“ zum Thema Pinterest veranstaltet. 

Wir haben eine Woche lang kostenlos unsere Expertise zur Verfügung gestellt und Spenden für die Coronakünstlerhilfe gesammelt.

Und auch jetzt nutzen viele Influencer*innen ihre Reichweite und stellen größere Aktionen auf die Beine.

✅ Reichweite Betroffenen zur Verfügung stellen

Eine tolle Idee von Biathlet Erik Lesser: 

Er stellt seinen Instagram-Account, auf dem er allein 30k russische Follower hat, ukrainischen Sportlern zur Verfügung, damit sie über den Krieg informieren.

❌ Blinder Aktionismus

Der Wunsch zu helfen, ist nur allzu verständlich. 

Doch lass dich nicht von blindem Aktionismus anstecken, der weder dir noch den von der Krise betroffenen Menschen weiterhilft.

  • Wenn du spendest, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Spende bei einer vertrauensvollen Organisation ankommt. Beim Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen gibt es eine tagesaktuelle Liste von Hilsorganisationen sowie grundsätzliche Tipps fürs Spenden in Katastrophen- und Krisenfällen.

  • Wenn du spendest, sollte die Spende zielgerichtet sein. Sachspenden sind zwar nett gemeint, aber für die meisten Organisation sind Geldspenden um einiges sinnvoller.

  • Wenn du deiner Community helfen willst, kannst du überlegen, ob du das wirklich willst oder nur aus „Gruppendruck“ machst.

    Nur weil viele deiner Kolleginnen in Krisenzeiten für ihre Community da sein wollen und spontan Workshops und Hilfsangebote auf die Beine stellen, heißt es nicht, dass es dein Weg sein muss.

❌ Über andere Hilfsangebote urteilen

Ich bin mir sicher: Wir alle tun gerade das, was in unserer Macht steht.

Politisches Engagement.
Persönliche Gespräche.
Liebe Nachrichten.
Ehrenamtliche Unterstützung.

Alles ist wichtig und richtig. 

Es gibt hier kein Besser oder Schlechter.
Kein Richtig oder Falsch.

Wir brauchen jedes blau-gelbe Herzchen, jede Demo, jedes Gespräch, jeden Anruf, jeden Blogartikel, jede Meditation, jede Spende, jede Aktion, jede Vermittlung, jeder Übersetzung, jedes Lächeln, jede Mail, jedes „Heute lasse ich mein Auto stehen und fahre mit dem Fahrrad – Puck Futin!!!!“ und jeden Musiker, der sich jetzt vor die russische Botschaft stellt und für den Frieden spielt.

Gerade die Fülle und die verschiedenen Arten der Hilfen ist das Wunderbare.

#4 Business as usual?

Und wie geht es nun ganz konkret mit deiner Selbstständigkeit weiter? 

✅ Kommunikation nach außen anpassen

In den meisten Fällen wird es das Beste sein, die Kommunikation nach außen anzupassen.

So wie große Fernsehsender auf die veränderte Weltlage reagieren und Sondersendungen bringen, kannst auch du als Selbstständige dein „Programm“ ändern und über die Krise sprechen.

Keine Angst übrigens, dass deine Expertise dadurch Schaden nimmt. Menschen brauchen in Krisenzeiten vor allem eins: andere Menschen. 

Ob du deine für die Veröffentlichung geplanten Blogartikel und Social-Media-Posts auf Eis legst, musst du selbst entscheiden.

You do you.

❌ Falsche Informationen teilen

Mit Reichweite kommt Verantwortung. 

Je mehr Reichweite wir haben, desto penibler sollten wir darauf achten, welche Informationen wir auf unseren Kanälen weiterverbreiten.

Vor allem Social Media lädt quasi dazu ein, vorschnell etwas zu teilen, das uns emotional berührt – nicht selten bewusst gestreute Falschinformationen.

Wie du Fakten auf ihre Echtheit überprüfst, erfährst du unter anderem hier.

✅ Geld verdienen während einer Katastrophe

Wenn du deine Arbeit plötzlich als banal empfindest … keine Panik. Egal, wie sehr du deinen Job liebst – das meiste auf dieser Welt wird klein und unbedeutend im Angesicht von Krieg, Leid und Pandemien. 

Ich würde zu diesem Zeitpunkt deshalb keine voreiligen Entscheidungen („Ich schmeiss alles hin, denn mein gesamtes Business ist total sinnlos.“) treffen, sondern die Reflexion und Transformation auf später verschieben, wenn ich mich an die neue Situation adaptiert habe. (Gleich mehr dazu.) 

Du darfst natürlich auch in Krisenzeiten Geld verdienen.

Denn es gibt einen großen Unterschied zwischen Geld verdienen während einer Katastrophe und Geld verdienen mit einer Katastrophe.

  • die Bäckerin, die weiterhin Brötchen backt 

  • die Busfahrerin, der weiterhin Menschen von A nach B bringt

  • der selbstständige Yogalehrer, der weiterhin Kurse anbietet 

  • die Marketingberaterin, die weiterhin andere Selbstständige berät 

Sie alle haben gemeinsam, dass sie weiterhin ihrem Beruf nachgehen und Geld verdienen.

Daran ist erst einmal nichts Verwerfliches. 

Denn egal, ob du nun angestellt, verbeamtet oder selbstständig bist – selbstverständlich brauchst du auch während einer Pandemie oder eines Krieges in Europa Geld zum Leben.

Doch im Gegensatz zu Angestellten bekommst du als Selbstständige kein festes Gehalt auf dein Konto, sondern musst selbst dafür sorgen, dass neue Aufträge reinkommen. 

Und das kann in Krisenzeiten, wenn es dir selbst nicht gut geht, eine große Herausforderung und hohe Belastung sein. 

Es kann sich merkwürdig anfühlen, Workshops zu halten und Logos zu designen, während es anderen Menschen so schlecht geht.

Verständlich.
Aber du darfst es.

Wirklich.

✅ Auf veränderten Bedarf reagieren

Es ist aus meiner Sicht auch nicht verwerflich, auf einen veränderten Bedarf zu reagieren.

Wenn du Meditationstrainerin bist und nun einen Beitrag leisten kannst, damit Menschen ihre Ängste und Sorgen verarbeiten und in diesen schweren Zeiten etwas Ruhe und Frieden finden, dann brauchen wir dich. 

❌ Geld verdienen mit einer Katastrophe 

Anders sieht es aus, wenn du Geld mit der Katastrophe zu verdienen planst.

So wie zu Beginn der Corona-Pandemie „clevere“ Unternehmer die damals beim medizinischen Personal so dringend benötigten FFP2-Masken aufkauften, um sie um ein Vielfaches weiterzuverkaufen.

So wie Politiker Maskendeals abschlossen.

Oder wenn jemand vulnerable Gruppen und von der Krise betroffene Menschen ausnutzt, um sich zu bereichern.

Ein ganz klares: Nope.

Mögen diese Menschen im Dunkeln auf einen spitzen Legostein treten.

#5 Heilen

Kommen wir zum letzten Punkt. Der Heilung.

Denn auch wenn wir es uns zu Beginn einer Krise nicht vorstellen können, aber wir Menschen haben die verrückte Eigenart, dass wir uns irgendwie an die äußeren Umstände anpassen

An Wirtschaftskrisen.
An Pandemien.
An Krieg.

Meist gehen wir gestärkt aus einer Krise hervor und bauen Resilienz auf – auch als Selbstständige.

✅  Zeit zum Trauern

Zunächst einmal brauchen wir aber Zeit zum Trauern.

Selbst wenn wir niemanden im Krieg verloren haben, haben wir etwas anderes verloren: eine bestimmte Art von Zukunft.

Eine Zukunft in Gesundheit.
Eine Zukunft in Frieden.
Eine Zukunft in Sicherheit.

Wir brauchen Zeit, die Zukunft zu betrauern, die wir nicht mehr haben werden, weil jetzt Krieg herrscht.

Diese Tage und Wochen der Trauer fühlen sich schwer an, keine Frage. Aber sie sind so unfassbar wichtig, um weiterzumachen.

✅  Reflexion

Wenn sich die Welt verändert, verändern wir uns auch.
Als Menschen, aber auch als Selbstständige.

Um gestärkt aus einer Krise hervorzugehen, kannst du innehalten und nachspüren, was die Geschehnisse mit dir und deinem Unternehmen gemacht haben. 

Frage dich:

  • Was ist es, das ich jetzt verstanden habe?

  • Was hat sich als wirklich wichtig herausgestellt?

  • Was habe ich über mich und andere Menschen gelernt?

  • Welche Privilegien haben sich in der Krise offenbart?

  • Haben sich meine Werte verändert?

  • Haben sich meine Ziele verändert?

Alle Antworten, die du auf deine Fragen findest, sind in Ordnung.

✅  Transformation

Wenn etwas gehen muss, können wir daran festhalten oder es gehen lassen.

Deine Nische.
Deine Produkte.
Deine Website.
Deine Wunschkund*innen.

Wir können alles loslassen, was durch die Erfahrungen aus der Krise nicht mehr passt – und Platz für Neues machen.

💡 Tipp zum Schluss: Notgroschen tut gut

Ich kann die Bedeutung eines Notgroschens für Selbstständige nicht genug betonen. 

Selbst wenn in Europa Krieg herrscht – Rücklagen in Höhe von 3–6 Monatsgehältern schaffen zumindest Frieden im Hirn.

Mir persönlich tut es gut, zu arbeiten und mich ein Stück weit abzulenken. 

Doch das Wissen, dass ich mir keinen Druck machen muss und einen Plan auch mal verschieben kann, hilft, nicht in Panik zu verfallen und geduldig mit mir zu sein.

Es ist in der Onlinewelt vielleicht ein ungewöhnlicher Rat, aber: 

Spar dir das Geld für den drölfzigsten Onlinekurs (ich bin mir sicher, dass du eh schon genug weißt) und leg das Geld lieber beiseite, damit du im Fall der Fälle Rücklagen hast.

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Themenwünsche?

Wenn dir ein wichtiges Thema im Blog fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freue ich mich auf deine Nachricht.