Social-Media-frei
Der Podcast für Marketing ohne Likes, Reels & Selfies
Worum geht’s?
In diesem Podcast nehme ich soziale Medien kritisch unter die Lupe und spreche darüber, wie Selbstständige online sichtbar werden können, ohne ständig ihr Frühstück auf Insta zu posten.
Es geht um „immergrüne“ Marketingstrategien und darum, wie Selbstständige entspannt und nachhaltig ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.
Dauergeposte und Dauerhustle nicht nötig!
KLINGT GUT?
Hier kannst du den Podcast abonnieren
Sowie in jeder anderen Podcast-App deines Vertrauens
Endgegner Über-mich-Seite? Interview mit Margot Maric
In dieser Podcastfolge habe ich die Marketingberaterin und Storytelling-Expertin Margot Maric zu Gast. Ich habe sie in meinem Buch „No Social Media!“ zu Über-mich-Seiten interviewt. Und genau darüber werden auch noch mal in dieser Podcastfolge sprechen, über den Endgegner Über-mich-Seite.
In dieser Podcastfolge habe ich die Marketingberaterin und Storytelling-Expertin Margot Maric zu Gast. Ich habe sie in meinem Buch „No Social Media!“ zu Über-mich-Seiten interviewt. Und genau darüber werden auch noch mal in dieser Podcastfolge sprechen, über den Endgegner Über-mich-Seite.
Folge anhören
Transkript lesen
Warum ist die Über-mich-Seiten die beliebteste Seite einer Website?
[Alex] Ja, hallo Margot. Wenn ich mir die Zahlen angucke auf meiner Website, dann gehört meine Über-mich-Seite zu den beliebtesten Seiten überhaupt auf meiner Website. Damit bin ich doch nicht alleine, oder?
[Margot] Nee, zumindest ist es bei mir genauso. Das stimmt.
[Alex] Das ist schon mal gut.
[Margot] Aber wenn wir nochmal überlegen, wie wir auf Webseiten unterwegs sind, wundert mich das auch gar nicht, dass es bei dir und bei mir so ist.
[Alex] Ja, nämlich, wie sind wir unterwegs?
[Margot] Also ich würde sagen, wir suchen erstmal nach einem Thema und nach der Lösung für ein Problem, die wir haben wollen. Wenn wir vielleicht ganz viele finden, wollen wir so ein Gefühl dafür bekommen, wer steckt denn eigentlich dahinter? Wie tickt die Person? Kann sie uns vielleicht helfen?
[Alex] Ja, warum haben denn Menschen so ein Faible für Über-mich-Seiten? Was macht so ihren Reiz für dich aus? Warum lesen wir die so gerne?
[Margot] Ja, also das ist das, was ich gerade schon gesagt habe, glaube ich, dass wir gerade in der Online-Welt, die sehr manchmal hochpoliert, ein bisschen gefaket oder auch sehr anonym wirken kann, nach Beweisen oder kleinen Hinweisen suchen, die uns helfen würde, Vertrauen aufzubauen.
Und zum anderen vielleicht auch, weil, glaube ich, auch im Zeitalter der Digitalisierung und des KI und so weiter vielleicht die Sehnsucht nach Menschlichkeit auch immer größer wird und wir das schon schön finden, wenn wir zum Beispiel wissen: Andere strugglen auch, bei denen läuft es auch mal nicht glatt oder die hatten vielleicht auch mal ein ähnliches Problem, das wir selbst auch haben, das die gelöst haben, dass wir wirklich die Sehnsucht haben, uns mit Menschen zu verbinden und dafür ist die Über-Mich-Seite sehr gut geeignet.
[Alex] Wobei, wenn ich so überlege, als ich mich selbstständig gemacht habe, da war es 2015, 2016, da habe ich auch schon Über-Mich-Seiten gerne gelesen, also auch schon vor KI. Vielleicht ist es ja auch so ein, weiß ich nicht, zutiefst menschliches Bedürfnis, da zu gucken, wer ist da, ist da eine Verbindung möglich? Also vielleicht ist das so ein, ja, vielleicht zeichnet uns das als Menschen aus, dass wir uns dafür so interessieren, glaubst du nicht?
[Margot] Absolut. Doch, das glaube ich auch. Ich mache ja auch Storytelling und da finde ich, gerade wenn wir auf der Über-mich-Seite auch mit einer Geschichte daherkommen, das wird mir auch sehr oft zurückgespiegelt, dass das Menschen einfach verbindet. Da hast du recht.
[Alex] Ja, da werden wir gleich nochmal darauf zu sprechen kommen. Vorneweg vielleicht, welchen Zweck erfüllt so eine Über-Mich-Seite überhaupt? Also warum ist sie so wichtig aus einer Marketing-Perspektive, aus einer strategischen Perspektive?
[Margot] Die ist tatsächlich, finde ich, oft der erste Schritt, wenn wir in eine Kundenreise in die Beziehungsphase reingehen. Also wenn jemand nach einem Thema sucht, wird er vermutlich nicht auf unserer Über-mich-Seite landen, sondern meistens auf der Startseite und manchmal vielleicht auch auf der Angebotsseite.
Dann aber, wenn er denkt, also hört sich schon ganz gut an, aber ich will irgendwie ein Gefühl haben, also nicht nur die Fakten, aha, so könnte die Zusammenarbeit aussehen oder so könnte das Produkt aussehen, Gruppenprogramm, Onlinekurs, was auch immer das ist. Und ja, und dann ist das oft der erste Schritt, finde ich, in die Beziehungsphase, dass die Leute danach suchen, zu erfahren, welche Haltung hat die Person, welche Geschichte hat die Person und auch, hat sie wirklich auch die Kompetenz und die Expertise, mir zu helfen bei dem, was ich gerade suche.
Warum fällt es vielen Selbstständigen so schwer, ihre Über-mich-Seite zu schreiben?
[Alex] Und das ist auch eigentlich ganz cool, weil ich muss ja gar nicht so, also aus Leserinnen-Sicht, ich muss ja dann gar nicht Kontakt aufnehmen, sondern es ist quasi alles schon da und ich kann das alles lesen und ich als Website-Betreiberin kann mir quasi vorher überlegen, was könnten denn das für Themen sein, die Menschen interessieren.
Meine Beobachtung ist, wie du schon gesagt hast, dass eben super viele Menschen gerne Über-mich-Seiten lesen, es ihnen aber sehr, sehr schwer fällt, eine eigene über mich Seite zu schreiben. Und damit wären wir so beim Thema dieser Podcast-Episode, weil es geht ja um den Endgegner Über-mich-Seite.
Also ich kenne das auch von meinen Kundinnen, dass sie mir sagen, ja, jetzt habe ich schon das und das und das und das geschrieben, aber die Über-mich-Seite, die ist noch da, die heben sie so bis zum Schluss auf, da schlawenzeln sie so drumherum. Woran liegt es deiner Meinung nach, dass es so vielen Menschen so schwerfällt, eine eigene Über-mich-Seite zu texten?
[Margot] Also in meinen Mentorings zu Website-Texten greife ich da als erstes an, bei der Über-mich-Seite. Also die schreibe ich tatsächlich mit meinen Kundinnen als allererstes, weil ich oft auch das Gefühl habe, ich will jetzt gar nicht sagen, das Schwierigste machen wir am Anfang, aber das ist schon so oft die Basis- und die Fundamentarbeit.
Warum das so schwer ist, ist, glaube ich, weil all unsere inneren Geschichten dann wach werden. Also prinzipiell geht es ja darum, auf der Über-mich-Seite die Persönlichkeit zu zeigen und auch die Expertise zu zeigen. Und ich finde, in beiden Bereichen gibt es oft, ich will jetzt gar nicht sagen Blockaden, aber Widerstände. Zum Thema Expertise ist es oft sowas wie: Kann ich denn so dick auftragen oder kann ich denn schreiben, ich kann das und das wirklich machen, weil eben wir uns so zeigen, wie wir sind und das jetzt fernab der Angebote oder irgendwelche anderen Geschichten, wo wir dann einfach drüber sprechen, ich bin gut und ich glaube, ich kann dir helfen.
Da kann auch so ein Imposter-Syndrom auch wach werden in einem.
Und bei den persönlichen Geschichten ist das oft auch so ein Grad der Verletzlichkeit, mit der ich wirklich nach außen gehen möchte und der ist bei allen Menschen auch verschieden und ja, da ist das oft einfach ein Weg, in sich hineinzuspüren, was ist das, wo sind meine Grenzen, was möchte ich teilen, was möchte ich nicht teilen, was ist mir zu viel, was mache ich gerne und das kann sich auch verändern.
[Alex] Kennst du das auch von dir, als du deine eigene Über-mich-Seite geschrieben hast?
[Margot] Ja, das kenne ich total. Und spannend finde ich auch den Weg meiner Über-mich-Seite. Denn ganz klar, vor vier Jahren, als ich mich selbstständig gemacht habe, ja, da würde ich lügen, wenn ich sagen würde, ich war da mega selbstbewusst und habe total selbstsicher erzählt, dass ich allen helfen kann.
Weil ganz klar, da konnte ich nicht sagen, ich begleite meine Kundinnen bei …, weil ich habe es nicht gemacht, ich habe ja gerade erst gestartet und da hatte ich auf jeden Fall Themen und zum Thema Persönliches zeigen habe ich zwar, ich habe zwar eine ehrliche Story geteilt, die auch bis heute auf meiner Website ist, Aber ich habe die Hintergründe, die auch sehr viel persönlicher waren, wo ich mich verletzlicher gezeigt hätte, die habe ich damals nicht teilen können. Da war ich noch gar nicht soweit.
Und die habe ich tatsächlich letztes Jahr komplett überarbeitet und zeige mich da viel, viel ehrlicher und erzähle da zum Beispiel von meinem Burnout, wo ich vor vier Jahren gar nicht in der Lage war, darüber zu sprechen und schon mal gar nicht auf einer Website zu veröffentlichen.
[Alex] Das finde ich auch nochmal voll den wichtigen Hinweis, also dass sich eine Über-mich-Seite auch so entwickeln darf, weil zum Beispiel meine Über-mich-Seite, die ist ja jetzt fast acht Jahre alt oder so, also seit ich selbstständig bin und ich weiß nicht, wie oft ich sie schon überarbeitet habe, 57 Mal vielleicht, keine Ahnung.
Also wenn man das erste Mal was veröffentlicht, dann ist es vielleicht halt einfach mal ein veröffentlichter Text und man kann ja dann weiter daran arbeiten, richtig? Also das ist ja nicht fertig in dem Sinne, sondern ich kann ja alle paar Monate, alle paar Wochen drauf zurückkommen und gucken, passt es noch, ist es stimmig oder kann ich das vielleicht hier anders machen? Siehst du das dann auch so?
[Margot] Absolut. Und ich finde, das nimmt auch nochmal die Angst, die Seite oder insgesamt die Texte so perfekt zu schreiben. Jetzt sind sie online und genau das, das ist unsere Website, unsere Über-mich-Seite. Wir können da, wenn wir Lust haben, jeden Tag dran. Auch selbst, wenn wir mal einen Mutausbruch haben und etwas veröffentlichen und denken uns zwei Tage später, oh Gott, was mache ich, wenn die Nachbarin das liest, dann kann ich es immer noch runternehmen. Also da passiert nicht so viel.
Wie können wir achtsam mit Widerständen und Blockaden umgehen?
[Alex] Okay, also wenn wir uns bewusst machen, wir müssen keine perfekten Texte schreiben, sie dürfen auch wachsen mit uns. Was können wir denn noch tun, um achtsam mit diesen Blockaden umzugehen?
[Margot] Also wenn sich für eine Person das Veröffentlichen auf der Über-mich-Seite zum Beispiel sehr offiziell anhört und es ihr auch wirklich nicht hilft, wenn ich sage, morgen könntest du es auch verändern, weil die denken, oh Gott, aber das ist jetzt online, das können jetzt alle lesen, könnte sie zum Beispiel auch in kleinen Schritten und in anderen Set-ups versuchen, wie sich das anfühlt, etwas zu teilen.
Also das habe ich auch gemacht und nicht nur in Bezug auf die Inhalte der Über-mich-Seite, sondern mit allem. Also meine Pitches waren am Anfang, also was ich mache, wenn ich gefragt wurde, was ich mache, das habe ich so gefühlt jede dritte Woche verändert und habe dann manchmal mir gedacht, oh Gott, na irgendwie, das bin ich gar nicht oder wie könnte ich das anders formulieren, weil das, ja, das zeichnet keiner auf, das sieht keiner, das kann man nicht screenshotten, das hat man vielleicht auf einem Netzwerktreffen gesagt oder bei einer Kundin gesagt und kann auch oft danach auch erst reinfühlen, ist das so, wie ich rüberkommen möchte? Sind das die Worte, die ich wählen möchte? Und das kann man auch auf der Über-mich-Seite machen, auch zum Beispiel mit den Geschichten, die man erzählt. Das wäre zum Beispiel eine Sache, die mir jetzt gerade einfällt, die helfen würde, sich stufenweise dem anzunähern, dass wir dann so sichtbar werden, wie wir uns auch wirklich damit wohlfühlen.
[Alex] Also du meinst, wenn ich jetzt eine Idee habe für eine Geschichte für die Über-mich-Seite, dass ich die vielleicht erst mal, keine Ahnung, einer potenziellen Kundin erzähle oder in einem anderen Rahmen teile und quasi schon so ein bisschen die Fühler ausstrecke. Was passiert denn, wenn ich diese Geschichte teile? Wie reagieren Menschen darauf? Meinst du das so?
[Margot] Ja, absolut. Also das kann ich auch sagen, das habe ich mit den Burnout-Hintergründen meiner Geschichte auch gemacht, dass die nicht auf meiner Website war, aber dass ich dann, wenn ich irgendwo in einem Workshop war, also das fiel mir irgendwie viel, viel leichter und das war vielleicht in einem kleineren Rahmen, dass ich das geteilt habe und dann einfach gesehen habe, wie geht es mir damit und habe auch gesehen, ach krass, jetzt kann ich viel besser dazu stehen als damals zum Beispiel vor vier Jahren. Und ich habe mich dem so ein bisschen angenähert und letztes Jahr dachte ich mir, das kann ich locker so hinschreiben. Und das ist ein Grad der Verletzlichkeit, mit dem kann ich sehr gut leben. Also das fühlt sich authentisch und auch gut an.
Was muss unbedingt in eine Über-mich-Seite rein?
[Alex] Cool, also wir können in die Geschichten quasi auch reinwachsen, wenn wir uns noch nicht trauen, sie gleich zu teilen. Das ist ein sehr guter Tipp. Wenn wir uns jetzt das Schreiben der Über-mich-Seite angucken, was muss da unbedingt rein, inhaltlich?
[Margot] Also prinzipiell von den Inhalten würde ich eben sagen, die Expertise, also dass die Person, die die liest, möglichst das Vertrauen in unsere Expertise, in unsere Professionalität bekommt.
Und auf der anderen Seite auch die Persönlichkeit, dass die Leserinnen und Leser das Gefühl bekommen, mit wem habe ich es da überhaupt zu tun. Also das von den groben Bereichen.
Ich natürlich als Storytelling-Mentorin finde sehr, sehr gerne oder auch unbedingt eine Geschichte, weil wir uns einfach Geschichten besser merken können, weil wir da auch nochmal das Gefühl vielleicht verstärken können, was wir zu der Person haben.
Und was ich tatsächlich auch sehr, sehr wichtig finde und oft auch sehe, dass das manchmal vergessen wird, weil die Über-mich-Seite „Über mich“ heißt, neigen manche dazu, wirklich von Anfang bis Ende zu schreiben, ich bin die und die, ich habe das und das gemacht, das und das ist mir passiert.
Und was ich da wirklich super wichtig finde, dass wir nochmal den Bezug zum Leser und zu der Leserin herstellen und immer überlegen, bei allem, was wir teilen, ist es relevant? Ist es relevant für denjenigen, der meine Seite besucht und der diesen Text gerade liest?
[Alex] Und gibt es etwas, von dem du sagen würdest, das sollte auf keinen Fall auf eine Über-mich-Seite?
[Margot] Ja, da gibt es Empfehlungen, die ich immer wieder gerne teile, in Bezug tatsächlich auf Achtsamkeit vielen Gruppen gegenüber.
Also zum einen würde ich sagen, wir sollten nicht Sachen teilen, darüber haben wir gerade schon gesprochen, die wir eigentlich nicht teilen wollen. Also wir sollten nie etwas teilen, nur weil wir von jeder Seite hören, wir sollten authentisch sein, wir sollten Geschichten teilen. Sondern wir sollten da schon achtsam mit uns auch umgehen und schon für uns abklären und hineinspüren, kann ich dazu stehen? Und ich muss nicht zu allem stehen.
Was ich oft auch schon gesehen habe, oder oft ist vielleicht übertrieben, was ich manchmal schon gesehen habe auch, dass Geschichten geteilt wurden, wo der „Bösewicht“ der Geschichte so ein bisschen durch den Dreck gezogen wurde. Das bleibt eigentlich auch jedem überlassen, wie detailreich natürlich er eine Geschichte auf einer Über-mich-Seite teilt.
Ich vertrete aber die Meinung oder ermutige meistens dazu, dass wir den Bösewicht ruhig da rauslassen können. So klassischerweise ist das der ehemalige Chef und manchmal auch die Eltern.
Und ich finde, wir brauchen für eine gute Geschichte nicht den Bösewicht. Und ich finde, wir könnten da vielleicht so ein bisschen leichtsinnig über Grenzen anderer latschen. Und ich finde, das brauchen wir nicht für einen guten Über-mich-Seiten-Text.
Und dann eben auch, wie gesagt, Irrelevantes. Manche denken, ach, das ist „Über mich“, dann packe ich jetzt mal den Lebenslauf dazu. Da würde ich auch sagen, also wo ich mein Abi gemacht habe, ist jetzt vielleicht jetzt momentan nicht für die Leute, die auf meine Website kommen, super relevant. Und da würde ich immer mich fragen, ist das jetzt relevant für die anderen?
[Alex] Viele fragen sich ja auch, wie lang so eine Über-mich-Seite werden soll. Was gibst du da immer für Empfehlungen? Weil ich nenne immer keine konkrete Wortzahl, weil das geht gar nicht in meine Augen, oder?
[Margot] Nee, finde ich auch nicht. Ich glaube, meine Über-mich-Seite ist auch so lang, aber da hat sich bisher noch keiner drüber beschwert. Und ich finde, ja, ich nenne auch keine Wortzahl.
Wie schreibe ich authentisch auf meiner Über-mich-Seite?
[Alex] Idealerweise soll so eine Über-Mich-Seite ja auch zeigen, was wir können, aber eben auch, wer wir sind und wie wir ticken. Und wie gelingt jetzt dieser Mix? Also aus einerseits Professionalität, du hast schon gesagt, wir sollten die Expertise zeigen auf einer Über-Mich-Seite, aber eben auch unsere Persönlichkeit. Also, dass wir nicht nur ein weiterer Coach sind, sondern dass uns ja auch was Bestimmtes auszeichnet. Und ich könnte mir vorstellen, dass es ganz vielen Leuten auch sehr schwerfällt, weil es geht da ja auch zum Beispiel um die Sprache. Also, wie rede ich so, dass es nicht so geschwollen klingt und dass ich nicht so viel Fachsprache verwende und Schachtelsätze und so weiter. Was sind da so deine Tipps?
[Margot] Den allgemeingültigen Tipp, den man überall hört, schreibe, wie du sprichst, den finde ich nach wie vor gut. Das ist natürlich nochmal eine Frage, mit wem, aber so wie ich mit meinem Kunden spreche, so darf ruhig meine Website auch sein, finde ich.
Und ich empfehle eigentlich auch immer, die Sachen so runterzuschreiben, wie die einem kommen und dann vielleicht nochmal kritisch nochmal durchzugehen und sich zu fragen, würde ich das zum Beispiel in einem Gespräch, in einem Coaching oder wo drin auch immer einem Kunden gegenüber genauso ausdrücken, würde ich das so machen?
[Alex] Ich glaube, das finde ich auch voll wichtig. Also dass man schreibt und sich nicht von irgendwelchen Mindfucks abhalten lässt zu schreiben. Aber dass man dann eben auch noch mal in die Distanz geht, den Text liegen lässt und sich auch noch mal fragt: Okay, würde ich dass denn wirklich so sagen? Würde ich das denn wirklich so schreiben? Also ich glaube, mit dieser Korrekturrunde und vielleicht noch einer zweiten oder dritten Korrekturrunde kann man auch ganz viel rausholen auf so einem Über-mich-Seiten-Text.
Wie können wir uns denn persönlich zeigen auf einer Über-mich-Seite? Was wären da so typische Möglichkeiten in deinen Augen?
[Margot] Also ein guter Einstieg überhaupt in dieses, was kann ich Persönliches von mir teilen? Also wenn jemand wirklich da eine Blockade hat und vielleicht auch nochmal mit dieser inneren Geschichte kommt, das gehört nicht ins Business und was soll ich denn da schreiben, das interessiert doch niemand oder ja, das ist hier irgendwie irrelevant. Und da empfehle ich auch gerne die Arbeit mit den Werten, weil das oft so ein seichter Einstieg ist, meiner Meinung nach.
Dass irgendwie, wenn man vielleicht nochmal schaut, was sind meine wichtigsten Werte? Da gibt es online auch schöne Tests, die man da machen kann, wo man intuitiv entscheidet, was mir wirklich wichtig ist in meinem Leben. Und da nochmal schaut, wie zeigt sich das vielleicht in meinem Leben oder wie zeigt sich das in meinem Business, warum unterscheide ich mich da von den anderen, ist das oft eine kleine Hürde nochmal in diese authentische und persönliche Sichtbarkeit.
Ansonsten, finde ich, ist natürlich die Geschichte, wenn wir die gut schreiben und auch die schön mit ein paar Details versehen, auch etwas, was einfach einzigartig ist, weil die Geschichte, die gibt es definitiv nicht noch ein anderes Mal ganz genau so, wie sie uns passiert ist oder wie wir sie erlebt haben.
Und was natürlich auch schön ist, sind diese Fun Facts oder Guilty Pleasures, also einfach auch so eine Auflistung.
Also ich finde, bevor einer mit nichts von diesen Sachen rausgehen möchte, ist das etwas, was meistens sehr unverfänglich ist. Dass ich sage, ich weiß nicht, dass ich nur Zartbitter-Schokolade esse oder eigentlich lieber im Garten abhänge als im Café oder was auch immer. Das sind tatsächlich auch Sachen, wo man sagen würde, so ein Shishi gehört das wirklich da drauf. Aber mich sprechen öfter Leute auf die Sachen an, also diese ganzen kleinen Random Facts, die ich da aufgelistet habe.
[Alex] Wobei ich finde, dass man auch manche Sachen so schon sehr häufig hört bei diesen Random Facts. Also ich bin da auch schuldig, weil ich bin natürlich dann auch gerne am Meer und sowas, also diese klassischen Dinge, die man so verrät. Also ja, ich glaube, da will ich auch nochmal bei mir ran, dass ich da nicht allzu klischeehafte Dinge auspacke auf dieser Seite.
[Margot] Manchmal, wenn ich mit Kunden zusammenarbeite und die mir so eine Liste von 20 Sachen machen, dann, ich lese gerne, fliegt da raus. Also ich versuche da schon ein paar so Sachen stehen zu lassen, die ein bisschen außergewöhnlicher sind. Ja.
Wie finde ich eine gute Geschichte für meine Über-mich-Seite?
[Alex] Du hast jetzt schon ganz, ganz oft den Punkt Geschichte oder Story angesprochen und darüber würde ich jetzt gerne ein bisschen mehr reden.
Wie finde ich so eine Geschichte? Also was macht eine gute Geschichte aus? Und wenn ich jetzt denke, bei meinem Leben passiert doch gar nichts, da ist keine spannende Geschichte, was mache ich da?
[Margot] Also gerade die Geschichte für die Über-mich-Seite finde ich so in der Findungsphase relativ einfach, weil dafür können wir uns eine einzige Frage stellen und dort können mehrere Antworten natürlich aufploppen. Und die Frage ist, wann hast du zum ersten Mal darüber nachgedacht, dass du das machst, was du gerade jetzt machst oder dass du dich selbstständig machst?
Und das muss jetzt nicht ein Moment sein, der alles verändert hat. Da dürfen quasi mehrere Momente sein und aus denen dürfen wir uns einen herauspicken und den näher beschreiben. Ich sage ja immer gerne mit so einer Lupe drangehen und vielleicht ein paar Details dazu aufschreiben, dass man sich einfach vorstellt, von dieser Situation könnte man ein Foto machen.
Dann ist es meistens eine gute Geschichte. Und das muss wirklich gar nicht lang sein. Das kann ein kleiner Absatz sein. aber etwas, wo andere sich das einfach vorstellen können, wo sie einfach mitfühlen können und denken, ach krass, ja, ich sehe dich da. Ich sehe dich da, wie du das gemacht hast und dir das wie Schuppen vor Augen gefallen ist und du dann zum ersten Mal dachtest, hm, was wäre denn, wenn ich das und das mache?
Oder in einer Situation, wo du sagst, und in diesem Moment habe ich entschieden, ich werde das und das machen. Also das ist eigentlich die Entstehungsgeschichte, die Brandgeschichte, die auf die Über-mich-Seite gehört.
[Alex] Und welche Geschichte teilst du?
[Margot] Ja, da ich jetzt quasi auch die Burnout-Hintergründe geteilt habe, ist die auch ein bisschen länger geworden. An sich ist das die Geschichte, ich habe ja zwölf Jahre im Konzern gearbeitet, darüber spreche ich auch auf meiner Über-mich-Seite, weil das natürlich auch was mit meiner Expertise im Marketing zu tun hat.
Es geht in der Geschichte aber eben darum, dass ich mich in den zwölf Jahren extrem verstellt habe und oft mit meinem Hosenanzug quasi wie in eine Rolle geschlüpft bin, die nicht so wirklich viel damit zu tun hatte, wie ich eigentlich war.
Und zwar waren das eben Geschichten, wo ich dachte, in so einem Konzern muss ich taff sein, nicht wirklich viel darüber erzählen, dass ich Mutter bin, sondern immer beweisen, dass ich sehr ehrgeizig bin, dass ich das ernst meine, dass ich super selbstbewusst bin, keine Zweifel habe, keine Unsicherheiten habe. Und dann eben mit der Geburt von meinem ersten Sohn ganz schön unter die Räder geraten bin, auch gesundheitlich, weil ich diese Fassade eben nicht mehr aufrechterhalten konnte.
Und dann schreibe ich eben auch, was wahr war, dass ich um sechs Uhr auf der Autobahn immer saß, um die Staus zu umgehen, danach mit dem Mittagessen auf dem Beifahrersitz zurückgeheizt bin, um den Kleinen wieder rechtzeitig abzuholen. Also ich habe mich da einfach total zerrissen zwischen diesen beiden Welten und bin dann eben auch krank geworden und war ein paar Monate auch nicht auf der Arbeit. Und dann war ich schwanger mit meinem zweiten Sohn und habe mich so langsam einfach gefragt, was wäre, wenn ich da nicht zurückkehre.
Allerdings war ich da in einer kompletten Leere und hatte absolut keine Ahnung, was ich sonst noch machen könnte. Ich habe auch schon befürchtet, dass, wenn ich einfach nur den Konzern wechsle, dass ich dann das Gleiche quasi in einer anderen Farbe bekomme.
Und ja, die Hauptgeschichte, meine Hauptstory ist eben die, dass ich noch in dieser Leere und in dieser Ahnungslosigkeit, was könnte es überhaupt sein, hier durch meinen Kiez gelaufen bin mit dem Kleinen. Wie das so ist, wenn man Mama ist von einem kleinen Baby und das Baby will im Bett nicht schlafen, dann rennt man durch die Gegend mit dem Kinderwagen.
Und hatte irgendwie bis eine Selbstständigkeit, Karriere gar nicht im Kopf, sondern war einfach so, ich bin in Turnschuhen, Jeans, ungeschminkt, mit Baby im Kinderwagen und habe dann Selbstständige getroffen, zum Beispiel in einem Coworking-Space, wo ich früher immer war, wo ich einfach nur Kaffee trinken wollte oder bei meinem Nachbar oder im Nachbarshaus wurde mal ein Teeladen aufgemacht und ich kam dann eben ins Gespräch mit Selbstständigen, und die fragten mich, ob ich den Marketing unterstützen will.
Und ich konnte das, also für mich war das komplett neu, diese Vorstellung, dass die ganz offensichtlich sehen, dass ich Mutter von einem Baby bin, also was im Konzern immer eher ein Manko war als ein Plus, dass sie mich so sehen ohne meinen Hosenanzug, quasi ohne mein Kostüm der Professionalität und trotzdem das Vertrauen haben, ich könnte irgendwas im Marketing machen, was die in ihrer Selbstständigkeit unterstützen würde.
Und das ist, ja, da habe ich mir echt gedacht, was wäre, wenn es ausreichen würde, dass ich so bin wie ich, mich nicht mehr verstecke, nicht mehr komische Kostüme anziehe, nicht mehr so tue, als wären meine Kinder nicht da, sondern ja, ganz so bin, wie ich bin. Und so ist die Idee geboren. Und genau das, auch in meinem Fall, waren es mehrere Momente, die dazu geführt haben. Aber das ist das, was ich teile, weil das so sehr sinnbildlich dafür ist, wie ich überhaupt dazu kam, mich selbstständig zu machen.
[Alex] Und wie reagieren Menschen auf diese Geschichte?
[Margot] Ja, da gibt es tatsächlich sehr viel Resonanz. Ich spreche auch auf meiner Über-mich-Seite darüber, dass ich hochsensibel bin und introvertiert. Das sind auch oft Eigenschaften, wo viele sich wiederfinden, die auch zu mir kommen und sagen, ich bin auch hochsensibel. Also sie wissen, auch mit dem Burnout ist das auch so, dass einige entweder ganz sanft an einem Burnout vorbeigeschlittert sind oder selbst einen hatten und deswegen resoniert das sehr mit denen. Also da sind sehr oft Verknüpfungspunkte und bei mir zeigt sich das natürlich auch in der Art und Weise, wie ich mein Marketing betreibe und wie ich auch andere dabei begleite, weil ich das mega auf dem Schirm habe.
Ich habe durch diese Erfahrung, ja, ist es einfach so, dass ich sehr darauf aufpassen muss und auch möchte, im Gleichgewicht zu bleiben. Und sie wissen, die werden von mir nicht hören, was, du bist erst um fünf Uhr aufgestanden, wieso stehst du nicht früher auf? Nur wenn du es richtig willst, wird das irgendwie klappen, sondern ich bin eine, die sagt, hey, du bist müde, wie wäre es denn, wenn du eine Woche Pause machst? Und das ist vielleicht nicht so wichtig, übernimm das einfach mal von einem anderen Text, da ist jetzt kein Platz hier für Perfektion. Also das ist schon etwas, was für sie sehr, sehr relevant ist, weil ich sie einfach verstehe, weil sie wissen, dass ich sie verstehe, weil ich das erlebt habe.
Wann ist es Zeit, die Über-mich-Seite mal wieder zu überarbeiten
[Alex] Ich musste auch gerade an Brené Brown denken, die gesagt hat, dass wir eigentlich bei anderen Menschen immer die Verletzlichkeit suchen und uns von denen auch so anziehen. Aber wir selbst trauen uns eben nicht, uns verletzlich zu zeigen, was dann ja auch wieder auf der Über-mich-Seite sich zeigt, weil man sehr häufig eben so Schwierigkeiten hat, seine Geschichte zu teilen.
Ja, jetzt vielleicht noch die allerletzte Frage. Wann weiß ich denn, dass mal wieder Zeit ist, meine Über-mich-Seite zu überarbeiten? Gibt es so Hinweise darauf?
[Margot] Ja, ich glaube, die liest man wahrscheinlich selber gar nicht so wahnsinnig oft, aber wenn man schon mal wieder auf dieser Seite ist und sich denkt, oh Gott, das bin eigentlich gar nicht mehr ich, wenn man so ein bisschen rausgewachsen ist.
Ich hatte zum Beispiel am Anfang auf der ersten Über-mich-Seite auch so einen Spruch: Wenn ich das kann, dann kannst du es auch.
Habe ich wahrscheinlich irgendwo gesehen, fand ich damals sehr ermutigend. Das würde ich jetzt aber nicht mehr sagen, weil ich zum Beispiel auch gelernt habe, dass jeder irgendwie einen anderen Alltag hat, andere Privilegien hat, aber auch manchmal andere Präferenzen.
Da wusste ich auch, dass ich das damals geschrieben habe, ist es irgendwie okay, aber das passt gar nicht mehr zu dem, was ich vertrete und zu meiner Haltung, was wir machen können, aber auch was wir nicht machen können.
Oder eben, wie wir auch besprochen haben, wenn der Mut manchmal größer geworden ist und wir uns trauen, unsere Haltung für etwas, aber vielleicht auch gegen etwas viel stärker draußen zu vertreten, dann ist das so ein Zeitpunkt, wo wir uns vielleicht sagen können, jetzt dürfen die Texte das auch zeigen, was sich in meinem Inneren auch verändert hat, was sich da gewandelt hat.
[Alex] Ja, Margot, vielen, vielen Dank, dass du heute da warst und über die Über-mich-Seite gesprochen hast. Ich hoffe, dass der Endgegner-Über-mich-Seite so ein bisschen kleiner geworden ist mit deinen Tipps. Vielen, vielen Dank.
[Margot] Ich danke dir, liebe Alex.
Shownotes
„Die Website ist erst der 4. Schritt“ – Interview mit Bettina Bergmann
In dieser Podcastfolge habe ich Bettina Bergmann zu Gast. Bettina unterstützt Coaches dabei, ihre Stärken zu entdecken und Marketing zu betreiben, das zu ihnen passt. Und in dieser Folge sprechen wir über Websites und was Selbstständige brauchen, um eine Website zu erstellen, die die richtigen Menschen erreicht.
In dieser Podcastfolge habe ich Bettina Bergmann zu Gast. Bettina unterstützt Coaches dabei, ihre Stärken zu entdecken und Marketing zu betreiben, das zu ihnen passt.
Und in dieser Folge sprechen wir über Websites und was Selbstständige brauchen, um eine richtig gute Website zu erstellen, die die richtigen Menschen erreicht.
Folge anhören
Transkript lesen
Erstellen Selbstständige zu früh Websites?
[Alex] Hallo Bettina. Wir wollen heute zusammen über Websites reden und über die Arbeit, die vor der Erstellung der eigenen Website kommt. Denn du sagst, die Website ist erst Schritt Nummer vier.
Und bevor wir jetzt auf die Schritte eins bis drei im Einzelnen eingehen, vielleicht erst mal die Frage, würdest du also sagen, dass viele Selbstständige und Unternehmer*innen zu früh ihre Websites erstellen?
[Bettina] Ja, das ist meine Erfahrung. Und ich glaube, das hat damit zu tun, dass einfach die Motivation riesengroß ist, einzusteigen und anzufangen.
Und ich erlebe das ja besonders mit Coaches, weil ich mit denen am meisten zusammenarbeite. Und da ist das oft ganz so, die machen, Coaches machen eine Weiterbildung, die ist auch sehr umfangreich, da ist man anderthalb Jahre beschäftigt und dann kommt so die Idee, was mache ich jetzt mit all dem, was ich gelernt habe?
Und bei der Frage nach Marketing ist sofort der erste Gedanke, ich brauche eine Website.
Und dieser Gedanke ist ja auch richtig und natürlich braucht man eine Website, aber man kann nur eine gute Website schreiben, wenn eben vorher schon bestimmte Dinge geklärt sind.
Und das Problem, warum das zu früh ist, liegt meiner Auffassung nach auch an der Perspektive. Wenn ich aus einem Thema heraus, also bei Coaches ist es ja oft dann wirklich die Weiterbildung, wenn ich aus einem Thema heraus mich selbstständig mache, dann bin ich ja ganz auf mich selber fokussiert und habe das Gefühl, ich will das, was ich jetzt gerade alles gelernt habe, erfahren habe, wie auch immer, nach draußen bringen. Und da braucht es den Perspektivwechsel.
Den Perspektivwechsel hin auf die Klientin oder auf die Kundin, die ja dann die Website liest. Wenn ich selber so ambitioniert bin, begeistert bin von dem, was ich dann als Coach beispielsweise rausbringen möchte, dann denke ich viel zu viel an mich.
Und deswegen findet man auch öfter Webseiten, wo dann lang und breit steht, was ist mein Coaching-Verständnis und wer bin ich als Coach und ich bin systemisch orientiert und dann habe ich noch eine hypnotherapeutische Zusatzausbildung.
Das ist alles total spannend und auch wichtig, aber nicht als Hauptaussage auf einer Website, wo ja Menschen hinkommen, die irgendwie ein Problem haben und das gelöst haben wollen.
Und deswegen ist für mich so das Schlagwort am Anfang eigentlich: von der Coaching-Kompetenz zur Website-Kompetenz.
Also wirklich von dem, was ich eigentlich habe oder wenn du jetzt sprichst, auch von anderen Selbstständigen, anderen Unternehmer*innen, also letztlich von dem eigenen Thema und der eigenen Begeisterung fürs eigene Thema, den Perspektivwechsel erstmal machen auf das:
Was wollen eigentlich die Menschen, die ich gerne reinholen möchte auf meine Website?
Und deswegen ist das zu früh, weil die Probleme und die Themen und die Wünsche derjenigen, die dann mal klicken sollen, nicht genug im Blick sind.
Die wichtige Basis: Wer bin ich?
[Alex] Das heißt, wir müssen so den Schwenk machen von uns und unserem Thema zu dem, was die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten wollen, eigentlich interessiert und was ihre Probleme sind.
Und lass uns doch mal dann gleich über den allerersten Schritt sprechen. Also du sagst, Website kommt erst viel später. Was kommt denn zuerst? Also was ist so die wichtige Basis, damit ich überhaupt eine Website texten kann?
[Bettina] Also wenn wir als Einzelunternehmerinnen unterwegs sind, als Solopreneure, als Coaches sind ja auch letztlich oft Einzelunternehmerinnen, dann ist einfach die Person, und wenn ich eine Dienstleistung anbiete vor allen Dingen auch, dann steht einfach ganz klar die Person im Vordergrund.
Und das ist auch etwas, was oft nicht genug, finde ich, berücksichtigt wird. Dieses: Wer bin ich eigentlich in meinem Business?
Und das, finde ich, ist die ganz, ganz zentrale Frage.
Ich habe jetzt irgendwann für mich entwickelt, ich musste mich ja auch mit der Frage beschäftigen, wer bin ich eigentlich in meinem Business und was biete ich an? Und ich habe für mich so den Begriff gefunden, ich bin Persönlichkeitsschürferin.
Weil, ich finde, es gehört so an den Anfang zu schürfen nach dem Gold der Persönlichkeit, nach den Stärken, die man hat, nach all dem, was einen ausmacht, um daraus dann wirklich auch das Besondere zu entwickeln, womit man sich dann am Markt unter den 100.000 anderen, die da noch so rumlaufen, dann auch wirklich unterscheidet.
Also einmal, wer bin ich? Das ist sozusagen die allererste Frage, weil daraus das Fundament wird. Und dann natürlich die zweite Frage, mit wem möchte ich denn am liebsten arbeiten?
[Alex] Kann ich vielleicht mal kurz dazwischenfragen zu dieser ersten Frage, weil mich interessiert, finde ich das denn wirklich über Nachdenken heraus, wer ich bin? Also muss ich nicht auch ein bisschen in Kontakt schon mit Menschen kommen und schon ein bisschen nach draußen gehen, um für mich klarzubekommen, wer ich bin und was ich anbieten will?
[Bettina] Ich glaube, die Frage, wer ich bin, die kann ich auch erst mal mit der Innenschau wirklich beantworten.
Weil viele Menschen, mit denen ich so Kontakt habe und mit denen ich zusammenarbeite, die machen ja diesen Schritt in die Selbstständigkeit nicht gleich nach dem Abi oder nach dem Schulabschluss, sondern das ist für viele ja oft ein zweiter Berufsweg oder vielleicht eine noch spätere Umentscheidung für einen neuen Berufsweg.
Und wenn Menschen schon ein paar Lebensjahrzehnte hinter sich haben, dann habe ich ganz viel Erfahrung gemacht. Und ich habe aus meinen Lebenserfahrungen Erkenntnisse gewonnen.
Und ich rege dann auch immer gern dazu an, dass man sagt, so guck mal auf die Geschichten in deinem Leben, wo du besonders traurig warst, wo du besonders enttäuscht warst oder wo du besonders fröhlich warst. Was ist da passiert? Was war da? Was hat dich beeindruckt? Damit man daraus dann auch ableiten kann, was ist sozusagen auch dann vielleicht der goldene Faden durch dein Leben? Wo passieren Dinge immer mal wieder oder vielleicht sogar auf ähnliche Art und Weise? Und so rauszufinden, wie ticke ich eigentlich, was macht mich eigentlich aus? Und aus dem dann die Verbindung herzustellen, auch wiederum zu den Zielkunden. Das ist natürlich dann auch ein ganz entscheidender Schritt.
[Alex] Und der zweite Schritt ist, mit wem möchte ich zusammenarbeiten?
[Bettina] Ja, also der zweite Gedanke im Grunde auch noch von dem gesamten ersten Schritt, wenn wir den ersten Schritt mal so auch bündeln als Positionierungsarbeit, dann ist es: Wer bin ich, mit wem möchte ich arbeiten und zu welchem Thema?
Also diese drei Faktoren, die fasse ich da gerne zusammen und auch bei der Frage, mit wem möchte ich arbeiten, da erlebe ich auch oft, wenn es jetzt um Coaches geht und um Dienstleistungen, die ich anbiete, dass Menschen dann sagen, ach, ich kann doch mit allen und ich bin Generalist. Und ich will mich da eigentlich gar nicht einschränken.
Das ist meiner Ansicht nach auch nicht ganz klug, weil ich, das habe ich auch bei mir erfahren, wir sind nicht im Umgang mit allen Menschen gleich gut. Es gibt Menschen, da schwingt es sofort und da gehen wir in Höchstform über. Und das rauszufinden, genauso wie ich für mich selber rausfinden darf, wo sind denn meine emotionalen Besonderheiten und wie bin ich eigentlich gestrickt, so ist das auch günstig, das fürs Gegenüber zu überlegen, denn dann performst du wirklich optimal und dann kannst du auch beste Leistung bringen und kriegst später auch mal einfach gute Testimonials, einfach weil du gut warst.
Vom Branding zum individuellen Angebot
[Alex] Okay, Positionierung. Check. Was kommt danach?
[Bettina] Danach kommt, dass das, was man da rausgefunden hat, zu gießen in eine individuelle, originelle Sichtbarkeit, also sprich Branding.
Ich bin nicht im Bereich Grafik zu Hause, deswegen ist das nicht so mein Thema, jetzt zu sagen, welche Schriftart und welche Layouts und welche Farben passen günstig. Da gibt es auch Profis dafür.
Wenn ich darüber nachdenke, dann ist es mehr auch so diese Gesamthaltung, die ich nach außen zeige, die sich letztlich auch im Branding, also in der Marke zeigt.
Welche Werte vertrete ich? Du bist ja zum Beispiel auch im Moment damit unterwegs, zu sagen, ich kann meine Selbstständigkeit hier wuppen ohne Social Media. Das ist mein Thema. Und so etwas zu finden, welche Haltung habe ich bezogen auf mein Thema und damit dann rauszugehen und das dann natürlich auch noch in ein passendes Layout zu bringen.
Aber letztlich auch dieses, was so zwischen den Zeilen ist, spürbar zu machen. Wofür stehe ich? Also da so als Marke dann zu erscheinen, dass man auch weiß, bin ich ein eher analytisch strukturierter Mensch und biete damit meine Sachen an oder bin ich der temperamentvolle Draufgänger?
Also das rauszukristallisieren, was ist das Besondere in der Wirkung letztlich auch, im Sein und dann in der Wirkung.
[Alex] Ich kann mir vorstellen, dass das auch gar nicht so einfach ist. Wie mache ich das? Also wie bestimme ich das, was mir wichtig ist, meine Werte, wie ich nach außen auftreten will? Wie schaffe ich das gerade am Anfang?
[Bettina] Durch sehr viel Analyse, was bisher schon auch mal erfolgreich war. Ich komme ja aus irgendwelchen anderen Jobs oft, zu gucken: Was habe ich da eigentlich immer gut hingekriegt, wofür habe ich gute Rückmeldungen gekriegt?
Ich finde es auch ganz wichtig, einfach oder auch die Umgebung nochmal darauf hin zu befragen, wie erlebt ihr mich eigentlich? Was bin ich so für jemand? Wie komme ich bei euch an?
Also und das auch in der privaten Umgebung vielleicht auch mal zu tun, aber auch in der Business-Umgebung, wenn man Menschen ein bisschen besser kennt, da einfach mal zu fragen, was fällt euch auf? Wie bin ich? Also die Rückmeldung einzuholen und dadurch so eine Analysegrundlage zu kriegen, für das, wie man schon immer mal war und was immer schon mal gut gelungen ist.
Lebendiges Schreiben: Tipps und Tricks
[Alex] Jetzt wo du das so sagst, ich glaube, ich habe zum Beispiel vorher auch voll irgendwie verdrängt, dass ich gerne schreiben möchte und war halt dann über Jahre auf Social Media präsent.
Und hätte ich mich da mal gefragt, sag mal, was kannst du denn eigentlich und was ist dir wichtig, dann hätte ich das vielleicht auch irgendwie mir sparen können.
Deswegen: Ich finde, das hört sich absolut sinnvoll an.
[Bettina] Es kostet manchmal ein bisschen Mut, dann vielleicht auch solche Entscheidungen zu treffen. Denn so wie du gerade das beschrieben hast, es wird einem ja auch suggeriert, dass man bestimmte Dinge so tun muss, wenn man mit der Selbstständigkeit startet.
Und da sich dann bewusst anders zu positionieren, das kostet auch Mut.
Und den Mut, den kriege ich aber auch dadurch, dass ich mir selber immer wieder auch ein Stück weit klar mache, was ich gut kann, was meine Stärken sind und dass ich damit auch nur überzeugen kann.
Ich bin fest davon überzeugt, ich kann nur dann richtig gut performen, wenn ich da bei dem ansetze, was meine Stärken sind und wo ich wirklich dann zu Hause bin, wo ich mich wohlfühle und auch was mir Freude macht.
Das richtige Angebot erstellen
[Alex] Und was kommt nach dem Branding? Also Positionierung haben wir, Branding, was ist dann der nächste Schritt?
[Bettina] Das Dritte ist das Angebot. Dann etwas zu stricken aus diesen Überlegungen, wer bin ich, wer ist meine Zielgruppe, was ist mein Thema, das sozusagen zu bündeln in ein gutes Angebot.
Und wenn ich da nochmal wieder bei den Coaches zum Beispiel ansetze:
Ein Coaching ist kein Angebot.
Und viele Coaches zum Beispiel, die starten damit, dass sie auch auf der Webseite ganz schnell mal stehen haben, haben Einzelstunde 90 Euro oder irgend so was.
Oder du kommst jetzt und hast ein Problem mit deinem inneren Kind und deinen Glaubenssätzen und sonst was und Einzelstunde 90 Euro.
Da sage ich ganz schnell und ganz oft, das funktioniert so überhaupt nicht. Erstens weiß das auch jeder Coach, es braucht einen Prozess, wenn man überhaupt größere Themen angeht. Und, oder ich fange nochmal andersrum an. Es gibt eigentlich zwei Argumente, warum das kein gutes Angebot ist.
Ein bisschen Selbstschutz und Marketingthema, nämlich dann muss ich ja nach jeder Coachingstunde gegebenenfalls Neuakquise machen und das ist auf Dauer sehr anstrengend, wenn ich mir nur die Einzelstunden von Menschen zusammensuche.
Und das Zweite, das finde ich jetzt speziell für Coaches auch besonders relevant, ich übernehme ja Verantwortung für einen Prozess und bis Veränderung passiert, das dauert.
Unser Gehirn braucht mindestens mal drei Monate, bis irgendwelche neuen Bahnen gelegt sind. Da gibt es inzwischen auch wunderbare neurologische Untersuchungen dazu.
Und vor dem Hintergrund habe ich auch bei meinen normalen Coaching-Angeboten früher immer gesagt, ich biete ein Drei-Monats-Paket an.
Dann kann ich begleiten, dann kann ich zwischendurch Feedback einholen, dann können Dinge ausprobiert und wieder gemeinsam reflektiert werden. Und für Coaches, die jetzt starten und auch überlegen, so wie kriege ich eigentlich meine Miete finanziert, ist natürlich auch da die Antwort oder das Argument, es ist einfach dann leichter, weil man nicht so oft sich um neue Klienten kümmern muss.
Also das hat, finde ich, zwei Facetten, die dafür sprechen, ein Angebot so zu organisieren, dass es eben längerfristige Zusammenarbeit ermöglicht. Und was für mich auch noch dazu gehört, ist, dass dann in dieses Angebot auch ein bisschen was fließt von dem, was mich als Persönlichkeit ausmacht und was bei mir das Besondere ist.
Also biete ich zum Beispiel einen besonderen Service an oder habe ich eine ganz spezielle Methode, mit der ich an einem Thema arbeite. Also auch das kann dann das Angebot so rahmen, dass ich dann auch ich mit mir, meiner Dienstleistung und meinem Angebot mich dann eben deutlich unterscheide von den anderen Mitbewerbern und auf die Weise dann eben auch irgendwann sichtbar und gebucht werde.
[Alex] Ich habe mir gerade auch gedacht, so dieses Vorgehen, dass ich quasi meine Positionierung klarkriege, dann mein Branding, mein Angebot, das führt ja auch zu so einer Klarheit.
Und das ist dann sicherlich auch viel, viel einfacher, mit so einer Klarheit auch Website-Texte später zu schreiben, als wenn ich diese Klarheit noch gar nicht habe und, ja, einfach mal so drauf losschreibe oder mir einfach irgendwie WordPress hole und dann denke, jetzt muss ich irgendwie loslegen. Also das scheint mir ein Weg zu sein, der für ganz viel Klarheit sorgt. Und ich habe einen Blogartikel von dir gelesen. Eine gute Website ist wie ein gutes Coaching. Was meinst du damit?
[Alex] Ich habe den Hintergedanken gehabt, dass beim Coaching oder das Coaching ja dann erfolgreich ist, wenn ich als Coach gut kommuniziere.
Also, wenn ich schon damit anfange, für eine gute Atmosphäre zu sorgen, angenommen, ich arbeite jetzt in Präsenz, ich habe einen schönen Raum, ich habe den nett gestaltet, ich habe vielleicht sogar einen Tee gekocht, ich habe mit einem Duft für eine angenehme Situation gesorgt und so weiter und so fort.
Und das ist im Grunde etwas, was ich auf einer Webseite auch machen darf, indem ich sie so gestalte, dass der Besucher oder die Besucherin der Website dann sofort denkt: Oh, hier fühle ich mich jetzt richtig gut aufgehoben.
Also beispielsweise, indem der erste Aufmacher schon so ist, dass da ein sehr sympathisches Bild von der Coachin oder dem Coach erscheint, zusätzlich mit einem Text, der mich auch sofort anspricht, der mich abholt, wo ich auch sofort erkennen kann, hier bin ich vielleicht auch richtig mit meinem Thema und mit meiner Frage.
Dann ist das dieses freundliche Begrüßen wie sonst der freundliche Handschlag an der Tür und „Kommen Sie mal rein“ und „Bitte setzen Sie sich hin und fühlen sich wohl“.
Und gleichzeitig meine ich auch mit diesem „Gute Website ist wie gutes Coaching“, das meine ich bezogen auf Kommunikation.
Ich lese oft Website-Texte, die sind sehr ich-bezogen. Also ich habe jetzt die Weiterbildung gemacht und ich habe 20 Jahre Führungserfahrung und deswegen kenne ich mich gut aus mit Problemen bei Führungskräften und ich richte mich jetzt auch an Führungskräfte und ich bin, weiß ich nicht, ich habe die und die Weiterbildungen gemacht und ansonsten vielleicht noch ein paar Fun Facts.
Da ist ganz viel Ich und im Coaching würden wir ja auch nicht als Coaches die ganze Zeit von uns hier erzählen, dann hätten wir keinen Klienten. Deswegen auch mein Gedanke, mach das auf der Website mal genauso. Sprich die Leute an. Tu so, als würden sie dir erzählen und reagiere darauf, indem du so quasi aktiv zuhörst. Oder ja, stell kluge Fragen.
Sei auch vielleicht ein bisschen empathisch, indem du auf konkrete Lebenssituationen eingehst, die du antizipierst oder Berufssituationen.
Und die werden dann sehr konkret oder die sollten auch sehr konkret sein, damit sich jemand sofort da auch dann wiederfindet. Und eben auch nicht so, es wacht keiner nachts auf und sagt, ich muss mal meine Blockaden lösen, sondern das müssten dann richtig Alltags-, Berufs-, Lebensbeispiele sein, wo man sofort sagt, jo, das Problem kenne ich, das habe ich auch.
Und ja, und letztlich bis hin zur Körpersprache, die man ja sieht, wenn man im Coaching direkt miteinander arbeitet, man ist nach vorne geneigt, man hat Augenkontakt, man ist miteinander in gutem Kontakt, kann ich auf einer Website auch machen, indem ich letztlich auch da dafür sorge, dass Text und Bild gut zusammenpassen, dass die Farbwelt so ist, dass sie mich anspricht.
Also all das, was gutes Coaching ausmacht, kann ich im Grunde übertragen auf Konstruktion von Website. Mit dem Ziel, dass ich vertrauenswürdig wirke und dass die Menschen, die zu mir kommen, eben zu mir auch Vertrauen bekommen.
[Alex] Das ist ja auch deshalb, glaube ich, so eine gute Idee, weil ich dann ja auch einfach inhaltlich stimmig auftrete, also sowohl in meinen Coachings als auch nach außen, dass ich für die Menschen, wenn ich dann zusammenarbeite, auch einfach so ein einheitliches Rundumerlebnis quasi schaffe.
Weil wenn ich dann auf meiner Website zum Beispiel ganz andere Dinge mache als im Gespräch, dann wirkt das, glaube ich, auch widersprüchlich vielleicht sogar.
[Bettina] Ja, und genau dafür ist ja auch das dann wichtig, was ich vorhin angesprochen habe, dass ich bei mir anfange und überlege, wer bin ich denn und was will ich von mir zeigen? Dann wirkt das so.
Mir hat neulich eine Kundin gesagt, das fand ich total interessant, so bei einem Kennenlerngespräch, ich habe dann so gefragt, gibt es denn noch irgendwelche Fragen und möchtest du noch irgendwas wissen? Und dann sagte die, ach nö, das stand ja schon alles so auf deiner Website und das habe ich auch alles gut verstanden und du wirkst jetzt genauso wie auf deiner Website. Und da dachte ich, oh, das ist ein tolles Feedback.
Wenn ich da wahrnehmen konnte, das passt offenbar zusammen, was ich über mich schreibe und wie die mich dann im Gespräch erleben. Und sowas versuche ich dann auch weiterzugeben. Das, finde ich, ist das Zentrale, dass da keine Brüche sind.
[Alex] Eine Herausforderung ist häufig, dass wir ja verständlicherweise natürlich den Wunsch haben, professionell aufzutreten mit unserer Website, dann halt aber Website-Texte schreiben, die auch entsprechend kompliziert klingen, also Schachtelsätze, viel Fachsprache und so weiter. Wie können wir uns deiner Erfahrung nach diese Fachsprache abtrainieren als Coaches und ein bisschen alltagssprachlicher schreiben? Hast du da ein paar Tipps?
[Bettina] Ja, ich würde mit einem ganz pragmatischen Tipp starten und zwar, bevor ich ans Schreiben gehe, hat mir das oft geholfen, dass ich Dinge gesprochen habe.
Also ich gehe häufiger auch jetzt noch mit meinem Handy durch die Gegend und erzähle das, was ich schreiben möchte, weil ich im Erzählen einen anderen Stil habe.
Und wenn ich diesen Stil ein bisschen übernehme fürs Schreiben, dann bin ich schon gleich um mindestens 50 Prozent lebendiger, als wenn ich das Ganze sozusagen schon, wenn ich nur mit dem Schreiben starte.
Denn Menschen auch, die es nicht gewöhnt sind, so adressatenorientiert und lebendig zu schreiben, die haben häufig auch das Gefühl einfach, sie müssten jetzt, wie du eben sagst, einfach so, um professionell zu sein, müssen sie kluge Sätze schreiben und die sind dann auch noch lang, aber sowas will ja kein Mensch lesen.
Und ich habe selber mal irgendwann Germanistik studiert, aber davon kann ich fast nichts brauchen für das, was jetzt für Websitetexte relevant ist.
Also einmal dieses eher schreiben, wie man spricht, und das auch ein bisschen üben dadurch, dass man einfach das gesprochene Wort mal aufnimmt. Und wenn du auch nach weiteren Tipps fragst, ganz konkret mehr kurze Sätze schreiben.
Kurze und lange auch eher mischen. Auf jeden Fall darauf achten, dass Sätze nicht zu lange Nebensätze haben und zu verschachtelt sind. Das liest sich auch nicht günstig im Internet, einfach weil wir auch gewohnt sind, wir lesen ja auch oft quer und wir überspringen, wir scannen Texte.
Und da braucht es auch so Eyecatcher zwischendurch, wo bleibe ich hängen, also auch viel mehr Zwischenüberschriften zum Beispiel formulieren, damit auch die Schnellleser eine Orientierung haben und wissen, wo sie wieder andocken können.
Was könnte ich sonst noch sagen? Also überhaupt lebendiges Schreiben, in dem man zum Beispiel auch versucht, sehr konkret zu sein, auch mal sinnliche Eindrücke einzubauen. Was sehe ich? Was höre ich? Was nehme ich wahr?
Also viel weniger abstrakt, auch mehr Verben als Nomen zu verwenden, weil das einfach lebendiger ist. Diese ganzen Wörter auf -heit und -keit und -ung sind auch nicht besonders tauglich und gut lesbar.
Und dann finde ich noch so als Grundsatz-Tipp wichtig, dass man versucht, seinen eigenen Stil zu finden.
Wenn du anfängst zu schreiben, dann geht es ja manchen vielleicht, vielleicht ist es dir auch mal irgendwann so gegangen, dass du dir Vorbilder suchst. Ich habe auch am Anfang mir mal da durchaus Vorlagen auch georganisiert, wie schreibe ich gute E-Mails, bis ich gemerkt habe, dann habe ich das auch am Anfang so gemacht, wie mir da empfohlen wurde und jetzt mit Abstand gucke ich da nochmal drauf und denke, so würde ich heute nie wieder schreiben, weil es nicht meins ist.
Also ich finde es auch noch ganz wichtig, ein bisschen rauszufinden, was passt denn da zu mir und was ist mein Stil, denn auch das gehört dann irgendwann zur Marke, dass ich so schreibe, wie es zu mir passt.
Über-mich-Seiten: Geschichten erzählen
[Alex] Das finde ich voll den wichtigen Tipp und ich glaube, dass man das auch nur schafft, indem man eben super, super viel übt, also viel, viel schreibt, sich nochmal durchliest mit ein bisschen Distanz, was habe ich da geschrieben, und vielleicht geht es dann einem so, wie es dir ging, dass man merkt, oh, das ist nicht so sehr, klingt nicht so sehr nach mir. Also üben, schreiben, nochmal durchlesen. Ich glaube, das ist so das Beste, was wir machen können.
Vielleicht können wir nochmal ein paar Worte sagen zur Über-mich-Seite. Weil so meine Erfahrung ist, also ich habe jetzt nicht nur Coaches bei mir unter Kundinnen, aber eigentlich tun sich fast alle mit Über-mich-Seiten schwer.
Sie schieben sie immer bis zum Schluss auf und dann ist es meistens so ein Kampf. Hast du so ein paar Tipps, wie es leichter gehen könnte mit der Über-mich-Seite?
[Bettina] Ich würde, bevor ich anfange zu schreiben, bei der Über-mich-Seite auch nochmal darüber nachdenken, das habe ich vorhin schon mal in einem anderen Zusammenhang gesagt, aber hier wird es nochmal relevant:
Was sind die entscheidenden Geschichten und Situationen in meinem Leben?
Ich habe zum Beispiel immer, ich habe dann beim Nachdenken bei meiner Über-mich-Seite gemerkt, dass ich immer wieder mal auch gegen Stimmen von außen gehandelt habe in meinem Leben. Als ich Studierende war, da wollte ich unbedingt nach Südamerika und da kam von außen, oh, das ist viel zu gefährlich, willst du das wirklich machen und da wirst du ausgeraubt, da kriegst du Durchfall und, und, und. Ich habe es gemacht.
Und wenn ich es nicht gemacht hätte, hätte ich die tollsten Erlebnisse nicht erfahren und die ich jetzt noch nach Jahrzehnten einfach ganz lebendig im Kopf habe. Oder so andere Stimmen von außen. Ich habe mich mal beworben auf eine Beförderungsstelle und dann kam jemand, oh, das traust du dir wirklich zu? Willst du das echt machen?
Und ich habe es getan. Ich habe es dann erfolgreich gemacht. Und dann daran habe ich so gemerkt, okay, offenbar ist das ein Element von mir und meinem Leben, was sich so durchzieht, dass ich Stimmen von außen kriege, die mir vielleicht irgendwas nicht zutrauen, wo ich aber dann sage oder nochmal reflektiere, möchtest du es trotzdem? Ja, und dann habe ich es gemacht.
Und dieses ist zum Beispiel dann so ein roter Faden durch mein Leben und so etwas zum Beispiel kann man dann auf eine Über-mich-Seite einbauen und du kannst dann eben auch überlegen, was hat das zum Beispiel dann mit deiner Zielgruppe zu tun.
Also, bleiben wir mal bei dem Thema und du bist als Coach selbstständig für jemanden oder willst dich selbstständig machen und dich kümmern um Menschen, die einfach auch so eine Unterstützung brauchen, Mut, Entscheidungen zu treffen und Ähnliches, dann kannst du zeigen:
Ich habe das so und so gemacht, ich habe das so und so gemeistert, ich bin da vielleicht schon einen Schritt weiter als du. Wenn das jetzt dein Thema ist, dann bist du offenbar bei mir ganz gut aufgehoben.
Also Über-mich-Seiten schreiben oder auch wenn man jetzt an andere Berufsbereiche denkt, ist aber der Grundgedanke, glaube ich, ein ähnlicher, nämlich zu überlegen: Was ist so mein besonderes Erleben gewesen in verschiedenen Situationen? Was habe ich für Erkenntnisse gewonnen? Und was haben die jetzt vielleicht zu tun mit meiner Arbeit und auch mit meinen zukünftigen Kunden?
Die Rolle von SEO im Marketing
[Alex] Vielleicht können wir abschließend auch nochmal über die Rolle der Website in deinem Marketing sprechen.
Du hast mir im Vorgespräch zum Beispiel verraten, dass Suchmaschinenoptimierung, also SEO, eine wichtige Rolle in deinem eigenen Marketing spielt und dass du, weil du eben für immer mehr Begriffe weit oben in den Suchergebnissen auftauchst, auch deine Werbeanzeigen auf Social Media reduzieren konntest. Erzähl doch mal, was dir SEO genau für Resultate bringt.
[Bettina] Das macht mir inzwischen richtig Spaß, Blogartikel zu schreiben, die ich mit Keywords optimiere und damit eben sozusagen bei Google öfter gefunden werde.
Das Resultat ist, ich fange mal ganz hinten an, ich bin jetzt inzwischen mit mehreren für mich relevanten Keywords, also bei mir ist das als Coach selbstständig machen, Coaching-Business aufbauen, Positionierung-Coaching, ranke ich bei Google zum Teil unter den ersten zehn, mit einigen auf Platz fünf.
Ich habe auch einzelne Artikel, da bin ich auf Platz 1 sogar und das bringt mir den Vorteil, dass ich dann Menschen, dass Menschen, die genau diese Begriffe suchen, bei mir landen.
Ich habe meinen Blog auf meiner Website und so sind die dann, sie lesen dann meinen Blog und dann verbinde ich das ja damit, dass ich da auch auf meinen Fünf-Tage-Kurs hinweise, den man kostenlos bekommen kann, oder auf meinen Newsletter hinweise und dann kann man sich da eintragen.
Und so bekomme ich dann eben die E-Mail-Adressen und dann anschließend, wenn jemand in meiner E-Mail-Liste ist, kriegt er wöchentlich einen Newsletter mit allen möglichen Infos und Tipps für den Start in die Selbstständigkeit als Coachin, wofür ich ja stehe.
Das heißt, SEO bringt mir Menschen auf meine Website und das letztlich dann ohne Kosten, nämlich ohne, ich habe vorher nur Zeit investiert, aber sie kommen ohne Kosten von Werbeanzeigen.
Und ich habe das eine Zeit lang anders gemacht. Ich war eine Weile auch bei Instagram und habe es auch versucht. Ich bin auch bei Facebook immer noch, aber nicht aktiv und habe dann mit Meta-Ads das probiert.
Ich habe dann natürlich auch Leute gekriegt in meine Liste. Ich habe aber nicht, da sind dann aber auch Menschen bei, die nicht gezielt nur das suchen, was ich letztlich anbiete.
Und ich finde, es ist auch immer eine Frage von Zahlen. Nicht für jedes Business braucht man horrende große Zahlen. Manchmal reicht es schon, wenn sich ein, zwei, drei melden und von denen bucht dann einer.
Also es ist, finde ich, eben nicht eine Frage von Menge, nur wenn man seinen eigenen Erfolg definiert. Und ich kann ganz klar sagen, also SEO, optimiertes Arbeiten, hat mir den Erfolg gebracht, dass Leute über Google mich finden und bei mir auf der E-Mail-Liste landen und dann auch irgendwann buchen.
Und das macht echt Spaß, wenn man so sieht, auch wie da so im Laufe der Jahre die Sichtbarkeit steigt. Ich habe bei, vor einem Jahr hatte ich eine Sichtbarkeit von, oder sagen wir mal eine Klickrate bei Google von um die 300 pro Seite, jetzt bin ich bei knapp 1000 pro Monat. Und das eben durch die Artikel, die ich regelmäßig optimiere.
[Alex] Es gibt ja auch einen großen Unterschied, finde ich, ob ich quasi auf Social Media unterwegs bin und da kommt eine Anzeige und stört mich quasi in dem, was ich gerade mache, oder ob ich aktiv nach einem Begriff suche und ja quasi bereit bin, die Lösung zu sehen und dann auf einen Blogartikel stoße.
Also ich glaube, was du gerade gesagt hast, manchmal reichen dann irgendwie ein, zwei, drei Leute, aber dadurch, dass es halt einfach relevantere Menschen sind, bringt es dann auch häufig viel mehr als die Masse auf Social Media.
[Bettina] Ja, das denke ich auch. Ich hatte neulich gerade ein Erlebnis, da hat sich jemand auf meine Liste eingetragen und nach zwei Wochen um ein Gespräch gebeten. Und daraus ist eine Kundin geworden. Wo ich auch denke, wow, das ist irgendwie irre. Andere, die habe ich drei Jahre auf meiner Liste, die haben die antworten nur ab und zu mal, was ja auch schön ist, sie freuen sich an meinen Newslettern.
Dann, also das ist auch einfach ein wichtiger Punkt für einen selber, das rauszufinden, was funktioniert für mich, was mache ich gerne und was funktioniert letztlich. Und das braucht natürlich auch einfach ein bisschen Zeit und ein bisschen Ausprobieren.
Geduld und Ausdauer bei SEO
[Alex] Du hast jetzt schon gerade erzählt, dass es jetzt bei dir ungefähr ein Jahr gedauert hat, wenn ich das richtig verstehe, dass es so von 300 Klicks auf 1000 Klicks angewachsen ist pro Monat.
Jetzt ist es halt so, dass SEO nun mal dauert. Also es geht nicht über Nacht. Und was hast du denn jetzt zum Beispiel in der Zwischenzeit gemacht? Also wenn man mit SEO startet, dann braucht man einfach Geduld. Was rätst du da deinen Kundinnen oder wie ist das bei dir gewesen?
[Bettina] Also die Geduld braucht man auf jeden Fall. Zielt deine Frage jetzt darauf ab, wie finanziere ich mir dann überhaupt den Einstieg in die Selbstständigkeit?
[Alex] Oder was sind so alternative Marketingstrategien? Also was mache ich quasi, um das zu überbrücken, bis SEO fruchtet? Also hast du dann vielleicht doch Social Media genutzt oder hast du über Kontakte Kundinnen gewonnen? Wie war das bei dir?
[Bettina] Ja, also ich speziell habe mich ja vor fünf Jahren nebenberuflich selbstständig gemacht und hatte dadurch erstmal sozusagen zwei Standbeine, was mich persönlich sehr entlastet hat. Und ich erlebe das auch bei vielen, die starten, dass die erstmal noch ein Teil in ihrem Hauptjob bleiben und dann wirklich erstmal Stunden reduzieren und sich die Zeit nehmen für den Aufbau. Das halte ich auch für eine kluge Strategie.
Ansonsten gibt es ja immer auch noch die alternativen und auch tradierten Möglichkeiten, bei irgendwelchen Messen aufzutreten, versuchen, einen Vortrag irgendwo zu halten, in einem ganz kleineren Rahmen, wenn man regional zum Beispiel auch was anbietet.
Da habe ich ja vielfältige Möglichkeiten, mich auch bekannt zu machen oder schlicht mal, wenn es wirklich regional ist, auch mit der regionalen Zeitungen Kontakt aufzunehmen. Also Marketing-Strategien auch jenseits von online, finde ich, dürfen wir nicht vergessen, weil das letztlich ja auch genauso funktionale Dinge sind. Und je nachdem, was ich für eine Zielgruppe habe, kann das auch erstmal genauso funktionieren.
Und Social Media hast du noch angesprochen. Ich bin zum Beispiel aktiv bei LinkedIn. Das war der Kanal, den ich von Anfang an auch regelmäßig bespielt habe. Und da zum Beispiel ist es ja auch leicht möglich, sein Netzwerk auszuweiten und auch direkten Kontakt aufzunehmen. Das war für mich eine Alternative am Anfang.
Umgang mit abstrakten Themen in SEO
[Alex] Gerade bei Coaches beobachte ich, dass sie ja häufig so abstrakte Themen und Fragestellungen abdecken. Also du zum Beispiel früher Resilienz oder Perfektionismus ablegen oder, oder. Und wenn wir das jetzt so aus SEO-Sicht betrachten und das wäre so jetzt meine letzte Frage, wie können Coaches mit so abstrakten Themen und vielleicht auch umkämpften SEO-Keywords SEO betreiben? Wie funktioniert das?
[Bettina] In dem Zusammenhang ist es hilfreich, nach Begriffs- oder Formulierungsvarianten zu suchen.
Es gibt ja Tools, wo man recherchieren kann, welche Keywords wie oft gesucht werden und wie umkämpft diese Begriffe sind. Und wenn ich da zum Beispiel rein Perfektionismus reingebe oder nur das Wort Resilienz, dann kriege ich da Tausende von Suchvolumen, gleichzeitig aber auch einen hohen Wert von Schwierigkeit, diesen Begriff, bei diesem Begriff überhaupt zu ranken irgendwann mal.
Und da empfiehlt es sich, und so habe ich das auch gemacht, einfach zu gucken, was sind denn so verwandte Formulierungen, die in eine ähnliche Richtung gehen, wo ich dann aber leichter die Möglichkeit habe zu ranken, also nicht nur ein Wort, sondern Perfektionismus ablegen oder mit Stress gut umgehen oder Stressfaktoren oder Resilienz aufbauen, innere Stärke entwickeln.
Also, dass man so Wortkombinationen hat. Und wenn man damit so ein bisschen ausprobiert in den Tools, wo man das checken kann, dann kommt man auch auf Begriffe, die thematisch ganz nah an dem sind, was man eigentlich sagen will, die aber trotzdem noch gut zu ranken sind und wo man dann noch Chancen hat, hochzukommen.
[Alex] Also Recherche ist entscheidend.
[Bettina] Ja.
[Alex] Bettina, ich danke dir vielmals, dass du heute hier warst und über dein Thema gesprochen hast.
[Bettina] Sehr gerne.
Shownotes
Schlaue Pressearbeit für Selbstständige: Interview mit Marike Frick von Wasjournalistenwollen
In dieser Podcastfolge habe ich Marike Frick zu Gast. Marike ist ausgebildete Journalistin und sie zeigt Selbstständigen und Unternehmer*innen, wie sie ihre Pressearbeit selbst machen können. Genau zu diesem Thema habe ich sie schon in meinem Buch „No Social Media!“ interviewt. Und jetzt möchte ich mit ihr auch noch mal in meinem Podcast darüber sprechen.
In dieser Podcastfolge habe ich Marike Frick zu Gast. Marike ist ausgebildete Journalistin und sie zeigt Selbstständigen und Unternehmer*innen, wie sie ihre Pressearbeit selbst machen können.
Genau zu diesem Thema habe ich sie schon in meinem Buch „No Social Media!“ interviewt. Und jetzt möchte ich mit ihr auch noch mal in meinem Podcast darüber sprechen.
Folge anhören
Transkript lesen
Warum es nicht sinnvoll ist, Pressemitteilungen zu verschicken
[Alex] Hallo Marike. Wenn Menschen an Pressearbeit denken, denken viele immer noch an Pressemitteilungen, also dieses klassische Massen-E-Mails an möglichst viele Redaktionen versenden. Warum ist das von gestern?
[Marike] Das ist vielleicht sogar von vorgestern. Also es ist einfach einer Realität geschuldet, in der sich viele Journalisten befinden.
Journalisten bekommen so viele E-Mails jeden Tag. Ich habe mal so eine Umfrage gemacht, da haben die meisten gesagt, es sind so 80 bis 150 E-Mails jeden Tag. Die kann natürlich kein Mensch öffnen, die kann kein Mensch lesen, die kann kein Mensch beantworten.
Deshalb ist so das Üblichste in den Redaktionen, dass Journalisten morgens in ihren Posteingang reingehen und einfach löschen, löschen, löschen, löschen, löschen und nur noch das stehen lassen, wo sie denken, das könnte mich vielleicht interessieren.
Und nun ist es so, dass in den letzten Jahren die Redaktionen eher kleiner geworden sind, also weniger Redakteure müssen mehr Themen bearbeiten. Und dann heißt das natürlich nochmal, dass die E-Mail-Flut zunimmt.
Das heißt nochmal, dass mehr Informationen auf den einzelnen Journalisten oder die einzelnen Redakteurin einströmen. Und wer sich das nicht bewusst macht und weiter Pressemitteilungen verschickt, kann das natürlich gerne tun, aber es wird halt herzlich wenig bringen, weil sie wahrscheinlich nicht gelesen wird.
[Alex] Also das heißt, wenn ich sowas schreibe wie „Pressemitteilung: Wir haben ein neues Produkt“, dann kann ich es auch gleich sein lassen? Dann bringt das gar nichts?
[Marike] Aus meiner Sicht ja. Es sei denn, du bist irgendwie BMW und bringst ein neues Auto raus, dann werden sich natürlich die Autoredakteure trotzdem noch dafür interessieren. Aber die meisten von uns sind das ja nicht. Und da bringt es einfach nichts, so eine klassische Pressemitteilungen zu verschicken, wie sich vielleicht große Unternehmen mit großen Namen versenden.
[Alex] Und was können dann Selbstständige, Einzelunternehmer*innen und Kleinunternehmen vielleicht stattdessen tun? Wie fallen sie auf?
[Marike] Also sie sollten sich überlegen: Wie kann ich dem Journalisten etwas schicken, das den Löschreflex eben nicht auslöst? Also wie kann ich schon in meiner Betreffzeile klar machen, hier wartet was auf dich in dieser E-Mail, das es lohnt, gelesen zu werden. Und in der Regel sind Journalisten immer auf der Suche nach Geschichten von echten Menschen.
Und sie sind auf der Suche nach Experten, die ihnen etwas erklären können, die etwas einordnen können.
Und das sind auch die zwei Richtungen, in die wir unsere Kunden schicken.
Das heißt, wir überlegen immer, bringst du vielleicht eine Gründungsgeschichte mit, die interessant sein könnte? Warum machst du das, was du machst? Hast du einen Auslöser dafür, was du gegründet hast? Oder gibt es irgendwas Ungewöhnliches in deinem Leben, was du erzählen kannst und was irgendwie mit deinem Business-Thema zu tun hat? Oder wir überlegen, hast du Expertenwissen, das du anbieten kannst, idealerweise, weil es gerade super gut passt?
Ich gebe dir mal ein Beispiel, das ich vor kurzem gesehen habe auf Spiegel Online. Das fand ich ganz überraschend und eindrücklich.
Es hat ja so unheimlich lange gedauert, ehe das Bayern-Team, wir sind beim Fußball, ehe Bayern einen neuen Trainer gefunden hat. Niemand wollte den Job machen, alle haben irgendwie abgesagt. Und dann hat sich endlich einer bereit erklärt.
Und dann hat Spiegel Online Karriere-Coaches interviewt zur Frage: Wie trete ich einen Job an, den keiner haben wollte? Wie mache ich das souverän? Und da konnten diese Karriere-Coaches mit ihrem Expertenwissen glänzen.
Es hatte aber so einen Bezug zur Allgemeinheit. Also alle kennen Bayern, alle haben es mitbekommen mit der Trainersuche. Auch diejenigen, die sich vielleicht gar nicht so für Karrierefragen bisher interessiert haben, haben das vielleicht gelesen und haben diese Coaches kennengelernt.
Und das ist so ein bisschen die Magie, wenn man es schafft, zu einem Thema, über das viele Menschen sprechen, etwas anzubieten, nämlich: Ich kenne mich damit aus. Ich weiß, wie das ist, wenn man einen Job antritt, den niemand haben wollte. Dann wird man plötzlich für die Journalisten interessant und die sagen: Oh cool, den interviewe ich jetzt mal. Den hätte ich sonst nie angerufen, aber das finde ich jetzt spannend.
[Alex] Das heißt, wenn ich feststelle, dass jetzt irgendwie so ein aktueller Anlass da ist, dann kann ich mit diesem aktuellen Anlass einfach Journalisten kontaktieren und denen schreiben: Hey, ich kann was dazu sagen! Oder wie läuft das dann ab?
[Marike] Genau, das ist eine Möglichkeit. Also entweder ich habe was zu sagen zu einem aktuellen Anlass oder ich habe was zu sagen zu einem Phänomen, das viele Menschen kennen.
Also sagen wir mal, dein Thema sind Depressionen und es gibt natürlich in Deutschland immer wieder Erhebungen, wie viele Menschen sind von Depressionen betroffen. Kann es sein, dass eine neue Studie rauskommt und in der Studie kommt raus, Depressionen nehmen zu oder Depressionsdiagnosen nehmen zu.
Das ist auch ein guter Aufhänger zu sagen: Hey, lasst uns mal über das Thema Depressionen sprechen. Wie gehe ich eigentlich um mit Menschen, die von Depressionen betroffen sind? Also Wissen zu großen gesellschaftlichen Phänomenen, Wissen zu Dingen, die gerade da draußen passieren. Kann ich das erklären? Kann ich das einordnen? Kann ich da irgendwie Tipps dazu geben? Oder eben, ich habe eine Geschichte zu erzählen. Also vielleicht, ich bin selbst von Depressionen betroffen und kann dazu was sagen.
Das sind so verschiedene Ansätze. Und ja, dann schreibt man einfach einen Journalisten oder eine Redakteurin an und sagt: Hey, ich habe dazu was zu erzählen, zu sagen.
Man sollte natürlich schon ein bisschen anklingen, was man zu sagen hat, damit man nicht auch einfach so einen Zweizeiler schreibt.
Aber im Zweifel eben keine Pressemitteilung und keinen langen Text über die neue Coaching-Methode oder die neue Dienstleistung oder was auch immer, sondern: Was habe ich zu sagen, was können Leser, Zuhörer, Zuschauer von mir lernen?
Journalisten kontaktieren ohne zu nerven
[Alex] Ich kann mir vorstellen, dass trotzdem noch einige da Hemmschwellen haben, Journalisten so zu kontaktieren. Wie kann ich sie denn kontaktieren, ohne sie zu nerven? Gibt es denn so Dinge, die man beachten kann?
[Marike] Ich glaube, nerven wird man nur, wenn man irgendwie alle zwei Tage ein richtig dämliches Thema da hinschickt, das überhaupt nichts mit diesem Journalisten zu tun hat. Wenn sich Journalisten wirklich aufregen würden über E-Mails, die nur so lauwarm interessant für sie sind, dann würden sie sich den ganzen Tag ärgern. Das heißt, die sind nicht so schnell genervt.
Man macht wirklich nichts falsch, wenn man sich alle paar Wochen mal bei denen meldet und sagt: Hey, ich habe wieder was für dich.
Das ist eine Hürde, die viele im Kopf haben. So, ich will ja nicht aufdringlich sein, ich will ja nicht nerven, aber stell dir einfach vor, du bekommst jeden Tag diese 100 E-Mails. Du wirst übermorgen schon gar nicht mehr wissen, dass dir da vorgestern jemand geschrieben hat. Du wirst dich nicht an den Namen erinnern. Deswegen nervt man viel seltener, als man denkt.
Man nervt am ehesten noch, wenn man wirklich thematisch voll am Journalisten vorbeigeht. Weil, also wenn sich jemand mit Reisethemen beschäftigt und ich stelle mein neues Produkt vor, dann wird die Journalistin vielleicht irgendwann sagen „Meine Güte, hat der es immer noch nicht begriffen!“ und dann vielleicht genervt sein.
Also man sollte schon versuchen, den richtigen Journalisten zu erreichen, die Redakteurin zu erreichen, die sich mit dem Thema beschäftigt, sagen wir zum Beispiel Karriere oder psychische Gesundheit, dass man wirklich versucht, denjenigen rauszubekommen in einer Redaktion, der sich mit dem groben Themengebiet tagtäglich beschäftigt.
Denn die Journalisten, die Redaktionen sind so aufgeteilt, also gerade größere Redaktionen wie Spiegel Online zum Beispiel. Da macht der eine Wirtschaftsthemen, der andere macht Karrierethemen, der nächste macht Reisethemen, die nächste macht Nachhaltigkeitsthemen und da ist es wichtig, den richtigen rauszufinden, damit eben nicht sofort gelöscht wird.
Weil, wenn ich mich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftige und du schickst mir ein Karrierethema, dann drücke ich sofort auf Löschen und leite das auch nicht unbedingt weiter. Dafür habe ich gar nicht die Zeit.
[Alex] Das heißt, Recherche ist eigentlich essentiell. Also daran steht und fällt, dass man dann auch wirklich Interesse wecken kann mit seinem Thema.
[Marike] Ja, das ist ganz eindeutig so. Ich sage immer, die Zeit, die andere für das Schreiben von Pressemitteilungen verwenden, die muss man bei uns in die Recherche stecken. Denn ich kann auch nicht dir eine Adressliste mit 100 Kontakten geben, dürfte ich auch gar nicht, aber wenn ich es machen würde, dann würde dir das wenig bringen, weil du brauchst halt die Journalisten, die zu deinem Thema passen.
Und diese Recherchezeit einmal einzuplanen ist gut, wenn man sie dann einmal hat, wenn man sich einmal seine 20, 30 Kontakte recherchiert hat, dann hat man sie auch und kann sie immer wieder hervorholen und kann die Leute immer wieder kontaktieren.
[Alex] Macht das eigentlich einen Unterschied, was ich genau mache? Also ob ich jetzt Beraterin bin, einen Online-Shop habe oder jetzt in meinem Fall ein Buch geschrieben habe, geht es immer um die Story, um die Geschichte oder gibt es da so einen fundamentalen Unterschied?
[Marike] Wir sind bei allen Kunden immer gut damit gefahren, nach diesen zwei Elementen zu suchen, Geschichten und Expertenwissen. Die einen bringen mehr Geschichten mit, die anderen mehr Expertenwissen.
Wir hatten zum Beispiel eine Teilnehmerin im Kurs, die hat Schmuck selbst hergestellt und die ist dafür in die Natur gegangen, hat Blüten gesammelt und hat aus diesen Blüten dann Schmuckstücke gemacht, individuelle Schmuckstücke. Und dann macht sie das auch immer noch. Und die hat sehr viel über ihre persönliche Geschichte gehen können.
Also die bringt jetzt nicht anderen bei, wie man Schmuck selbst herstellt. Da ist das Expertenwissen so ein bisschen begrenzt, sondern sie ist sehr darüber gegangen, dass sie das als Hobby gemacht hat.
Ich glaube, sie ist so ein Island-Fan und hat dann davon erzählt, wie sie auf Island die Idee dafür hatte, und mittlerweile hat sie ihren Job gekündigt und macht nur noch das. Und das sind unheimlich schöne Bilder, wie sie in der Natur ist, die Blumen sammelt und ihren Schmuck herstellt und das haben wir dann immer noch mit betont, dass das ja schönes Bildmaterial geben könnte und das gefällt vielen Magazinen. Deswegen hat sie es in viele Magazine geschafft.
Und bei anderen fahren wir eher über die Schiene, dass wir das Know-how anbieten, weil die sagen, ich habe jetzt keine spannende Geschichte mitgebracht, aber ich weiß, wie man meinetwegen den neuen Job richtig antritt.
Also es ist wirklich egal, ob Produkt oder Dienstleister oder Coach, es sind immer diese zwei Fragen, die wir stellen: Welche Geschichte bringst du mit und welches Expertenwissen bringst du mit?
Wie finde ich relevante und interessante Geschichten für die Presse?
[Alex] Kann ich denn irgendwie abschätzen, ob die Geschichten, die ich habe oder das Expertenwissen auch wirklich relevant und interessant ist? Gibt es da so Kriterien?
[Marike] Es wird umso interessanter, je mehr Menschen davon betroffen sind. Beispiel Depression betrifft sehr, sehr viele Menschen in Deutschland.
Relevant wird es dadurch, dass gerade darüber gesprochen wird. Siehe Bayern Trainer.
Also wenn diese Kriterien zutreffen, wird es einfach nochmal in der Dringlichkeit interessanter für den Journalisten. Ein Journalist kann das ganze Jahr theoretisch über Depressionen schreiben, aber wenn jetzt gerade eine Schauspielerin gesagt hat, übrigens, ich bin auch von Depressionen betroffen, und das ist eine Neuheit und viele reden darüber, wird es interessanter.
Wenn es den Tag „Aktionstag gegen Depressionen“ gibt, der irgendwie in einem Monat ansteht, wird das Thema interessanter. Also, so ein paar Faktoren können sein, Aktualität, also es passiert gerade was oder ist gerade was passiert, Relevanz, viele Menschen sind davon betroffen, Emotionalität, also es ist irgendwie eine Geschichte, die zu Herzen geht, vielleicht auch Überraschung oder eine ungewöhnliche Geschichte. Also jemand hat etwas sehr Ungewöhnliches geschafft.
Wir hatten einen Teilnehmer, der ist mit einer Titanstange im Rücken den Iron Man gelaufen. Also die Titanstange hat er schon sehr lange im Rücken, aber wir haben es natürlich zusammengestaucht auf: Mann mit Titanstange läuft den Iron Man.
Das war eine Geschichte, damit war er in mehreren Zeitungen, damit war er im Fernsehen und er ist Coach und Personal Trainer und er konnte das dann gut mit seinem Business zusammenbringen und darüber sprechen, wie es ist, wenn man mit über 50 das Gefühl hat, man möchte mehr aus seinem Leben machen und er hat das auch gemacht. Er konnte das immer gut verknüpfen.
Also eine ungewöhnliche Geschichte kann auch so etwas sein, wo der Journalist denkt, okay, jetzt wird das Thema gerade noch interessanter für mich.
Was bringt Pressearbeit?
[Alex] Du hast jetzt schon von deinen Kund*innen gesprochen. Was kann denn so passieren, wenn man es quasi schafft und in der Presse auftaucht? Welche Auswirkungen kann das auf das Business haben?
[Marike] Ja, es hat sehr unterschiedliche Auswirkungen. Also ich habe von der Schmuckherstellerin erzählt, die hatte nach einem Fernsehbeitrag, ich glaube, sie war in der ARD, hatte sie wirklich das Phänomen, dass ihr Online-Shop kurzzeitig stillgelegt war, weil so viele auf ihre Website wollten.
Andere nutzen die Presseerfolge eher dafür, dass sie sagen, ich will unbedingt, dass auf meiner Website steht „Bekannt aus“ und dann sollen da große Namen stehen, weil das für meine Klientel, die ich ansprechen will, wichtig ist und relevant ist und weil ich dann als höherpreisiger Coach weniger Argumente habe von wegen, das ist mir zu teuer. Und die sind gar nicht so darauf aus, dass sie jetzt ihre Webseiten, Traffic auf ihre Website bringen wollen.
Anderen ist genau das wichtig und die arbeiten dann daran, dass sie auf möglichst viele Online-Seiten kommen, die dann auch auf ihre Website verlinken. Also, wir gucken immer genau, was ist eigentlich dein Ziel? Möchtest du mit großen Namen glänzen? Möchtest du Traffic auf deine Seite bekommen? Möchtest du genau deine Zielgruppe erreichen, zum Beispiel, indem du in Fachmagazinen erscheinst, weil du weißt, deine Branche liest diese Fachmagazine?
Das sind alles Dinge, die passieren können. Also, dass sie dann mehr Kundenanfragen haben von genau den richtigen, dass sie weniger Preise diskutieren müssen, dass sie mehr Traffic auf ihrer Seite haben. Aber es ist sehr, sehr unterschiedlich.
Das ist nicht so wie bei Ads, wo du sagst, ich schalte eine Anzeige, schmeiß vorne Summe X rein und hinterher kann ich mit so und so vielen Leads rechnen. Das ist eine klare Zielsetzung. Und Pressearbeit funktioniert oft indirekter.
Also die Menschen machen das auch oft über Jahre hinweg, weil sie einfach über Jahre hinweg diese Präsenz haben wollen in der Presse und immer wieder wahrgenommen werden wollen als Experte für oder Expertin für.
Wir hatten eine Teilnehmerin, die betreibt eine Plattform für nachhaltige Unterkünfte in Deutschland. Und die sagt, Anzeigen haben bei ihr gar nicht funktioniert, Social Media funktioniert bei ihr so lala, aber Pressearbeit funktioniert super und deswegen sorgt sie wirklich seit Jahren dafür, dass sie immer wieder in großen Magazinen erscheint, weil ihr Thema auch sehr hübsch aussieht, sehr schön. Also diese nachhaltigen Unterkünfte, die werden dann auch gezeigt und das ist eine schöne Optik für so Magazine, damit kommt sie gut an. Und das ist so der Motor in ihrem Business.
Wann ist ein guter Zeitpunkt für Pressearbeit?
[Alex] Gibt es eigentlich auch so den Punkt, wo du sagen würdest, da macht man zu früh Pressearbeit? Also braucht man denn irgendetwas? Muss man bereit sein für Pressearbeit? Also lohnt es sich schon für Einsteiger*innen oder meinst du, das kann man eigentlich zu jedem Zeitpunkt machen?
[Marike] Das kommt ein bisschen darauf an. Wir hatten zum Beispiel eine Einsteigerin, die hat das ganz am Anfang gemacht und für die war das auch super gut. Die hat sich damit gleich so einen gewissen Ruf erarbeitet. Die hat aber was mitgebracht. Die war nämlich ausgebildete Psychologin zu einem bestimmten Schwerpunkt und mit dem Schwerpunkt war sie dann auch in der Presse.
Wenn jetzt aber gerade jemand irgendwie ganz neu …, weiß ich nicht, die Coaching-Ausbildung gemacht hat und im vorherigen Leben was ganz anderes, dann ist es schon wieder ein bisschen schwieriger, denjenigen dann wirklich in die Presse zu bringen.
Wir gucken uns die Leute mal ganz genau an und gucken auch, hat das Thema überhaupt Pressepotenzial? Und wir schätzen das dann so ein bisschen, also bei jedem sehr individuell ein.
Bringt derjenige schon Expertise mit aus einem früheren Leben? Oder macht derjenige das schon mehrere Jahre? Oder ist da eine emotionale Geschichte dabei, die auf jeden Fall funktionieren wird.
Wir lehnen auch viele ab, erstmal für unser Programm, bei denen wir wirklich sagen, das ist noch zu früh. Fang erstmal an, dein Angebot wirklich auszuarbeiten. Mach deine Website erstmal fertig. Gewinn erstmal erste Erfahrung, weil sonst wirst du bei Journalisten eher wenig Chancen haben. Also es gibt schon Fälle, wo wir sagen, das ist zu früh.
Die Bedeutung einer professionellen Website für die Pressearbeit
[Alex] Warum spielt denn die Website jetzt zum Beispiel so eine große Rolle bei der Pressearbeit?
[Marike] Weil die Journalisten … das Erste, was sie machen werden, ist, sie googeln dich.
Also wenn sie dein Thema vage interessant finden, dann werden sie dich zuerst googeln, sie werden auf deine Website gehen und wenn du dann so ein, so einen semiprofessionellen Eindruck machst, dann sagt die Journalistin vielleicht eher, okay, sieht nicht so ganz seriös aus. Oder: Da gibt es andere, die wirken kompetenter.
Deswegen gehen wir auch als allererstes an die Website ran mit unseren Kunden. Wir gucken uns als allererstes die Website an, damit die wirklich einen guten Eindruck macht. Und was wir auch immer wichtig finden:
Hat derjenige einen Schwerpunkt und kommt der schon auf der Seite rüber?
Weil es gibt so viele Coaches da draußen. Und wenn auf deiner Website nur steht „Komm in deine Kraft und verbessere dein Potenzial“, dann bist du halt so wie alle anderen Coaches auch.
Wenn da aber steht „Ich helfe Frauen in Männerbranchen, wahrgenommen zu werden, in ihrer Kraft wahrgenommen zu werden“, dann hast du einen Schwerpunkt, dann hast du ein Thema und damit wirst du für Journalisten interessanter.
[Alex] Wenn wir jetzt die zwei Schlüsselseiten einer Website nehmen, also zum Beispiel die Startseite, die Über-mich-Seite, worauf kommt es da an deiner Meinung nach, so aus der Pressearbeit-Sicht?
[Marike] Also ich würde immer auf die Startseite gehen als Journalistin.
Und als nächstes würde ich wahrscheinlich, wenn da eine Presseseite ist, auf die Presseseite gehen und sonst auf die Über-mich-Seite gehen, weil ich wissen möchte, wer ist der Mensch, den ich da interviewen würde.
Also letztendlich sprechen wir da ja einfach nur Menschen an, wenn wir einen Redakteur oder eine Redakteurin kontaktieren. Die funktionieren ja genau wie andere Menschen auch.
Die entscheiden auch manchmal nach, ist mir derjenige eigentlich sympathisch? Oder wirkt es wie jemand, der drei Sätze gerade aussagen kann?
Wenn ich für einen Radiosender arbeite oder für einen Fernsehsender arbeite, würde ich außerdem suchen, ob es Videos von der Person gibt. Dessen sollte man sich auch bewusst sein, dass sie dann halt auch in Google gucken, YouTube, was auch immer, hat derjenige Videos, wenn das ein Medium ist, wo das wichtig ist.
Wichtigkeit einer Presseseite für Selbstständige
[Alex] Du hast jetzt die Presseseite angesprochen. Ist es auch schon wirklich so für Selbstständige wichtig, so eine Presseseite anzulegen, selbst wenn man noch nie in der Presse war?
[Marike] Es fällt für mich in die Kategorie very nice to have.
Also wenn man Pressearbeit ernst nehmen möchte, würde ich das auf jeden Fall empfehlen, weil man dann auf der Presseseite auch schon zeigen kann, worüber könnte man denn sprechen.
Das Zweite ist, dass es für Kunden natürlich auch, bei Kunden auch was machen kann, wenn sie sehen, aha, da ist jemand, der hat eine Presseseite und der war auch schon mehrfach in den Medien, das macht nochmal was her.
Aber es ist jetzt nicht so, dass ich sagen würde, würde, du brauchst unbedingt eine Presseseite. Vorher musst du gar nicht anfangen mit Pressearbeit, weil im Zweifelsfall ist deine Startseite gut, ist deine Über-Mich-Seite gut und dann ist das für den Journalisten auch okay.
Konkrete Formulierungen für mehr Relevanz
[Alex] Du hast schon die Formulierung angesprochen, irgendwie, „Ich helfe dir dabei, in deine Kraft zu kommen oder dein Potenzial zu entfalten“. Warum ist das denn so ein Problem? Also was stimmt nicht mit diesen Formulierungen? Weil ich glaube, die nutzen ja schon sehr viele Menschen auf ihrer Website.
[Marike] Es ist einfach wahnsinnig unkonkret. Was heißt denn „Komm in deine Kraft?“ Für wen ist das hier was? Also sind das jetzt Frauen in Männerbranchen zum Beispiel? Oder sind das Mütter in der Elternzeit? Oder was auch immer. Wen sprichst du denn an? Für wen bist du denn Experte oder Expertin?
Wenn ich das nicht weiß, werde ich dich auch nicht anrufen. Es ist wahnsinnig groß und unkonkret. Und es steht auf tausenden andere Seiten auch. Warum sollte ich jetzt gerade dich anrufen als Journalistin? Warum sollte ich dich befragen? Was macht dich besonders? Wenn man solche Formulierungen benutzt, kommt das halt überhaupt nicht rüber.
[Alex] Kann ich das dann irgendwie üben, über solche Formulierungen dann drüber hinaus zu gehen?
[Marike] Du kannst dir überlegen, wem hilfst du denn mit welchem Ergebnis? An wen richtest du dich? Und wie drückt sich das aus, in seine Kraft zu kommen? Wie drückt sich das aus, sein Potenzial zu entfalten? Also, weiß ich nicht, kannst du versuchen, konkrete Beschreibungen zu finden, die diese Menschen wirklich sagen würden?
Denn niemand liegt nachts um elf wach und sagt: „Ich wünschte, ich würde in meine Kraft kommen.“
Die sagen: Ich bin jeden Morgen müde, wenn ich aufstehe. Ich schleppe mich durch den Tag. Und obwohl ich früh schlafen gehe, bin ich trotzdem nicht ausgeruht. Ich bin einfach nur noch wie so ein Roboter, der durch den Alltag geht.
Also sowas sagen die Menschen ja. Ich schleppe mich durch den Tag und so weiter.
Solche Formulierungen machen nicht nur mit Journalisten viel mehr, sondern auch mit potenziellen Kunden viel mehr. Und deswegen ist es immer, wenn wir uns an die Website machen mit unseren Kunden, dann sagen wir zwar, wir machen das jetzt für die Presse, aber es hat halt auch immer den Effekt, dass potenzielle Kunden sich viel mehr angesprochen fühlen.
Also was kannst du tun, um das zu üben? Versuch dich in den Kopf eines Menschen hineinzuversetzen, der dein Kunde werden könnte und überleg dir, was denkt der abends beim Einschlafen?
Mensch, ich wünschte …, würde ich doch nur mal … Und dann sind das die Vokabeln, die dann in dem Moment hervortreten. Das sind die Vokabeln, die du auch für deine Website nutzen kannst.
[Alex] Das heißt, aus Journalistensicht muss man gar nicht so total professionell klingen, sondern kann auch alltagssprachliche Begriffe verwenden oder sollte sogar.
[Marike] Ja, weil immer wenn wir denken, es muss ja professionell klingen, dann kommen wir in so eine Sprache, die unheimlich gehoben ist und unheimlich verkopft ist.
Und wir müssen uns auch nochmal klar machen, in welchen Situationen Journalisten sind. Die haben einen wahnsinnig vollen Alltag. Ich habe vorhin gesagt, die Redaktionen werden kleiner. Das heißt, die müssen immer mehr Dinge bewältigen. Die Kommunikationskanäle für Journalisten nehmen total zu. Früher haben die einfach nur Pressemitteilung reinbekommen und noch den Ticker, den News-Ticker.
Mittlerweile ist es ja Telefon, dann Chat mit irgendwie Leuten, die im Homeoffice sitzen in der Redaktion. Die kriegen E-Mails, die kriegen Nachrichten über Social Media, die werden zugeballert.
Wie viel Aufmerksamkeit hat so ein Mensch? Was für eine Aufmerksamkeitsspanne hat so ein Mensch? Die ist sehr, sehr kurz.
Und wenn du mir dann mit Fachbegriffen kommst und mit verkopfter Sprache, dann brauche ich da echt lange, um das zu verstehen. Und es rauscht auch an mir vorbei. „Komm in deine Kraft“ rauscht an mir total vorbei. Deswegen hilft es, Alltagssprache zu benutzen, weil die immer viel schneller im Gehirn ankommt. Bei gestressten Journalisten genauso wie bei gestressten potenziellen Kunden.
Alternative Wege in die Presse zu kommen
[Alex] Eine letzte Frage. Gibt es denn Orte, die wir vielleicht nicht auf dem Schirm haben, dass wir dort in die Presse kommen können? Also du hast zum Beispiel schon so Fach- und Branchenverzeichnisse angesprochen, weil wenn man an Pressearbeit denkt, würde man vielleicht nur an, weiß ich nicht, Zeitung, Fernsehen denken. Was gibt es da noch?
[Marike] Wir haben mittlerweile das viel, viel größer gefasst.
Also wir fragen ja immer, was ist dein Ziel? Und manchmal sind Fachmagazine ein richtig gutes Ziel. Und bei anderen sagen wir, vielleicht willst du auch mal Podcasts in den Blick nehmen oder vielleicht möchtest du mal größere Blogs in den Blick nehmen.
Also es gibt zum Beispiel einen Blog, der ist sehr, sehr groß. Der heißt Stadt, Land, Mama. Der erreicht wirklich sehr, sehr viele Menschen, vor allem Frauen. Und da haben schon viele unserer Teilnehmer einen Gastbeitrag geschrieben und haben damit eine gute Reichweite aufbauen können.
Das darf man nicht vergessen. Es gibt ja nicht nur irgendwie Spiegel, Stern und Zeit, sondern es gibt ja viele, viele Webseiten, Online-Medien. Die Frauenzeitschriften haben zum großen Teil eigene Online-Redaktionen und die können manchmal sogar noch besser funktionieren, weil so ein Artikel, der auf, sage ich jetzt mal, Brigitte.de erschienen ist, natürlich dauerhaft online ist, während, wenn er in der Brigitte im Magazin erscheint, nur 14 Tage am Kiosk liegt.
Das kann also durchaus attraktiv sein, sich wirklich auf die Online-Medien zu stürzen. Und wie gesagt, wir nehmen auch Podcasts und große Blogs in den Blick, weil das ja genauso relevant sein kann.
[Alex] Ja, Marike, vielen, vielen Dank, dass du heute zu Gast warst und über schlaue Pressearbeit gesprochen hast. Vielen Dank.
[Marike] Danke für die Einladung.
Shownotes

Themenwünsche?
Wenn dir ein wichtiges Thema im Podcast fehlt, sag mir gerne Bescheid. Ich freu ich mich auf deine Nachricht.