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Hier dreht sich alles um wertebasiertes Marketing ohne Social Media, Psychotricks und das übliche Marketing-Blabla.


Social-Media-Kritik Alexandra Polunin Social-Media-Kritik Alexandra Polunin

Die Affordanz sozialer Medien

In der Raumsoziologie gibt es den Begriff der Affordanz. Affordanz heißt, dass jeder Gegenstand einen bestimmten Aufforderungscharakter hat, wie er genutzt werden soll. Was ist die Affordanz von Social Media?

In der Raumsoziologie gibt es den Begriff der Affordanz

Affordanz heißt, dass jeder Gegenstand einen bestimmten Aufforderungscharakter hat, wie er genutzt werden soll. 

Ein Hammer fordert uns zum Beispiel zum Nagel-in-die-Wand-Schlagen auf, jedoch nicht zum In-der-Suppe-Rühren. 

Ein Eis fordert uns zum Abschlecken auf, ein Messer jedoch nicht und so weiter. 

Was ist die Affordanz sozialer Medien? Auf den ersten Blick vielleicht Folgendes:

  • Interaktion und Kommunikation: Soziale Medien machen es leicht, mit anderen Menschen zu kommunizieren und zu interagieren – sei es durch Likes, Kommentare oder DMs. 

  • Selbstdarstellung und Identitätsgestaltung: Soziale Medien machen es leicht, sich durch Posts, Fotos, Videos und Profile selbst zu präsentieren und die eigene Identität auszudrücken.

  • Kontakte knüpfen: Soziale Medien machen es leicht, neue soziale Kontakte zu knüpfen, bestehende zu pflegen oder Netzwerke zu erweitern, sei es durch „Freundschaften“, „Follower“ oder Gruppen.

  • Verbreitung von Informationen: Soziale Medien machen es leicht, Inhalte zu teilen und – zumindest in der Theorie – eine unvorstellbar hohe Zahl an Menschen innerhalb kürzester Zeit zu erreichen.

Gleichzeitig glaube ich auch, dass Entmenschlichung die Affordanz sozialer Medien ist. Denn so sozial, wie sie dem Namen nach tun, sind Facebook, Instagram und Co. gar nicht. 

Sie belohnen die Inhalte mit Reichweite, die Emotionen triggern:

  • Clickbait und heiße Luft

  • Polarisierende politische Aussagen 

  • Desinformation und Verschwörungstheorien

  • Falsche oder irreführende Gesundheitsinformationen

  • Rage Bait

  • Inszenierte und emotional aufgeladene Geschichten

  • und vieles mehr

Soziale Medien legen es darauf an, dass wir starke Reaktionen zeigen und gar nicht anders können, als mit den Inhalten zu interagieren.

Denn wenn Menschen sich aufregen, bleiben sie länger auf der Plattform. Und wenn sie länger auf der Plattform bleiben, hinterlassen sie mehr Daten. Und wenn sie mehr Daten hinterlassen, verdienen die Social-Media-Plattformen mehr Geld.

Natürlich zwingen uns soziale Medien nicht dazu, gemein oder gar unsozial zu sein, aber sie machen uns dieses Verhalten leicht, sie legen es uns nahe, andere Menschen, ihre Aussagen oder ihr Verhalten durch Likes oder Kommentare zu bewerten. 

Genauso wie die Architektur in München es obdachlosen Menschen schwer macht, sich auf Sitzbänke zu legen (Quelle), machen es uns die sozialen Medien schwer, Menschen in ihrem Menschsein zu sehen

Es ist fast so, als würden wir beim Öffnen der Social-Media-App unser Menschsein an der Garderobe abgeben und uns ein neues Kostüm aussuchen. User, Followerin, Content Creator, Influencerin – wie wollen wir uns heute verkleiden? Was wollen wir heute sein? 

Wir schlüpfen in die neue Kleidung – nicht selten ist sie uns zu schmal oder zu weit geschnitten, zwickt oder hinterlässt rote Flecken auf unserer Haut – und: Action! Die Vorstellung startet und alle wissen genau, was sie zu tun haben.

Klar könnten sich obdachlose Menschen auch auf Sitzbänke mit Armlehnen quetschen und so ausruhen, und klar könnten Menschen auf Social Media versuchen, Menschen wie Menschen zu behandeln. Doch es ist meist nicht so leicht, sich gegen die Affordanz von Gegenständen, einer Software oder einer Plattform zu wehren. 

Denn wir Menschen mögen es einfach und bequem. Und wenn ein Gegenstand, eine Software oder eine Plattform ein bestimmtes Verhalten nahelegt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir genau dieses Verhalten zeigen.

Geht es dir auch so?

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Marketing, Schreiben Alexandra Polunin Marketing, Schreiben Alexandra Polunin

Menschliche Marketingsprache

Begriffe wie „Leads“, „Conversions“, „Prospects“, „Follower“ oder „Sales Funnel“ verbergen, dass es um Menschen geht und tragen daher zu einer entmenschlichten Marketingsprache bei. In diesem Blogartikel übersetze ich das übliche Marketingsprech in eine menschliche Marketingsprache.

Dieser Text ist eine kleine Erinnerung daran, dass sich hinter dem Begriff „Lead“ ein Mensch verbirgt. 

Auch hinter „Conversions“, „Prospects“, „Followern“ oder „Sales Funnel“: Menschen.

Diese Begriffe haben aus unternehmerischer Sicht schon einen Sinn, denn sie helfen, Marketingprozesse zu strukturieren und zu messen. 

Gleichzeitig bergen diese Begriffe aber auch die große Gefahr, andere Menschen auf eine wirtschaftliche Transaktion zu reduzieren und sie nur noch als Zahlen zu betrachten.

Sie bergen die Gefahr der Entmenschlichung.

Deshalb mag ich auch Fragen wie „Wie bekomme ich mehr Leads?“, „Wie kann ich die Conversionrate erhöhen?“ oder „Wie kann ich meinen Sales Funnel optimieren?“ nicht. 

Ich erkenne in diesen Fragen nicht mehr, dass es um Menschen geht. 

Stattdessen stehen in dieser kühlen, distanzierten, technokratisierten Marketingsprache Abstraktion, Objektifizierung, Effizienz und Daten im Fokus. 

Dabei ist es gar nicht so kompliziert, wieder mehr Menschlichkeit ins Marketing zu bringen. 

Hier sind ein paar Ideen:

Marketingsprache Vergleich
Entmenschlichte Marketingsprache Menschliche Marketingsprache
Wie bekomme ich mehr Leads? Wie kann ich mehr Menschen von meinem Thema erzählen? Wie kann ich Menschen begeistern? Wie kann ich Interesse bei Menschen wecken?
Wie kriege ich mehr Conversions? Welche Probleme haben Menschen und wie kann ich sie mit meinem Produkt lösen? Was braucht es, damit mein Angebot für Menschen sinnvoll ist?
Wie kann ich meinen Sales Funnel optimieren? Wie kann ich klarer kommunizieren, wie ich Menschen helfen kann?

Ich habe übrigens auch Helga, so nenne ich meinen KI-Bot, gefragt, ob sie mir den typischen Marketingslang mal in menschliche Marketingsprache übersetzen könnte. 

Und weißt du was? Ich fand Helga gar nicht mal so schlecht:

Marketingsprache Tabelle 2
Entmenschlichte Marketingsprache Menschliche Marketingsprache
Unsere Lead-Generierungsstrategie zielt darauf ab, die Conversion-Rate zu maximieren. Wir möchten Menschen ansprechen, die wirklich an unseren Lösungen interessiert sind, und ihnen zeigen, wie wir ihnen helfen können, ihre Ziele zu erreichen.
Mit einer Verbesserung der Churn-Rate um 10 % erreichen wir die Ziel-QoQ-Wachstumsrate. Wir konzentrieren uns darauf, bestehende Kund*innen besser zu verstehen und zu unterstützen, damit sie sich langfristig bei uns wohlfühlen und gerne bei uns bleiben.
Unsere User-Base hat sich vergrößert, und die Engagement-Raten sind um 5 % gestiegen. Immer mehr Menschen entdecken den Wert, den unsere Angebote bieten, und wir freuen uns, dass sie aktiv mit uns in Kontakt treten und sich für unsere Inhalte interessieren.

Egal, ob selbstständig, Einzelunternehmer*in oder Marketingverantwortliche in Unternehmen – wir alle können uns entscheiden:

Wollen wir mit unserer Marketingsprache einen Beitrag zu mehr Menschlichkeit oder zur Entmenschlichung in der Onlinewelt leisten?

Wir haben die Wahl.

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Marketing Alexandra Polunin Marketing Alexandra Polunin

Content-Fatigue: Ich bin so müde

Ich habe Content-Fatigue. Will heißen: Ich bin müde von dem immergleichen, aalglatten, nichtssagenden „Content“, den ich online finde. Ich will etwas lesen, das nach etwas schmeckt und riecht, das Ecken und Kanten hat, an denen ich mich festhalten kann …

Ich habe Content-Fatigue.

Will heißen: Ich bin müde von dem immergleichen, aalglatten, nichtssagenden „Content“, den ich online finde.

Ich will etwas lesen, das nach etwas schmeckt und riecht, das Ecken und Kanten hat, an denen ich mich festhalten kann. Etwas, was ich nicht gleich wieder vergesse, sobald ich auf das nächste Suchergebnis klicke.

Ich habe Contentplan-Fatigue.

Will heißen: Ich bin müde von Redaktionsplänen, die mir sagen, wann ich was wie zu „produzieren“ habe. Wann mein Blog, Podcast oder Newsletter befüllt werden muss. Und womit.

Ich will etwas veröffentlichen, weil alles in mir darauf drängt, es zu tun. Weil die Botschaft zu wichtig ist, um sie nicht zu teilen. Weil ich es will – nicht weil ich es muss. Weil es mir gerade in den Kram passt – nicht weil der Plan es sagt.

Ich habe Content-Marketing-Fatigue.

Will heißen: Ich bin müde von der Art von Marketing, die sich hohler Marketingphrasen bedient, statt wirklich etwas zu sagen. Marketing, bei dem das, was man schreibt oder sagt, nur einen Zweck hat: zu verkaufen.

Ich will etwas schreiben, das nicht nur im Kontext meiner Produkte Bedeutung hat, sondern darüber hinaus. Etwas, das für sich steht. Etwas, das auch abgesehen von Marketing einen Wert hat. 

Was ist das überhaupt für ein seltsames Wort … „Content“. Als ob es etwas Besonderes wäre, dass unsere Worte und Sätze einen „Inhalt“ haben, dass sie etwas bedeuten. 

Deshalb rede ich bereits seit einiger Zeit nicht mehr von „Content“. Auch im Marketingkontext. Und auch, als ich den Schreibcircle konzipierte, hatte ich keinen „Content“ im Sinn. 

Ich will nicht noch mehr „Contentproduziermaschinen“ ausbilden, die wie am Fließband den immergleichen „Content“ erstellen und ihn dann auf ihren Kanälen teilen. Ich will das Gegenteil: 

Dass wir verlernen, Content zu erstellen.

Ich will wieder von „Worten“ und „Texten“ sprechen, wenn wir Marketing betreiben. 

Ich will, dass wir Freude spüren, wenn wir Marketingtexte schreiben – nicht Druck oder gar Angst.

Ich will, dass wir uns erlauben, wieder so zu schreiben, wie Schreiben eigentlich gedacht ist: von Mensch zu Mensch. (Und nicht von Contentproduziermaschine zu Mensch. Oder von KI zu Mensch.)

Ich glaube nämlich, dass wir gerade ganz dringend mehr davon brauchen:

Menschlichkeit

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Themenwünsche?

Wenn dir ein wichtiges Thema im Blog fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freue ich mich auf deine Nachricht.