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Worum geht’s?
In diesem Podcast nehme ich soziale Medien kritisch unter die Lupe und spreche darüber, wie Selbstständige online sichtbar werden können, ohne ständig ihr Frühstück auf Insta zu posten.
Es geht um „immergrüne“ Marketingstrategien und darum, wie Selbstständige entspannt und nachhaltig ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.
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Digitale Balance statt digitaler Stress: Interview mit Aikaterini Pegka
In dieser Podcastfolge habe ich Rini Pegka zu Gast. Rini ist eine liebe Kollegin von mir. Ich hab sie in meinem neuen Buch „No Social Media“ interviewt und wollte sie gerne auch noch mal hier in dieser Folge unbedingt zu Wort kommen lassen. Wir haben zusammen über digitale Balance gesprochen, über Achtsamkeit, Social Media, TikTok, Bücher schreiben und vieles, vieles mehr. Viel Spaß beim Zuhören!
In dieser Podcastfolge habe ich Rini Pegka zu Gast. Rini ist eine liebe Kollegin von mir. Ich hab sie in meinem neuen Buch „No Social Media“ interviewt und wollte sie gerne auch noch mal hier in dieser Folge unbedingt zu Wort kommen lassen.
Wir haben zusammen über digitale Balance gesprochen, über Achtsamkeit, Social Media, TikTok, Bücher schreiben und vieles, vieles mehr.
Das ist die bunteste und, ich glaube, die längste Podcastfolge geworden, die ich bisher gemacht habe, und ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Zuhören.
Folge anhören:
Transkript lesen
Digitale Balance und digitaler Stress
[Alex] Hallo Rini, wenn ich auf deine Website gucke, dann fällt mir auf, haha, du guckst schon sehr nervös, aber genau, dann fällt mir auf, dass da ein Wort besonders häufig genutzt wird und das Wort oder die Phrase ist digitale Balance.
Ja, was bedeutet das für dich genau und warum ist digitale Balance für dich so wichtig?
[Rini] Digitale Balance ist, glaube ich, der Wunschzustand, in dem wir uns befinden möchten, wenn wir mit digitalen Technologien arbeiten und uns auch mit Technologie sehr viel umgeben, was ja heute tagtäglich der Fall ist, ob beruflich oder privat.
Und warum wir in dieses ausgewogene Verhältnis, in diese Harmonie kommen wollen mit unserem digitalen Verhalten, ist, glaube ich, weil viele von uns digitalen Stress erleben und leben.
Und genau darum geht es bei der digitalen Balance, also quasi einen Zustand zu erreichen, wo wir nicht mehr dieses Stresserleben haben durch den Einsatz und die Nutzung der digitalen Technologien, sondern wo wir mehr oder weniger ein Verhalten haben, das uns mehr Ruhe bringt und mehr Gelassenheit bringt und wir nicht mehr so angespannt sind mit oder in den digitalen Technologien und Medien.
[Alex] Du hast jetzt schon von der Anspannung gesprochen. Wie äußert sich denn dieser Stress noch? Welche Formen gibt es da?
[Rini] Ja, also der digitale Stress hat tatsächlich viele Quellen und es gibt auch in Deutschland viele Studien, die dazu gemacht wurden und weiterhin auch gemacht werden. Wenn das jemandem interessiert, der gerade zuhört: Die Hans-Böckler-Stiftung macht da ganz, ganz tolle Studien zu diesem Thema, besonders digitaler Stress am Arbeitsplatz. Also es fängt natürlich auch mit dem einfachen Fakt der Medienkompetenz an.
Also habe ich die Kompetenzen und die Ressourcen, um digitale Medien zu nutzen? Viele, besonders ältere Menschen, haben da einen krassen digitalen Stress, weil sie das eben nicht können. Und weil das Leben zumal digitalisierter wird, haben sie da das Gefühl, nicht teilnehmen zu können an der Gesellschaft, weil sie eben so digitalisiert wird.
Und da kann ein ganz großer Stress entstehen, aber auch am Arbeitsplatz, wenn digitale Technologien uns wirklich überlasten und überbelasten, wenn digitale Technologien omnipräsent sind in allem, was wir tun, sie komplex sind, wir sie nicht verstehen und natürlich auch durch den Fakt, dass digitale Technologien, und wenn wir jetzt besonders uns auf das Smartphone beziehen oder auf Social Media, ja, ständig unterbrechen, ablenken, auch die Überwachung mit und über digitale Technologien, entweder wenn ich Google nutze, wenn ich Instagram nutze, aber auch am Arbeitsplatz.
Die digitale Leistungsüberwachung gibt es da ja auch. Das kann auch viel Stress verursachen. Die Verletzung der Privatsphäre und all die eher negativen Auswirkungen, die eine übermäßige Nutzung zum Beispiel von Social Media auch mit sich bringen. All das, also nicht wenig, kann digitalen Stress verursachen.
Für manche mehr, für andere weniger. Und genau dann deswegen braucht es diese digitale Balance oder eben auch diese digitale Achtsamkeit, wie ich sie auch oft nenne.
[Alex] Hm. Was ich ja auch so krass finde, im Grunde, du hast es schon so ein bisschen angesprochen, gilt es ja auch für fast jedes Berufsbild. Also wir sind jetzt selbstständig, aber wenn wir uns jetzt Angestellte vorstellen, die vielleicht bei jeder E-Mail in den CC gesetzt werden. Also es gibt im Grunde kaum einen Beruf, der nicht mehr davon betroffen ist, oder?
Medienkompetenz im Arbeitsleben
[Rini] Und auch handwerkliche Berufe zum Beispiel, auch wenn jemand sehr, sehr viele Jahre im Handwerk unterwegs ist, einen Betrieb hat, Mitarbeitende hat, ein gewisses Alter hat, braucht diese Person auch in ihrem täglichen Arbeiten und Chef sein oder Chefin sein, sage ich mal, eine gewisse Medienkompetenz, wenn es um das ganze Administrative geht.
Vom Marketing will ich gar nicht erst anfangen, wenn man Online-Marketing betreiben möchte, aber auch das Administrative mit Versicherungen, mit Steuern, mit verschiedenen anderen Kammern und so weiter.
Das Ganze braucht dann eine E-Mail-Adresse, braucht eine Einfachheit, mit der man dann vielleicht verstehen kann, wie eine App funktioniert.
Online-Banking – man denkt Online-Banking ist natürlich sehr, sehr einfach und man denkt, wir denken heutzutage, dass wir Bankgeschäfte nur online machen können, natürlich gibt es auch den klassischen Weg, ich gehe zur Bank und mache die Überweisung mit dem Papier, sehe ich immer noch oft genug, wenn ich meine Bank besuche, ältere Herrschaften, die halt wirklich nicht wissen, wie sie es anders machen sollen, meine Mutter zum Beispiel in Griechenland, die kann auch nichts mit ihrer Karte anfangen, die geht auch zur Filiale.
TikTok und Dopamin
[Alex] Nun sind wir jetzt hier in so einem Social-Media-freien Podcast, deswegen würde ich gerne jetzt mal über Social Media sprechen und insbesondere vielleicht über TikTok, weil ich weiß, du hast da eine sehr besondere Meinung dazu. Was passiert denn so im Kopf, wenn ich TikTok nutze? Was geht da ab?
[Rini] Ja, es ist natürlich nicht nur TikTok, es sind auch andere soziale Medien …
[Alex] aber TikTok ist schon am krassesten. Also die haben das, glaube ich, perfektioniert.
[Rini] Ich hatte ja TikTok mal tatsächlich, ich hatte ein Profil, ich hatte es installiert auf meinem Handy und ich habe ein Experiment gemacht. Ich mache ja gerne Experimente mit Social-Media-Sachen. Ich hatte es 30 Tage lang ausprobiert und ich bin süchtig geworden, ohne es zu wollen. Also ich habe mich selber beobachtet, ich habe meine Notizen gemacht für das Experiment.
Ich hatte damals – und das ist glaube ich schon drei Jahre her und der Algorithmus hat sich krass weiterentwickelt in der Zwischenzeit – ich hatte damals aufgeschrieben: „Ich bin noch nie in meinem Leben so einem Algorithmus begegnet auf Social Media, der wirklich auf den Leib die Inhalte schneidet, dass man wirklich immer wieder zurückkommen möchte.“
Was TikTok macht, wie gesagt, ich bin lange nicht mehr auf der Plattform, aber das Grundprinzip von TikTok ist, dass du Content hast, die über den ganzen Bildschirm verteilt ist.
Also es gibt kein Entweichen, du siehst diesen Content über den ganzen Bildschirm.
Es ist eine Reizüberflutung meistens, wenn du TikTok aufmachst. Sei es von Bewegung – und das menschliche Gehirn reagiert auf Bewegung sofort. Das wissen die natürlich, die Psychologen, die hinter diesen Apps sind, und deswegen war auch Musical.ly so, also der Vorgänger von TikTok, so erfolgreich und deswegen ist es TikTok auch immer noch, weil viel Bewegung drin ist.
Es sind ja nur Videos, die über diesen ganzen Bildschirm gehen. Es ist Musik drinnen, krasse Schriften, krasse Farben und das Schlimme an TikTok ist diese Abwechslung, dieses ganz, ganz kurzen Contents, dass unser Gehirn daran gewöhnt, sehr, sehr schnell zu einem sehr schönen Gefühl zu kommen.
Stichwort Dopamin. Dopamin wird sehr, sehr schnell ausgeschüttet. Ich unterhalte mich auf TikTok, und dieses Gefühl der Unterhaltung, dieses wohlige Gefühl, dass es mir gut geht, dass ich lache, kommt sehr, sehr schnell, eins nach dem anderen.
Und ich kann nicht mehr aufhören, weil ich natürlich immer mehr davon möchte. Ich möchte mich ja gut fühlen. Und sobald ich dann die App zumache und versuche, außerhalb dieser App das gleiche Gefühl zu bekommen, kommt es natürlich nicht so schnell wie in der App.
Also wenn ich mir einen Film anschauen möchte, Herr der Ringe, drei Stunden, oder auch andere Filme, Oppenheimer, glaube ich, geht auch dreieinhalb Stunden oder noch länger. Das alles braucht natürlich Zeit. Und nicht nur, um ein Buch zu lesen oder einen Film anzuschauen oder selbst kreativ zu werden und sich sehr tief und sehr lang mit etwas zu beschäftigen, das alles braucht Zeit und Geduld, aber auch in der Interaktion, im sozialen Miteinander, bekomme ich nicht von meinem Gegenüber so schnell die Bestätigung, wie ich sie über TikTok bekomme.
Und was passiert im Gehirn, ist, ist, dass wir uns sehr, sehr schnell an diese sehr, sehr schnelle Belohnung gewöhnen, was nicht normal ist für das Menschlichsein im physischen Raum.
Und für mich ist der tägliche TikTok-Konsum im Vergleich zu allen anderen Apps das Schlimmste, was man machen kann in einer Social-Media-Nutzung. Das habe ich auch so im Buch geschrieben.
Du hattest mir gesagt, ich soll es ein bisschen netter schreiben. Aber es ist meine Meinung, es ist tatsächlich so, es gibt nichts Schlimmeres, was man sich antun kann in der Social-Media-Welt. Und das ist der eine Fakt, also das Ganze, das passiert mit meiner Biologie und mit meiner Psychologie, mit meiner Soziologie letzten Endes.
TikTok und Datenschutz
Aber das andere ist auch, TikTok ist wirklich sehr, sehr, sehr, sehr undurchsichtig, was die Daten angeht.
Sie beziehen sich auf Daten, sie können auf Daten im Smartphone zugreifen, so wie es andere Übeltäter, Meta, Instagram, Facebook nicht können.
Sie machen auch sehr viel, aber so wie TikTok machen sie es nicht.
Wir wissen tatsächlich nicht, was mit diesen Daten passiert. Es ist eine chinesische App und man munkelt, dass es quasi eine App ist, durch die China sich weltweit noch mehr eine Machtposition erkämpfen möchte, in diesem weltweiten Kampf angeblich, den es da draußen gibt unter den Technologiekonzernen und unter den Ländern, die Technologien vorantreiben.
Deswegen ist es auch kein Wunder, dass sehr, sehr viele Staaten die App komplett verboten haben. Indien, ich glaube, auch viele europäische Staaten haben die App verboten, was bestimmte Beamten angeht, die bestimmte Positionen haben. Sie dürfen nicht die App auf Ihrem Smartphone installiert haben und auch nicht auf ihrem privaten Smartphone tatsächlich.
Und in den USA murkelt man ja darüber zurzeit, wir hören es ja alle auch in den Nachrichten, dass vielleicht auch ein komplettes Verbot ansteht, was die App angeht. Und ich glaube nicht, dass die Amerikaner übertreiben.
[Alex] Das ist jetzt so ein bisschen allgemein gewesen über Social Media, kannst du vielleicht nochmal ein bisschen uns hinter die Kulissen mitnehmen, wie du das so empfindest? Weil du bist ja schon seit, weiß ich gar nicht, zwölf, vierzehn, fünfzehn Jahren selbstständig – schon lange auf jeden Fall – und hast da bestimmt eine ganze Reise hinter dir mit sozialen Medien. Also wie hast du das immer empfunden, die Nutzung?
Rinis Erfahrungen mit Social Media
[Rini] Ich glaube, wir müssen ein bisschen in der Zeit zurückgehen, also die erste Welle des Internets, als wir so wahrgenommen haben: Wow, es gibt das Internet, ich kann das Internet nutzen!
Das war ja ein Traum, was man alles machen konnte, vor sozialen Netzwerken, damals hießen sie ja noch Netzwerke. Die Möglichkeiten, die wir hatten im Studium, in der Recherche, Reiseplanung, was auch immer, Kommunikation natürlich.
Ich konnte jetzt mit jemandem kommunizieren, der in Australien ist und mit dem ich vielleicht zehn Jahre nicht telefoniert hatte und so weiter.
Und die zweite Welle waren die sozialen Netzwerke, die so in 2011, 2012 richtig, richtig stark angekommen sind, auch als Apps auf den Smartphones.
Und als die sozialen Netzwerke dann angefangen haben, habe ich sehr, sehr früh erkannt, was sie alles Gutes tun können zu diesem Zeitpunkt. Ich war im Marketing unterwegs und ich habe schnell erkannt, dass soziale Netzwerke wie Facebook und dann später auch Instagram durch diese Direktheit und diese Transparenz fabelhafte Tools wären fürs Marketing.
Und deswegen habe ich mich da stark gemacht und auch darauf spezialisiert und habe Social-Media-Marketing angeboten in meiner Selbstständigkeit.
Und am Anfang war es wirklich super.
Also diese Kommunikation, die da war, es gab nicht den ausgefeilten Algorithmus, der wirklich die Inhalte so maßgeschneidert hat und der wirklich auch diese ganzen Filterblasen geformt hat, wie sie wir heute kennen.
Das gab es damals so in dieser Form nicht. Und je mehr die Zeit verging und je mehr ich online war und je tiefer ich da reinkam ins Social-Media-Marketing und in die Netzwerke, die dann zu sozialen Medien umbenannt wurden, wie sie ja auch heute bekannt sind, habe ich gesehen, also irgendwie habe ich das Gefühl gehabt, ich beschreibe es auch im Buch, dass es irgendwie zu viel wird.
Also ich kann es dir auch nicht mit anderen Worten, die irgendwie greifbar sind, beschreiben. Ich hatte das Gefühl: Wo geht das alles hin, wenn all diese Menschen, all diese Marken frei kommunizieren, es unreguliert bleibt, all dieser Lärm, all diese Reize, was passiert in unserem Kopf mit diesem Ganzen, mit dieser ganzen, wenn wir uns dem ausgesetzt sind, jeden Tag 24-7, wie ich es war, dürfen Kinder es überhaupt nutzen?
Also ich habe all diese Gedanken, es kam mir vor wie der Turm von Babel tatsächlich, wo sehr, sehr viele Menschen miteinander sprechen wollen, kommunizieren wollen, aber es kommt am Ende nichts raus.
Und dann habe ich mich schnell, für mich selbst habe ich entschlossen, mich zu distanzieren und eine digitale Balance in mein Leben zu bringen, indem ich da einen achtsamen Umgang für mich entschlossen habe.
Und dann – also am Anfang habe ich es für mein Wohlempfinden entschlossen und habe da einen Weg über die Achtsamkeit gefunden, eine Balance erstmal in meinem Arbeitsleben zu haben, um nicht mehr 24-7 online und erreichbar zu sein – habe ich aber schnell festgestellt:
Okay, ich bin nicht die Einzige, der es damit nicht gut geht. Ich bin nicht die Einzige mit diesen Gedanken, dass: „Moment mal, hier läuft etwas schief. Wir haben es irgendwie komplett unkontrolliert gelassen. Wir wissen nicht, was gerade hier passiert mit den ganzen Menschen, mit den ganzen Gehirnen, mit diesem ganzen Verhalten, mit den Konzernen dahinter, mit den Daten und so weiter.“
Und dann habe ich mich für die digitale Achtsamkeit stark gemacht und gesagt: „Okay, so kann es wirklich nicht weitergehen!“
Weil es kamen auch die ersten Studien, die gezeigt haben, was passieren kann. Diese Studien häufen sich seitdem umso mehr.
Und heutzutage, heute, es gibt auch ein ganz tolles neues Buch darüber von Jonathan Haidt, The Anxious Generation, das ist ein bekannter Psychologe, der sich mit dem Thema der Social Media und der digitalen Nutzung auseinandersetzt, also die Auswirkungen auf unsere Gesundheit und auf unser Sozialleben.
Heute kann man, also es gibt auch erste Studien, die eine Kausalität beweisen könnten, aber es gibt haufenweise Studien, die eine Korrelation zeigen und das weltweit.
Und besonders bei jungen Mädchen, bei Jugendlichen, wie ein Trend auf einmal da ist ab 2012, wo die Depressionsrate stark nach oben geht, wo die Anxiety-Rate stark nach oben geht, weltweit, nicht nur in den USA. Das ist sehr, sehr wichtig zu betonen. Und auch andere Dinge, die bis hin zum Suizid gehen.
Also das sind ganz, ganz ernste Fakten. Das ist schwarz auf weiß. Das passiert weltweit.
Und was ich auch gerne sage, wir alle, ich glaube, jeder, der gerade zuhört, jede, die gerade zuhört, hat es vielleicht schon gespürt, dass irgendetwas da nicht in Ordnung ist. Dass man sich meistens – meistens, nicht immer –, nach der Social-Media-Nutzung schlechter fühlt als vorher. Oder im direkten Umfeld hat man von jemandem gehört, der wirklich Probleme damit hat, mit dieser übermäßigen Nutzung. Wir brauchen oft tatsächlich nicht diese harten Fakten. Wir leben in Deutschland, wir lieben Studien, wir lieben Zahlen. Es gibt sie und wir sollten sie ernst nehmen.
Ich bin ein bisschen weggekommen von deiner Frage. Entschuldige, aber ich kann mich da nicht beherrschen.
[Alex] Das ist ja auch wichtig. Und ich glaube, dass auch gerade diese Fakten und die Studienlage ja auch sehr viel dann mit einem selbst macht, wenn man das dann liest und weiß und vielleicht sich dann auch bestätigt fühlt in dem, was man eh schon an sich wahrnimmt.
Und ich glaube, also ich kann das auch nur bestätigen, dass einige eben auch solche diffusen Gefühle haben, die sie vielleicht gar nicht so richtig benennen können oder kategorisieren können. Aber man fühlt, dass irgendwas nicht so ganz passt.
Und das, finde ich, sollte man halt ernst nehmen, weil wenn man das eben zu lange ignoriert, dann rächt sich das irgendwann. Und die Studien, die zeigen das ja einfach so schön.
Regulierung von Technologieunternehmen
[Rini] Ja, ich glaube, wir befinden uns gerade in einer Zeit, wo wirklich auch die Regierungen und Menschen, die Entscheidungen treffen, was jetzt die Regulatorien hinter diesen Plattformen und Konzernen angeht, etwas machen. Angefangen in den USA, aber nicht nur.
Wie damals in den 50er oder 60er Jahren, ich weiß nicht, wann es passiert ist, was die Tabakindustrie angeht. Früher war es ja selbstverständlich, dass jemand geraucht hat.
Niemand hat sich Gedanken darüber gemacht, wie schlecht das Rauchen sein könnte für den Körper.
Und als die ersten Studien dann da waren, musste sich die Tabakindustrie ändern und wurde reguliert, stark reguliert. Und ist natürlich heute die stärkste, regulierte Industrie überhaupt, was auch sehr gut ist natürlich. Ich glaube, wir sind gerade am Anfang, bevor das passiert.
Auch die Nutzung von sozialen Medien, was auch eine Sucht sein kann, ist noch nicht offiziell als eine deklariert, aber könnte sehr, sehr schnell zu einer deklariert werden in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten, dass wir kurz davor sind, genauso ein Phänomen zu erleben.
Und genauso wie beim Rauchen ist es auch mit dem Konsum von Social Media. Niemand möchte uncool sein. Niemand möchte sagen, Social Media sind doof, mache ich nicht oder ich bin süchtig nach Social Media oder ich bin süchtig nach meinem Smartphone, weil jeder meint, es ist selbstverständlich, acht Stunden am Tag auf TikTok zu sein oder acht Stunden am Tag eine Bildschirmzeit zu haben auf dem Smartphone. „Ich möchte hier nicht zurückbleiben. Ich möchte hier nichts verpassen. Ich muss hier dranbleiben.“
Und mit diesen Dingen arbeiten ja auch die Firmen dahinter, mit diesem Zugehörigkeitsgefühl, mit diesem Nichts-verpassen-Wollen. Das Ganze spielt letzten Endes aufs Nervensystem hinaus. Ich möchte mich sehen, ich möchte mich geborgen fühlen, ich möchte nicht im Stress sein. „Oh, da gehe ich doch lieber und schaue, was passiert ist, anstatt dass ich hier rumrätsel und rate.“ Das Nervensystem möchte das, es möchte sicher gehen. „Schau doch lieber mal nach, dann sind wir sicher, dann sind wir beruhigt.“ Und mit diesen ganzen Sachen arbeiten die Apps dahinter leider.
Kann Achtsamkeit helfen?
[Alex] Ich würde das gerne noch mal unterstreichen wollen, weil: Es ist ja nicht so, als hätte es solche Umwälzungen noch nie gegeben, also wenn wir uns den Buchdruck angucken oder die Industrialisierung angucken. Das gab es alles schon. Und ich bin jetzt natürlich keine Historikerin, bin mir aber sehr sicher, dass Menschen damals auch überfordert waren. Aber ich glaube eben, was es das erste Mal jetzt in der heutigen Zeit gibt, ist, dass es eben diese Attention Engineers gibt – Menschen, deren Job es ist, Apps süchtig machend zu designen.
Und das finde ich so krass, also dass wir dann auch alle FOMO haben und schwer davon loskommen können. Das liegt nicht an uns, sondern das ist so designt.
Und ich glaube, das ist ganz wichtig zu verstehen, was da eigentlich für Systeme, für Strukturen dahinter stecken. Aber bevor sich das alles ändert und vielleicht reguliert wird, gibt es ja vielleicht eine Lösung oder eine Zwischenlösung. Ich weiß es nicht. Vielleicht kannst du das nochmal erläutern, wie du das für dich verstehst. Weil für dich ist ja Achtsamkeit ein Schlüssel für digitale Balance oder eine mögliche Lösung für digitale Balance. Wie funktioniert das genau für dich mit der Achtsamkeit?
[Rini] Ja, mit oder bei der Achtsamkeit ist es tatsächlich so, also für mich fängt alles mit der bewussten Reflexion an.
Also Achtsamkeit hilft mir, mir diese Zeit zu nehmen, mich auf mich zu konzentrieren und zu reflektieren und wahrzunehmen, was gerade in mir los ist.
Und dazu braucht es halt eben Stille oder eben kein Smartphone oder eben Zeit für mich in einem Raum, wo ich mich sicher fühle.
Und diese Wahrnehmung, diese Reflexion befragen: Wie geht es mir mit Social Media zum Beispiel? Wie geht es meinem Körper damit, wenn ich es nutze? Wie fühle ich mich danach? Was passiert da in mir? Wie geht es in meinem Kopf vor? Welche Gedanken kommen mir? Welche Gedanken habe ich? Wie rede ich mit mir? Wie wirkt sich Social Media, zum Beispiel auch, wenn wir selbstständig sind und Marketing machen, wie wirkt sich Social Media auf mein Business aus? Gut, schlecht, ganz neutral, also gar nicht. Wie wirkt es sich auf mein Leben aus, die Zeit, die ich meine, darin verbringen zu müssen? Wie geht es mir damit? Erstmal diese Wahrnehmung, diese Reflexion, diese ehrliche Reflexion machen. Und da hilft halt eben Achtsamkeit: wirklich wahrzunehmen, was passiert.
Und wenn ich diese Reflexion mache, mir Sachen aufschreibe am besten, weil durch dieses Aufschreiben gewinne ich Abstand und sehe auf einmal Sachen vor mir und nehme auch Sachen viel, viel besser wahr, bekomme ich Klarheit, wenn ich das vor mir sehe.
Und Achtsamkeit hilft, Dinge, die ich wahrnehme, nicht sofort zu werten, sondern sie anzunehmen und zu sagen: Okay, es geht mir nicht gut damit, ich fühle Neid. Okay, wie fühlt sich der Neid für mich an?
Im Coaching sage ich dann auch gerne: Wo spürst du den Neid in deinem Körper?
Und da kommen immer verschiedene Antworten, das ist immer sehr, sehr spannend. Oder ich spüre Wut, ich spüre Ärger. Also was passiert da? Und es zu akzeptieren, wertefrei zu akzeptieren.
Und nachdem ich das alles gemacht habe und da durch bin, dann kann ich sagen: Okay, wo geht es mir nicht gut damit und wie kann ich es besser machen, was kann ich ändern? Also ich trete dann in Aktion und sage, okay, was möchte ich jetzt ändern?
In der Zeit, die ich verbringe, auf den Plattformen, die ich nutze, also wie möchte ich, dass es mir geht und dann kann ich auch entscheiden, was kann ich mehr von dem machen, das mich näher an ein Leben, an einen Lebensstil bringt, den ich möchte, der zu mir passt und der auch zu meinen Werten passt letzten Endes, der wirklich etwas ist, was ich haben möchte?
Und wie kann ich weg von dem gehen, was ich eben nicht mehr haben möchte?
Ich glaube, Achtsamkeit hilft in dieser Klärung, aber auch in dieser Annahme der Situation, die gerade ist, weil das machen oft viele nicht, im Sinne von, was ich vorhin gesagt habe, ich darf nicht, ich muss, was Technologie angeht, immer mit dabei sein, immer vorne mit dabei sein. So im Sinne von, wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Nein, ich reflektiere darüber, ich denke darüber nach. Brauche ich ChatGPT? Warum nutze ich ChatGPT? So eine andere Technologie, auf die sich viele auch draufgestürzt haben, wie damals auf Social Media, ohne zu reflektieren. Brauche ich Instagram? Kommen Kunden über Instagram?
Was sind die Kanäle, durch die Kunden zu mir finden? Ist es meine Website? Sind es Empfehlungen? Sind es Events? Ist es ganz was anderes? Ist es mein Newsletter?
[Alex] Ich selbst bin so ein bisschen zur Achtsamkeitsskeptikerin ja mutiert in letzter Zeit, weil ich da so die Gefahr sehe, dass wir alle zu unpolitischen Menschen werden, so ein bisschen überspitzt formuliert.
Aber mich interessiert tatsächlich, wie du das siehst. Also siehst du die Gefahr da auch? Oder wie können wir das vermeiden, dass wir so werden, wenn du das so siehst? Oder stimmt das gar nicht?
[Rini] Also wenn wir jetzt annehmen würden: Wenn jemand achtsam ist, ist der auch unpolitisch, müsste man ja dann davon ausgehen, dass jeder, der unachtsam ist, politisch ist.
Und ich kenne sehr, sehr viele Menschen, die unachtsam und unpolitisch sind. Also ich glaube nicht, dass es so leicht ist, das zu sagen, aber ich verstehe, wie du es meinst und wie auch andere Skeptiker es meinen, weil oft, besonders über Social Media, wird hier dieses Bild vermittelt, ich meditiere, ich mache eine Kakao-Zeremonie, ich mache Yoga, ich mache Waldbaden, komme bei mir an und alles, was um mich geschieht, ist mir egal. Mich interessiert nicht, ob irgendwo Kriege sind, ob Menschen irgendwo leiden, was mit der Umwelt passiert. Also ich konzentriere mich nur auf mich, auf mein Ego, dass es mir gut geht und alle anderen, in Anführungszeichen, können mich mal. So funktioniert Achtsamkeit aber nicht.
Weil achtsam zu sein heißt, dass ich wahrnehme, was in mir passiert, was mir gut tut natürlich.
Und indem ich aber achtsam mit mir bin und indem es mir gut geht, ist es automatisch so, dass ich achtsam auch mit meinem Umfeld bin.
Also wer Achtsamkeit praktiziert, kann nicht nur mit sich achtsam sein. Das geht einfach nicht. Es ist keine Grenze, die irgendwo aufhört, wo ich sage, das interessiert mich nicht, was zum Beispiel jetzt im Nahostkonflikt passiert. Das geht einfach nicht.
Wenn ich achtsam mit mir selber bin, bin ich achtsam mit meiner Umwelt, bin ich achtsam mit den Menschen um mich und mit den Tieren um mich.
Ich bin achtsam mit allem, was mich umgibt. Nur so kann Achtsamkeit wirklich Achtsamkeit sein. Nur so kann ich Achtsamkeit üben.
Und wenn ich sage: Okay, mir tun die News nicht gut, mir tun die Neuigkeiten nicht gut, ich schalte die Benachrichtigungen ab oder ich habe keine Apps mehr auf meinem Smartphone, das heißt nicht, dass ich nicht achtsam genug bin und in dieser bewussten, in dieser achtsamen, ausbalancierten, wie man es auch immer nennen kann, Mediennutzung rufe ich aktiv immer noch Neuigkeiten auf, aber ich entscheide, was ich aufrufe, ich entscheide, wo ich mir diese Neuigkeiten hole, weil wenn ich unachtsam bin und sie mir über Social Media hole, kann es schnell sein, dass ich in irgendwelchen Filterblasen unterwegs bin und nur meine eigene Meinung immer wieder sehe in dieser Filterblase.
Wenn ich aber achtsam bin mit meiner Mediennutzung und sage, okay, ich hole mir hier die News und ich hole mir hier die News und dann rufe ich noch diese Website auf und dann kaufe ich mir noch diese Zeitung, so erlebe ich es, habe ich mehr Perspektiven, die ich höre und die ich lese.
Und ich glaube, in einer Demokratie geht es auch darum, dass ich wirklich nicht nur für mich bin. Ich habe zwar meine eigene Meinung zu einem Thema, aber ich weiß, was um mich passiert und was andere denken. Nur so kann ich einen offenen Dialog führen.
Und das kultiviert man eben mit Achtsamkeit.
Klarheit in der Informationsnutzung
[Alex] Also es geht im Grunde auch um Klarheit. Wie will ich informiert bleiben?
Also dass ich das mir einmal bewusst mache und dass ich mich dem nicht ausliefere und denke, naja, ich folge jetzt halt auf Instagram der Tagesschau und anderen Nachrichtenportalen und kriege da eben alle zehn Sekunden was Neues rein, sondern ich gucke erst mal, was konsumiere ich da oder was will ich konsumieren, was brauche ich, um informiert zu bleiben, und so weiter. Also damit kann ich quasi die Achtsamkeit mit so einer Informiertheit verbinden.
[Rini] Ja, und natürlich gibt es Menschen, die sich nicht informieren möchten, die unpolitisch bleiben möchten, weil es ihr Entschluss ist. Und da kann man ja auch nichts dagegen sagen, weil es kann jemand sein, der wirklich zu diesem Zeitpunkt für einen gewissen Zeitraum sich wirklich zurückziehen muss von allem und von allen aus gewissen Gründen, meistens gesundheitlichen Gründen. Und dann kann ich es auch voll verstehen.
Aber ich glaube, es geht nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt, dass man sich komplett von allem zurückzieht. Dass man sich diese Pause nimmt und sagt, okay, ich schotte mich jetzt tatsächlich ab, ich gehe für eine Woche in eine Hütte in den Wald und erhole mich.
Aber wer das 365 Tage im Jahr macht, der ist nicht nur unachtsam, für den gibt es ein anderes schönes Wort, das fängt mit einem großen A an und endet mit einem H. Das sage ich jetzt nicht hier. Das ist ein anderes Benehmen, das ist ganz was anderes. Also ich glaube nicht, dass man es mit Achtsamkeit und unpolitisch sein, ich glaube, das geht irgendwie zu weit.
[Alex] Aber ich finde es spannend, dass für dich so Achtsamkeit auch das Politische mitdenkt. Also ich muss sagen, ich finde Frieden mit dieser Interpretation, weil das natürlich, also ich sehe das genauso, wenn ich anfange und bestimmte Werte mir gegenüber vertrete, kann ich da ja nicht aufhören, nur, weil ich mit anderen Menschen dann in Beziehung trete oder wenn ich mir die Gesellschaft oder die Erde angucke, wenn es mir wichtig ist, dass ich im Frieden mit mir bin, dann ist mir auch wichtig, dass andere im Frieden mit sich sind und mit anderen Menschen und dann tue ich vielleicht auch was dafür.
Warum hast du dein Netflix-Abo gekündigt?
Also damit gehe ich auf jeden Fall d'accord. Ich habe bei dir was gelesen auf der Website, das hat mich ja fast schon geschockt.
[Rini] Oh mein Gott.
[Alex] Und zwar, dass du dein Netflix-Abo gekündigt hast und jetzt noch nicht mal mehr Stranger Things gucken kannst.
[Rini] Nein, zum siebten Mal dann wahrscheinlich nicht mehr.
[Alex] Oh mein Gott. Hat das auch was mit Achtsamkeit zu tun oder wie kommt das?
[Rini] Das hat mit Kreativität zu tun gehabt. Also ich hatte Netflix, Apple Plus TV, Spotify, Amazon Prime. Ich hatte alles.
Es gibt doch so viele – Disney Plus und sowas – das hatte ich nicht. Also ich hatte diese vier, wenn ich mich recht daran erinnere, ja.
Ja, und ich glaube, es war auf Spotify. Ich war auf Spotify, ich ging jeden Tag auf Spotify und habe meine Podcast-Benachrichtigungen angeschaut, welcher Podcast ist neu und habe ihn mir dann abgespeichert. Und irgendwann hatte ich so eine ellenlange Liste an Podcast-Folgen, die ich angeblich mir anhören wollte und natürlich nicht die Zeit immer dafür finde.
Und irgendwann, ich war in der App und irgendwann hatte ich wieder so ein Gefühl, das ist doch krass wie Social Media.
Ich bin hier auf dieser Plattform, okay, um Musik zu hören oder Podcasts mir anzuhören, wie dein fabelhaften Podcast. Und ein Algorithmus schlägt mir jetzt Musik vor auf einmal, wie auf Social Media eben die Inhalte. Und das hört irgendwie nie auf.
Und jetzt ist auch noch Bewegtbild da und hier und da und jenes. Und dann habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Und dann habe ich gedacht, nee, ich will das nicht mehr. Ich will, dass mir ein Algorithmus mehr Inhalte vorstellt, was ich mir anhören soll. Und dann habe ich halt weiter gedacht, okay, das Gleiche ist bei Netflix.
Und das Gleiche ist bei Amazon Prime natürlich und das Gleiche ist auf Apple TV.
Und ich so, nee, ich höre jetzt damit auf, ich mache mal ein Experiment, ich kündige all meine Abos und schaue, was passiert, wie es mir damit geht.
Dann habe ich natürlich wieder Beobachtungen gemacht, alles schön aufgeschrieben in meinem Experiment, wie es mir damit geht. Und es ging mir gut, ich habe es nicht vermisst, ich hatte kein FOMO, kein Fear of Missing Out.
Musik ist mir nach wie vor sehr wichtig. Und ich habe mir meine alten iTunes-Einkäufe angeschaut. Und ich hatte hunderte von Titeln dort seit mehr als 15 Jahren, als ich noch ein, wie hießen die, ein iPod-Shuffle oder wie das kleine Rechteck hieß, das man sich anknipsen konnte an die Kleidung, so ein kleines Ding, mit dem bin ich immer laufen gegangen. Ich bin nie mit einem Smartphone laufen gegangen.
Und da habe ich mir gedacht, ja, ich habe so viel Musik von damals. Und dann habe ich da reingehört und ich habe so alte Juwelen wiederentdeckt. Ja, genau dieses Album. Und seitdem höre ich nur noch Musik, die ich gekauft habe, die ich für mich selbst ausgesucht habe. Und ich habe mir so ein kleines Budget zurechtgelegt, jeden Monat 30 Euro.
Und mit diesen 30 Euro darf ich mir Musik kaufen. Jeden Monat. Und ich weiß, dass ich durch diese, es ist jetzt nicht die Welt, aber durch diese meine 30 Euro werden die Künstler viel besser unterstützt als über Spotify und, deswegen halte ich noch daran fest, dass ich habe nichts geändert, ich bin immer noch ohne diese ganzen Abos und erfreue mich an der Musik, die mir wirklich gefällt und die ich entdecke.
Durch Podcasts, durch Artikel, durch Künstler, die mir schon gefallen und ich irgendwie dann andere Künstler finde, mit denen sie zusammengearbeitet haben.
Und das hatte dann damit zu tun, weil ich meinen Kopf so frei wie möglich haben möchte. Deswegen hat es mit Kreativität zu tun.
Ich möchte meinen Kopf so offen und so frei von irgendwelchen Algorithmus getriebenen Feeds frei halten, sodass ich meine Kreativität frei entfalten kann, auch wenn es nur darum geht, welche Musik ich höre, weil es ist wichtig, mit was ich mich füttere. An künstlerischen Dingen.
Und weil ich ja selber auch male und schreibe und deswegen ist es wichtig. Ja, und ich bereue es nicht und kann es nur jedem empfehlen.
[Alex] Ich finde es so total wertschätzend einfach den Menschen gegenüber, die dann ihre Musik machen. Ich meine... Wir alle wissen, wie schlecht die Streams da entlohnt werden.
[Rini] Ich habe das echt nochmal recherchiert, Spotify im Vergleich zu iTunes-Einkäufen. Und dann war für mich glasklar, ich höre damit auf. Und die Podcasts höre ich jetzt über die Apple-Podcasts-App auf meinem iPhone. Also funktioniert nach wie vor.
Ich habe alle Podcasts quasi abonniert dann auch im Apple-Abo über Apple-Podcasts. Und dann läuft das.
Und was Filme und Serien angeht. Es gab so viel auf Netflix. Und es gab oft Tage, wo ich nichts zum Ansehen hatte. Und ich dachte mir, das kann doch nicht sein. Bei so einem Programm, so einem großen Programm, dass ich nichts finde. Und deswegen, ich schaue mehr Fernsehen, wenn ich was schauen möchte. Also ich schaue Sachen über die Mediatheken an. Da gibt es sehr, sehr viel Angebot nach wie vor. Und ich habe auch nicht so viel Zeit zum Filme schauen inzwischen. Und ja, bis jetzt funktioniert es ganz gut.
Wie sieht eine achtsame Social-Media-Nutzung aus?
[Alex] Ja, spannend auf jeden Fall. Wir können Achtsamkeit ja auch auf soziale Medien anwenden. Wie sieht für dich so eine achtsame private Social-Media-Nutzung aus?
Oder wie könnte sie aussehen, wenn ich sage, ich möchte da ein bisschen mehr Achtsamkeit reinbringen?
[Rini] Ja, das achtsame Social-Media-Marketing, da haben wir ja im Buch auch sehr viel darüber, da habe ich auch im Buch darüber sehr viel geschrieben. Was jetzt privat angeht, ich glaube, das sind, was die achtsame Nutzung angeht, die gleichen Ansätze im Sinne von, diese Reflexion zu haben, diese Wahrnehmung zu haben:
Wie geht es mir mit meiner Social-Media-Nutzung überhaupt? Also wie geht es mir, nachdem ich Instagram oder TikTok zugemacht habe? Wie geht es mir damit? Welche Gefühle kommen in mir auf? Und kann ich mich überhaupt am Ende des Tages an irgendeinen Inhalt erinnern, den ich konsumiert habe?
Der Blick in die Screen-Time hilft und schockt immer.
Und ich würde tatsächlich jedem raten, wenn wir uns diese Stunden anschauen, die wir online verbringen, sie hochzurechnen auf Tage im Jahr. Dann ist es greifbarer.
[Alex] Oder Stunden zumindest schon.
[Rini] Mindestens Stunden. Aber wir kommen sehr schnell auf Tage im Jahr. Und ich glaube, da ist wirklich so ein Moment des Erwachens.
Und das andere ist auch zu schauen danach natürlich, welche Apps brauche ich überhaupt, die auf meinem Smartphone sind.
Brauche ich alle Social-Media-Apps?
Und wenn ich die Zeit reduzieren möchte, kann ich vielleicht die Apps am Wochenende löschen und kann ich vielleicht die Apps komplett löschen und über den Laptop nutzen, was nicht so attraktiv ist wie über das Smartphone?
Und ich glaube, es ist wichtig zu wissen, dass, wenn jemand jetzt zuhört, dem oder der es nicht gut geht mit der Social-Media-Nutzung und den Verdacht hat, ich könnte süchtig sein, ich könnte wirklich richtig abhängig davon sein, man ist nicht allein.
Es geht so vielen Menschen so, aber niemand sagt etwas. Niemand macht den ersten Schritt und sagt, hey, ich habe ein Problem damit. Ich verbringe acht Stunden auf TikTok. Ich vergeude mein Leben. Ich bin 19 Jahre alt und studiere nicht und lese nicht und mache nichts und bin nur auf TikTok. Ich glaube, darüber offen zu reden, sich einzugestehen und da ist halt eben Achtsamkeit dieser wertvolle Helfer des Reflektierens, des Annehmens ohne zu werten.
Diese Klarheit, die dann da ist und diesen Schritt zu gehen und zu sagen, ja, ich habe ein Problem und ich muss jetzt etwas für mich, für meine Gesundheit, etwas dafür tun.
Instagram verlassen
[Alex] Ich glaube, aber für Selbstständige ist es vielleicht noch ein Ticken schwieriger sogar, weil da ja auch noch dieser Gedanke ist, ich muss das machen.
Also wenn ich mir jetzt vorstelle, ich nutze TikTok gar nicht für mein Marketing, sondern einfach nur als Privatmensch, dann kann ich vielleicht eher sagen, okay, ich höre jetzt auf damit.
Aber wenn ich es fürs Marketing brauche, wenn alle sagen, wenn du selbstständig bist, dann brauchst du Instagram, dann brauchst du Werbeanzeigen auf Instagram, dann brauchst du TikTok oder XY, ist es natürlich irgendwann super schwer, da so einen Cut zu machen. Wie hast du das geschafft?
Weil du hast ja auch jetzt vor einigen Monaten – richtig? – dann Instagram endgültig verlassen.
[Rini] Ja, ich glaube, das war letztes Jahr. Also ich habe oft zwischendurch den Account deaktiviert gehabt. Jetzt ist er schon, ich glaube, fast ein Jahr deaktiviert. Ja, also ich habe den Account nicht gelöscht, aber es ist deaktiviert.
Wir haben es vorhin auch ein bisschen bei einer anderen Frage angeschnitten. Wenn wir selbstständig sind und Social Media nutzen für unser Marketing, ich glaube, das hast du auch oft sehr, sehr oft gesagt und betont, und sich die Frage zu stellen, okay, ich nutze Social Media, ich sehe, es geht mir nicht gut damit. Entweder vom Psychologischen, von diesem Druck und dieser Belastung, die da ist, oder von der Zeit und der Energie, die ich aufwende. Es geht mir nicht gut damit, ich empfinde es als Last, zu schauen, was bringt mir Social Media überhaupt? Bringt es mir etwas?
Also wenn ich sehe, es kommen Kunden über Social Media, es kommen wirklich Kunden über Instagram oder Facebook oder Snapchat oder TikTok, was auch immer, dann kann ich mir ja anschauen, okay, es kommen Kunden, ich möchte jetzt diesen Fluss nicht stoppen, aber wie kann ich besser, obwohl es ja nicht meine Aufgabe wäre, aber die der Konzerne, aber das ist ein anderes Thema, wie kann ich besser meine Zeit und meine Energie aufteilen, sodass es mir gut damit geht? Was ist das Mindeste, was ich machen muss, um diesen Fluss beizubehalten?
Und wenn ich aber sehe, dass nichts kommt über Social Media, dass wenig kommt, dass ich einfach nur wirklich dieses FOMO-Gefühl habe oder das Gefühl, ja, ich muss da sein, weil alle da sind, dann ist es Zeit, vielleicht etwas zu ändern und wirklich mit dem Gedanken zu spielen, sich davon zu entfernen.
[Alex] Und dann kommt natürlich der Gedanke, was mache ich stattdessen? Also was kann ich stattdessen nutzen oder halt sehen, über welche Kanäle, über welche anderen Methoden und Aktivitäten kommen denn die Kunden zu mir und die dann noch verstärken, noch mehr von dem tun, was uns und dem Business gut tut.
[Alex] Ich habe jetzt für das Buch recherchiert und da eine Studie gefunden, dass die meisten Marketer gar nicht sagen können, was soziale Medien in den letzten Endes bringt fürs Marketing.
Also die meisten messen es gar nicht oder sie wissen nicht wie und sie könnten gar nicht sagen, was es für Ergebnisse bringt.
Und ich glaube, das wäre so das Erste, was man machen könnte, wenn man überlegt, jetzt soziale Medien, ja, nein, dass man einfach anfängt zu messen.
Also ich bin selbst kein Zahlenfetischist, aber wenn man wirklich vor der Entscheidung steht, dann glaube ich, hilft es, einfach schwarz auf weiß zu sehen: soziale Medien bringen nichts oder sie bringen wenig. Oder von mir aus auch, sie bringen etwas und zwar in dem Bereich.
Also, dass man sich einfach eine Klarheit darüber verschafft, welche Rolle soziale Medien eigentlich im eigenen Marketing spielen.
Ich glaube, dass viele das gar nicht wissen. Also, sie ruhen sich auf diesen Gedanken aus, wir brauchen soziale Medien, wenn wir selbstständig sind. Aber was das jetzt konkret für mich und mein Marketing bedeutet – ich glaube, viele haben keine Ahnung.
Und das wäre so das Erste, was man machen kann. Einfach mit Fakten belegen und dann, glaube ich, kann man sich viel besser entscheiden.
[Rini] Ja, genau. Viele große Unternehmen, Marken, man kann sich als Selbstständiger und Selbstständige nicht mit diesen großen Marken vergleichen, weil diese großen Marken, diese Konzerne, Firmen, für die ich auch aktiv gearbeitet habe und immer noch teilweise arbeite, haben große Teams dahinter.
Und da haben wir viele Kampagnen und diese Kampagnen werden auf eine Art und Weise gemacht, wo wir nachvollziehen können, wird dieser Rabattcode, der nur auf Instagram gegolten hat, wie viele Male wurde der eingereicht, eingegeben im Online-Shop.
Es gibt andere Firmen, die machen Social Media nur für die Brand Awareness, die wollen einfach nur präsent sein, aber sie haben das Geld, die Menschen, die Ressourcen dafür, das machen zu können.
In der Selbstständigkeit sind unsere Ressourcen beschränkt. Und deswegen müssen wir sehen, wie du vorhin auch gesagt hast, wie ich gesagt habe, was ist das, was am sinnvollsten ist in dem Sinne für das Business und letzten Endes auch für mich, für meine Gesundheit, für meinen Wohlergehen. Also was bringt mir was letzten Endes?
Die Rolle der Bücher im Marketing
[Alex] So, ich glaube, jetzt würde ich mal gerne den Schwenk machen zu deinen Büchern.
[Rini] Oh je, okay. Bücher.
[Alex] Ich habe es ja schon im Intro gesagt. Ich habe dich für mein Buch interviewt, du bist aber selbst auch fleißig am Buchschreiben, du hast schon einige veröffentlicht.
Vielleicht kannst du ja mal erzählen, welche Rolle Bücher bei dir spielen in deinem Marketing und vielleicht auch, was du überhaupt geschrieben hast.
[Rini] Ja, also ich habe tatsächlich mir aufgeschrieben, was ich alles geschrieben habe, damit ich nichts vergesse.
Das erste war der Rauhnächte-Begleiter und ist immer noch der Rauhnächte-Begleiter, der als PDF rauskommt jedes Jahr seit 2020.
Und es könnte sein, es könnte sein, ich bin mir noch immer noch nicht sicher, ob er dieses Jahr auch als gedrucktes Buch rauskommt.
Und dann natürlich das Buch, das im Selbstverlag erschienen ist, Digitale Achtsamkeit für Selbstständige, wo auch ein Interview von dir hier drinnen ist und wo du auch mir geholfen hast und quasi das Lektorat gemacht hast, sage ich mal.
Und das war sehr, sehr wertvoll für mich.
Und dieses Buch hat es auch in die Longlist für den Self-Publisher, für den Preis des Self-Publisher-Verbandes geschafft.
Und das letzte im Selbstverlag ist ein Gedichtband. Der Gedichtband nennt sich 50, ein Geburtstag in Gedichten. Und das ist quasi ein Buch, das ich zu meinem 50. Geburtstag rausgebracht habe, ein Gedichtband. Und ein neues ist in the Making. Ich bin noch in der Anfangsphase.
Bücherschreiben ist wichtig, erst mal für mich selbst als Kreative.
Es hilft mir in meiner Weiterentwicklung beim Schreiben und überhaupt auch in meinem Leben, würde ich sagen.
In meiner Selbstständigkeit bringen Bücher auch ihren Anteil in den monatlichen Umsatz rein. Natürlich ein kleiner Anteil, aber immerhin ein Anteil.
Und die Bücher sind für mich ein Outlet, wo ich wirklich Platz und Raum habe, so zu schreiben und so zu sein, was ich natürlich auch im Blog mache, aber halt eben in diesem langen Format eine Idee wirklich auszubreiten, zu Ende zu denken und kreativ zu gestalten, wie ich es machen möchte.
Das ist wirklich für mich so eine kreative Spielwiese und natürlich auch ein Tool, über das ich, weil die Bücher bis jetzt Gott sei Dank sehr gut angenommen werden, auch bekannter geworden bin als Autorin, als Coach, als jemand, der sich einsetzt für digitale Achtsamkeit und auch für ein achtsameres Leben überhaupt.
Und ich will auch den Prozess des Schreibens nicht missen.
Das ist für mich ein ganz, ganz wichtiger und schöner Teil vom Sein, nicht nur vom Selbstständigsein.
[Alex] Das finde ich total schön, weil ich glaube, viele wollen ihr Buch in der Hand halten, aber wollen dann nicht schreiben oder haben dann irgendwie Probleme mit dem Schreibprozess. Wie sieht das bei dir genau aus? Also hast du Rituale, Schreibgewohnheiten? Wie kommst du zu deinen fertigen Büchern?
[Rini] Mhm. Es ist jetzt tatsächlich so, morgen mache ich einen Live-Workshop tatsächlich über das Schreiben. Es geht um, wie man eine Buchgliederung schreibt. Wie du ja weißt, ein ganz, ganz wichtiger Teil vom Schreiben eines Buches.
Also ich glaube, das Wichtigste ist, wenn man schreiben möchte, dass man schreibt.
Also nur wenn man schreibt, kann man noch besser darin werden.
Und ich schreibe oft, ich schreibe regelmäßig, ich schreibe fast täglich, ob für den Blog, für den Podcast, für die Newsletter oder eben für ein Buch. Und das ist auch der wichtigste Tipp: dranbleiben, schreiben.
Und ich habe kein konkretes Ritual. Was ich aber mache, ist, ich schreibe mir, ich stelle tatsächlich, dass dieses Schreibdate, diese Zeit, kommt in den Kalender als erstes rein.
Also genauso wie meine Marketingaktivitäten. Bei mir, ich mache ja dieses Timeblocking, habe ich auch im Buch darüber geschrieben, wie ich dieses Zeit- und Energiemanagement mache.
Bei mir kommt alles in den Kalender rein. Mein Marketing, die Schreibdates, die ich habe, also alles kommt rein. Ich weiß, okay, Montag von 9 bis 11 Uhr ist Schreibdate und da schreibe ich entweder den Blogartikel oder den Podcast oder die Newsletter oder eben beginne das nächste Kapitel im Buch meinetwegen, wenn ein Buch geschrieben wird.
Und das Wichtigste ist dabei, dass, also ich schreibe gerne sehr, sehr früh morgens. Ich habe immer den Gedanken, in der Früh habe ich noch alle Wörter im Kopf und wenn der Tag so weitergeht am Abend, sind alle Wörter verbraucht und ich habe nichts mehr. Ist alles doch irgendwie da. So ein ganz komischer Gedanke. Und deswegen schreibe ich gerne sehr früh morgens.
Und Smartphone ist in einem ganz anderen Zimmer, Deep Work ist angesagt, Kaffee gehört dazu, wirklich so einfache Sachen.
Im Winter mache ich auch meistens eine Kerze an, weil das ist dann schön kuschelig, in der Früh, wenn alles noch sehr dunkel ist draußen, und dann schreibe ich einfach.
Und wenn ich keine Idee habe zum Schreiben, schreibe ich trotzdem irgendwas. Wörter, Stichpunkte, irgendwas und dann kommt es zusammen irgendwie. Also das Schreiben entsteht beim Schreiben.
[Alex] Ja, mein Geheimtrick sind ja Listen. Also wenn ich nicht weiß, was ich schreiben soll, dann mache ich mir einfach Listen. Oder merke ich bei Punkt, weiß ich nicht, 13 oder 17, ah ja, darüber könnte ich schreiben. Also einfach nicht aufhören zu schreiben.
[Rini] Ja, genau.
[Alex] Gerade dein Buch zur digitalen Achtsamkeit hat ja 300 Seiten.
[Rini] Ja.
[Alex] Das ist eine Menge. Ich hab ja gerade 400 Seiten geschrieben und weiß. Man ist schon ein bisschen beschäftigt. Wie bist du denn am Ball geblieben?
Kennst du das auch, dass man irgendwo im Mittelteil dann auf einmal denkt, was mache ich hier? Hattest du das auch oder hattest du nie so Motivationslöcher?
[Rini] Ja, ich erinnere mich. Also ich habe August 2022 angefangen und März 2023 war es zu Ende geschrieben. Und ich hatte dazwischen, ich glaube, so drei oder vier Wochen, wo ich gar nichts geschrieben habe. Ähm, ich erinnere mich aber tatsächlich nicht mehr, ob es ein Motivationstief war oder ob ich ganz einfach keine Zeit hatte, weil ich, äh, noch viele Kundenprojekte nebenbei hatte in dem Jahr.
Ich habe tatsächlich, also ich habe mich gefreut aufs Schreiben. Ehrlich, ich bin halt ein Nerd. Also ich mag das sehr, wenn ich so an Projekten arbeite, wenn ich so tief arbeiten darf, wenn ich wirklich reintauchen kann und recherchieren kann und mir Sachen anschauen kann. Das mag ich sehr. Und ich habe mir das Montag bis Freitag eingeplant. Jeden Tag kam es in den Kalender rein. Außer am Wochenende. Am Wochenende hatte ich schreibfrei, immer. Und bei mir funktioniert sowas. Also so diese Disziplin, die befreit mich eher, als dass sie mich einschränkt.
Und es hat fabelhaft funktioniert. Und auch so über Weihnachten oder so habe ich auch nicht geschrieben, so an Feiertagen. Aber sonst kam das immer rein. Und es gab Tage, wo ich wusste, ich habe nur eine Stunde zum Schreiben. Und dann gab es Tage, wo ich wusste, okay, ich habe den ganzen Vormittag. Und dann habe ich halt mehr geschrieben. Ja, das war eine schöne Zeit.
Die Vorteile des Selfpublishing
[Alex] Also es ist einfacher, aus Gewohnheit zu schreiben.
Wenn ich mich nicht jeden Tag damit beschäftigen muss: Schreibe ich heute oder schreibe ich heute nicht? Und wenn diese Entscheidung einmal getroffen ist, dann ist klar: Ich setze mich hier und schreibe.
Du hast dich ja bei all deinen Büchern für Selfpublishing entschieden. Wo siehst du die Vorteile beim Selfpublishing?
Wie hast du das empfunden?
[Rini] Ein ganz wichtiger Wert für mich ist Unabhängigkeit und Freiheit und Kreativität und noch ein paar andere.
Von dem her, glaube ich, liegt es nahe, dass ich mir nicht gerne reinreden lasse, was meine Texte angeht, inhaltlich.
Also wenn es komplett in die falsche Richtung geht, natürlich, wir haben auch an ein paar Stellen zusammen Sachen aufgezeigt, die ich korrigiert hatte. Aber es geht halt darum, ich wollte ein Buch schreiben über digitale Achtsamkeit und ich wollte tatsächlich die negativen Seiten von Social Media zeigen. Und so wie ich sie geschrieben habe, habe ich sie in einem deutschsprachigen Buch bis heute nicht gesehen.
Und die meisten Bücher, die darüber geschrieben wurden, also noch ist deins natürlich nicht raus, ich weiß nicht, was drinstehen wird.
[Alex] Ja, genau.
[Rini] Aber ich wollte genau meine eigene Meinung dazu vertreten und meine Sichtweise, und das natürlich auch mit Studien und mit Umfragen, untermauern.
Und ich denke, wenn ich das Exposé an die Verläge geschickt hätte, heißt es so Verläge?
[Alex] Verlage, glaube ich.
[Rini] Verlage, ja, schau. Ja, auch aus dem Grund, glaube ich, weil ich eben mich so sehr radikal geäußert habe, wäre wahrscheinlich das Buch so in dieser Form nicht angenommen worden, sage ich mal.
Und das war der Hauptgrund, also diese kreative Freiheit, dass ich tatsächlich so schreiben kann, wie ich schreiben möchte und darf und es auch mache.
Und für mich ist es auch wichtig, den Prozess mehr oder weniger unter Kontrolle zu haben, auch zeitlich, weil bei einem Verlag hast du ja eine lange Vorlaufzeit, bis etwas endlich zur Verfügung steht.
Im Selfpublishing geht alles relativ schneller.
Und man hat auch direkten Einfluss. Ich habe mein Buchcover selbst gemacht, ich habe die Formatierung selbst gemacht, ich habe alles selbst gemacht. Und ich brauche diesen Grad der Freiheit, aber auch der Kontrolle über die Sachen, die ich in die Welt bringe.
Beim Gedichtband das Gleiche, auch weil ich zum ersten Mal Gedichte herausgebracht habe. Ich habe überhaupt keine Ahnung, wie sie angenommen werden, weil es ist noch sehr, sehr frisch.
Bis jetzt ist auch hier das Feedback sehr gut. Aber wie gesagt, es ist das erste Mal, dass ich sowas mache. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, tatsächlich an Verlage heranzugehen.
Vielleicht würde ich das auch für die zweite Auflage für „Digitale Achtsamkeit für Selbstständige“ machen. Aber ich bin echt, ich weiß es nicht. Also ich habe meine Zweifel, ob ich diesen Weg gehen möchte oder ob ich tatsächlich lieber so frei bleiben möchte, wie ich frei bin. Und auch dieses ganze Marketing-Spektakel und PR und so weiter.
Vieles nimmt natürlich der Verlag ab und auch, dass es im Buchhandel dann zur Verfügung steht, das ist natürlich ein mega Vorteil vom Verlag, was ich jetzt im Selfpublishing nicht habe, obwohl auch Buchhandlungen bei mir bestellt haben, aber natürlich ist es nicht das Gleiche, wenn man mit einem Verlag zusammenarbeitet und was Marketing und PR angeht, ja, ich bin da eher achtsam unterwegs, und ich weiß nicht, ob es für mich etwas wäre. Ich weiß es nicht.
Mit digitaler Balance starten
[Alex] Abschließend eine allerletzte Frage. Wenn jetzt jemand zuhört, der oder die total von Social Media, von Netflix, Spotify oder was auch immer überfordert ist und merkt, irgendwas muss sich ändern. Was wäre denn so ein guter Punkt, um zu starten, auch wenn es so ein mini kleiner Schritt ist zur digitalen Balance hin?
[Rini] Ja, es sind tatsächlich kleine Schritte, die aber sehr, sehr wichtig sind am Anfang und auch sehr, sehr tief gehen können. Ich glaube, das Wichtigste am Anfang ist, es sich selbst einzugestehen. Und zu sagen, ja, ich habe ein Problem damit. Wo wir wieder bei der Wahrnehmung, Reflexion, wieder bei dieser Achtsamkeit sind. Ich habe tatsächlich ein Problem damit.
Und dann aber auch zu sehen, und auch diese ganzen Fragen, die ich vorhin schon erwähnt habe: Was passiert mit mir? Wann geht es mir nicht gut? Welche Plattform macht das?
Aber dann auch tatsächlich, wenn wir uns damit beschäftigen und es auch vielleicht auch mit jemandem teilen und sagen „Hey, ich habe ein Problem damit, wie geht es denn dir damit?“, merken wir dann tatsächlich schnell, dass wir nicht allein sind. Und dass es okay ist, dass wir ein Problem damit haben.
Also es ist nichts falsch mit dir, mit mir, mit uns, wenn wir ein Problem damit haben. Die sozialen Medien haben ein Problem in der Art und Weise, wie sie entwickelt werden, nicht wir. Und das zu verstehen, ist, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Schritt, zu sagen:
Hey, es ist nichts falsch mit mir, ich habe keine Schwäche, ich bin ein ganz normaler Mensch, es ist ganz normal, dass ich ein Problem damit habe.
Und dann, wenn ich den Entschluss treffe, diese Medien zu verlassen, die Apps zu löschen, Accounts zu löschen, meine Bildschirmzahlen zu reduzieren, das Wichtigste ist dann, auch sich Gedanken zu machen: Okay, ich möchte weniger von dem, aber von was möchte ich mehr? Also mit was möchte ich diese Zeit, diese Energie, diesen Aufwand, diese Gedanken, diese Gefühle ersetzen? Was habe ich mir vielleicht schon sehr, sehr lange vorgenommen, auch wenn es nur ein einfaches Hobby ist wie Stricken oder mit dem Partner mehr Zeit verbringen oder mit dem Hund mehr rausgehen, was auch immer, so ganz einfache Sachen, da muss nichts Großes sein.
Was habe ich mir schon ewig vorgenommen, mache es aber nie? Den Keller aufräumen. So ganz einfache Sachen. Und dann natürlich auch wichtigere Sachen, wo es halt dann auch richtig zur Sache geht, um Themen wie Werte. Wie möchte ich mein Leben leben? Was habe ich bisher vielleicht von mir weggeschoben, an negativen Emotionen, mich abgelenkt davon? Was läuft vielleicht nicht so gut in meinem Leben? Kann ich mir das anschauen? Möchte ich mir das anschauen? Brauche ich Hilfe dabei?
Also es fängt wirklich viel an zu arbeiten, wenn wir da rauskommen aus diesem Irrkreis, aus dieser konstanten Ablenkung.
[Alex] Ja, Rini, vielen, vielen Dank, dass du heute hier warst.
Das hat mich mega gefreut, mit dir zu sprechen, wie immer.
[Rini] Danke dir für die Einladung. Danke für deinen Podcast. Danke, dass du dich diesem sehr wichtigen Thema widmest, ohne Social Media zu arbeiten, zu leben, zu sein. Und ja, danke, dass ich hier sein durfte.
Shownotes
Rinis Buch: Digitale Achtsamkeit für Selbstständige
Unbezahlte Arbeit auf Social Media – Teil 5: Selbstoptimierung
Es geht weiter mit dem Thema „Unbezahlte Arbeit auf Social Media“, und in dieser Folge möchte ich über die Arbeit an uns selbst sprechen – die Selbstoptimierung. Diese findet auf verschiedenen Ebenen statt und es geht immer darum, unsere Persönlichkeit oder unsere Social-Media-Gewohnheiten zu verbessern. Wir sollen „die beste Version unserer Selbst“ werden. Warum ist das ein Problem?
Es geht weiter mit dem Thema „Unbezahlte Arbeit auf Social Media“, und in dieser Folge möchte ich über die Arbeit an uns selbst sprechen – die Selbstoptimierung.
Diese findet auf verschiedenen Ebenen statt und es geht immer darum, unsere Persönlichkeit oder unsere Social-Media-Gewohnheiten zu verbessern. Wir sollen „die beste Version unserer Selbst“ werden. Warum ist das ein Problem?
Folge anhören:
Transkript lesen:
Wir machen weiter mit dem Thema „Unbezahlte Arbeit auf Social Media“. In den letzten Folgen habe ich bereits über unbezahlte Contentarbeit, Emotionsarbeit und ästhetische Arbeit gesprochen.
Und heute möchte ich über eine weitere Form unbezahlter Arbeit sprechen, die soziale Medien von uns fordern, und das ist die kontinuierliche Arbeit an uns selbst. Auch bekannt unter dem Namen Selbstoptimierung.
Und bei der Selbstoptimierung geht es um eine ständige Verbesserung von Eigenschaften oder Fähigkeit. Und damit geht sehr häufig einher, dass wir etwas messen und kontrollieren, um ja … die beste Version unserer selbst zu werden, wie es immer so schön heißt.
Auch hier ist es wie schon bei der Emotionsarbeit oder der ästhetischen Arbeit so, dass soziale Medien Selbstoptimierung natürlich nicht erfunden haben, also es gab auch schon vor Social Media Selbstoptimierung natürlich. Doch auch hier ist es so, dass soziale Medien extrem kompatibel mit Selbstoptimierung sind und deshalb die Tendenzen verstärken.
Und mir geht es jetzt in dieser Podcastfolge auch gar nicht darum, zum Beispiel, ob Schritte zu zählen oder ein Dankbarkeitstagebuch zu führen, jetzt Selbstoptimierung ist oder nicht. Mir geht es natürlich um die Arbeit an uns selbst, die für Social Media notwendig oder typisch ist.
Also was genau wollen wir nun auf Social Media verbessern?
Zunächst einmal: unsere Social-Media-Gewohnheiten. Denn die Dauerpräsenz und die ständige Verfügbarkeit, die soziale Medien von uns fordern, sind anstrengend und erschöpfend. Es gibt immer wieder Studien, die einen Zusammenhang feststellen zwischen Social Media und psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Ängsten oder Burnout.
Doch wenn wir uns mal angucken, wie mit dieser Thematik umgegangen wird, dominiert der Ansatz, dass das als ein individuelles Problem dargestellt wird und nicht als ein systematisches, strukturelles Problem, das es eigentlich ist.
Das heißt, statt das System Social Media zu kritisieren und die Strukturen dahinter, wird gesagt: Naja, du kannst soziale Medien so nutzen, dass sie dir gut tun.
Ich hab das schon mal in der Folge über achtsames Social-Media-Marketing erwähnt. Es geht im Grunde darum zu sagen:
Ja, soziale Medien sind problematisch. Doch mit den richtigen Gewohnheit und Tools und dem richtigen Mindset ist das überhaupt kein Problem mehr!
Und dann geben Social-Media-Coaches oder Achtsamkeitscoaches eben diese Tipps zur Phone-Life-Balance und zum Zeitmanagement und Tipps für einen „effektiven Workflow“ und für einen Digital Detox.
Das heißt, wir müssen auf einmal nicht nur Social Media nutzen, um Marketing zu betreiben. Wir müssen nun auch an unseren Gewohnheiten arbeiten, um Social Media zu nutzen.
Und auch hier ist es so, dass niemand uns diese Arbeit an unseren Gewohnheiten sieht, wertschätzt oder vergütet.
Im Gegenteil: Bei mir hat es zum Beispiel dazu geführt, dass ich extrem an mir gezweifelt habe. Denn ich dachte lange Zeit: Na ja, alle anderen schaffen es, soziale Medien so zu nutzen, dass es okay für sie ist. Nur ich schaffe es nicht. Ich bin nicht gut genug. Irgendwas stimmt mit mir nicht.
Und diese Gedanken rühren daher, dass wir Social Media individuell denken, statt strukturell. Also dass wir, sobald jemand nicht mit sozialen Medien zurechtkommt, annehmen, dass es sein oder ihr individuelles Versagen ist, warum das so ist.
Und das Blöde daran ist, dass sich so nichts am System Social Media ändern wird. Denn wenn wir alle nun unsere Zeit tracken, die wir auf Social Media verbringen oder uns irgendwelche Apps runterladen, die uns dabei helfen, uns irgendwelche Gewohnheiten anzutrainieren, dürfen soziale Medien ja so bleiben, wie sie sind.
Das heißt, um soziale Medien nutzen zu können, ohne dass wir gesundheitlich darunter leiden, müssen wir auf einmal Zeit und Energie und Geld reinstecken. Wir müssen ständig unsere Gewohnheiten im Blick behalten und unser Verhalten tracken und messen und vergleichen und anpassen.
Und das ist unfassbar anstrengend und: Es hat einfach kein Ende, keine natürliche Begrenzung. Wir sind niemals fertig mit dieser Art von Arbeit. Solange wir soziale Medien nutzen wollen, ohne dass wir gesundheitlich darunter leiden, müssen wir unsere Gewohnheiten im Blick behalten.
Doch Frauen auf Social Media haben durch ästhetische Arbeit nicht nur einen makellosen Körper und durch kontinuierliche Selbstoptimierung tolle Social-Media-Gewohnheiten, sondern sie sind auch immer äußerst produktiv und haben natürlich immer ihre persönliche Weiterentwicklung und Karriere im Blick. Vom Aufwachen bis zum Schlafengehen ist auf Social Media einfach alles durchoptimiert.
Es fängt an mit dem richtigen Zeitpunkt fürs Aufstehen und das ist auf Social Media fünf Uhr morgens. Denn erfolgreiche Menschen sind Frühaufsteher. Während alle schlafen, können wir ungestört unseren Zielen nachgehen. Und wenn wir nicht der Typ zum Frühaufstehen sein sollten, wollen wir es einfach nicht fest genug.
Punkt Nr. 2 ist, dass wir den Tag mit einer Meditation starten. Denn wozu sich über die ganzen Gender Pay / Tax / Pension / Care / Leadership oder Data Gaps aufregen, wenn wir die Wut auch einfach wegatmen können! So starten wir ganz entspannt in den Morgen und haben den ganzen Tag einen wunderbaren Glow.
Punkt Nr. 3 ist, dass wir nach der Meditation lesen. Und zwar mindestens zehn Seiten täglich, auf denen wir uns von einem privilegierten weißen Mann erklären lassen, dass wir alles erreichen können, wenn wir nur hart genug an uns arbeiten.
Punkt Nr. 4 ist: Wir machen Sport. Denn schon 180 Minuten täglich reichen, um unseren Puls so hochzutreiben, dass wir unsere eigenen Gedanken nicht mehr hören können.
Punkt Nr. 5 ist, dass wir positiv denken. Denn: Ja, es kann so einfach sein.
Punkt Nr. 6 ist, dass wir stets gut hydriert sind. Und am besten jeden Morgen literweise Zitronenwasser und einen grünen Smoothie trinken.
Und dann sind wir bereit für den Tag.
Und Bonus-Tipp: Wir dokumentieren jeden Schritt unseres Morgens auf Social Media, um andere Frauen daran zu erinnern, dass sie an den Anforderungen, die von allen Seiten an sie herangetragen werden, nur scheitern können.
Ja, du siehst, ich bin nicht so gut auf diese Morgenroutinen und die Hustle Culture zu sprechen, die auf Social Media inszeniert und verfestigt werden und Frauen dadurch den Eindruck vermitteln, dass sie erfolgreich werden können, wenn sie nur hart genug an sich selbst arbeiten.
Sheryl Sandberg hat diese Botschaft 2013 in die Welt gesetzt.
In ihrem Buch „Lean in“. Sie sagt dort:
Wenn Frauen hart arbeiten und mutig sind, können sie alles erreichen, was sie sich vornehmen.
Hört sich erst einmal gut an, ja, doch ist bei näherem Hinsehen leider nur ein unreflektierter Worthaufen, der sehr stark nach Privilegien riecht.
Denn Sheryl Sandberg, die bis Herbst 2022 eine leitende Position bei Facebook hatte, hat ein geschätztes Vermögen von 1,5 Milliarden Dollar. Nicht Millionen, Milliarden.
Und vermutlich lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage:
Einer weißen, reichen Frau, die – von Kinderbetreuung über Haushalt – alles auslagern kann, was sie beim Emporklettern der Karriereleiter aufhalten könnte, kommen solche Sätze leichter über die Lippen als beispielsweise Alleinerziehenden, deren Zeit, Kraft und finanzielle Ressourcen nun einmal beschränkt sind, oder Schwarzen Frauen, die möglicherweise täglich Diskriminerungserfahrungen machen müssen.
Für die meisten Frauen dieser Erde gibt es in patriarchalen Strukturen Grenzen. Das will in der Businessbubble niemand hören, das ist aber Fakt.
Selbst wer als Frau weiß und glücklich verheiratet ist, wird – sobald Kinder ins Spiel kommen – nach durchgemachten Nächten und dank diverser Gender Gaps erst einmal nicht so leistungsfähig sein und über die nötigen Ressourcen verfügen.
Deshalb schwächt diese Form von „Female Empowerment“ das Anliegen der Frauen.
Und letzten Endes halst man Frauen so noch mehr unbezahlte Arbeit auf – Contentarbeit, ästethische Arbeit, Emotionsarbeit und nun eben auch die permanente Arbeit „an sich selbst“, die bereits früh morgens beginnt, wenn noch alle schlafen.
Das setzt Frauen noch mehr unter Druck, als sie eh schon stehen, und verstärkt ihre Selbstzweifel.
Ja, das waren meine 2 Cents zum Thema Selbstoptimierung auf Social Media und wir sind fast fertig mit diesem großen, komplexen, aber, wie ich finde, total spannenden Bereich „Unbezahlte Arbeit auf Social Media“.
Fürs nächste Mal bleibt uns noch das Thema „Mental Load auf Social Media“.
Shownotes:
Digital Detox, Social-Media-Auszeit & Co: Was ich alles ausprobiert (und wieder verworfen) habe
In dieser Podcastfolge möchte ich mit dir über die verschiedenen Formen von Digital Detox und Social-Media-Auszeiten sprechen und dir erzählen, was ich in der Vergangenheit mit welchem Erfolg ausprobiert habe. Spoiler: Letzten Endes haben mir die Pausen und digitalen Entgiftungskuren nicht geholfen und mich zu der Erkenntnis gebracht, dass ich meine Social-Media-Kanäle löschen will.
In dieser Podcastfolge möchte ich mit dir über die verschiedenen Formen von Digital Detox und Social-Media-Auszeiten sprechen und dir erzählen, was ich in der Vergangenheit mit welchem Erfolg ausprobiert habe.
Spoiler: Letzten Endes haben mir die Pausen und digitalen Entgiftungskuren nicht geholfen und mich zu der Erkenntnis gebracht, dass ich meine Social-Media-Kanäle löschen will.
Folge anhören:
Dazu passt auch folgender Blogartikel:
„Hilfe, ich brauche eine Social-Media-Pause!“
Transkript lesen:
Hast du schon einmal eine Pause von Social Media gemacht?
In der ARD/ZDF-Onlinestudie aus dem Jahr 2022 gaben 41% der Befragten an, bereits mindestens einmal einen Digital Detox gemacht zu haben.
Und in der heutigen Podcastfolge möchte ich mit dir über die verschiedenen Formen von Social-Media-Pausen und -Auszeiten sprechen und dir erzählen, was ich in der Vergangenheit mit welchem Erfolg ausprobiert habe.
Und ich möchte dir auch erzählen, warum all diese Pausen und Auszeiten und Entgiftungen mir nicht wirklich geholfen haben und ich mich letzten Endes dazu entschieden habe, Social Media zu löschen.
Okay, ich würde sagen, wir starten ganz sachte und klären erst einmal die Basics:
Wenn du zu denjenigen gehörst, bei denen das Smartphone minütlich oder sekündlich bimmelt und du dich vor lauter Störungen nicht mehr konzentrieren kannst, ist die erste naheliegende Handlung vermutlich, die Push-Benachrichtigungen zu deaktivieren.
Die Idee dahinter ist: Wenn dich die ständigen Benachrichtigungen über neue Likes, Kommentare oder DMs stören, schalte sie aus und voilà: Du hast endlich Ruhe und Frieden.
Viele Selbstständige schwören darauf, Pushbenachrichtigungen zu deaktivieren. Bei mir hat diese Strategie aber keine Erleichterung gebracht, sondern die Situation tatsächlich noch verschärft.
Denn ich wurde dann zwar nicht mehr bei meiner Arbeit gestört, ja. Aber da ich nun nicht mehr wusste, ob ich einen Like, Kommentar oder eine DM hatte, begann ich etwas, was man nur als „Exzessive Checkeritis“ bezeichnen kann: Ich hatte diesen unbändigen Drang, mein Smartphone zu checken und zwar minütlich.
Irgendwann bestand gefühlt mein halbes Leben aus „Checken“. Nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch abends, am Wochenende und mit der Familie.
Und dass es nicht unbedingt ein Allheilmittel ist, die Pushbenachrichtigungen auszustellen und zu FOMO und Ängsten führen kann, wurde auch mal von einer Studie bestätigt.
Eine zweite Strategie, die ich ausprobiert habe, war, meinen Feed zu gestalten, wie es immer so schön heißt.
Und vielleicht kennst du diese Haltung auch, also dass man sagt:
Na ja, wir haben ja selbst in der Hand, wem wir folgen und welche Beiträge wir sehen. Deshalb müssen wir uns einfach ein bisschen damit beschäftigen und schwupps, haben wir nur Menschen in unserem Feed, die uns inspirieren und motivieren.
Das klingt natürlich sehr vielversprechend und deshalb habe ich viel Zeit damit verbracht, die Accounts, denen ich folgte, auszumisten und einen Social-Media-Frühjahrsputz einzulegen und Menschen zu entfolgen oder wenn ich mich das nicht so ganz traute, sie zu muten oder – ganz blöde Accounts – zu blockieren.
Doch das Problem war:
Solch eine kontinuierliche Pflege eines Social-Media-Accounts braucht Zeit – und das war es mir schlicht und einfach nicht wert. Ich könnte spontan 1000 Dinge aufzählen, die ich lieber machen würde, als mich damit zu beschäftigen, wem ich wo und warum folge oder nicht …
Das Muten, Blockieren usw. ist auch einfach wenig nachhaltig. Meist kommt schon nach wenigen Stunden der nächste aufdringliche Bro-Marketer, der unbedingt blockiert werden will.
Und selbst wenn ich mich nur noch mit Menschen, Marken und Themen umgebe, die ich liebe – an der grundsätzlichen Funktionsweise von Social Media ändert das natürlich nichts.
Deshalb habe ich irgendwann noch einen draufgesetzt und bin allen Accounts auf Instagram entfolgt. Einfach mal, um zu gucken, was mit mir und anderen Menschen dadurch passiert.
Ja, ob das eine empfehlenswerte Strategie ist?
Sagen wir mal so – es gab gemischte Reaktionen:
Die einen empfanden dieses Experiment als sehr „unsozial“, meinten, dass solch ein „einseitiges“ Folgen nicht Sinn und Zweck von Social Media ist, und entfolgten mir augenblicklich auch.
Die anderen feierten das Experiment, meinten, dass sie heimlich auch davon träumen, sich das aber nicht trauen würden, und nahmen es – so zumindest mein Eindruck – nicht persönlich.
Für mich hatte das Experiment damals eine Menge über mich und mein Verhältnis zu Instagram offenbart:
Zum Einen: Es ist erschreckend, wie automatisch ich zum Smartphone greife und Instagram öffne, wenn ich warte oder eigentlich Pause machen will.
Es ist überraschend, wie schnell sich dieser Automatismus auch wieder legt, wenn man irgendwann versteht: Da gibt es nichts zu sehen.
Es ist herrlich, welch Ruhe im Kopf einkehrt, wenn man nicht den halben Tag damit verbringt, Content zu konsumieren.
Und es ist spannend, nach Jahren mal wieder die eigene Stimme zu hören, weil sie mal nicht durch Meinungen von Expert*innen überlagert wird.
Und als ich nach rund einer Woche zu Business as usual zurückkehrte und anfing, meinen Lieblingsaccounts wieder zu folgen, wusste ich, dass das ein Fehler war.
Nicht, weil ich die Menschen nicht mochte. (Viele von ihnen mochte ich sogar sehr.) Nicht, weil mich die Themen nicht interessierten, sondern weil der Content-Overload und die grundsätzliche Funktionsweise von Social Media das eigentliche Problem waren.
Ich hab schon in der letzten Podcastfolge erzählt, dass achtsames Social-Media-Marketing für mich nicht funktioniert hat, aber es ist natürlich immer noch eine Option, die vielleicht für dich spannend ist.
Es geht beim achtsamen Social-Media-Marketing darum, gesunde Gewohnheiten im Umgang mit sozialen Medien zu etablieren, sodass wir langfristig eben gesund bleiben und soziale Medien uns nicht auslaugen.
Und eine gute Möglichkeit ist hier zum Beispiel das Ritual, zum Wochenende hin die Social-Media-Apps zu deinstallieren.
Also am Freitagnachmittag Insta und Co. vom Smartphone schmeißen und Montagmorgen wieder installieren.
Und dazwischen hat man eben ein herrlich entspanntes Wochenende, in dem man nicht versucht ist, irgendwas zu checken oder eine Story zu posten, obwohl wir gerade ja eigentlich gar nicht arbeiten wollen.
Natürlich können wir die Apps auch zu allen anderen Anlässen deinstallieren:
wenn wir mal eine Woche konzentriert an einem Projekt arbeiten wollen
im Urlaub
an Weihnachten
usw.
Den Aufwand dahinter fand ich übrigens auch gar nicht schlimm. Nur habe ich mich irgendwann bei dem Gedanken ertappt „Oh schade, schon wieder Montag“ und deshalb musste ich mir irgendwann eingestehen, dass es mir eben nicht reicht, die Apps für zwei Tage zu deinstallieren, sondern dass ich grundsätzlich keine Lust mehr darauf habe.
Eine gute Kombi mit dem App-Deinstallieren ist übrigens, Social Media ausschließlich über den Desktop zu nutzen.
Das funktioniert z.B für Facebook oder Instagram ganz gut, solange man nicht ständig Storys posten oder live gehen will.
Auf Facebook kann man sich problemlos im Browser einloggen.
Und auch Instagram-Content kann man inzwischen vom Creator Studio aus posten, wenn der Instagram-Account mit Facebook verknüpft ist.
Und Liken, Kommentieren und Nachrichten schreiben kann man über den Desktop natürlich auch.
Doch auch hier war mir das mit der Zeit einfach zu wenig. Ich war dann zwar weniger abends und am Wochenende auf Social Media, doch auch über den Desktop bin ich regelmäßig auf Facebook oder Instagram hängengeblieben.
Ich habe also immer noch eine Auswirkung auf meinen Fokus und meine Produktivität gespürt. Und deshalb mir auch hier letzten Endes eingestanden, dass mir das nicht reicht.
Viele Online-Unternehmer*innen gehen noch einen Schritt weiter und sourcen ihr Social-Media-Marketing komplett an eine virtuelle Assistenz aus. Der Gedanke ist, dass man so weniger mit Social Media zu tun hat, ohne seine Accounts gleich löschen zu müssen.
Und auch ich habe es zweimal versucht, mein Instagram-Marketing outzusourcen. Doch fand, dass es in der Praxis gar nicht mal so leicht war.
Denn erstens:
Es ist herausfordernd, jemanden zu finden, der oder die sich wirklich – und ich meine: wirklich wirklich – gut mit dem eigenen Thema auskennt. Natürlich können sich VAs grundsätzlich in Themen einarbeiten, ganz klar. Nur ich fand, dass es für mein nerdig-nisches Pinterest-Thema damals eben nicht sooo super funktionierte. Und ich bin wirklich keine kontrollsüchtige Tante, die grundsätzlich nichts aus der Hand geben kann. Es mag für einige Themen ganz gut funktionieren, doch für manche Themen ist es nicht so leicht. Das höre ich immer wieder auch von anderen Onlineunternehmer*innen.
Und das zweite Problem beim Outsourcen ist das Interagieren.
Selbst der besten virtuellen Assistenz der Welt hätte ich es persönlich nicht zugetraut, meine Art zu reden, zu schreiben und unpassende GIFs zu verschicken, zu lernen oder gar zu kopieren.
Das heißt: Sobald es dann ums Interagieren ging, hätte ich sowieso wieder rangemusst. Und deshalb hätte ich mich weiterhin mit Social Media beschäftigen müssen.
Ich hätte das Thema auch mit Outsourcen also nicht annähernd so aus meinem Kopf kriegen können, wie ich mir das wünschte.
Ja und deshalb war Outsourcen letzten Endes auch nicht die Lösung für mein Problem mit Social Media und ich musste einen radikaleren Weg gehen.
Doch bevor ich das tat, probierte ich es ganz lange mit einem Social-Media-Detox.
Detox bedeutet ja, wie du sicherlich weißt, „Entgiften“ und soll den Körper reinigen. Der Begriff ist schon lange nicht mehr nur für Ernährung reserviert, sondern auch für Social Media.
Die Idee dahinter ist:
Innerhalb eines bestimmten Zeitraums (einer Woche zum Beispiel oder eines Monats) verzichten wir bewusst auf Social Media. Und danach haben wir uns „entgiftet“ und fühlen uns wieder frisch und erholt, sodass wir wieder mehr Kraft für den Social-Media-Wahnsinn haben.
Hört sich vielleicht vielversprechend an, bei mir hat aber auch das nicht wirklich funktioniert.
Zum einen ist der positive Effekt maximal kurzfristig. Und sobald ich mich wieder in Social Media einlogge, sind die alten, ungesunden Gewohnheiten auch sofort wieder da. Das dauert in der Regel keine zwei, drei Tage.
Und zum anderen habe ich mich irgendwann gefragt:
Wenn ich mich ständig „entgiften“ muss, sollte ich da nicht lieber überlegen, warum ich mich die ganze Zeit über einem „Gift“ aussetze, das mir ja so offensichtlich schadet?
Deshalb denke ich inzwischen, dass ein Detox vielleicht eine sinnvolle erste Notfall-Maßnahme sein kann, wenn soziale Medien akut überfordern. Doch idealerweise sollte ein Detox der Ausgangspunkt für eine grundlegende Änderung der Social-Media-Gewohnheiten werden. Denn sonst hangelt man sich, so wie ich früher, einfach nur noch von Detox zu Detox, ohne dass sich wirklich etwas nachhaltig verändert.
Ja, wir sind am Ende dieser Podcastfolge angelangt. Und das Ende war für mich persönlich: anzuerkennen, dass alle Formen und Möglichkeiten, meinen Social-Media-Konsum zu regulieren, langfristig mein Problem mit Social Media nicht lösen werden.
Letzten Endes haben für mich drei Punkte den Ausschlag gegeben, meine Kanäle zu löschen:
Meine mentale Gesundheit: Ich wusste, dass ich als introvertierter Mensch mir mit Social Media eher schade, als dass ich mir was Gutes tue. Und dass ich so langfristig krank werde.
Ein weiterer Punkt war meine Freude: Sie ist mir mit Social Media völlig abhandengekommen, denn ich empfand es als total ätzend, mich tagaus, tagein mit Aufgaben busy zu halten, die mich so überhaupt gar nicht erfüllten.
Und schließlich: meine anderen Strategien: Mit meinem Blog, Newsletter und Netzwerk hatte ich genügend andere Möglichkeiten, online gefunden zu werden und Kund*innen zu gewinnen.
Und deshalb sind meine Social-Media-Kanäle nun seit ein paar Jahren gelöscht.
Shownotes:
Achtsames Social-Media-Marketing? Reicht mir nicht (mehr)
In dieser Folge reden wir über achtsames Social-Media-Marketing. Wenn du selbstständig bist und auf Social Media unterwegs bist, hast du sicherlich schon vom achtsamen Social-Media-Marketing gehört oder praktizierst es vielleicht sogar selbst. Doch was bedeutet es, wenn alle nur noch ihren Social-Media-Frust wegatmen, statt wirklich etwas zu verändern?
In dieser Podcastfolge reden wir über achtsames Social-Media-Marketing und welche zwei großen Probleme damit einhergehen.
Wenn du selbstständig bist und auf Social Media unterwegs bist, hast du sicherlich schon vom achtsamen Social-Media-Marketing gehört oder praktizierst es vielleicht sogar selbst. Vielleicht bemühst du dich darum, deine Zeit zu tracken, nutzt Apps, um deinen Feed zu blockieren und legst immer wieder mal einen Digital Detox ein.
Doch was bedeutet es für das „große Ganze“, wenn alle nur noch ihren Social-Media-Frust wegatmen, statt wirklich etwas zu verändern?
Folge anhören:
Transkript lesen:
Heute möchte ich mit dir über achtsames Social-Media-Marketing reden.
Was das ist.
Warum ich das selbst nicht praktiziere oder nicht mehr praktiziere, muss man ehrlicherweise sagen.
Und was an diesem Konzept „achtsames Social-Media-Marketing“ möglicherweise problematisch sein könnte.
Wenn du selbstständig bist und Marketing machst, hast du sicherlich schon vom achtsamen Social-Media-Marketing gehört.
Es geht im Grunde darum, zu sagen:
Ja, soziale Medien kommen mit einer Menge Risiken, Nachteilen und, ja, Gefahren sogar. Doch wir können soziale Medien auf eine achtsame Art und Weise nutzen. So, dass es uns gut dabei geht.
Diese Position finden, glaube ich, viele Menschen sehr attraktiv, denn sie klingt erst einmal nicht so ganz radikal.
Es geht dann nicht mehr darum, Social-Media-Betreiber wie Mark Zuckerberg oder Elon Musk zu kritisieren, oder ihr Geschäftsmodell zu kritisieren, es geht auch nicht darum, Social Media gleich vollständig den Rücken zu kehren und dadurch möglicherweise Nachteile in Kauf zu nehmen, sondern wir fokussieren uns erst einmal auf uns und gucken:
Was kann ich dafür tun, damit soziale Medien mir gut tun?
Ja, und dann geht es um solche Fragen wie:
Kann ich bestimmte Gewohnheiten etablieren? Und z.B. immer zum Wochenende hin die App deinstallieren und montags wieder installieren?
Oder kann ich bestimmte Apps oder Programme nutzen, die den Feed blockieren? Sodass nicht eben allzu abgelenkt werde, wenn ich „nur mal schnell“ was nachsehen oder jemandem eine DM schreiben will.
Oder auch: Kann ich meine Zeit tracken, sodass ich immer eine festgesetzte Zeit nicht überschreite?
Oder der absolute Klassiker: Einen Digital Detox einlegen und mal eine schöne Auszeit von Social Media nehmen, um dann mit neuer Kraft wieder von vorne zu beginnen.
Ich will auch da jetzt auch gar nicht ins Detail gehen, was diese Strategien angeht. Dafür wird es schon bald eine separate Folge geben.
Ich will lieber grundsätzlich etwas zu dieser Art des Denkens sagen und dir zwei Probleme mal genauer vorstellen, die sich aus einem achtsamen Social-Media-Marketing ergeben.
Problem Nr. 1 und das ist auch gleich das größte Problem für mich:
Achtsames Social-Media-Marketing – wie es von vielen Coaches gelehrt wird – ist komplett unpolitisch und wird nichts am System Social Media ändern.
Denn eigentlich ist es ja so: Da haben sich einige Menschen ein Geschäftsmodell ausgedacht, das in vielerlei Hinsicht problematisch ist. Was den Datenschutz angeht oder eben auch die mentale Gesundheit von Menschen.
Und immer häufiger stellen soziale Medien auch sogar ein Risiko für Demokratien dar, z.B. indem sie genutzt werden, um Wahlen zu manipulieren oder Falschnachrichten zu verbreiten.
Doch was jetzt im achtsamen Social-Media-Marketing passiert, ist, dass diese Verantwortung, die ja eigentlich bei Mark Zuckerberg und Co. liegt, soziale Medien gerade so zu gestalten, dass sie Menschen nicht schaden.
Dass diese Verantwortung jetzt aber auf uns Nutzer*innen übertragen wird. Und gesagt wird: Es ist deine Aufgabe, soziale Medien so zu gestalten, dass sie dir gut tun.
Also oft wird es nicht so direkt gesagt, sondern: Ja, du kannst soziale Medien so nutzen, dass sie dir gut tun.
Aber dahinter steckt ja die nicht explizit kommunizierte Annahme, dass wir dafür verantwortlich sind, das zu tun.
Und in meinen Augen sind wir das aber nicht.
Die Plattformbetreiber und die Politik ist dafür verantwortlich, soziale Medien so zu gestalten, dass sie Menschen gut tun. Oder zumindest nicht so schlecht tun, wie sie es gerade tun.
Vielleicht könnten es Plattformen sein, die nicht privatisiert sind, sondern vielleicht öffentlich-rechtlich und wo damit nicht die Notwendigkeit besteht, das Geschäftsmodell mit den Daten zu verfolgen.
Mastodon bzw. das Fediversum macht es uns ja zum Beispiel vor, dass das prinzipiell möglich wäre.
Achtsames Social-Media-Marketing will aber am aktuellen System Social Media nichts ändern oder zumindest wird es von den Coaches so nicht kommuniziert. Und das muss für mich aber mit Social Media passieren. Und zwar dringend.
Das ist immer ein bisschen so, wenn ich von männlichen Achtsamkeitscoaches lese:
„Du entscheidest selbst, ob du dich über Geschirr spülen aufregst. Du kannst dich natürlich gerne mit deinem Partner streiten. Oder du kannst auch einfach mal beschließen, den Moment zu genießen, das warme Wasser zu spüren, zu atmen.“
Solche Ratschläge finde ich persönlich nur sehr schwer zu ertragen. Denn das lässt ja völlig die gesellschaftspolitische Ebene außen vor und damit Themen wie Gender Care Gap und die extrem ungleiche Verteilung von Sorgearbeit.
Ja, das heißt: Wenn wir jetzt alle hergehen und das Geschirrspülen genießen und es niemanden mehr gibt, der darüber wütend wird und mal was sagt, wird sich vermutlich auch nichts an dem System ändern.
Und bei Social Media ist es genauso. Wenn wir jetzt alle achtsam sind und meditieren oder was weiß ich, klingt das zwar schön, doch damit muss sich das System Social Media nicht ändern.
Total praktisch also für diejenigen, die Social-Media-Plattformen betreiben. Aber ich finde es eine ziemlich unbefriedigende Vorstellung.
Damit hängt auch Problem Nr. 2 zusammen.
Achtsames Social-Media-Marketing ist letzten Endes eine Form von Selbstoptimierung.
Denn jetzt geht es plötzlich nicht mehr um ein möglicherweise problematisches System Social Media, sondern darum, Social Media „richtig“ oder „falsch“ zu nutzen. „Achtsam“ oder „Unachtsam“ eben.
Es geht um Gewohnheiten und Tools und um unser „Mindset“, wie es immer so schön heißt. Es geht also um Arbeit an uns selbst.
Das heißt, wir müssen auf einmal nicht nur Social Media nutzen, um Marketing zu betreiben. Wir müssen nun auch an uns arbeiten, um Social Media zu nutzen.
Und ich kam zu dem Schluss, dass ich diese Arbeit an mir selbst nicht (mehr) leisten wollte.
Denn diese Form der Arbeit ist ein Lebensprojekt. Wenn sich soziale Medien nicht ändern und erst einmal so sein werden, wie sie gerade sind, sind wir ja auch niemals fertig mit dieser Form der Achtsamkeit.
Wir müssen von jetzt bis in alle Ewigkeit unsere Instagram-Nutzung im Blick haben und unser Social-Media-Verhalten managen.
Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob wir das so wollen. Ob wir für den Rest unseres Lebens oder zumindest auf unbestimmte Zeit unser Social-Media-Verhalten so regulieren und optimieren wollen und uns um diese Form der Achtsamkeit bemühen.
Mir ist meine Zeit und meine Energie dafür zu schade. Und deshalb ist achtsames Social-Media-Marketing keine Option mehr für mich.
Wir brauchen aus meiner Sicht nicht mehr Atemübungen und Tools, die den Feed blockieren; wir brauchen mehr Social-Media-Kritik, mehr gesetzliche Regelungen, mehr Social-Media-Boykotte – am besten von großen Marken und Unternehmen.
Wir brauchen radikale Veränderungen. Und nicht einen weichgespülten Status quo.
Shownotes:

Themenwünsche?
Wenn dir ein wichtiges Thema im Podcast fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freu ich mich auf deine Nachricht.