Unbezahlte Arbeit auf Social Media – Teil 6: Mental Load

Diese Folge ist die letzte in der Reihe „Unbezahlte Arbeit auf Social Media“.

Heute geht es abschließend um den Mental Load, also um die mentale Belastung, die entsteht, wenn wir Socal Media als Privatmenschen nutzen oder beruflich Social-Media-Marketing betreiben. 

Folge anhören:

Transkript lesen:

In der heutigen Podcastfolge geht es um das Thema Mental Load auf Social Media.

Und vielleicht oder vermutlich kennst du diesen Begriff eher in einem anderen Kontext, nämlich wenn es um Care-Arbeit geht. 

Da beschreibt der Begriff, dass es neben den ganzen Aufgaben, die anfallen, wenn wir Fürsorgearbeit leisten, es noch eine weitere Art von Arbeit gibt, die aber komplett unsichtbar ist. Oder zumindest unsichtbar war. Denn zum Glück reden immer mehr Menschen über Mental Load.

Der Begriff beschreibt die mentale Belastung, die wir täglich haben, wenn wir zum Beispiel Fürsorgearbeit leisten. Denn die beinhaltet ja nicht nur, dass wir tatsächlich beispielsweise für Kinder kochen oder mit ihnen spielen oder sie ins Bett bringen. Sondern wir müssen ständig an Dinge denken und organisieren und planen und vorausschauen. 

Wenn z.B. unser Kind eine Einladung bekommt zu einem Geburtstag, ist klar: Wir brauchen ein Geschenk. Wann können wir das besorgen? Und was soll das überhaupt sein? Da können wir mal die Eltern anschreiben und nachfragen. Wir überlegen, wie das Kind auf den Geburtstag kommt. Ob wir hinlaufen können. Oder sich der Ort mit den Öffis gut erreichen lässt. Oder ob jemand fahren muss. Wir überlegen, ob wir einen anderen Termin, der mit dem Geburtstag konfligiert, verlegen müssen. Was wir in der Zeit evtl. mit dem Hund machen oder einem kleineren Kind, das zu der Zeit immer Mittagsschlaf hält. Usw. 

Es ist also nicht nur: Das Kind geht auf einen Kindergeburtstag.

Sondern: Der Kindergeburtstag kommt mit einem Rattenschwanz an Aufgaben und füllt unseren Kopf mit Dingen, an die wir denken und die wir organisieren müssen. Und deshalb heißt es eben auch Mental Load oder mentale Belastung. 

Denn da es so viele Dinge gibt, die wir auf dem Schirm haben müssen, ist dieser Mental Load für viele Frauen vor allen Dingen – denn da sie sich um die Care-Arbeit kümmern, sind sie auch stärker vom Mental Load betroffen – enorm hoch und hat häufig gesundheitliche Konsequenzen.

Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Migräne, Reizbarkeit, Bluthochdruck, Angstzustände, Depressionen bis zum Burnout, nur mal um einige typische Symptome zu nennen.

Und ja dieser Metal Load in der Care-Arbeit ist zwar noch lange nicht gelöst, aber wir reden inzwischen zumindest darüber. Und das ist beim Mental Load auf Social Media nicht der Fall.

Mir scheint, dass sich kaum jemand diesem Thema widmet. Dabei gehen auch soziale Medien mit einem enormen Mental Load einher.

Fangen wir mal an mit der Contentarbeit. Es ist ja nicht nur so, dass wir uns hinsetzen und unser Smartphone in die Hand nehmen und innerhalb von zwei, drei Minuten den perfekten Post runterschreiben – Contentarbeit heißt meist, dass wir uns permanent Gedanken darüber machen müssen, was wir wann wie posten.

Jeder Tag, jede Mahlzeit, jede Reise, jeder Gedanke, ja, jeder einzelne Moment des Tages ist potenzieller Social-Media-Content. Und das heißt: Wir sind nie mit der Social-Media-Arbeit fertig. Solange wir essen, denken, uns fortbewegen und Dinge tun, selbst wenn es nur rumgammeln auf der Couch und Tatort gucken ist, könnten wir auf Social Media theoretisch darüber reden.

Das heißt, wir gehen durchs Leben mit dieser Social-Media-Brille, die da heißt: Kann ich das auf Insta posten? Oder: Kann ich daraus eine Story-Sequenz machen?

Ständig tragen wir diesen Gedanken mit uns herum, wenn wir Social Media nutzen. 

Und wenn wir dann den Content gepostet haben und eigentlich fertig sind, steht ja schon der nächste Post an. Das heißt, wir machen uns sofort wieder Gedanken um den nächsten Content.

Gleichzeitig haben wir immer im Kopf, die Likes und Kommentare und Nachrichten zu checken. Das heißt: Wir nehmen nicht nur immer wieder unser Smartphone in die Hand, um irgendwelche Kennzahlen zu checken, wir denken auch permanent daran. Der Gedanke, dass jemand unseren Post geliket, kommentiert oder geteilt hat, ist permanent in unserem Kopf drin.

Es gibt meines Wissens im Gegensatz zum Mental Load in der Care-Arbeit keine Studien über den Mental Load auf Social Media. Das heißt: Wir tappen da so ziemlich im Dunkeln, was das Thema angeht.

Wenn ich eine Vermutung äußern dürfte, dann, dass gerade dieser Mental Load einen großen Anteil an der Social-Media-Erschöpfung hat, die viele Menschen gerade fühlen.

Social Media zu nutzen, heißt dann eben, niemals fertig mit der Arbeit zu sein. Und selbst wenn wir uns gerade nicht auf Instagram rumtreiben, sind wir dennoch in Gedanken dort. Und das kostet auf lange Sicht jede Menge Zeit und Energie.

Aber natürlich kann jede und jeder einzelne das für sich mal checken und überlegen: Wo trage ich Social Media bei mir im Kopf mit herum? Wann mache ich mir Gedanken darüber? Sorgen? Wann liege ich wach und kann nicht schlafen?

Selbst der banalste Gedanke wie „Wär das was für eine Story?“ ist streng genommen Arbeit und deshalb ist es so wichtig, dass Menschen diesen unsichtbaren Mental Load, diese unsichtbare Arbeit, für sich sichtbar machen und sich von mir aus eine Liste erstellen mit all den Aufgaben und Gedanken und Planungen und Organisationen und Sorgen und so weiter rund um die sozialen Medien. 

Erst dann können wir besser verstehen, welche Rolle Mental Load auf Social Media für Menschen tatsächlich spielt und ob auch dieser Mental Load bei Menschen dafür sorgt, dass sie ernsthaft daran erkranken.

So, das war der allerletzte Beitrag zum Thema „Unbezahlte Arbeit auf Social Media“. Wir hatten die Contentarbeit, die Emotionsarbeit, die ästhetische Arbeit, die Arbeit an sich selbst und seinen Gewohnheiten und jetzt eben noch den Mental Load. 

Du solltest jetzt spätestens nach dieser Folge gesehen haben, dass soziale Medien enorm viel Arbeit von uns fordern, die meist unsichtbar und damit unbezahlt ist. Und das kann vor allem für diejenigen ein Problem sein, die eh schon am Ende ihrer Kräfte sind. Da können soziale Medien eben noch der Tropfen sein, der das Fass dann zum Überlaufen bringt und ernsthafte gesundheitliche Folgen hat.

Deshalb habe ich eine große Bitte an dich: 

Falls du jemanden kennst, der oder die von Social Media erschöpft ist, bitte leite ihr die sechs Podcastfolgen über unbezahlte Arbeit auf Social Media weiter.

Denn mir ist es ein Anliegen, Menschen deutlich zu machen, dass es nicht ihr individuelles Versagen ist. Sondern, dass Social Media viele ausbeuterische Strukturen hat, die dazu führen können, dass Frauen, die im analogen Leben ja eh schon so viel mehr unbezahlte Arbeit leisten als Männer, mit Social Media noch zusätzlich einen Bereich haben, der extrem viel Zeit, Energie und Geld von ihnen fordert. Und das kann erschöpfen und müde machen und stressen oder sogar in den Burnout führen.

Shownotes:

Website

Buch „No Social Media!“

Buch „Don’t be evil“

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