Social-Media-frei
Der Podcast für Marketing ohne Likes, Reels & Selfies
Worum geht’s?
In diesem Podcast nehme ich soziale Medien kritisch unter die Lupe und spreche darüber, wie Selbstständige online sichtbar werden können, ohne ständig ihr Frühstück auf Insta zu posten.
Es geht um „immergrüne“ Marketingstrategien und darum, wie Selbstständige entspannt und nachhaltig ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.
Dauergeposte und Dauerhustle nicht nötig!
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10 Fragen an jemanden, die all ihre Social-Media-Kanäle gelöscht hat (ja, an mich 😁)
Ich habe vor fast vier Jahren mit Instagram meinen ersten Social-Media-Kanal verlassen und nach und nach alle meine Kanäle gelöscht. Und dazu habe ich natürlich in den letzten Jahren viele Fragen bekommen. Und in dieser Podcastfolge beantworte ich zehn davon.
Ich habe vor fast vier Jahren mit Instagram meinen ersten Social-Media-Kanal verlassen und nach und nach alle meine Kanäle gelöscht. Und dazu habe ich natürlich in den letzten Jahren viele Fragen bekommen.
Und in dieser Podcastfolge beantworte ich zehn davon.
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Ja, ich will in dieser Folge zehn Fragen beantworten, die ich zu meinem Social-Media-Ausstieg bekommen habe in der letzten Zeit.
#1 Vermisst du was ohne Social Media?
Nun, mir ist durchaus bewusst, dass ein Social-Media-Ausstieg mit Nachteilen kommt.
Und in meinem Buch „No Social Media!“ gehe ich auch ganz detailliert auf die Nachteile ein, die mit einem Social-Media-Ausstieg verbunden sind.
Allerdings wiegen für mich persönlich diese Nachteile nicht so schwer.
Ich sag jetzt nicht, dass es zwingend bei allen so sein muss. Es ist bei mir aber so.
Das mag damit zu tun haben, dass ich introvertiert bin und mir nichts aus vielen Followern und vielen Likes mache.
Woran ich früher echt Spaß hatte, waren diese Meme-Accounts mit lustigen Memes. Über die konnte ich mich früher stundenlang kaputt lachen.
Aber abgesehen davon vermisse ich tatsächlich nichts, seit ich nicht mehr auf Social Media bin.
In meiner Arbeit rede und schreibe ich natürlich immer noch über soziale Medien, aber in meinem Privatleben denke ich, ehrlich gesagt, gar nicht mehr so viel über Social Media nach, sondern lese viel, mache Sport, mache Musik, guck mir Filme und Serien an, lerne eine neue Sprache. Und dann ist der Tag auch schon vorbei.
Und ich wüsste jetzt auch gar nicht, wo da soziale Medien auch noch reinpassen sollten, wenn ich ehrlich bin.
Das waren früher bei mir ja zwei Stunden jeden Tag und die habe ich irgendwie auch gar nicht mehr. Bzw. ich würde sie auch gar nicht hergeben wollen.
Deshalb: Nein, ich vermisse tatsächlich nichts.
Wobei ich vielleicht noch dazu sagen sollte, dass ich da eine Ausnahme bei YouTube mache, weil das für mich eher eine Video-Suchmaschine ist.
Ich weiß, es ist immer so die Frage: Ist YouTube Social Media oder eine Suchmaschine. Ich bin eher Team Suchmaschine. Und ich nutze nach wie vor YouTube privat für Klavier-Tutorials zum Beispiel, für Yoga-Übungen oder Rezepte.
Auf mich hatte YouTube noch nie negative Auswirkungen so wie Instagram zum Beispiel. Deshalb ja, sehe ich da auch keine Notwendigkeit, etwas zu verändern.
#2 Kriegst du überhaupt noch mit, was in der Welt passiert?
Ja, das tue ich auf jeden Fall.
Ich hab mich ja nicht vom Internet und von Menschen verabschiedet, sondern nur von sozialen Medien.
Ich lebe ja auch nicht ohne Internetanschluss irgendwo auf einer einsamen Insel ohne Menschen, sondern ich hab natürlich auch weiterhin online und offline mit anderen Menschen zu tun.
Und deshalb weiß ich natürlich auch ohne Social Media, was um mich herum passiert, aber das Informieren erfolgt jetzt viel, viel aktiver und zielgerichteter, würde ich sagen – und nicht weil ich einen Post in meinem Feed angezeigt bekomme, so zufällig.
Es gibt ein paar Nachrichtenseiten, Zeitungen und (Online-)Magazine, die ich regelmäßig lese, und so bleibe ich auf dem Laufenden.
Deshalb: Ja, ich kriege definitiv immer noch mit, was in der Welt so geschieht.
Ich würde sogar sagen, ich bin noch etwas politischer und interessierter geworden, was gerade so passiert in der Welt.
Soziale Medien zu verlassen, hatte also definitiv nicht den Effekt, dass ich zu einem egoistischen Menschen wurde, dem alles andere egal ist.
Also hoffe ich natürlich. Aber ja.
#3 Bist du manchmal einsam ohne Social Media?
Ich persönlich: nein.
Wobei ich sagen muss, das hängt mit Sicherheit auch mit der Persönlichkeit zusammen.
Wie gesagt: Ich bin einfach total introvertiert, ich hab nicht das Bedürfnis, unzählige Kontakte zu pflegen. Ich muss nicht ständig mit Menschen chatten und connected sein.
Ich habe lieber weniger persönliche Kontakte, die dafür tiefer gehen. Also Gespräche oder Treffen oder auch längere E-Mails im beruflichen Kontext jetzt.
Und ich bin auch sehr gerne für mich, muss ich sagen, und mit meinen Gedanken und hab gerne auch mal ein Tag Ruhe ohne andere Menschen. Oder zwei Tage.
Und deshalb fühle ich mich jetzt nicht einsamer dadurch, dass ich Social Media verlassen habe.
Ich kann mir aber vorstellen, dass es für Menschen, die extrovertiert sind, da vielleicht anders sein könnte.
Also wenn jemand seine ganze Energie aus Kontakten zu anderen Menschen zieht, wird vielleicht / vermutlich etwas fehlen, wenn soziale Medien wegfallen.
Das weiß ich nicht.
Bei mir war es, wie gesagt, nicht der Fall.
#4 Wie reagieren andere Menschen, wenn du ihnen erzählst, dass du keine sozialen Medien nutzt?
Also im Privaten ist mein Social-Media-Ausstieg tatsächlich nie ein großes Drama gewesen.
Ich mein, klar, reden wir mal darüber, und ich kriege auch manchmal Fragen dazu, aber es ist kein alles dominierendes Thema.
Niemand stört sich daran oder findet mich doof deswegen. Wir haben einfach meist andere Dinge, mit denen wir beschäftigt sind und über die wir sprechen. Deshalb ist das überhaupt keine große Veränderung im Privatleben gewesen.
Im beruflichen Kontext interessiert es andere Selbstständige schon, wie das so ist mit dem Marketing und der Akquise und so weiter.
Vielen Selbstständigen, mit denen ich rede, geht es mit sozialen Medien ähnlich, wie es mir damals ging, bevor ich meine Kanäle gelöscht habe.
Deshalb können sie meinen Entschluss meistens auch gut verstehen, auch wenn sich die meisten nicht trauen, also diesen Schritt dann selbst zu gehen.
Richtig negatives Feedback habe ich aber tatsächlich noch nie bekommen. Ich kann jetzt natürlich nicht sagen, ob es daran liegt, dass andere Menschen keine negativen Gedanken dazu haben oder ob sie es mir einfach nicht direkt ins Gesicht sagen. Keine Ahnung.
Aber letzten Endes glaube ich auch: Jeder Mensch ist mit seinem eigenen Kram beschäftigt.
Und ob eine gewisse andere Person jetzt auf Instagram ist oder nicht, das wird für die meisten Menschen gar keine so große Rolle in ihrem Leben spielen. Und erst recht werden sie sich da nicht einmischen oder sich negativ dazu äußern. Warum sollten sie?
Also ich glaube:
Die Welt dreht sich eben nicht um uns und unsere Entscheidungen. Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen hart, aber: Es ist für andere Menschen meist egal, ob wir unseren Kaffee auf Instagram posten.
Ihre Gedanken drehen sich da nicht ständig drum. Und deshalb haben wir da eben auch absolute Freiheit in meinen Augen, uns da selbst individuell zu entscheiden.
#5 Verbietest du deinen Kindern, soziale Medien zu nutzen?
Also ich verbiete grundsätzlich niemandem etwas.
Und erst recht nicht meinen Kindern.
Und es wäre für mich auch absolut okay, wenn sie die Dinge anders sehen würden als ich.
Ich will jetzt natürlich keine Debatte über Erziehung führen, aber: Meine Kinder dürfen jederzeit ihre Interessen verfolgen und auch soziale Medien nutzen, wenn sie denn wollen würden.
Aber sie wollen eben nicht. Ich weiß auch nicht so genau, woran das liegt.
Sie gucken sich ab und an mal YouTube-Videos an so wie ich auch, aber das sind dann auch eher Tutorials, wie man ein bestimmtes Stück auf Klavier spielt oder so.
Das mag in Zukunft vielleicht anders werden, wer weiß. Aber im Moment ist es überhaupt kein Thema. Also sie sind jetzt 12 und 16 und sie haben immer noch kein Interesse an Instagram und Co.
In unserer Familie spielen diese Plattformen einfach keine große Rolle. Ich nutze sie nicht, mein Mann nutzt sie nicht, wir schießen keine Selfies von unserer Familie, die wir ständig irgendwo posten, und deshalb haben vielleicht auch meine Kinder da völlig andere Interessen entwickelt. Keine Ahnung.
#6 Bist du nicht neugierig, was deine Kolleginnen auf Instagram machen?
Ja klar, bin ich manchmal neugierig.😊
Ich glaube, es ist auch nur menschlich, neugierig zu sein und sich für andere Menschen und das, was sie machen, zu interessieren.
Ich versuche diese Neugierde dann aber gut einzuordnen. Ich frage mich dann:
Ist die Quelle dieser Neugierde ein Wunsch nach Verbindung? Dann schreibe ich diese Person eben an und frage, ob sie Zeit hat, sich mal wieder auszutauschen. Oder irgendwas anderes.
Ist die Quelle für diese Neugierde aber Selbstzweifel und dieser, ja, fast schon selbstdestruktive Wunsch nach Bestätigung, dass ich nicht gut genug bin?
Dann weiß ich, dass mir soziale Medien da sowieso nicht gut tun würde, und dann lenke ich meinen Fokus auf andere Themen, so ganz bewusst und ganz gezielt.
#7 Fühlst du dich glücklicher ohne Social Media?
„Glück“ ist natürlich ein sehr großes Wort. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die Gleichung „Social-Media-frei = Glück“ in jedem Fall immer stimmt.
Aber es ist schön, Vergleicheritis, FOMO und so weiter bis zum Minimum reduziert zu haben.
Also natürlich zweifel auch ich nach wie vor an manchen Tagen an dem, was ich tue. Aber es ist deutlich weniger geworden.
Und dass ich weniger Zeit für Dinge aufwenden muss, die ich nicht mag (so wie Selfies machen, Reels drehen oder Grafiken erstellen), und dass ich dafür mehr Zeit für die Dinge habe, die ich mag (also Schreiben, Lesen, Musik usw.), das trägt natürlich auch enorm dazu bei, dass ich mich zufriedener fühle.
Deswegen: Ja, ich würde sagen, meine Zufriedenheit ist auf jeden Fall gestiegen und meiner mentalen Gesundheit hat es sehr gut getan, vor allem Instagram zu verlassen.
Und das ist dann alles in allem schon ein Glücksfaktor, muss ich sagen.
#8 Ist dir nicht manchmal langweilig ohne Social Media?
Zunächst einmal ist Langeweile kein so furchtbar schlimmes Konzept für mich.
Ich finde es gut, auch mal Phasen ohne Reize von außen zu haben und sich vielleicht mal für ein paar Minuten zu fragen:
Und was mache ich jetzt? Was stell ich mit der Zeit an?
Es macht mir keine große Angst, diesen Raum, ja diesen Leerlauf zu haben und mal zu spüren und mich zu fragen, wie ich denn diesen Leerlauf füllen will, anstatt mir automatisch das Smartphone zu schnappen und Insta zu öffnen.
Doch es ist jetzt nicht so, dass ich überhaupt keine Unterhaltung mehr habe in meinem Leben, nur weil ich nicht mehr auf Social Media bin.
Es ist natürlich sehr individuell, aber ich fühle mich auch ohne Social Media sehr gut unterhalten, durch andere Menschen, durch Lesen, Schreiben, Musik, Filme und Serien.
Also es ist jetzt nicht so, dass ich abends sitze und denke:
Was fange ich jetzt mit meinem Abend ohne Instagram an? Ich bin verloren.
Ich habe nach wie vor mehr Bücher auf meiner Leseliste, als ich jemals lesen könnte. Und nach wie vor mehr Serien bei Netflix auf der Watchlist, als ich jemals gucken könnte.
Insofern: Alles gut.
#9 Kriegst du überhaupt noch neue Ideen und Inspiration ohne Social Media?
Ja, dieser Aspekt, muss ich sagen, hat mich mit am meisten überrascht. Ich habe früher immer gedacht, dass ich unbedingt Instagram und Co. brauche, um Inspiration zu bekommen.
Aber bei mir war es so:
All die Tipps, Tricks, Hacks, Videos, Motivationszitate und Inspirationszitate und Erfolgsgeschichten auf Social Media, sie haben mich rückblickend betrachtet mehr gelähmt als wirklich inspiriert.
Ich habe für mich herausgefunden, dass ich viel weniger Inspiration brauche, als ich immer dachte.
Ein guter Gedanke – und ich bin für die nächsten Tage oder Wochen beschäftigt.
Und diese guten Gedanken gibt es eigentlich überall: in Gesprächen mit anderen Menschen, in Büchern, in Filmen, auf Reisen … Hunde können inspirieren, Kinder können inspirieren, Natur kann inspirieren. Wir können in eine Ausstellung gehen. Oder auf ein Konzert.
Wir brauchen nicht zwingend soziale Medien für neue Ideen und Kreativität.
#10 Gehst du irgendwann zu Social Media zurück?
Also im Moment kann ich es mir nur sehr, sehr schwer vorstellen, wieder zurückzugehen. Aber wer weiß, was in einigen Jahren ist. Ich kann jetzt natürlich nichts zu 100% ausschließen.
Wenn sich zum Beispiel soziale Medien in ihrer Funktionsweise und ihren Strukturen fundamental ändern würden, würde ich ihnen vielleicht nochmal eine Chance geben. Doch dafür müssten es wirklich große Veränderungen sein.
Und danach sieht es zur Zeit überhaupt nicht aus.
Ich finde, die Enshittification von Social Media schreitet mit großen Schritten voran und ja, wenn ich mir angucke, wohin sich soziale Medien gerade entwickeln, fühle ich mich in meiner Entscheidung eher bestätigt, muss ich sagen, und habe so gar nicht das Bedürfnis, zu Insta und Co. zurückzugehen.
Shownotes
Unbezahlte Arbeit auf Social Media – Teil 3: Emotionsarbeit
Wer Social Media nutzt, kommt oft mit einer ganz besonderen Form der unbezahlten Arbeit in Berührung: der Emotionsarbeit. Denn durch die Bewertungssituationen und den ständigen Druck, positiv zu sein, entstehen Gefühle wie Unzulänglichkeit oder Gedanken wie „Ich bin nicht gut genug“. Und mit der Emotionsarbeit müssen wir unsere Gefühle dann regulieren, kontrollieren und modifizieren. Was macht das mit uns?
Wer Social Media nutzt, kommt oft mit einer ganz besonderen Form der unbezahlten Arbeit in Berührung: der Emotionsarbeit. Denn durch die Bewertungssituationen und den ständigen Druck, positiv zu sein, entstehen Gefühle wie Unzulänglichkeit oder Gedanken wie „Ich bin nicht gut genug“.
Und mit der Emotionsarbeit müssen wir unsere Gefühle dann regulieren, kontrollieren und modifizieren.
Was macht das mit uns?
Folge anhören:
Transkript lesen:
In den letzten Folgen ging es bereits um das Thema unbezahlte Arbeit auf Social Media. Ich habe dir in der Folge vor zwei Wochen kurz erzählt, warum das Thema gerade für Frauen so wichtig ist. In der letzten Folge ging es um das Thema unbezahlte Contentarbeit. Und in der Folge heute möchte ich über Emotionsarbeit sprechen.
Und mein Vorschlag ist, dass, wenn du dir die letzten beiden Folgen noch nicht angehört hast, dass du vielleicht mal reinhörst. Denn ich werde mich in der Folge heute und auch in den kommenden Folgen immer wieder auf einzelne Gedanken beziehen, die ich in den letzten Episoden geteilt habe.
Also gut: Emotionsarbeit.
Ich muss zugeben, dass ich diesen Begriff zwar schon vor einiger Zeit gehört habe, aber irgendwie immer drübergelesen habe. Und erst vor Kurzem hab irgendwie gedacht: Okay, was ist das jetzt für ein Konzept und was können wir damit erklären?
Und ich bin wirklich sehr froh, dass ich das gemacht habe, weil das Konzept der Emotionsarbeit ein sehr mächtiges Werkzeug ist, um zu verstehen, warum uns soziale Medien zum Beispiel so erschöpfen und auslaugen und stressen.
Auch bei der Emotionsarbeit ist es so, du ahnst es vermutlich schon, dass uns niemand diese Art von Arbeit vergütet. Das heißt, neben der Contentarbeit gibt es noch einen zweiten großen Bereich, in den wir unsere Zeit, unsere Energie und manchmal auch unser Geld stecken, für den wir aber kein Geld kriegen.
Auch wenn du das Wort Emotionsarbeit vielleicht noch nicht kennst, bin ich mir sehr sicher, dass du bereits Bekanntschaft mit dieser Art von Arbeit gemacht hast. Vor allem auf Social Media.
Emotionsarbeit ist, wenn du beispielsweise locker-flockig in die Kamera für eine Instastory sprichst und den Anschein erweckst, als wärst du bester Laune, obwohl gerade etwas in deinem Leben passiert, das alles andere als toll ist.
Also angenommen, dir geht es gerade finanziell nicht gut oder eine Freundin oder ein Familienmitglied ist ernsthaft erkrankt oder – es muss auch nicht gleich so dramatisch sein – du hast gerade einfach eine Absage bekommen für ein Projekt, auf das du dich gefreut hast und mit dem du schon gerechnet hast. Und du fühlst dich einfach etwas down.
Und wenn du in solchen Momenten deine Gefühle wie Frust oder Traurigkeit oder Sorge oder vielleicht sogar Wut nicht zeigst, sondern auf Social Media so tust, als wäre alles wie immer, geht es nicht einfach so mit einem Fingerschnippen, sondern ist im Grunde Arbeit, für die du Energie und Zeit brauchst.
Und genau das macht den Kern von Emotionsarbeit aus. Wir kontrollieren, regulieren oder modifizieren unsere Gefühle. Sehr häufig tun wir das, um bestimmte soziale Erwartungen zu erfüllen.
Und natürlich ist es so, dass Emotionsarbeit erst einmal nichts Schlechtes ist, im Gegenteil. Emotionsarbeit ist wichtig für das Funktionieren einer Gesellschaft. Egal, in welche Gemeinschaften wir gucken, ob es jetzt Familien sind oder andere Formen von Gruppen, ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die empathisch sind oder in der Lage sind, in Konflikten zu vermitteln zum Beispiel.
Doch das Problem an Emotionsarbeit ist wie so oft, dass diese Arbeit in der Regel von Frauen geleistet wird, weil sie eben meistens in Berufen tätig sind, die diese Art von Arbeit erfordern. Oder sie diejenigen sind, die sich um Kinder kümmern oder Angehörige pflegen. Und meistens wird diese Art von Arbeit nur sehr schlecht vergütet oder eben gar nicht vergütet.
Das heißt, niemand bezahlt uns dafür, dass wir Fürsorgearbeit leisten und niemand bezahlt uns dafür, dass wir auf Social Media Emotionsarbeit leisten.
Und die hat es ganz schön in sich, finde ich. Weil sie auf so vielen verschiedenen Ebenen stattfindet.
Zum Beispiel: das Thema Vergleichen.
Es ist zwar so, dass Vergleichen etwas Menschliches ist und auch verschiedene Funktionen erfüllt. Doch weil wir auf Social Media auf einmal unzähligen Menschen folgen können und uns ihre Accounts angucken können, können wir das erste Mal in der Menschheitsgeschichte uns mit so vielen Menschen vergleichen wie noch nie zuvor.
Im Grunde jeden Aspekt unseres Lebens: unsere Körper, unsere Häuser oder Wohnungen, unser Einkommen, unsere Haustiere, die Größe unseres Teams, unsere Reiseziele usw.
Diese permanenten Vergleiche führen dazu, dass wir permanent Gefühle spüren wie Unzulänglichkeit und Gedanken haben wie „Ich bin nicht gut genug“. Und das ist alles andere als banal, sondern das braucht enorm viel von uns, mit diesen Gefühlen und Gedanken umzugehen und sie zu regulieren. Und diesen Aufwand, den wir tagtäglich betreiben müssen, kostet uns extrem viel Energie und Zeit und Nerven und Platz im Hirn usw.
Ein anderes Beispiel sind die Bewertungen. Wir befinden uns auf Social Media permanent in Bewertungssituationen. Wenn wir etwas posten, bekommen wir sofort Feedback darauf. Entweder weil Menschen etwas liken oder weil sie etwas nicht liken und wir denken „Warum liket das niemand?“. Manchmal kommentieren Menschen unsere Posts. Und oft sind das nette Worte, manchmal aber auch völlig nichtssagende Worte und manchmal sogar nicht so nette Worte.
Doch egal, wie die Bewertung ausfällt, wir müssen damit eben klarkommen.
Ich finde diesen Punkt immer ein bisschen seltsam, weil super viele Menschen nicht so großer Fan von Prüfungssituationen sind. Weil es einfach nicht angenehm ist, wenn Menschen, das, was man sagt oder tut, bewerten. Und wir machen alle immer drei Kreuze, wenn das Abi oder die Fahrprüfung oder das Examen rum ist. Wenn wir es geschafft haben.
Doch auf Social Media begeben wir uns täglich freiwillig in diese Situationen, wo immer Urteile über uns gefällt werden. Das heißt, wir geben anderen Menschen die Macht, uns zu sagen, wie gut wir etwas machen, ob wir gut genug aussehen und ob unsere Ansichten die richtigen sind oder nicht.
Und auch hier entstehen durch diese Bewertungssituationen permanent Gefühle und sehr häufig nicht angenehme Gefühle.
Und nicht selten knüpfen wir das, was andere Menschen über uns auf Social Media sagen, an unseren Selbstwert. Und wenn das Urteil dann negativ ausfällt, denken wir auch negativ über uns.
Also eine sehr komplexe Angelegenheit das Ganze. Doch es gibt noch viele weitere Formen der Emotionsarbeit auf Social Media.
Z.B die Inszenierung.
Wir müssen ständig abwägen, wie wir uns in den sozialen Medien darstellen wollen. Welches Bild wir von uns zeigen wollen. Ob wir Dinge beschönigen, anders darstellen, vielleicht sogar es mit der Wahrheit nicht so ganz ernst nehmen. Und auch das erfordert natürlich permanente Emotionsarbeit.
Klassisches Beispiel von Selbstständigen ist: Gerade läuft es nicht so gut und wir zweifeln an uns. Doch auf Instagram geben wir uns als Expertin und ja, tun so, als hätten wir diese Selbstzweifel gar nicht.
Warum ist das Ganze jetzt nun ein Problem?
Zunächst einmal:
Weil Emotionsarbeit auch Arbeit ist. Selbst wenn sie nicht bezahlt, nicht gewertschätzt und oft auch nicht gesehen wird, erfordert Emotionsarbeit unsere Zeit, unsere Energie und manchmal sogar auch unser Geld.
Das kann dazu führen, dass wir uns müde fühlen, erschöpft und ausgebrannt. Selbst wenn wir nicht viele Termine haben und eigentlich nur im Homeoffice arbeiten, geht es uns dann einfach nicht gut. Und das kann damit zu tun, dass wir auf Social Media eine Menge Emotionsarbeit leisten müssen, die uns erschöpft.
Damit ist auch das Konzept der emotionalen Dissonanz verknüpft.
Emotionale Dissonanz tritt auf, wenn es eine Spannung gibt zwischen den tatsächlichen Emotionen und den Emotionen, die gezeigt oder ausgedrückt werden.
Klassisches Beispiel: Aufgrund einer Trennung oder eines Todesfalls ist jemand zutiefst traurig, zwingt sich aber dazu, auf Instagram „Good Vibes“ zu versprühen und Inspirationszitate zu posten.
Das erzeugt einen inneren Konflikt, der dann noch mehr Emotionsarbeit benötigt.
Manchmal kann der Erwartungsdruck auf Social Media, ständig gut gelaunt zu sein, sich bis ins Toxische steigern, was wiederum zu verstärkter Emotionsarbeit führen kann.
Denn die Erwartung, immer glücklich oder positiv zu sein, heißt oft, die tatsächlich erlebten Gefühle zu unterdrücken oder zu verstecken.
Soziale Medien haben Emotionsarbeit natürlich nicht erfunden. Doch sie verstärken die Notwendigkeit, zusätzliche Emotionsarbeit zu leisten und sie nicht zu vergüten.
Und manchmal geht es da auch gar nicht nur um unsere Zeit und unsere Energie, sondern auch um viel Geld. Denn es gibt immer wieder Fälle von digitaler Gewalt auf Social Media, mit denen Betroffene nicht mehr alleine zurechtkommen und dann professionelle Hilfe brauchen, z.B. in Form eines Coachings, um mit dem Hass, der ihnen auf Social Media entgegenschlägt, überhaupt zurechtzukommen.
Ja. Das war ein kleiner Abriss zum Thema Emotionsarbeit auf Social Media. Und nächste Woche möchte ich über eine weitere Form von unbezahlter Arbeit auf Social Media sprechen.
Und das ist die ästhetische Arbeit.
Shownotes:

Themenwünsche?
Wenn dir ein wichtiges Thema im Podcast fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freu ich mich auf deine Nachricht.