Social-Media-frei

Der Podcast für Marketing ohne Likes, Reels & Selfies


Mock-up eines Smartphones mit dem Podcast ‚Social-Media-frei‘ von Alexandra Polunin – Folge: „Ein kritischer Blick auf Social-Media-Coaches“

Worum geht’s?  

In diesem Podcast nehme ich soziale Medien kritisch unter die Lupe und spreche darüber, wie Selbstständige online sichtbar werden können, ohne ständig ihr Frühstück auf Insta zu posten.

Es geht um „immergrüne“ Marketingstrategien und darum, wie Selbstständige entspannt und nachhaltig ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.

Dauergeposte und Dauerhustle nicht nötig!

KLINGT GUT?

Hier kannst du den Podcast abonnieren

APPLE
SPOTIFY
POCKET CAST
CASTRO
AMAZON

Sowie in jeder anderen Podcast-App deines Vertrauens

Social-Media-Kritik Alexandra Polunin Social-Media-Kritik Alexandra Polunin

Social Media und ethisches Marketing – wie passt das zusammen? Teil 4: Überinszenierung

In dieser Podcastfolge machen wir weiter mit der Reihe „Social Media und ethisches Marketing – wie passt das zusammen?“. Und heute geht es um das Thema Überinszenierung.

In dieser Podcastfolge machen wir weiter mit der Reihe Social Media und ethisches Marketing. Und heute geht es um das Thema Überinszenierung.

Folge anhören

Okay, okay. Es ist ein bisschen her, dass ich Folgen zu der Reihe Social Media und ethisches Marketing veröffentlicht habe.

Die letzte Folge kam im Juli raus, wenn ich mich richtig erinnere.

Und falls du gar nicht mehr weißt, worum es da eigentlich geht, noch einmal eine kurze Zusammenfassung:

Ich habe vor einiger Zeit eine Podcastreihe gestartet zum Thema „Social Media und ethisches Marketing – wie passt das zusammen?“. 

Anlass war und ist immer noch mein Buch „Don’t be evil“, das dieses Jahr im Rheinwerk Verlag erschienen ist. 

Und da hat es mich natürlich interessiert, wie Social Media Marketing und ethisches Marketing zusammenhängen. 

Social Media stand im Buch eben nicht im Fokus und ich dachte, so eine schöne Podcastreihe wäre doch eine gute Ergänzung dazu.  

Die erste Podcastfolge zu dieser Reihe erschien bereits Ende April und in dieser Folge hatte ich mir angeschaut, was ethisches Marketing eigentlich ist und ich hab da auch versprochen, insgesamt fünf Themen zu behandeln.

In der zweiten Podcastfolge der Reihe ging es um Mikrotargeting und Datenschutz.

In der dritten Folge dann um Algorithmen und die Aufmerksamkeitsökonomie.

Und dann kam erst einmal eine Sommerpause, ein weiterer Buchlaunch und einige Interviews. 

Und ich dachte mir jetzt, das kann es doch nicht gewesen sein. Ich möchte euch unbedingt noch die zwei versprochenen Themen nachliefern.

Und hier bin ich nun und würde in dieser Folge gerne über das vierte Thema der Reihe sprechen, nämlich Überinszenierung auf Social Media.

Warum Inszenierung nicht das Problem ist

Überinszenierung – was ist das überhaupt?

Ich beobachte und vielleicht habt ihr auch eine ähnliche Beobachtung gemacht, dass eine Social-Media-Kritik häufig darin besteht zu sagen, dass auf Social Media alles inszeniert wird.

Und ich finde, dass dieser Begriff „inszenieren“ da zu unrecht kritisch verwendet wird. Denn „inszenieren“ ist im Grunde erst einmal neutral.

Es bedeutet, „etwas technisch und künstlerisch vorzubereiten, zu gestalten und leiten“. 

Und „inszenieren“, das weißt du bestimmt, wird häufig für Theaterstücke verwendet oder für Opern oder für Filme. 

Man könnte auch sagen, „inszenieren“ heißt, „etwas in Szene setzen“.

Und natürlich können wir nicht nur ein Theaterstück in Szene setzen, sondern auch uns und das, was wir tun, was wir denken und als Onlineunternehmer*innen anbieten.

Das heißt:

Jede Person, die auf Social Media postet oder auf eine andere Art kommuniziert, inszeniert sich immer auch in gewisser Weise. 

Das heißt einfach: Sie wählt bewusst, was sie zeigt, wie sie sich darstellt, welches Licht, welche Worte, welche Themen und so weiter. 

Und auch ich mache das natürlich im Podcast. 

Und du machst das, wenn du Marketing machst, auf deinen Kanälen.

Inszenierung bedeutet also einfach: eine bewusste Darstellung

Sie ist nicht automatisch gut oder schlecht, sondern ein Element von Kommunikation, gerade im Marketing.

Und ich glaube, das geht auch gar nicht anders.

Also wenn ich jetzt zum Beispiel von mir ausgehe, gibt es ganz viele Bereiche und Themen und Interessen in meinem Leben.

Und natürlich zeige ich jetzt nicht absolut alles von mir. Über die meisten Dinge spreche ich gar nicht, habe ich noch nie drüber gesprochen, wie meine Beziehung zum Beispiel. Das hat aus meiner Sicht nichts in meinem Marketing verloren. 

Und so gibt es noch ganz, ganz viele Themen, die ich bewusst nicht teile, während ich andere Themen wiederum bewusst in meinem Marketing teile. 

Zum Beispiel meine Erfahrungen mit Social Media – die sind kein Geheimnis. Sie sind die Basis dafür, das ich tue, was ich tue, und darüber schreibe, worüber ich eben schreibe.

Und deshalb erzähle ich dann auch ganz offen, dass Instagram zum Beispiel eine Herausforderung für meine mentale Gesundheit war. Andere Gesundheitsthemen aber spielen in meinem Marketing überhaupt keine Rolle.

Du siehst: Schon diese Auswahl, was ich von mir im Marketing verrate und was nicht nicht, ist, wenn man so denn will, eine Inszenierung.

Und ich schätze mal, bei dir ist es nicht anders. Ganz egal, was du machst, und was du anbietest und auf welchen Kanälen du kommunizierst, du wirst immer auswählen und priorisieren, was du von dir zeigst.

Was ist Überinszenierung?

Überinszenierung aber beschreibt für mich einen Kipppunkt.

Es wird nicht mehr nur etwas ausgewählt und präsentiert, sondern es wird übertrieben, verzerrt, beschönigt – oft bis zu einem Punkt, an dem die Darstellung kaum noch etwas mit der Realität zu tun hat.

Und das ist für mich das Relevante, das ich mir gerne in dieser Folge genauer anschauen möchte. 

Zunächst einmal vielleicht ein Beispiel für Überinszenierung, damit du dir besser was darunter vorstellen kannst.

Da ist zum Beispiel die überinszenierte Produktivität, die wir sehr häufig auf Social Media sehen. Die sogenannte „That Girl“-Morgenroutine. Du kennst das bestimmt auch.

Da filmen junge Frauen ihre (angebliche) Morgenroutine, die meist daraus besteht, Sport zu treiben, aus Journaling, perfekt arrangiertem Frückstück in einem perfekt dekorierten Haus, dem Lesen von einem Persönlichkeitsentwicklungsbuch und aus Hautpflege natürlich. Ganz wichtig.

Und das alles am besten noch vor 7 Uhr morgens.

Das Problem: 

Ob diese Creatorinnen dann wirklich so eine Morgenroutine haben oder ob diese Abfolge einfach nur Content ist, den sie extra für Social Media gefilmt haben, weil Morgenroutinen nun mal sehr gut ankommen auf Social Media – das wissen wir natürlich nicht.

Aber was wir auf jeden Fall sagen können, ist, dass die Ansprüche an ein gelingendes Leben extrem ansteigen, wenn immer mehr solche Videos produziert werden.

Auf den ersten Blick wirkt „That Girl“ wie eine Selfcare-Bewegung. Aber in Wirklichkeit geht es häufig um Leistung:

früher aufstehen, mehr schaffen, besser aussehen, gesünder essen, fitter werden.

Der Trend erzeugt eine Selbstoptimierung, nur eben hübsch verpackt.

Die Botschaft lautet oft: „Wenn du nur diszipliniert genug bist, sieht dein Leben bald genauso aus.“

Was dabei aber chronisch unterrepräsentiert ist, sind strukturelle Faktoren wie Einkommen, Zeit, mentale Gesundheit, Care-Arbeit, die ganz viele Frauen morgens zu leisten haben, und so weiter.

Das heißt, der Trend ignoriert Privilegien und Strukturen und reduziert alles auf pure Willenskraft. Und das ist ein extrem unrealistisches und stark vereinfachtes Weltbild und für die meisten Menschen nicht erreichbare Schönheits- oder Körperideale.

Und was dann passiert, ist, dass viele Menschen sich mit diesen perfekten Routinen und Körpern vergleichen und sich danach schlechter fühlen: 

Sie fühlen sich nicht organisiert genug, nicht dünn genug, nicht produktiv genug, egal, wie viel sie tun.

Und das kann dann sehr schnell zu Frustration und Selbstzweifeln führen.

Genau, diese Produktivitäts- und Morgenroutinen auf Social Media sind für mich ein gutes Beispiel, was an Überinszenierung ethisch so problematisch ist.

Überinszenierung verzerrt Erwartungen. Auf allen Seiten eigentlich.

Die Inhalte sind so stark idealisiert und bearbeitet und vielleicht sogar manipuliert, dass ein Bild von der Realität entsteht, das so gar nicht existiert. Und das ist ein Problem, weil Menschen dann durch diese Darstellung in ihrem Urteil, Verhalten und Selbstbild beeinflusst werden und sehr häufig darunter massiv leiden.

Wer ethisches Marketing ernst nimmt, sollte deshalb immer reflektieren:

Was zeige ich hier eigentlich? Wo wähle ich ganz legitim aus und wo beginne ich vielleicht, Realität zu verzerren?

Es geht nicht darum, keine Inhalte zu gestalten oder zu inszenieren, wie gesagt, wir machen das alle ein Stück weit.

Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen und die Folgen, die die Inszenierung auf Menschen haben könnte, immer auch mitzudenken.

Es gibt übrigens noch andere Formen der Überinszenierung auf Social Media, die ich vielleicht kurz ansprechen könnte, zum Beispiel:

  • Reisecontent, also wenn einsame Orte zum Beispiel auf Instagram geteilt werden und man so tut, als hätte man so einen Geheimspot gefunden, aber auf dem Foto eben nicht sieht, dass sich gerade 100 weitere Menschen ebenfalls für ein Foto anstellen

  • oder Umsatzversprechen, wenn gesagt wird „Du kannst mit meinem Programm 100 Tausend Euro pro Monat verdienen“, aber dann verschwiegen wird, dass man dafür dann eben ein Team braucht und Ads schalten muss und all der Rattenschwanz, der dran hängt

  • oder sogenanntes Vulnerability Porn, also wenn man in Videos weint und traurig ist, aber dann natürlich perfekt ausgeleuchtet und geschminkt und in einem perfekten Winkel zur Kamera.

Und dann schließt sich hier natürlich die Frage an: Warum? 

Warum kommt es zu dieser Überinszenierung? Warum verzerren Creator*innen bewusst die Realität? Warum bereiten sie Emotionen bewusst ästhetisch auf?

Ich glaube, die Antwort liegt an mehreren Faktoren, die sich gegenseitig verstärken:

Zunächst einmal belohnen Algorithmen natürlich Inhalte, die auffallen – vor allem emotional.

Das heißt: Videos mit dramatischen Geschichten, perfekt inszenierten Emotionen oder ästhetischen Bildern bekommen einfach mehr Reichweite als Videos, die das nicht tun.

Für Creator*innen entsteht so ein ganz klarer Anreiz: Wer auffallen will, muss manchmal die Realität zuspitzen oder verschönern.

Und dazu kommt, dass die Creator*innen selbst natürlich unter einem enormen Druck stehen.

Da ist zum einen der Vergleichsdruck.

Den haben ja nicht nur die Menschen, die ihre Inhalte konsumieren, sondern auch die Creator*innen selbst. 

Wenn der Feed von Kolleg*innen nur perfekte Morgenroutinen, Traumwohnungen oder außergewöhnliche Erfolge zeigt, entsteht natürlich auch bei ihnen das Gefühl, da mithalten zu müssen und Inhalte nicht mehr nur authentisch zu teilen, sondern da eben auch nachzuhelfen, aus Angst, sonst unterzugehen.

Und natürlich spüren auch diese Creator*innen dann einen enormen finanziellen Druck. Für viele ist Social Media ihr Job. Vielleicht sogar ihr Hauptjob.

Und mehr Reichweite ist dann eben auch oft gleichbedeutend mit besseren Ausgangsbedingungen für Kooperationen und damit mit mehr Kohle.

Überinszenierung ist deshalb kein Zufall und es entsteht auch nicht unbedingt aus Bösartigkeit, sondern zeigt für mich einfach nur, wie schwierig es soziale Medien Creator*innen machen, authentisch zu bleiben und ethisch zu bleiben, ohne dabei Sichtbarkeit, Reichweite oder wirtschaftlichen Erfolg zu riskieren.

Es ist also eine Struktureigenschaft der Plattformen selbst, die den Creator*innen kaum Spielraum lässt, ohne Überinszenierung zu arbeiten.

Shownotes

Don’t be evil

Social Media & ethisches Marketing – Folge 1

Social Media & ethisches Marketing – Folge 2

Social Media & ethisches Marketing – Folge 3

Website

Onlinekurse

Bücher

Newsletter

Weiterlesen

Themenwünsche?

Wenn dir ein wichtiges Thema im Podcast fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freu ich mich auf deine Nachricht.

E-Mail schreiben