Social-Media-frei
Der Podcast für Marketing ohne Likes, Reels & Selfies
Worum geht’s?
In diesem Podcast nehme ich soziale Medien kritisch unter die Lupe und spreche darüber, wie Selbstständige online sichtbar werden können, ohne ständig ihr Frühstück auf Insta zu posten.
Es geht um „immergrüne“ Marketingstrategien und darum, wie Selbstständige entspannt und nachhaltig ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.
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Achtsames Social-Media-Marketing? Reicht mir nicht (mehr)
In dieser Folge reden wir über achtsames Social-Media-Marketing. Wenn du selbstständig bist und auf Social Media unterwegs bist, hast du sicherlich schon vom achtsamen Social-Media-Marketing gehört oder praktizierst es vielleicht sogar selbst. Doch was bedeutet es, wenn alle nur noch ihren Social-Media-Frust wegatmen, statt wirklich etwas zu verändern?
In dieser Podcastfolge reden wir über achtsames Social-Media-Marketing und welche zwei großen Probleme damit einhergehen.
Wenn du selbstständig bist und auf Social Media unterwegs bist, hast du sicherlich schon vom achtsamen Social-Media-Marketing gehört oder praktizierst es vielleicht sogar selbst. Vielleicht bemühst du dich darum, deine Zeit zu tracken, nutzt Apps, um deinen Feed zu blockieren und legst immer wieder mal einen Digital Detox ein.
Doch was bedeutet es für das „große Ganze“, wenn alle nur noch ihren Social-Media-Frust wegatmen, statt wirklich etwas zu verändern?
Folge anhören:
Transkript lesen:
Heute möchte ich mit dir über achtsames Social-Media-Marketing reden.
Was das ist.
Warum ich das selbst nicht praktiziere oder nicht mehr praktiziere, muss man ehrlicherweise sagen.
Und was an diesem Konzept „achtsames Social-Media-Marketing“ möglicherweise problematisch sein könnte.
Wenn du selbstständig bist und Marketing machst, hast du sicherlich schon vom achtsamen Social-Media-Marketing gehört.
Es geht im Grunde darum, zu sagen:
Ja, soziale Medien kommen mit einer Menge Risiken, Nachteilen und, ja, Gefahren sogar. Doch wir können soziale Medien auf eine achtsame Art und Weise nutzen. So, dass es uns gut dabei geht.
Diese Position finden, glaube ich, viele Menschen sehr attraktiv, denn sie klingt erst einmal nicht so ganz radikal.
Es geht dann nicht mehr darum, Social-Media-Betreiber wie Mark Zuckerberg oder Elon Musk zu kritisieren, oder ihr Geschäftsmodell zu kritisieren, es geht auch nicht darum, Social Media gleich vollständig den Rücken zu kehren und dadurch möglicherweise Nachteile in Kauf zu nehmen, sondern wir fokussieren uns erst einmal auf uns und gucken:
Was kann ich dafür tun, damit soziale Medien mir gut tun?
Ja, und dann geht es um solche Fragen wie:
Kann ich bestimmte Gewohnheiten etablieren? Und z.B. immer zum Wochenende hin die App deinstallieren und montags wieder installieren?
Oder kann ich bestimmte Apps oder Programme nutzen, die den Feed blockieren? Sodass nicht eben allzu abgelenkt werde, wenn ich „nur mal schnell“ was nachsehen oder jemandem eine DM schreiben will.
Oder auch: Kann ich meine Zeit tracken, sodass ich immer eine festgesetzte Zeit nicht überschreite?
Oder der absolute Klassiker: Einen Digital Detox einlegen und mal eine schöne Auszeit von Social Media nehmen, um dann mit neuer Kraft wieder von vorne zu beginnen.
Ich will auch da jetzt auch gar nicht ins Detail gehen, was diese Strategien angeht. Dafür wird es schon bald eine separate Folge geben.
Ich will lieber grundsätzlich etwas zu dieser Art des Denkens sagen und dir zwei Probleme mal genauer vorstellen, die sich aus einem achtsamen Social-Media-Marketing ergeben.
Problem Nr. 1 und das ist auch gleich das größte Problem für mich:
Achtsames Social-Media-Marketing – wie es von vielen Coaches gelehrt wird – ist komplett unpolitisch und wird nichts am System Social Media ändern.
Denn eigentlich ist es ja so: Da haben sich einige Menschen ein Geschäftsmodell ausgedacht, das in vielerlei Hinsicht problematisch ist. Was den Datenschutz angeht oder eben auch die mentale Gesundheit von Menschen.
Und immer häufiger stellen soziale Medien auch sogar ein Risiko für Demokratien dar, z.B. indem sie genutzt werden, um Wahlen zu manipulieren oder Falschnachrichten zu verbreiten.
Doch was jetzt im achtsamen Social-Media-Marketing passiert, ist, dass diese Verantwortung, die ja eigentlich bei Mark Zuckerberg und Co. liegt, soziale Medien gerade so zu gestalten, dass sie Menschen nicht schaden.
Dass diese Verantwortung jetzt aber auf uns Nutzer*innen übertragen wird. Und gesagt wird: Es ist deine Aufgabe, soziale Medien so zu gestalten, dass sie dir gut tun.
Also oft wird es nicht so direkt gesagt, sondern: Ja, du kannst soziale Medien so nutzen, dass sie dir gut tun.
Aber dahinter steckt ja die nicht explizit kommunizierte Annahme, dass wir dafür verantwortlich sind, das zu tun.
Und in meinen Augen sind wir das aber nicht.
Die Plattformbetreiber und die Politik ist dafür verantwortlich, soziale Medien so zu gestalten, dass sie Menschen gut tun. Oder zumindest nicht so schlecht tun, wie sie es gerade tun.
Vielleicht könnten es Plattformen sein, die nicht privatisiert sind, sondern vielleicht öffentlich-rechtlich und wo damit nicht die Notwendigkeit besteht, das Geschäftsmodell mit den Daten zu verfolgen.
Mastodon bzw. das Fediversum macht es uns ja zum Beispiel vor, dass das prinzipiell möglich wäre.
Achtsames Social-Media-Marketing will aber am aktuellen System Social Media nichts ändern oder zumindest wird es von den Coaches so nicht kommuniziert. Und das muss für mich aber mit Social Media passieren. Und zwar dringend.
Das ist immer ein bisschen so, wenn ich von männlichen Achtsamkeitscoaches lese:
„Du entscheidest selbst, ob du dich über Geschirr spülen aufregst. Du kannst dich natürlich gerne mit deinem Partner streiten. Oder du kannst auch einfach mal beschließen, den Moment zu genießen, das warme Wasser zu spüren, zu atmen.“
Solche Ratschläge finde ich persönlich nur sehr schwer zu ertragen. Denn das lässt ja völlig die gesellschaftspolitische Ebene außen vor und damit Themen wie Gender Care Gap und die extrem ungleiche Verteilung von Sorgearbeit.
Ja, das heißt: Wenn wir jetzt alle hergehen und das Geschirrspülen genießen und es niemanden mehr gibt, der darüber wütend wird und mal was sagt, wird sich vermutlich auch nichts an dem System ändern.
Und bei Social Media ist es genauso. Wenn wir jetzt alle achtsam sind und meditieren oder was weiß ich, klingt das zwar schön, doch damit muss sich das System Social Media nicht ändern.
Total praktisch also für diejenigen, die Social-Media-Plattformen betreiben. Aber ich finde es eine ziemlich unbefriedigende Vorstellung.
Damit hängt auch Problem Nr. 2 zusammen.
Achtsames Social-Media-Marketing ist letzten Endes eine Form von Selbstoptimierung.
Denn jetzt geht es plötzlich nicht mehr um ein möglicherweise problematisches System Social Media, sondern darum, Social Media „richtig“ oder „falsch“ zu nutzen. „Achtsam“ oder „Unachtsam“ eben.
Es geht um Gewohnheiten und Tools und um unser „Mindset“, wie es immer so schön heißt. Es geht also um Arbeit an uns selbst.
Das heißt, wir müssen auf einmal nicht nur Social Media nutzen, um Marketing zu betreiben. Wir müssen nun auch an uns arbeiten, um Social Media zu nutzen.
Und ich kam zu dem Schluss, dass ich diese Arbeit an mir selbst nicht (mehr) leisten wollte.
Denn diese Form der Arbeit ist ein Lebensprojekt. Wenn sich soziale Medien nicht ändern und erst einmal so sein werden, wie sie gerade sind, sind wir ja auch niemals fertig mit dieser Form der Achtsamkeit.
Wir müssen von jetzt bis in alle Ewigkeit unsere Instagram-Nutzung im Blick haben und unser Social-Media-Verhalten managen.
Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob wir das so wollen. Ob wir für den Rest unseres Lebens oder zumindest auf unbestimmte Zeit unser Social-Media-Verhalten so regulieren und optimieren wollen und uns um diese Form der Achtsamkeit bemühen.
Mir ist meine Zeit und meine Energie dafür zu schade. Und deshalb ist achtsames Social-Media-Marketing keine Option mehr für mich.
Wir brauchen aus meiner Sicht nicht mehr Atemübungen und Tools, die den Feed blockieren; wir brauchen mehr Social-Media-Kritik, mehr gesetzliche Regelungen, mehr Social-Media-Boykotte – am besten von großen Marken und Unternehmen.
Wir brauchen radikale Veränderungen. Und nicht einen weichgespülten Status quo.
Shownotes:

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