Facebook-Konto gehackt und dann? Interview mit Judith Peters
In dieser Podcastfolge habe ich Judith Peters zu Gast. Judiths Facebook-Konto wurde vor einiger Zeit gehackt und das hatte viele ernste Folgen für Judiths Marketing und Unternehmen.
Vielleicht kennst du Judiths Geschichte bereits aus meinem Buch „No Social Media!“. Da habe ich nämlich auch schon drüber gesprochen.
Wenn nicht, dann wird Judith uns die ganze aufregende Geschichte auch noch mal hier in ihren eigene Worten erzählen.
Und wir werden am Ende auch noch über den Blog als Marketingkanal sprechen, denn der ist Judiths große Liebe.
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Hackerangriff aufs Facebook-Konto
[Alex] Ja, hallo Judith. Es ist schon ein bisschen her, also nicht mehr ganz so frisch, aber du wurdest vor einiger Zeit von Facebook gesperrt. Hast du was verbrochen oder was ist da passiert?
[Judith] Also ich weiß immer noch nicht genau, wie das passieren konnte, aber am 13. November 2022, also mittlerweile über eineinhalb Jahre her.
[Alex] Und du kennst auch noch das Datum.
[Judith] Ja, ganz schlimm. Ich kenne das Datum. In- und auswendig. Wurde ich plötzlich gesperrt und ich war erst mal so ratlos. Warum denn? Weil mir wurde ja nichts gesagt, warum ich gesperrt war. Ich stand einfach nur da. Ja, auf Lebenszeit gesperrt. Kannst nichts mehr machen. Und ich dann so, hä?
Und dann kam noch irgendwie so, dass auch noch meine Teammitglieder dann gesperrt wurden. Also irgendwie so alle, so bam, bam, bam, bam, bam. Und ich dann nur so: Hä, was ist denn hier passiert?
Also es hat dann ein paar Tage gedauert, bis wir das volle Ausmaß erkannt haben, was da wirklich passiert ist.
Und passiert ist da, dass Hacker mein Konto übernommen haben – also ich hatte damals schon Zwei-Faktor-Authentifizierung und ich hatte ein starkes Passwort. Wir wissen also nicht, wie das passieren konnte – und die Hacker haben in meinem Namen, auf meinem normalen Profil und in der Facebook-Gruppe von meinem Blog-Kurs sehr anstößige Inhalte gepostet, die durch diesen KI-Filter und durch die User bei Facebook, die das dann melden, sofort zu einer lebenslangen Sperre führt.
Und das haben die gemacht, damit die mein Werbekonto ausnehmen konnten. Das ist passiert.
[Alex] Krass, also du hattest eine Zwei-Faktor- Authentifizierung drin und die haben es trotzdem hacken können und jetzt eineinhalb Jahre später, du meintest ja, du kennst noch das Datum, weißt du trotzdem noch nicht, wie das passieren konnte? Also wie sie...
[Judith] Also wir haben so ein paar Verdachtsmomente, zum Beispiel könnte es sein, dass es durch eine Session-IP-Hijacking-irgendwas, ich weiß es nicht genau, dass das irgendwie der Fall war, weil wenn man dann irgendwo sich an einem Flughafen ins WLAN einloggt, kann es dann vielleicht irgendwie passieren.
Oder in der Zeit damals wurden dann auch Facebook-Mitarbeiter entlassen, weil sie Kundendaten verkauft haben sollen, weil sie so, ja, wie soll ich sagen, also so unglücklich darüber waren, dass Facebook sie entlassen wollte und dann haben sie sich quasi aus Rache der Daten bedient und sie dann halt im Darknet oder sonst irgendwo verkauft.
Also wir wissen es nicht. Wurden unsere Daten verkauft, unsere Zugangsdaten oder wurde ich abgefangen? Keine Ahnung.
[Alex] Und was haben dann die Leute, die gehackt haben, dann mit deinem Konto angestellt? Was haben die dann genau gemacht? Also du hast gesagt, die haben Zugriff auf dein Werbekonto gekriegt?
[Judith] Ja, sie wollten mein Werbekonto ausnehmen und haben versucht, mein Limit auf 60.000 Euro hochzusetzen.
[Alex] Okay.
[Judith] Das ist absurd. Sie konnten zweimal 750 Euro für ihre komischen, also für so eine Bewerbung von so einem Online-Shop, konnten sie dann tatsächlich einsetzen.
Das Geld haben wir dann aber auch sofort von der Bank zurückbekommen. Also in der Hinsicht ist uns kein Schaden entstanden.
Ich habe dann erst vor kurzem herausgefunden, was sie da eigentlich beworben haben. Es waren irgendwelche Stifte und Marker und irgendwas zum Zeichnen, also irgendwas völlig Banales, Bescheuertes.
Dafür hacken die Leute irgendwelche Konten und verursachen einen Schaden, der zigmal höher ist, als diese Werbeausgaben, die sie versucht haben, von mir da so rauszupressen aus meinem Werbekonto. Es ist wirklich unfassbar.
Also ich habe auch schon Freunde, die wurden gehackt und dann wurden mir in ihrem Namen irgendwelche Dessous-Webseiten beworben oder irgendwas. Bei mir waren es Stifte.
[Alex] Okay. Und dann hast du gesagt, dass die Sperrung nicht nur dich betroffen hat, sondern auch noch weitere Menschen, die irgendwie mit dir zu tun hatten. Also in deiner Facebook-Gruppe war das, oder?
[Judith] Ja, das ist nämlich so, das wussten wir auch nicht. Wenn in einer Facebook-Gruppe etwas Anstößiges gepostet wird, wird nicht nur derjenige, der das gepostet hat, gesperrt, sondern auch alle Admins dieser Gruppe. Das wussten wir nicht.
Und ich hatte natürlich alle meine Teammitglieder als Admin in dieser Gruppe, weil die natürlich auch posten sollten und weil sie diese Gruppen verwalten mussten. Und dann waren insgesamt zehn Leute gesperrt. Es ist echt der Hammer.
Und dann eben auch so gesperrt, dass man dann, egal, was man macht, immer gegen eine Wand läuft. Also da kommen immer solche automatisch generierten Textblöcke als Antwort zurück: „Ja, wir haben das eingehend geprüft.“
Ja klar, nach einer Minute kommt eine eingehende Prüfung von Facebook und sagt dir: Nö, du bist trotzdem auf Lebenszeit gesperrt, weil wir sind der Meinung, dass du nicht unseren Gemeinschaftsrichtlinien entsprichst und bla bla bla. Es ist echt zum verrückt werden.
Kampf um die Kontowiederherstellung
[Alex] Und kannst du das nochmal so rekonstruieren, was du versucht hast, um wieder an dein Konto zu kommen? Was war erfolgreich, was war nicht so erfolgreich, was hast du dann gemacht?
[Judith] Also ich glaube, ich habe das meiste schon verdrängt, weil es so furchtbar war. Ich meine, die Leute denken sich dann, ja, ist doch nur eine Facebook-Sperre. Aber eine Facebook-Sperre mit so einer Anschuldigung von Facebook, dass du hier strafrechtlich relevante pornografische Inhalte gepostet haben solltest, also das ist schon echt, das macht was mit einem. Also das war unglaublich bedrückend.
Und natürlich haben wir erst mal versucht, unsere Kontakte bei Facebook irgendwie zu kontaktieren. Wir hatten einen Ansprechpartner bei Facebook, der dann aber sofort untergetaucht ist. Der hat uns geghostet, als es dann dieses Problem gab. Weitere Ansprechpartner haben wir nicht zu fassen bekommen.
Dann haben wir versucht, über unsere Facebook-Werbeexpertin, also die unsere Ads schaltet, dann durch ihre Kontakte irgendwas zu erreichen, hat auch zu absolut rein gar nichts geführt. Und das Einzige, was dann wirklich geholfen hat, war eine einstweilige Verfügung durch einen Anwalt. Alles andere kann man sich echt sparen. Das ist echt krass.
[Alex] Das heißt, man kann dann in der Situation nicht erwarten, dass Facebook einem da so ein bisschen hilft.
[Judith] Absolut gar nicht. Das Absurde ist ja, ich habe ja immer gedacht, naja, ich meine, wir haben doch einen Ansprechpartner und wir haben ja so übers Jahr gesehen immer wieder so Launches, wo wir dann auch Geld investieren.
Facebook sollte doch ein Interesse daran haben, dass wir da aktiv tätig sein können. Aber Pustekuchen, das ist so krass, wie dich Facebook im Regen stehen lässt und es ist denen auch vollkommen egal, ob du mitten im Launch bist, so wie wir damals, und ob wir eigentlich ein Werbebudget hatten von mehreren tausend Euro, was wir dort hätten investieren wollen, aber nee, das interessiert die absolut rein gar nicht.
[Alex] Und wenn jetzt jemand zuhört, die vielleicht auch davon betroffen ist, kannst du irgendwie so einen Tipp geben, so im Nachhinein hättest du vielleicht irgendwas machen können oder früher etwas machen können, was sich als effektiver herausgestellt hat oder ist da irgendwie alles verloren?
[Judith] Also, letztendlich hatten wir Zwei-Faktor-Authentifizierung, aber es war übers Handy und die ist angeblich nicht so sicher.
Sicherer ist die Zwei-Faktor-Authentifizierung mit so einem USB-Schlüssel, mit so einem USB-Stecker, den man wirklich reinsteckt und dann den Finger draufhalten muss. Das haben wir uns dann geholt und seitdem ist wirklich Ruhe.
Also wir wurden ja versucht oder innerhalb von fünf Wochen wurde dreimal versucht, unser Konto zu hacken. Eineinhalb Mal davon war erfolgreich. Also einmal dieser große Hack, dann nochmal später ein kleiner Hack und im dritten, da hatten wir dann die Hardware-Schlüssel, da konnten sie nichts mehr ausrichten.
Also, jeder, der irgendwie beruflich Facebook nutzt oder auch Instagram, sollte sich einen Hardware-Schlüssel holen für die Zwei-Faktor-Authentifizierung.
Aber an sowas denkt man halt nicht. Man denkt, ja, man hat doch eine 2FA und wie soll denn das umgangen werden? Aber ich kenne viele, bei denen die normale Zwei-Faktor-Authentifizierung am Handy komplett wirkungslos war.
[Alex] Auch andere Online-Unternehmerinnen?
[Judith] Ja.
[Alex] Okay. Kann es sein, dass dann Leute irgendwie gezielt jetzt auch so auf Kleinunternehmen gehen? Ich weiß nicht.
[Judith] Ich glaube nicht. Ich glaube, die machen das einfach, das ist, ich vermute, es ist automatisiert und das ist denen auch vollkommen egal, ob das ein großer Name ist, ein kleiner Name, ob da überhaupt ein Werbekonto dahinter hängt. Das sehen sie ja erst, wenn sie sich eingehackt haben.
Also ich glaube, die machen einfach so Masse, Masse, Masse und gucken dann, wo sie reinkommen und wie viel sie dann da rauspressen können. Und alles andere ist denen, glaube ich, vollkommen egal.
[Alex] Ich weiß, eine Sperrung kommt jetzt nie zur richtigen Zeit wie, keine Ahnung, eine Erkältung oder so, aber was hat denn damals für dich das genau bedeutet für dein Marketing? Ihr wart im Launch oder was hatte das für Auswirkungen?
[Judith] Der größte Launch des Jahres für uns, das ist immer im Dezember und das war eben dann Mitte November, wo wir dann diese Werbeanzeigen wirklich dann schon getestet haben. Dann wollten wir sie hochskalieren und dann genau an dem Tag, wo wir sie hochskalieren wollten, kam diese Sperre und wir dachten dann so, oh ja, super und was jetzt?
Weil, wie gesagt, die größte Kampagne des Jahres und wenn das dann eine Bauchlandung ist, dann ist das finanziell für uns wirklich ein Drama.
Also das ist dann wirklich schwierig, weil wir haben ja auch ein Team und wir haben ja eine Familie mit drei Kindern und das ist ja unser Business, das ist ja das, wovon wir leben.
Und dann hatten wir aber das große Glück, dass dann viele in meinem Umfeld unseren Launch, also unsere Kampagne, unsere Blog-Challenge geteilt haben und das hat dann viel, sehr viel aufgefangen und das war dann wirklich großartig.
Aber natürlich ist dann da trotzdem dieses Problem, dass wir dann kein Werbekonto hatten und wir wussten auch nicht, wann das wieder kommt.
Und wir konnten insgesamt ein halbes Jahr dann nicht richtig launchen, weil wir ein halbes Jahr gebraucht haben, bis mein Werbekonto wieder hergestellt war.
Also hergestellt auch nur so in Anführungszeichen, weil alle früheren Kampagnen, alles war weg. Also das, worauf man sich immer bezieht, mit dem man so Lookalike Audiences kreiert oder alles, das war komplett weg. Und ich habe so eine Art frisches Konto bekommen, kommen, mit dem ich dann aber auch gar nicht mehr so viel anfangen konnte, weil alle Daten weg waren.
Marketing ohne Facebook
[Alex] Das heißt, welche Rolle spielt jetzt Facebook und Werbeanzeigen bei dir jetzt im Marketing? Nutzt du das wieder oder hast du jetzt inzwischen andere Alternativen gefunden?
[Judith] Ja, man wird natürlich dann schon kreativ, wenn diese Möglichkeit wegbricht, also gezwungenermaßen. Aber es ist jetzt auch so, dass wir nicht mehr mein Werbekonto nutzen, also das, das an meinem Namen hängt, sondern wir nutzen jetzt andere Konten, also zum Beispiel von der Facebook-Expertin oder irgendwie so, dass, wenn ich gehackt werde, sowas nicht wieder passieren kann.
Und dann haben wir uns natürlich auch überlegt, okay, was machen wir jetzt? Und dann kamen dann immer so schlaue Leute daher, die gemeint haben, wenn du auf Facebook gesperrt bist, dann geh doch auf Instagram. Die also überhaupt nicht checken, dass das zusammengehört. Also völlig Banane.
Oder dann auch so schlaue Leute wie... Wenn Facebook nicht geht, dann macht doch Werbeanzeigen auf YouTube. Also auch in der völligen Ignoranz, dass das eine ganz andere Plattform ist, wo man nicht einfach Bilder posten kann, sondern Videos machen muss und das ganz anders funktioniert.
Also da kamen viele Leute mit vielen schlauen Ratschlägen und wir haben dann einfach eben dann geschaut, okay, wie können wir das nutzen, was wir schon haben, wie können wir mehr über die E-Mail-Liste machen, wie können wir mehr organisch machen, wie können wir mehr den Blog nutzen.
Also wirklich den Blog, den ich ja dann schon seit 18 Jahren hatte, um noch mehr Leute für unsere E-Mail-Liste zu gewinnen und dann da eben das Wachstum zu kompensieren.
Aber ich muss ganz ehrlich gestehen, also egal, was wir gemacht haben, wir konnten dieses Wachstum, was wir sonst mit Werbeanzeigen haben, nicht wirklich kompensieren.
Also es ist schon krass, wie gut dann doch diese Plattformen funktionieren und wie sehr das dann so ein Einschnitt ins Marketing bedeutet, wenn diese Plattformen wegfallen wegen einer ungerechtfertigten Sperre.
[Alex] Das ist tatsächlich auch meine Erfahrung. Also personalisierte Werbung ist einfach so mächtig, da kommt nichts ran im Grunde. Also es gibt Alternativen, aber so kurzfristig ist, glaube ich, personalisierte Werbung wirklich am effektivsten.
Und du hast gesagt, ihr habt so ein bisschen auch euer Netzwerk genutzt. Also dann haben andere Leute das geteilt, eure Blog-Challenge zum Beispiel. Ist das so etwas, was du in den letzten Monaten auch so wertgeschätzt hast, so ein Netzwerk oder spielt das jetzt nicht mehr so wieder die Rolle, wenn du jetzt Facebook wieder hast?
[Judith] Also ich bin ja schon gut in diesem Netzwerk-Thema drin, aber ich möchte die Leute nicht immer darum bitten, dass sie meine Challenge teilen sollen, weil das war für mich damals aus der Not geboren.
Aber ich fühle mich dann immer so ein bisschen so, ja, teile meine Challenge. Du kriegst zwar nichts dafür, aber tue es doch einfach mal. Also das ist so ein bisschen so, oh. Also da müssen wir uns vielleicht andere Strategien oder Möglichkeiten überlegen, wie es sich auch für die anderen lohnt, das zu teilen, auch wenn jetzt nicht mein Unternehmen irgendwie in so einer schwierigen Situation ist. Also das ist natürlich etwas, was wir uns überlegen können.
Und ja, ich habe dann ja auch, also wir haben ja da noch Pinterest versucht. Das hat bei uns auch nicht funktioniert. Wir haben es sogar mit einer Agentur versucht, die da richtig gut sein soll, und sind dann bei 20 Euro Lead-Kosten gelandet pro Person.
Das war echt alles sehr, sehr verrückt. Und es ist halt einfach krass, wie abhängig man dann wirklich von Facebook ist, wenn man da Werbeanzeigen schaltet, weil es einfach so eine gut funktionierende Plattform ist. Und egal, was wir versucht haben, nichts funktioniert annähernd so gut wie Facebook. Es ist echt schlimm.
Veränderungen in der Social-Media-Nutzung
[Alex] Hat denn der Vorfall irgendwas an deiner Haltung zu sozialen Medien geändert?
[Judith] Ja, also. Ich hatte schon immer so eine gewisse Hassliebe zu Social Media, weil ich schon auch sehr früh erkannt habe, dass wir da eigentlich unsere Zeit verschwenden.
Also es ist ein ständiges Rumgescrolle. Man scrollt da durch das Handy und dann sind plötzlich 30 Minuten vorbei. Man weiß gar nicht, was habe ich denn jetzt gemacht?
Weil man merkt dann irgendwie so, man wollte nur mal gucken, was kommentiert wurde im Kurs und dann ist da aber eine Benachrichtigung und dann schaut man ein Reel und wenn man ein Reel schaut, schaut man 100 und dann ist irgendwie der halbe Tag weg. Das ist echt schlimm.
Und das war schon mal so ein Ding, wo ich dann immer sofort gemerkt habe, ah, das ist irgendwie, das ist nicht gut, es tut mir auch nicht gut.
Aber ich habe halt immer gesagt, naja, aber Social Media ist meine kreative Spielwiese, es macht so Spaß, es ist ja auch in Ordnung, wenn es dann Spaß macht. Bis es dann keinen Spaß mehr gemacht hat, weil ich gesperrt wurde und zehn meiner Teammitglieder und wir da nicht rauskamen aus diesem Kafka-esken Wahnsinn.
Und seitdem habe ich so eine Haltung entwickelt, dass ich sage, ich nutze Social Media eigentlich nur noch als öffentlichen Newsletter für mein Business und melde dich hier an und lade jetzt das Freebie herunter. Also immer mit so einem Call to Action. Tu das, mach das. Es hat also komplett seine Leichtigkeit verloren oder dieses Unbeschwerte.
Und alles, was ich jetzt mache, muss jetzt irgendwie auf mein Business einzahlen, damit sich das lohnt für mich, dort meine Zeit zu investieren.
[Alex] Okay. Also das heißt, du bist dann nicht mehr so zum Spaß da, zum Rumdaddeln oder zum Zeitvertreiben, gar nicht mehr?
[Judith] Nein, nein. Also dieser Zug ist abgefahren bei Facebook und Instagram. Und ja, also ich kann jetzt auch nicht behaupten, dass es jetzt irgendwie besonders schlimm wäre, weil diese Leichtigkeit und diesen Spaß habe ich nach wie vor im Digitalen und es ist immer noch auf meinem Blog.
Also mein Blog, das Feature oder das Format, was mich nie enttäuscht hat. Das ist so meine große digitale Liebe, die eben immer funktioniert, die immer für mich da ist, wo ich nicht gesperrt werden kann und wenn dann doch mal was passieren sollte, habe ich immer meine Backups.
Also das ist einfach ein ganz anderes digitales Leben. Ich kann es gar nicht ausdrücken. Es ist anders als in Social Media, wo ich komplett ausgeliefert bin. Und bei meinem Blog habe ich die komplette Hoheit über alles. Und da kann mir das einfach nicht passieren.
[Alex] Du hast schon gesagt, du bloggst seit 18 Jahren. Mein Gott, das ist in der Online-Welt echt mal eine Ansage. Wie hat denn das Ganze angefangen mit dem Blog? Wie ist diese Blog-Liebe entstanden?
[Judith] Ich habe ja damals gedacht, alle um mich herum bloggen schon. Das war eine sehr, also ich war in so einer Blase und da habe ich gedacht, ich möchte jetzt auch bloggen und das ist so cool und das war so eine neue optimistische Zeit, wo dieses Internet gerade so das Leben durchdrungen hat.
Das war Mitte der Nuller Jahre und da habe ich einfach gesagt, okay, das möchte ich jetzt auch und dann hat mir ein Freund geholfen, den Blog aufzusetzen und dann habe ich einfach losgelegt und das war ein Lifestyle-Blog damals.
Ich habe einfach über alles Mögliche gebloggt. So ein bisschen, wie man heute vielleicht so Instagram bedient, wenn man nicht so einen starken Business-Fokus hat. Man postet einfach alles Mögliche. Und so habe ich dann auch angefangen. Und dann habe ich mich, also ich habe 2005 angefangen zu bloggen.
Und dann habe ich mich 2009 selbstständig gemacht. Und das war dann zwar immer noch ein Lifestyle-Blog, aber ich habe sofort gemerkt, ich kann das nutzen für mein Business.
Und das war dann für mich das beste Sprungbrett, um dann eben in meiner Selbstständigkeit gut gefunden zu werden. Und so hat sich das zu einem Business-Blog entwickelt. Und heute ist es dann eben so eine Mischung aus einem persönlichen Unternehmens-Blog. Also so würde ich das heute nennen. Es hat sich immer so gewandelt.
Und heute ist dann so der Punkt, wo ich sage, jetzt fühle ich mich richtig wohl mit der Art, wie ich blogge. Ich möchte keinen Lifestyle-Blog haben, aber ich möchte, dass es für mein Business sinnvoll ist und mir Kunden bringt, aber dass es mir immer noch Spaß macht. Und daran hat sich das zum Glück entwickelt.
[Alex] Und deshalb hast du so einen Mix an Themen. Also ich finde, du hast ja nicht nur diese typischen Business-Themen, sondern machst auch, keine Ahnung, so Rückblicke im Monat. Und ich glaube, 12 von 12 nennt sich das. Erzähl mal, was machst du da so alles auf dem Blog?
[Judith] Genau. Also ich finde ja nichts langweiliger, als wenn ein Texter nur über das Texten bloggt oder ein Fotograf nur über das Fotografieren. Das finde ich echt ultra langweilig.
Und das ist dann für mich auch kein Grund, jemanden zu buchen, sondern für mich ist ein Grund, jemanden zu buchen, dass ich diese Persönlichkeit rauslesen kann. So passt diese Person zu mir. Und das kann ich besonders gut durch persönliche Blogartikel so herausspüren.
Und ich finde es immer schade, wenn Leute nur so Expertenartikel bloggen. Das finde ich echt so, das kann doch jeder. Ja, und deswegen ist eben auch die Empfehlung, die ich gebe, so dieses, ja, blogge verschiedene Themenformate, schreibe auch persönliche Themen, warum du tust, was du tust oder eben diese Rückblicke und alles, weil ich glaube, dass das wirklich das ist, was die Leute auf dem Blog hält.
Also sie finden dich wegen irgendeinem Experten-Thema, aber so wie ich mich auch bei dir festlesen kann, stundenlang über alles Mögliche bis zu deinem Abschiedsbrief an Mark Zuckerberg, also wirklich, ich glaube, ich habe jeden Blogartikel von dir gelesen, weil das einfach so eine coole Mischung ist und ich finde, das macht einfach einen guten Blog aus, dieses Persönliche mit dazu.
[Alex] Hast du so ein Lieblingsformat bei dir oder einen Lieblingstext von dir? Was schreibst du gerne?
[Judith] Ich liebe meine Jahresrückblicke. Das sind so die Blogartikel, die ich auch nach Jahren gerne lese, weil dann ist es einfach so schön, diese Fotos zu sehen und dieses, ah, das hätte ich schon fast vergessen. Also ich glaube, das sind wirklich meine Lieblingsblogartikel.
[Alex] Und es ist ja auch ganz schön so zum Reflektieren für sich. Also nicht nur für die anderen zum Lesen, sondern auch für sich selbst, was ist passiert und wie bin ich gewachsen, was hat sich verändert. Also ich kann mir vorstellen, dass es schön ist, so über die Jahre dann auch zu sehen.
[Judith] Ja, das ist einfach toll. Ich sage immer, wir bauen damit so ein Erfolgsarchiv auf von uns selbst, weil ich neige ja immer dazu, so das Imposter-Syndrom spielt da mit rein, dass ich immer sage, ja, das war doch gar nicht so toll, was ich gemacht habe.
Oder ich habe diesen Monat gar nichts erreicht oder gar nichts Tolles erlebt.
Aber wenn man anfängt, das mal wirklich aufzuschreiben, dann merkt man erst, was da alles war. Und das ist einfach super. Und meine Haltung ist ja auch, also mein Claim lautet, blog like nobody's reading, dass ich auch sage, blogge doch erstmal für dich selber. Was macht dir Spaß? Welches Thema findest du gut?
Und dann erst zu überlegen, wie kann ich jetzt mehr Besucher auf meine Website kriegen? Welches Thema ist jetzt wirklich suchmaschinenrelevant? Dass wir das eher so nach hinten schieben, diese technischen und SEO-Themen.
[Alex] Das finde ich auch absolut. Und ich liebe auch dein Motto. Ich finde es total geil. Ich wünschte, ich hätte das erfunden. Nee, weil ich glaube, dass man einfach sehr früh so verzweckt schreibt. Also ein Text soll XY erreichen und dass man da gar nicht so die Freude und den Spaß am Schreiben aufbauen kann.
Und ich glaube, genau das war ja bei dir dann der Fall, weil du noch gar nicht so für dein Marketing gebloggt hast, sondern nur so for fun quasi. Und hast dann quasi erst so diese Freude aufgebaut zum Schreiben. Ich glaube, das ist eine ganz tolle Empfehlung für Menschen, die gerne einen Blog starten wollen.
[Judith] Dadurch dass es ein Lifestyle-Blog war, dadurch, dass es so ein Spaßprojekt war, war das halt die beste Voraussetzung dafür, dass mein Blog überhaupt erst richtig loslegen konnte.
Weil viele starten dann so, ja, ich glaube, ich muss so ein Business-Thema bedienen. Also gucke ich jetzt mal, welche Keywords oder welche Themen sind da relevant. Und meistens schaffen diese Blogs keine vier Blogartikel, bevor sie sterben.
Und das finde ich halt wahnsinnig schade.
[Alex] Ja, das stimmt. Also langfristig denken ist, finde ich, auch immer ein sehr guter Tipp. Also was kann ich durchhalten? Auch nicht nur eine Woche oder einen Monat, sondern vielleicht ein Jahr oder zehn Jahre.
Sind Blogs out?
Und ich glaube, das Tempo und diese Formate sind dann die richtigen und nicht irgendwie andere Tipps. Warum sind denn Blogs für dich nicht out? Also wir haben ja jetzt Social Media, wir haben jetzt KI und trotzdem setzt du noch auf einen Blog. Warum?
[Judith] Ja, Blogs sind sozusagen das elementare Grundrauschen des Internets. Denn immer, egal, was wir googeln, wir landen mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit auf einem Blogartikel. Und das checken halt viele Leute nicht. Die sagen dann, ja, Blogs sind out, keiner liest mehr Blogs. Und sie behaupten selber, sie lesen keine Blogs. Aber wenn sie was googeln und dann eine Anleitung finden, dann lesen sie einen Blogartikel.
Deswegen ist für mich einfach …, Bloggen ist so die Grundlage von allem, von jeder Sichtbarkeit, die wirklich nachhaltig ist.
Bei Social Media, also ich rede mir ja den Mund fusselig, Die Leute saugen sich irgendwas aus den Fingern, um dann irgendwas bei Instagram zu posten und sind dann ganz stolz auf sich.
Ja, ich habe ein Reel gepostet oder ja, ich habe ein Posting gemacht. Kriegen dann irgendwie so 13 Likes, keine Kommentare und nach zwei Tagen interessiert das niemanden mehr.
Aber wenn du bloggst, wird das auch in zehn Jahren noch gefunden. Und das ist einfach, das ist eine ganz andere Herangehensweise an Content.
Und deswegen ist für mich Blogging nie out. Solange die Menschen in Suchmaschinen suchen oder solange sie im Internet nach Informationen suchen, ist ein Blog meiner Meinung nach eine der allerbesten Möglichkeiten, um gefunden zu werden. Und natürlich ist Social Media dann vielleicht auch gut als Ergänzung, aber ich würde mich nie allein auf Social Media verlassen.
[Alex] Du bist ja schon so lange dabei. Würdest du sagen, dass sich in den letzten Jahren jetzt irgendwas verändert hat? Also wenn jetzt jemand noch frisch 2024 mit dem Bloggen starten würde, was müsste dieser jemand beachten? Irgendwas anderes als vorher oder ist noch alles gleich?
[Judith] Ja, das ist ja das Großartige am Bloggen, dass da diese Hype-Zyklen nicht so funktionieren wie auf Social Media. Auf Social Media heißt es ja, ja, jetzt machst du Videos, das funktioniert gut. Dann heißt es ja, mach Lives, nee, mach Reels, nee, mach Karussell-Postings.
Und beim Bloggen ist einfach so, schreib einfach verdammt gute Texte, und das funktioniert heute genauso wie vor 20 Jahren. Es hat sich nicht so wahnsinnig viel verändert.
Also natürlich kamen dann noch weitere technische Neuerungen dazu, aber das Herzstück vom Bloggen ist ja, einen Text zu schreiben. Und wenn dein Text gut ist, dann wird er gefunden.
Also ich muss dann gar nicht noch irgendwie groß was machen und das finde ich halt so großartig am Bloggen, dass diese Hürde eigentlich relativ niedrig liegt, dass man da schnell gefunden wird, dass man da so sein Content-Imperium aufbaut.
Also das ist für mich das einzig Wahre.
[Alex] Und wenn er nicht gefunden wird, dann wird er vielleicht geteilt.
Also du hast ja schon diesen Brief an Mark Zuckerberg angesprochen. Ich habe an diesem Tag mehr Traffic von Social Media bekommen, als zu der Zeit, als ich noch meine Konten hatte, einfach weil der auf Social Media geteilt wurde, was ich ziemlich witzig fand.
Das bedeutet, sogar wenn man quasi nicht für Suchmaschinen schreibt, schreibt man ja auch oft einfach noch für Menschen.
Und wenn Menschen einen Artikel gerne lesen, dann teilen sie ihn und eins von beidem kann eigentlich immer so der Fall sein.
Erfolgsfaktoren für einen guten Blog
Du hast ja inzwischen super viele Menschen beim Bloggen unterstützt. Du hast ja die Content Society, richtig?
[Judith] Genau.
[Alex] Genau und viele Blogs gesehen und so mit deiner Erfahrung von 18 krassen Jahren, worauf kommt es denn deiner Erfahrung nach an, wenn so ein Blog auch erfolgreich sein soll?
Also in dem Sinne, dass Menschen die Texte gerne lesen und dass man auch ein bisschen länger durchhält als nur drei Wochen.
[Judith] Also ich glaube, einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist es, regelmäßig zu bloggen.
Und mit regelmäßig meine ich gerade am Anfang einmal die Woche.
Und durch diese Übung, indem man jede Woche schreibt, wird man besser. Und so lernt man dann auch immer mehr rund um das Bloggen. Deswegen halte ich gar nichts davon, dass man erst mal so einen SEO-Kurs oder so einen hypertechnischen Blog-Kurs belegt, um zu wissen, wie es geht, weil diese Blogs sterben meistens.
Und natürlich ist es auch wichtig, dass man über ein Thema bloggt, bei dem man Spaß hat und dass man das nicht nur so als Content-Projekt sieht, um jetzt Kunden zu angeln, sondern wirklich so als, ich möchte mich der Welt mitteilen mit einem Thema, das mir wichtig ist, und diese intrinsische Motivation hilft uns dabei durchzuhalten.
Und alles andere, dieses ganze SEO-Know-how, dieses ganze Newsletter, wie ich meine Blogartikel teile auf Social Media, das kommt dann, indem man regelmäßig bloggt.
Deswegen ist das für mich der erste Dominostein, der sein muss, dieses Commitment, ich blogge regelmäßig, das bedeutet einmal die Woche. Zumindest am Anfang. Später kann man seltener bloggen, aber gerade am Anfang sollte man regelmäßig bloggen.
[Alex] Aber gerade das fällt ja super vielen Menschen schwer, oder, diese Regelmäßigkeit.
[Judith] Ja, und woran liegt das? Daran, dass sie denken, mein Blogartikel muss mindestens 2000 Wörter haben. Er muss das perfekte Keyword, das perfekte Beitragsbild haben. Und das versuche ich den Leuten erstmal so aus dem Kopf zu pusten.
So diese Glaubenssätze, weil weder das Beitragsbild entscheidet darüber, ob dein Blogartikel gelesen wird, noch irgendwelcher technische Schnickschnack. Es ist ja im Grunde die Headline und dein Thema. Und das muss einfach gut sein.
Und wenn du mit deiner Freundin über ein Thema reden kannst, dann kannst du das Ganze auch runterschreiben. Darum geht es doch eigentlich, so zu schreiben erst mal, wie du das einer Freundin oder jemandem erzählen würdest und das dann mit der Welt zu teilen.
Aber viele haben dann Angst, ja was denken die Nachbarn oder was sagen meine Freunde, wenn ich jetzt blogge oder bla bla bla.
Also diverse Glaubenssätze spielen da mit rein und verhindern dann dieses regelmäßige Bloggen. Und dann brauchen die Leute 20 Stunden für einen Blogartikel. Ja, dann könnte ich auch nicht so viel bloggen, wenn ich so lange an einem Blogartikel sitzen würde. Aber ich sitze vielleicht zwei bis drei Stunden an einem Blogartikel und nicht länger.
[Alex] Und was wären denn so, vielleicht jetzt so die letzte Frage, was wären denn so positive Glaubenssätze rund ums Bloggen? Also wenn du sagst, was würden die Nachbarn denken, das lähmt dann und frustriert einen sehr, aber was können wir denn stattdessen denken über das Schreiben und Bloggen?
[Judith] Ja, wenn ich das veröffentliche, werde ich garantiert zehnmal darauf angesprochen, ob beim Bäcker oder im Studio. Das ist wirklich unglaublich. Oder sowas wie, wenn ich das veröffentliche, werde ich mindestens tausend Menschen dabei helfen, ihr Problem zu lösen. Weil ein Blogartikel über die lange Lebenszeit, die er hat, und das sind ja Jahre. Er wird dann oft gegoogelt, oft gefunden.
Und etwas, das wir heute schreiben, kann in fünf Jahren das Leben eines Menschen verändern. Und das zu wissen, dieses, ey, ich teile mich der Welt mit, aber das könnte theoretisch jeder auf der Welt lesen oder zumindest jeder, der Deutsch kann, das finde ich so toll, dieses, hey, ich bin nicht limitiert auf mein Dorf, sondern ich kann darüber hinaus wirksam sein, das finde ich einfach großartig.
[Alex] Ja, das ist doch ein sehr, sehr schönes Schlusswort. Judith, vielen, vielen Dank, dass du heute hier warst und uns deine Facebook-Geschichte erzählt hast, zum x-ten Mal bestimmt, und uns auch so viele tolle Dinge über den Blog erzählt hast. Vielen Dank.
[Judith] Sehr gerne.